VorstellungsgesprächWie Sie Lücken im Lebenslauf erklären
Lücken sind schädlich im Lebenslauf – wenn sie nicht überzeugend erklärt werden. Jeder Recruiter, jeder Personalreferent erkennt die Lücken im Lebenslauf und hakt im Interview nach. Wenn Sie dann verschämt schweigen, herumdrucksen und stottern, zeigen Sie, dass Sie keine wohlüberlegte Antwort parat haben. Das wirkt sich negativ auf das Urteil des Recruiters aus. Nicht wegen der Lücke, sondern wegen der mangelnden Argumentation zur Lücke. Wie sollten Sie argumentieren?
Lücke: Familienzeit
Auch Männer nehmen inzwischen Familienzeit. „Aber darf ich das auch sagen?“, fragen sie manchmal. Mutige Männer hört man in Bewerbungsinterviews sagen: „Das habe ich mir und meiner Familie gegönnt. Ich wollte die Kleine aufwachsen sehen und begleiten.“ Wer von sich überzeugt ist, stellt sogar einen beruflichen Bezug her: „Als Manager ist begleitendes Coaching und Personalentwicklung schließlich mein Job – auch bei der eigenen Familie.“ Es kommt oft auch auf den Job an. Wer sich als Landschaftsarchitekt bewirbt, traut sich vielleicht eher, zur Familienzeit zu stehen als jemand, der einen Job als Investment-Banker möchte. Wer vermutet, dass die Familienzeit nicht gut ankommt, spricht lieber von Weiterbildung, sozialen Projekten, Auszeiten, Reisen oder Sabbaticals. Das ist streng genommen eine Lüge – aber wenn man sonst den Job nicht bekommt? Ob die Lüge oder die Diskriminierung von Vätern ethisch verwerflicher ist, bleibt zumindest strittig. Frauen haben dieses Problem nicht im selben Maße.
Bei Frauen ist die Familienzeit sozial besser akzeptiert. Deshalb stehen sie tendenziell eher zu ihrer Familienzeit. Manche fügen an: „Aber mit der letzten Familienzeit ist die Erweiterung unserer Familie erst mal beendet.“ Das geht den Arbeitgeber nichts an, danach darf er vom Gesetz her nicht einmal fragen. Doch so eine Aussage beruhigt ängstliche Arbeitgeber, die mit Familie noch immer nicht zeitgemäß umgehen können. Vor allem Frauen mit Karriere-Ambitionen verschweigen aber auch oft ihre Familienzeit und führen für die „Lücke“ dann Projekte, Sabbaticals, Reisen oder andere Engagements an. Weil sie finden: „Mein Familienleben geht meinen Arbeitgeber nichts an.“ Guter Standpunkt – wenn Sie ihn vertreten können und möchten.
Lücke: Arbeitslosigkeit
Selbst mutige Bewerber scheuen sich, „Ich war arbeitslos.“ zu schreiben oder zu sagen. Wobei es durchaus Bewerber gibt, die genau das im Interview sagen. Das ist dann umso beeindruckender. Vor allem, wenn sie eine plausible Erklärung parat haben: „Ich war 20 Jahre in einem Unternehmen mit 180-jähriger Tradition – und dann kauft ein Investor die Firma und schmeißt ein Drittel der Belegschaft einfach unbesehen raus, um Kosten zu sparen.“ Der Kostenaspekt muss noch nicht einmal komplett korrekt sein. Wichtig ist nur die implizite Botschaft, dass Ihnen nicht wegen Inkompetenz oder mangelndem Fleiß gekündigt wurde.
Wie viel Beschönigung ist erlaubt?
Bei der Bewerbung geht es darum, die Lücken im Lebenslauf entsprechend zu „verkaufen“. Wenn Sie Hemmungen haben und sich sagen „Aber das ist ja fast schon gelogen!“, denken Sie daran, auch jeder Recruiter oder Personalverantwortliche „lügt fast“, wenn er Aspekte der zu besetzenden Position etwas schönt und Dinge verspricht, die absehbar nicht zu halten sind. Auch der Recruiter hat seine „Lücken“ – die Sie gerne offen aber höflich ansprechen dürfen. Es geht in Bewerbungssituationen darum, die Parität der Kräfte wenigstens annähernd herzustellen. Es geht darum, zu zeigen, dass Sie mit Lücken im Lebenslauf selbstbewusst und überzeugend umgehen können.
Lücke: Exotische Auszeiten
Manchmal brechen Menschen aus und machen etwas ganz Verrücktes, das so überhaupt nicht zu ihrem beruflichen Lebenslauf passt. Zum Beispiel der Maschinenbau-Ingenieur, der in Uganda acht Monate lang in einem Flüchtlingslager arbeitete. Wobei: So exotisch kann die Tätigkeit während der Auszeit überhaupt nicht sein, dass sie nicht in Bezug zur angestrebten Stelle gesetzt werden könnte. Der Ingenieur sagte zum Beispiel im Interview: „Was ich in Uganda in acht Monaten an Sozialkompetenz gelernt habe, lernt ein normaler Ingenieur nicht in acht Jahren. Also geben Sie mir das schwierigste Projekt-Team, das Sie haben – das wuppe ich jetzt auf Champions League-Niveau.“ Der Personalchef war beeindruckt – wer wäre es nicht?
Lücke: Gefängnisaufenthalt
Auch bei ehemaligen Häftlingen funktioniert – anstelle des offensichtlich untauglichen „Ich habe eingesessen“ – die Exkulpierungstaktik. Eine ehemalige Managerin und Gefängnisinsassin sagte: „Ich habe in einem Unternehmen gearbeitet, das krumme Dinger gedreht hat und ich war dann der Sündenbock. Ich musste für andere den Kopf hinhalten. Passiert mir nie wieder!“ Exkulpierung bedeutet: Es war nicht (ganz) meine Schuld. Das Risiko besteht, dass der Recruiter nachfragt: „Aber irgendwas werden Sie doch angestellt haben!“ Bleiben Sie bei der einmal angeführten Erklärung und gehen Sie ins Detail: „Ich habe meinem Chef immer gesagt, dass das mal auffliegt. Aber als es aufflog, hatte er mehr Geld und konnte sich den besseren Anwalt leisten.“ Und wenn der Recruiter daraufhin nicht locker lässt? Dafür spielen Sie potenzielle Dialoge vor dem Vorstellungstermin durch. Mit einem Sparringspartner, einem Coach oder Mentor oder mit sich selbst in Gedanken oder vor dem Spiegel.
Lücke: Krankheit
Auch wenn Sie nach einer Krankheit wieder vollständig genesen sind, ängstliche Arbeitgeber überzeugt das oft nicht. „Ich hatte Krebs (war in der Entzugs- oder Burnout-Klinik), bin aber jetzt wieder voll hergestellt!“. Stimmt, ist ehrlich, aber überzeugt leider nicht in einer misstrauischen Welt. Wer besonders rhetorisch begabt ist, wird vom Thema ablenken können und auf eigene Fähigkeiten „umlenken“. Aber auch das kann den Verdacht eines erfahrenen Interviewers wecken. Wer merkt, dass es eng wird, sollte auf jeden Fall in die Offensive gehen: “Ja, ich war krank, hatte einen Burnout…“. Immer in der Vergangenheitsform. Und Fortsetzung im Präsens und der Zukunft: „Aber jetzt bin ich vollends wieder hergestellt und werde in Zukunft alles tun, um gesund zu bleiben.“.
Am offensten können noch gesellschaftlich akzeptierte Erkrankungen kommuniziert werden: „Bin beim Triathlon vom Rad gestürzt und lag acht Monate in einer Spezialklinik – mit Triathlon bin ich seither durch! Ich mache jetzt lieber Krafttraining.“ Bei weniger „populären“ Erkrankungen geht auch: „Ich hatte in der Zeit eine gesundheitliche Thematik – das ist aber schon lange erledigt, bin wieder vollkommen hergestellt.“ Fragt der Recruiter nach, können Sie ausweichen: „Da möchte ich jetzt nicht ins Detail gehen.“ Wohlgemerkt: Wir diskutieren hier nicht die gesetzlichen Regelungen der wahrheitsgemäßen Kommunikation in Bewerbungssituationen. Wir sprechen darüber, was geht und was wirkt, solange kein Jurist dabei ist – also über die normale Bewerbungssituation.