Wie Mitarbeiter Verhandlungen führen

Verhandeln ist auch Sache von Mitarbeitern. Damit sie dabei nicht den Kürzeren ziehen, sollten sie wissen, wie sie sich in Verhandlungssituationen richtig verhalten.

Fragen wie „welchen Rabatt bekomme ich, wenn ich die doppelte Menge kaufe?“ oder „akzeptieren Sie auch einen späteren Zahlungstermin?“ sind Alltag, wenn sich Einkäufer und Verkäufer gegenübersitzen. Dann wird über Preise, Liefermengen und -termine sowie die Dauer von Verträgen verhandelt. Übersehen wird aber oft: Verhandlungen prägen nicht nur den Arbeitsalltag von Einkäufern und Verkäufern. Auch andere Mitarbeiter in Unternehmen sind oft mit Situationen konfrontiert, in denen unterschiedliche Interessen aufeinander treffen. Beispiele:

  • Debatte mit dem Firmenkundenbetreuer eines Büromaschinenherstellers, ob das geleaste Kopiergerät noch heute oder erst morgen repariert wird.
  • Diskussion mit einem Lieferanten, ob eine bestimmte Leistung unter die Kulanzregelung fällt oder separat berechnet wird.
  • Erörterung mit einem Behördenvertreter, unter welchen Voraussetzungen eine gewünschte Genehmigung erteilt wird.

Entsprechendes gilt, wenn die Mitarbeiter eines Projektes besprechen, wer welche Aufgabe bis wann erledigt.

Viele Gespräche sind in Wahrheit Verhandlungen

In jeder dieser Situationen müssen die Mitarbeiter verhandeln nach dem Motto: „Was gibst du mir, wenn ich...?“ Sie müssen eine Lösung aushandeln, mit der alle Beteiligten leben können, weil sie das Gefühl haben, ihre Interessen werden ausreichend berücksichtigt. Im Gegensatz zu Einkäufern und Verkäufern ist es anderen Mitarbeitern aber oft nicht bewusst, dass sie sich in einer Verhandlungssituation befinden. Denn für sie bedeutet verhandeln in erster Linie über Preise zu sprechen. Entsprechend unvorbereitet gehen sie in wichtige Gespräche.

Deshalb gilt es zunächst festzuhalten: Wenn zwei oder mehr Personen darüber sprechen, wie sie ihre (teils) gegensätzlichen Interessen unter einen Hut bringen können, wird verhandelt. Dabei ist es sekundär, ob die Beteiligten in einer Chef-Mitarbeiter- oder Kunden-Lieferanten-Beziehung stehen. Dies hat auf den Ablauf der Verhandlung keinen Einfluss. Eine zielorientiert geführte Verhandlung besteht immer aus folgenden vier Phasen:

  • Vorbereitungsphase
  • Diskussionsphase
  • Vorschlagsphase
  • Abmachungsphase

Vorbereitungsphase

Hier wird der Grundstein für erfolgreiches Verhandeln gelegt. Trotzdem nehmen sich viele Verhandler für die Vorbereitung wenig Zeit und hören sich zunächst einmal an, was die andere Seite sagt. Entsprechend leicht werden sie vom Gegenüber „über den Tisch gezogen“, da sie nicht wissen, was ihnen wichtig ist. Vor jeder Verhandlung sollte deshalb (schriftlich) fixiert werden:

  • Um welche Inhalte geht es in dem Gespräch?
  • Welche Interessen beziehungsweise Wünsche habe ich bezogen auf die einzelnen Verhandlungsgegenstände?
  • Was ist meine Ausgangsposition?
  • Welche Ziele sind für mich unabdingbar?
  • Wann breche ich (sofern möglich) die Verhandlung ab?

Erst danach sollte ein Treffen mit dem Verhandlungspartner anberaumt werden.

Diskussionsphase

In dieser Phase beschnuppern sich die Partner. Sie versuchen durch ein wechselseitiges Frage- und Antwortspiel auszuloten, welche Interessen die jeweils andere Seite hat. Außerdem: Wie groß sind ihre Verhandlungsspielräume und was ist ihr besonders wichtig? Bereits diese Phase ist von Geben und Nehmen geprägt. Verhält sich ein Partner extrem zugeknöpft, offenbart sich auch der andere nicht. Deshalb gerät die Verhandlung schnell in eine Sackgasse. Entsprechend wichtig ist es, eine harmonische Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Zum Beispiel, indem der Verhandlungspartner gelobt oder ihm Zustimmung signalisiert wird nach dem Motto: „Ich bin wie Sie der Auffassung, dass...“. Auch Rückfragen, warum dem Partner bestimmte Dinge wichtig sind, sind dafür gut geeignet.

Haben die Partner die jeweiligen Positionen geklärt, beginnt die zweite Stufe der Diskussionsphase. Nun gilt es, Signale für die eigene Verhandlungsbereitschaft auszusenden und die eigenen Antennen für die unausgesprochenen Signale des Partners auszufahren.

Beispiele

Argument: „Eigentlich gehört dies nicht zu meinen Aufgaben.“
Verstecktes Signal: „Aber unter gewissen Umständen wäre ich bereit...“ 

Argument: „Ich kann Ihren Vorschlag so nicht akzeptieren.“
Verstecktes Signal: „Aber vielleicht, wenn Sie ihn leicht abwandeln...“

Oft begehen Verhandler in dieser Phase den Fehler, Signale des Partners bewusst zu ignorieren. Dadurch zerstören sie aber die Gesprächsbasis, denn immerhin wagt sich der Partner durch die Aussendung eines solchen Signals aus seinem Schneckenhaus. Wird er hierfür nicht gelobt und mit Gegensignalen belohnt, zieht er sich wieder zurück. Die Folge: Die Verhandlung zieht sich entweder in die Länge oder gerät in eine Sackgasse.

Angebote an Bedingungen knüpfen

Wenn die Partner sich wechselseitige Signale ihrer Verhandlungsbereitschaft gesandt haben, beginnt die Vorschlagsphase.

Vorschlagsphase

Nun unterbreiten sich die Partner Vorschläge. Ein Vorschlag besteht stets aus zwei Elementen: einer Bedingung und einem Angebot.

Beispiele

„Wenn Sie die Ersatzteile besorgen, kann ich die Maschine eventuell morgen reparieren.“

„Wenn Sie uns die Entwürfe bis morgen senden, könnten wir den Job vielleicht noch in unsere Wochenplanung aufnehmen.“

„Wenn Sie eine Risikolebensversicherung abschließen, würde unsere Kreditabteilung voraussichtlich den Kredit gewähren.“

Beim Formulieren der Vorschläge gilt: Nie sogleich das eigene Maximalangebot unterbreiten, denn dann fehlt ein Trumpf fürs mögliche Pokern. Außerdem sollten Vorschläge nicht lang und breit erklärt werden, denn nach dem Vorschlag ist erst einmal der Gegenüber an der Reihe. Er muss reagieren, wobei er folgende Optionen besitzt:

  • Er erkundigt sich nach den genauen Bedingungen
  • Er erläutert seine Bedenken
  • Er unterbreitet einen Gegenvorschlag

Über Vorschläge kann und sollte man debattieren. Dann wird meist schnell deutlich, was den Beteiligten besonders wichtig ist. Danach können die ersten Alternativvorschläge unterbreitet und die ersten Angebotspakete geschnürt werden. Diese haben stets Vorschlagscharakter. Das heißt, sie sind an Bedingungen geknüpft. Kommt es auf diesem Wege allmählich zu einer Einigung beziehungsweise zeichnet sich eine Lösung ab, beginnt die Phase der Abmachung.

Abmachungsphase

Hier gilt es, eine konkrete Vereinbarung zu erzielen. Dafür müssen zunächst für die einzelnen Verhandlungsgegenstände Teilübereinkünfte erzielt werden. Dabei sollten keine Zugeständnisse ohne Gegenleistung erfolgen und es muss stets deutlich bleiben: Alle Verhandlungsgegenstände sind miteinander verknüpft, das heißt nichts ist vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist.

Dieser Punkt ist besonders wichtig, denn (unfaire) Verhandlungspartner versuchen oft, Teilübereinkünfte, die ihnen entgegenkommen, bereits als bindend zu erklären, obwohl andere Verhandlungsgegenstände noch offen sind. Unfaire Verhandlungspartner argumentieren zum Beispiel mit dieser typischen Formulierung: 

„Aber wir waren uns doch einig, dass...“

Oft bluffen unfaire Verhandler auch mit einem „letzten Angebot“ oder drohen gar mit dem Abbruch der Verhandlung. Deshalb: keine Zugeständnisse ohne Gegenleistung! Ist die letzte Hürde überwunden, gilt es, das Vereinbarte festzuhalten – und zwar in allen Einzelheiten. Ein Punkt, der oft vernachlässigt wird. Die Folge: Eine Teilvereinbarung gerät schnell in Vergessenheit und der Streit über die getroffene Vereinbarung beziehungsweise deren Auslegung beginnt.

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