Wandel mit KulturQualitätsmanager schaffen erfolgreiche Change-Projekte durch Kulturkompetenz

Wie gehen Qualitätsmanager mit Change-Projekten um? Und warum sind sie für den Projekterfolg zum größten Teil verantwortlich?

In einem nationalen und internationalen Wettbewerb, der ständig neue Technologien hervorbringt und so Märkte und Kundenwünsche verändert, müssen auch Unternehmen sich immer zügiger verändern. Entsprechende Veränderungsprojekte erfolgreich durchführen zu können ist mehr denn je eine Voraussetzung, um auf den Märkten zu bestehen. Anlass und Ziele solcher Projekte sind vielfältig und reichen von der Einführung neuer Softwaresysteme über die Entwicklung von neuen Arbeitsabläufen bis hin zur Umgestaltung von Organisationen und deren strukturellen Einheiten.

Um unter der Einführung neuer Prozesse oder gar der Reorganisation eines ganzen Unternehmens für ein ganzheitliches Qualitätsbewusstsein zu sorgen, ist es erforderlich, die organisatorischen Schnittstellen abteilungsübergreifend und unternehmensweit zu optimieren – und zwar nicht nur auf Prozess-, sondern auch auf Mitarbeiterebene.

Besonders Qualitätsmanager sind in ihrem Unternehmen als Vermittler, Trainer und Moderatoren tätig, um Kollegen aus sämtlichen Fachbereichen zu unterstützen. Seit Jahren entwickeln sie ein detailliertes Wissen darüber, mit welchen Werten und Grundannahmen in der Organisation gearbeitet wird. Mit welchen Methoden neue Arbeitsabläufe etabliert werden können und wo die größten Widerstände zu erwarten sind, können Qualitätsmanager in vielen Unternehmen deswegen am besten beurteilen. Das unternehmerische Verständnis von Qualitätsmanagement ist also stark mit den sogenannten weichen Faktoren eines Unternehmens, wie Mitarbeiterqualität oder Unternehmenskultur, verflochten. Es geht über die traditionelle Qualitätssicherung im Sinne der Einhaltung von Standards und Normen hinaus.

Um den Methodeneinsatz und die relevanten Unternehmenskulturmerkmale in Veränderungsprojekten produzierender Unternehmen zu untersuchen, wurden jetzt im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts "Culture Based Change" der RWTH Aachen über 500 Führungskräfte sowie externe Berater zu absolvierten Change-Projekten befragt. Es handelte sich größtenteils um inhabergeführte mittlere bis große Unternehmen (31 Prozent). Börsennotierte mittlere bis große Unternehmen waren zu 22 Prozent vertreten, kleine Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern machten 18 Prozent der Befragten aus. Es zeigen sich deutliche Zusammenhänge zwischen Methodeneinsatz und Projekterfolg, aber auch Auswirkungen verschiedener Unternehmenskulturmerkmale auf die erfolgreiche Durchführung einzelner Methoden.

Spezielle Change-Methoden weithin unbekannt

Die meisten der betrachteten Projekte beschäftigten sich mit der Reorganisation beziehungsweise Restrukturierung sowie mit Produktivitätssteigerungen im Unternehmen (Bild 1). Zu 65 Prozent war dabei das gesamte Unternehmen betroffen (Bild 2). Die meisten Veränderungen (35 Prozent) wurden durch neue Ziele oder Strategien der Geschäftsführung ausgelöst. Handlungen der Konkurrenz waren nur zu 8 Prozent Auslöser. 5 Prozent der betrachteten Veränderungen wurden durch gesetzliche Anforderungen erforderlich (Bild 3). Der Großteil der Veränderungen erwächst also aus dem Inneren des Unternehmens heraus. Daher erscheint es umso einfacher, diese sauber zu planen und zu organisieren. Warnungen vor dem Misserfolg solcher Veränderungsprojekte zum Trotz werden jedoch allgemein bekannte Methoden des Qualitätsmanagements im Durchschnitt nur zu 54 Prozent angewandt.

Am häufigsten eingesetzt werden Methodenkonzepte zur Vereinbarung von Zielen (77 Prozent) sowie Controlling und Diagnose des Umsetzungsfortschritts (77 Prozent) (Bild 4). Es werden also hauptsächlich Methoden eingesetzt, die über alle Abteilungen Einzug in die Unternehmen gefunden haben. Spezielle Methoden des Veränderungsmanagements sind in den befragten Unternehmen bisher noch weitestgehend unbekannt. Hier geht es nicht nur um die Struktur und Technologien im Unternehmen, also die eher harten Faktoren, sondern auch um die weichen Größen, die sich im Vorfeld nur bedingt einplanen lassen [1]. Sie zu erfassen und zu beurteilen ist deutlich schwieriger, doch die Studie zeigt, dass sie für die Organisation mindestens ebenso wichtig sind.

Bekannte Methoden des Qualitätsmanagements lassen sich gut für die Zwecke des Veränderungsmanagements anwenden und optimieren. In vorangegangenen Validierungsprojekten des Fraunhofer IPT hat sich herausgestellt, dass sich zum Beispiel die Werkzeuge der Theorie der Engpässe (theory of constraints, TOC) zur Unterstützung der weichen Faktoren im Veränderungsprozess eignen [2].

Besonders hervorzuheben ist hier der sogenannte Istzustands-Baum, mit dessen Hilfe sich in den sehr frühen Phasen eines Veränderungsvorhabens weiche Ursachen für zu beobachtende unerwünschte Effekte in der Organisationseinheit identifizieren lassen. Auf Basis dieser unerwünschten Ereignisse wird ein Veränderungsprojekt aufgesetzt, die Vermeidung der Effekte positiv ausgelegt und als Ziel des Veränderungsprojekts definiert.

Anschließend lassen sich dann in der Strategiepyramide Ziele und Maßnahmen formulieren. In den späten Phasen des Veränderungsprozesses kann dieser durch den sogenannten Implementierungshindernis-Baum unterstützt werden. Dieses Werkzeug unterstützt die Identifizierung potenzieller Hindernisse bei der Umsetzung einer formulierten Strategie und ihrer zugehörigen Ziele [2].

Methoden und Projekterfolg hängen zusammen

Die Studie zeigt, dass vor allem Methoden, die die Durchführung von Projekten unterstützen, mit dem Erfolg der Veränderungen in Zusammenhang gebracht werden. Hier wurden von den Befragten vor allem Feedbackgespräche und Methoden zum Controlling und zur Diagnose des Umsetzungsfortschritts genannt. Methoden zur Vorbereitung des Projekts, wie die Entwicklung eines Kommunikationskonzepts, die Durchführung einer Ursache-Wirkungs-Analyse sowie der Einsatz einer Strategiepyramide schließen sich daran an. Ein wichtiges Mittel bei der Gestaltung einer Veränderung stellen laut den Studienteilnehmern Zielvereinbarungen dar.

Betrachtet man den Zusammenhang zwischen Methodeneinsatz und Projekterfolg, so ergeben sich interessante Erkenntnisse. So wurden Projekte zu 85 Prozent erfolgreich abgeschlossen, wenn den Mitarbeitern Informations-, Frage- und Diskussionsmöglichkeiten in Form von Meetings oder anderen Veranstaltungen geboten wurden. Hingegen scheiterten 61 Prozent jener Projekte, bei denen dieser Austausch nicht stattfand.

Ähnlich verhält es sich mit dem Commitment der Unternehmens- und Projektleitung. Veränderungsprojekte waren zu 89 Porzent erfolgreich, wenn die angestrebte Veränderung von den Leitfiguren vorgelebt wurde. Bei 70 Prozent der gescheiterten Veränderungsprojekte war dieses Commitment nicht gegeben. Die Zuständigkeiten und Rollen der Mitarbeiter wurden bei 84 Prozent der erfolgreichen Veränderungen zu Projektbeginn geklärt. 66 Prozent der nicht erfolgreich durchgeführten Veränderungsprojekte enthielten keine klaren Rollendefinitionen. Auch ein von Mitarbeitern als interessant und motivierend empfundenes Arbeitsumfeld scheint einen äußerst positiven Einfluss auf den Ablauf der Veränderungsprojekte zu haben (Bild 5).

Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass einige Kulturmerkmale besonders starken Einfluss auf den Erfolg von Veränderungsprojekten haben. So sind die Identifikation mit dem Unternehmen und auch die Identifikation mit dem Produkt wichtige Merkmale, dürfen aber keineswegs gleichgesetzt werden. Die Glaubwürdigkeit vorgelebter Unternehmenswerte und starke Leitfiguren sind entscheidend auf der Führungsseite.

Auf Teamebene zeigen interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Diskussion von Problemen in der Gruppe großen Einfluss, ebenso wie der Umgang mit Fehlern und der Grad an Prozessstandardisierung (versus individuelle Arbeitsstile). Zur Beurteilung solcher Kulturmerkmale sind Qualitätsmanager die erste Wahl, da sie einen unternehmensübergreifenden Einblick haben, keinem Wunschdenken der von der Führung formulierten Leitbilder anhängen und die Auswirkungen der Kultur in ihrer Arbeit täglich beobachten können.

Was Mitarbeiter annehmen, auf welche Anreize sie reagieren und wann sie eine Veränderung mittragen, wird stark durch die Kultur geprägt. Nur sehr selten scheinen solche Kulturfaktoren jedoch in ihren Auswirkungen eindeutig beschreibbar zu sein. Vielmehr hängt es von der Art der Veränderung und von den eingesetzten Methoden ab, ob sie eher förderlich oder hemmend sind.

Über die erfolgreiche Durchführung von Change-Projekten entscheidet also sowohl Methodenkompetenz als auch das Wissen um die Ausprägung und Auswirkungen der Unternehmenskultur. Es liegt in den Händen der Verantwortlichen, ihre Mitarbeiter optimal auf die Veränderungen vorzubereiten und somit das Gelingen der Projekte zu sichern.

Zur Studie

Die Studie ist Bestandteil des Forschungsprojekts "Culture Based Change (CuBa Change) – Qualitätsorientierte Absicherung und Durchführung von Change-Prozessen unter Berücksichtigung kritischer Unternehmenskulturmerkmale", das im März 2010 abgeschlossen wird. Es wird von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e.V. (AiF) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert und von der Forschungsgemeinschaft Qualität e. V. (FQS) betreut.

Die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt sollen dem Qualitätsmanager Argumentationsmaterial und Know-how bieten, um sich in geplante oder laufende Veränderungsprojekte einzubringen. Mit Abschluss des Projekts soll ein Anwenderleitfaden für die erfolgreiche Durchführung von Veränderungsprojekten vorgelegt werden. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter: www.cuba-change.com

Literatur

1. Corsten, H.: Grundlagen der Wettbewerbsstrategie. Teubner, Stuttgart 1998
2. Voigt, T.: Systematik zur qualitätsgerechten Umsetzung organisatorischer Veränderungsprozesse. FQS-DGQ-Band 88-03, Frankfurt am Main 2007

Erschienen auf QM-Infocenter.de, Beitrag aus der Zeitschrift QZ Qualität und Zuverlässigkeit 10/2009.

[Bild: Fotolia.com]

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