Wissensmanagement mit Wiki
Warum ist Wissensmanagement so wichtig? Vor dem Hintergrund, dass die geburtenstarken Jahrgänge in nicht allzu ferner Zukunft in den Ruhestand gehen und heute vermehrt über Fachkräftemangel geklagt wird, muss das vorhandene Know-how weitergegeben werden. Ist der Mitarbeiter erst einmal weg, geht in der Regel auch sein Wissen verloren. Schon Arbeitsministerin Ursula von der Leyen drückte es passend aus:
„Die Jüngeren rennen zwar schneller, aber die Älteren kennen die Abkürzung“.
Selbst wenn der Mitarbeiter eigene Aufzeichnungen hinterlässt, ist damit noch nicht sichergestellt, dass diese auch nutzbar und vollständig sind. Vor allem: Der Mitarbeiter muss das Unternehmen nicht einmal verlassen. Eine banale Krankheit kann schon dafür sorgen, dass sein Wissen temporär nicht verfügbar ist. Sei es nun eine Maschine, die still steht, oder ein wichtiger Kunde, der eine dringende Anfrage stellt. Wenn das benötigte Wissen sich nur im Kopf dieses Mitarbeiters befindet, ist dieser Auftrag möglicherweise in Gefahr.
Wissen unterstützt nachhaltiges Wachstum
Wichtig in diesem Zusammenhang sind die Unternehmenskultur und damit auch die persönliche Kommunikation unter den Mitarbeitern. So können cross-funktionale Projektteams helfen, Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und somit auch voneinander zu lernen. Wissensaustausch beziehungsweise Wissenstransfer können aber nur stattfinden, wenn die Mitarbeiter auch über die notwendigen Freiräume verfügen. Wir haben alle schon die Erfahrung gemacht, dass oft wichtige Informationen an der Kaffeemaschine ausgetauscht werden. Einige Firmen haben diese Erkenntnis dazu genutzt, sogenannte Meetingpoints mit Kaffeeautomaten auszustatten. Hier finden informelle Gespräche statt, die aber oft berufliche Themen behandeln und somit dem Erfahrungsaustausch dienen. Nur: Wenn der Arbeitsdruck so groß ist, dass für eine gelegentliche Kaffeepause keine Zeit bleibt, können diese Informationen nicht fließen.
Hinweis
Wenn Know-how-Träger Abteilung oder Unternehmen verlassen, gehen wertvolles Wissen und Erfahrungen verloren. Wer den Ausstieg richtig plant und ein systematisches Debriefing oder ein Abschlussgespräch durchführt, kann Vieles retten.
Mehr dazu finden Sie in unserem Management-Handbuch
Debriefing: Das Know-how von Mitarbeitern sichern
Wissensmanagement lässt sich nicht allein durch den Einsatz eines Tools, wie es ein Wiki darstellt, praktizieren. Hier ist, wie schon erwähnt, die Unternehmenskultur der wichtigste Treiber. Trotzdem kann der effiziente Einsatz von Technik helfen, vorhandenes Wissen effektiv zu sammeln und zu verteilen. Und richtig angewandt, kann es durchaus auch Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Nämlich dann, wenn keine bürokratischen oder zeitraubenden Hürden zu nehmen sind, um das eigene Wissen bereitzustellen. Wenn Formen gefunden werden, die die Mitarbeiter regelrecht motivieren, sich bei dem Thema Wissensmanagement zu engagieren. Ein Blick in die Statistiken des weltweit bekanntesten Wikis, Wikipedia, zeigt: Im Juni 2011 waren über 1,3 Millionen Artikel im deutsprachigen Raum veröffentlicht. Diese Artikel sind nicht zentral entstanden, sondern durch viele Nutzer, die freiwillig und unentgeltlich an diesem globalen Wissensmanagementsystem teilnehmen.
Das Wort „Wiki“ kommt aus der hawaiischen Sprache und bedeutet „schnell“. Es handelt sich hierbei um ein Content-Management-System (CMS), welches üblicherweise für das Erstellen, Bearbeiten und Verwalten von Inhalten (Content) genutzt wird. Aber anders als bei klassischen Systemen, bei denen nur eine begrenzte und vorher definierte Anzahl an Benutzern das Recht haben, Inhalte einzustellen und zu verändern, können das bei einem Wiki alle registrierten Benutzer. Auch basieren diese Systeme auf Webtechnologie, die zwar wenig Spielraum für gestalterische Aspekte und schickes Design lässt, dafür aber leicht und in der Regel ohne aufwändige Schulung nutzbar ist. So lassen sich schnell Texte erstellen und Themen, die einen Bezug haben, über Links verbinden. Somit dürfte einleuchten, warum Wiki „schnell“ bedeutet: Die Inhalte können schnell und einfach eingestellt werden und sind bereits nach kürzester Zeit für alle Benutzer sichtbar.
Wissen als Angebot und Nachfrage
Jeder Mitarbeiter im Unternehmen ist ein potenzieller Kompetenzträger. Er hat Wissen angesammelt und Erfahrungen gemacht. Diese gilt es zu nutzen. Oft wird aber angeführt, dass Mitarbeiter ihr Wissen gar nicht teilen wollen, da sie glauben, dann austauschbar und ersetzbar zu sein. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels sollte dieses Argument aber leicht entkräftet werden können. Oft sind es andere Gründe, die Mitarbeiter davon abhalten, ihr Wissen zu teilen. Es fehlen Möglichkeiten, oder die vorhandenen Möglichkeiten sind mit soviel Bürokratie belastet, dass schnell die Lust daran verloren geht, sein Wissen mit anderen zu teilen.
Mit dem Einsatz von Wikis sind die Nutzungsbarrieren bei der Wissensdokumentation eher gering. Es gibt auch keine Definitionen oder Vorgaben, was dokumentiert werden soll. Vielmehr bestimmt hier das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage, was als interessantes Wissen akzeptiert wird und was nicht. Also rein basisdemokratisch, wenn man das so sehen möchte. Aber trotz aller Einfachheit ist auch hier der ausschlaggebende Faktor die Unternehmenskultur. Diese muss das Teilen von Wissen und natürlich auch die Nutzung von vorhandenem Wissen fördern, zum Beispiel durch Vorleben des Managements.
Bei den verfügbaren Wikis handelt es sich oft um Open-Source-Produkte, die in der Regel kostenfrei genutzt werden können. Nicht nur das: Open-Source-Produkte lassen sich auch, wie der Name schon nahelegt, individuell anpassen und erweitern, da die Sourcen (Programm-Codes) für jeden zugänglich sind. Doch meist ist dies gar nicht notwendig, denn weil es sich um Web-Technologie handelt, muss auch keine Software auf den Anwender-Rechnern installiert werden. Der Zugriff auf das Wiki erfolgt alleine durch den Web-Browser. Somit muss der Benutzer sich nicht an eine neue Oberfläche gewöhnen, womit auch kein Schulungsaufwand anfällt. Die Benutzung selbst, also das Recherchieren nach vorhandenem Wissen, aber auch das Einstellen von eigenem Wissen, passiert intuitiv und ist in aller Regel von jedem sofort nutzbar. Demzufolge fallen keine Kosten für ein Wiki an, außer dem Einrichtungs- und Betreuungsaufwand, der sich aber in Grenzen hält.
Einsatzmöglichkeiten von Wikis und Alternativen
Die Einsatzmöglichkeiten von Wikis sind vielfältig. Untersuchungen zeigen, dass sie für die Unterstützung im Wissensmanagement genutzt werden. Außerdem für die informelle Kommunikation, zur Unterstützung des Projektmanagements und zur E-Mail-Reduzierung. Somit beschränkt sich die Nutzung nicht nur aufs Wissensmanagement. Der Hauptvorteil wird dabei in dem Aspekt gesehen, dass ohne große Hürden gemeinsam Dokumente erarbeitet werden können, die jedem Nutzer sofort zur Verfügung stehen.
Natürlich gibt es auch andere Wege, um vorhandenes Wissen zu (ver-)teilen. Klassische Autorensysteme, bei denen nur wenige Anwender Schreibrechte haben und Artikel einstellen können, finden kaum noch Anwendung im Wissensmanagement. Seit Web 2.0 haben sich die Wissensnutzer emanzipiert und jeder kann sowohl Wissen bereitstellen wie auch nutzen. Eine Form davon sind sogenannte Weblogs, auch Blogs genannt. Hier lassen sich immer wieder neue Einträge an ein vorhandenes Thema anfügen und die Chronologie einer solchen Diskussion lässt sich recht gut verfolgen. Anders als bei Wikis können aber vorhandene Einträge nicht geändert werden.
Eine weitere Spielart des Wissensmanagement ist Social Bookmarking. Hierbei werden interessante Webseiten in einer Bookmarkliste (Lesezeichen) aufgenommen und anders als bei lokalen Bookmarks steht diese Liste alle Anwendern zur Verfügung. So muss nicht jeder erneut nach diesen Quellen suchen. In Verbindung mit „Social Tagging“ lassen sich diese Lesezeichen auch mit Schlagworten belegen, sodass die benötigten Links schneller gefunden werden können.
Wie erwähnt, werden hohe Investitionskosten und fehlende organisatorische Verankerung oft als Argument ins Feld geführt, warum Wissensmanagement von vielen Unternehmen nicht aktiv genutzt wird. Durch die Wiki-Technologie lässt sich beides entkräften. Die benötigte Software kann in der Regel kostenfrei erworben werden, die Einrichtungs- und Betreuungskosten sind überschaubar und durch die Nutzung des Web-Browsers als Benutzeroberfläche fallen quasi auch keine Schulungskosten an. Eine organisatorische Verankerung des Themas ist ebenfalls nicht notwendig, da jeder Mitarbeiter nun Wissenslieferant ist und dieses Wissen selbstständig bereitstellen kann.
Wikis sind ein mächtiges und akzeptiertes Werkzeug. Dies lässt sich allein am Erfolg von Wikipedia aufzeigen. Es darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Wissensmanagement kein Selbstläufer ist. Der wesentliche Erfolgsfaktor ist und bleibt die Unternehmenskultur. Durch den Einsatz von Wikis werden einige Barrieren genommen und so können die vorhandenen Ressourcen für ihre Weiterentwicklung genutzt werden.