WettbewerbDeutsche Marken geraten in China unter Druck
Die Mehrheit der städtischen Bevölkerung Chinas kennt eine Vielzahl deutscher Marken. Insbesondere deutsche Automobilmarken sind in China sehr beliebt. Besonders erfreulich: Deutsche Marken werden in vielen Aspekten positiver wahrgenommen als etwa Marken aus den USA oder Japan. Dabei schätzen Chinesen deutsche Marken speziell wegen ihrer Qualität, Zuverlässigkeit und Leistungsstärke. Auch in puncto sozialen Verantwortungsbewusstseins werden deutsche Marken als führend wahrgenommen.
Defizite im Bereich "Innovation" und "Hochtechnologie"
Dennoch treten auch einige empfindliche Schwächen deutlich hervor: Hinsichtlich "Innovation" und "Hochtechnologie" schneiden deutsche Marken zunehmend schlecht ab. Zudem werden sie kaum als "Trendsetter" gesehen. Darüber hinaus werden deutsche Marken trotz ihres guten Images noch zu selten gekauft, was vor allem an den vergleichsweise hohen Preisen und in vielen Fällen an einer starken Ausrichtung auf Premiumsegmente liegt.
Obwohl das positive Image deutscher Marken viele Chancen für eine effektive Differenzierung vom Wettbewerb bietet, ist vielen Chinesen der deutsche Ursprung mancher Marken nicht bekannt. Somit kommt ein wichtiger Hebel zur Steigerung der Markenpräferenz, das "Country-of-Origin-Image", erst gar nicht zum Tragen.
Dies sind die Kernergebnisse einer repräsentativen Studie, die BBDO Consulting Shanghai auf Basis von über 1.500 Einzelbefragungen chinesischer Stadtbewohner im Juli und August 2007 durchgeführt hat. Ziel der Studie ist es, deutsche Unternehmen bei einer erfolgreichen Positionierung im weltweit wichtigsten Wachstumsmarkt zu unterstützen.
Automobilhersteller führen bei Markenbekanntheit das Feld an
Unter den Befragten konnten 61 Prozent mindestens eine deutsche Marke aus dem Gedächtnis nennen. Im August 2005 waren es noch 75 Prozent. An dieser Schlüsselzahl zeigt sich, dass die Aggressivität des Wettbewerbs in China weiter zunimmt und deutsche Marken in steigendem Maße von Wettbewerbern aus anderen Ländern unter Druck gesetzt werden. Hinsichtlich ihrer Bekanntheit führen deutsche Automobilmarken klar das Feld an. Ungestützt ergibt sich folgende Rangliste:
- Mercedes-Benz die bekannteste deutsche Marke (26 Prozent), gefolgt von
- Volkswagen (20 Prozent) und
- BMW (19 Prozent).
Bei der gestützten Bekanntheit zeigt sich dieselbe Reihenfolge: Mercedes-Benz und Volkswagen liegen hier gleich auf (beide 96 Prozent), Tuchfühlung halten BMW und Siemens (beide 95 Prozent) sowie Audi (92 Prozent). Außerhalb dieser Spitzengruppe zählen zu den bekanntesten Marken:
- Adidas (84 Prozent),
- Porsche (81 Prozent),
- Puma (63 Prozent),
- Metro (61 Prozent) und
- Nivea (61 Prozent).
Demgegenüber fällt die Bekanntheit vieler weiterer deutscher Nicht-Automobilmarken stark ab und liegt meist unter 50 Prozent. Insgesamt sind die Bekanntheit und das Image deutscher Marken stark getrieben von den Bereichen Automobil (52 Prozent), Maschinen (40 Prozent) und Haushaltsgeräte (24 Prozent). In den Bereichen Pharma (14 Prozent), Dienstleistungen (7 Prozent) und Bekleidung (4 Prozent) werden deutsche Marken nicht als maßgeblich angesehen.
Adidas wird am häufigsten gekauft
Deutsche Marken genießen in China grundsätzlich ein hohes Ansehen: 63 Prozent der befragten Chinesen mögen sie. Und wieder führt ein Automobilhersteller das Ranking an: Diesmal ist es die Marke BMW, die mit einem Sympathiewert von 86 Prozent ganz vorn in der Gunst der Verbraucher liegt, gefolgt von Adidas (82 Prozent) und Mercedes-Benz (81 Prozent). Weitere Marken, die von über 50 Prozent der Befragten geschätzt werden, sind, in der Reihenfolge ihrer Beliebtheit: Porsche, Audi, Siemens, Puma, Volkswagen, Mini und Metro.
Hinsichtlich der Kaufentscheidung zu Gunsten deutscher Marken ist Adidas der Spitzenreiter im Ranking. So gaben 54 Prozent der Befragten an, schon einmal ein Produkt des Sportartikelherstellers gekauft zu haben. Die am zweithäufigsten gekaufte Marke ist Siemens mit einer Kaufrate von 52 Prozent, gefolgt von Puma (33 Prozent), Metro (33 Prozent) und Nivea (30 Prozent).
Dagegen gaben immerhin 27 Prozent aller Befragten an, noch nie eine deutsche Marke gekauft zu haben. Auch bei der Kauffrequenz schneiden deutsche Marken nicht so gut ab: Weit über die Hälfte der Befragten kaufte seltener als einmal im Jahr wissentlich eine deutsche Marke.
Im internationalen Vergleich liegen deutsche Marken vorn
Insgesamt werden deutsche Marken wesentlich positiver wahrgenommen als japanische, amerikanische, französische oder koreanische Marken. Das gilt vor allem für traditionelle Werte wie
- Qualität,
- Zuverlässigkeit,
- Leistungsstärke und
- Vertrauenswürdigkeit.
Auch der Prestigewert deutscher Marken liegt mit 72 Prozent über den japanischen oder amerikanischen Vergleichswerten. Dagegen werden deutsche Marken deutlich weniger als "innovativ" angesehen und liegen in dieser Dimension mittlerweile deutlich über 10 Prozent hinter den USA und Japan. Nur eine Minderheit (32 Prozent) sieht deutsche Marken als "modern" bzw. "modisch".
Ein weiteres Handicap ist der Faktor "Kundennähe". Weniger als die Hälfte der Befragten attestiert deutschen Marken eine Vertrautheit mit den Bedürfnissen der lokalen Kunden. Niklas Schaffmeister, Chief Representative von BBDO Consulting in Shanghai, meint dazu:
"Vielen deutschen Unternehmen fehlt noch immer ein tief greifendes Verständnis der Kauf- und Entscheidungstreiber von chinesischen Kunden. Wer hier nicht ein Stück weit auf die lokalen Bedürfnisse der Zielgruppen eingeht, läuft außerhalb der Luxus-Segmente Gefahr von Japanern, Koreanern und letztlich auch den Chinesen überrundet zu werden."
Auch die Preise werden insgesamt in zunehmendem Maße als zu hoch empfunden. So hielten 58 Prozent der Befragten deutsche Marken für "relativ teuer" oder "sehr teuer". Eine Wahrnehmung, die sich unter anderem darauf zurückführen lässt, dass deutsche Marken eher im Premium- und Luxusbereich als in den Produktkategorien des häufigen oder täglichen Bedarfs vertreten sind.
Die Mehrheit der monatlichen chinesischen Haushaltsnettoeinkommen bewegte sich zwischen 100 und 500 Euro, wobei bereits über 30 Prozent der Befragten angaben, mehr als 500 Euro im Monat zu verdienen. Der starke Fokus auf Premiumsegmente und die vergleichsweise hohe Preiswahrnehmung deutscher Marken geben insofern Anlass zur Besorgnis, da die derzeit noch wenig einkommensstarke "aufstrebende Mittelklasse" besonders stark wächst. Hier machen eher die chinesischen sowie japanischen und koreanischen Wettbewerber das Geschäft. Erfolgsbeispiele von Motorola und Pepsi haben jedoch gezeigt, dass auch westliche Marken in diesen stärker lokal geprägten Mittelschichts-Segmenten Marktanteile erobern können.
Viele deutsche Unternehmen verschenken ihr Potenzial
Während die Wahrnehmung Deutschlands insgesamt durchaus positiv ist, wird die tatsächliche Herkunft vieler deutscher Marken zunehmend schlechter erkannt. Nur knapp die Hälfte der befragten Chinesen wusste um den deutschen Ursprung vieler Marken. Zu den Marken, deren Herkunft nicht einmal von jedem Zweiten korrekt zugeordnet wurde, zählen auch so bedeutende deutsche Marken wie zum Beispiel Porsche, Nivea, Bertelsmann oder Allianz.
Damit bleiben mögliche Chancen ungenutzt, die in einem positiven Imagetransfer vom Ursprungsland auf die Marke liegen, da insbesondere die aufstrebende chinesische Mittelklasse ausländische und speziell deutsche Marken als Statussymbol ihres sozialen Aufstiegs bevorzugt. Zudem kann ein deutsches Image die Wahrnehmung einer hohen Produktqualität und Leistungsfähigkeit fördern. Andererseits ist das deutsche Image nicht automatisch für jedes Unternehmen nützlich: Unternehmen, die sich als sehr innovativ oder kostengünstig positionieren wollen, müssen sich entscheiden, ob und wie sie ihre deutsche Herkunft kommunizieren wollen.
Fazit
- Das Image des Ursprungslandes ("Country-of-Origin-Image") ist ein wichtiges Marketinginstrument. Speziell in Emerging Markets wie China, Indien oder Russland kann es signifikant zur Steigerung der Wahrnehmung von Qualität und Prestige beitragen.
- Deutsche Marken sind in China insgesamt sehr bekannt und beliebt - sogar beliebter als japanische, amerikanische oder französische Marken.
- Im Vergleich zu 2005 können sich allerdings deutlich weniger Chinesen aktiv an deutsche Marken erinnern, was den hohen Werbedruck und die Notwendigkeit systematischer Markenkommunikation verdeutlicht.
- Das Image deutscher Marken ist relativ eindimensional mit Premiumkraftfahrzeugen und Maschinen verbunden. In vielen anderen Branchen spielen deutsche Marken eine untergeordnete Rolle.
- Besondere Stärken deutscher Marken sind traditionelle Werte wie "Qualität", "Zuverlässigkeit" und "Vertrauenswürdigkeit". Schwächen zeigen sich bei "Innovation", "Trendbewusstsein" und Vertrautheit mit den Bedürfnissen der chinesischen Konsumenten.
- Der hohe Wettbewerbs- und Werbedruck macht den deutschen Marken insgesamt zu schaffen.
- Die Mehrheit städtischer Chinesen zieht den Kauf deutscher Marken nur sehr selten in Erwägung, vor allem, weil sie ihnen zu teuer erscheinen.
- Viele deutsche Marken werden zurzeit nur schwach mit ihrem deutschen Ursprung assoziiert und lassen so das Potenzial ungenutzt, ihr Markenimage mit den positiven Aspekten von "Made in Germany" aufzuladen.
- Unternehmen, die das "Country-of-Origin-Image" für ihre Marke nutzen wollen, sollten in der Kommunikation parallel auf ein gutes Preisleistungsverhältnis achten.
Hinweis
Die repräsentative Studie untersucht zum zweiten Mal das Image deutscher Marken in China. Sie wurde vom Shanghaier Büro von BBDO Consulting erarbeitet. Ihre Ergebnisse basieren auf der Befragung von über 1.500 Konsumenten in Beijing, Shanghai, Guangzhou, Chengdu und Wuhan im Juli und August 2007. Dabei wurde die Markenleistung führender deutscher Marken in China ermittelt.
[jf; BBDO Consulting; Bilder: Pixelio.de]