ArbeitszeitWas ist mit einem Lebensarbeitszeitkonto möglich?

Lebensarbeitszeitkonten können eine Freistellung ermöglichen. Beschäftigte können vorzeitig in den Ruhestand, sich weiterbilden oder ein Sabbatical einlegen. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten und die persönlichen Umstände berücksichtigt werden.

Was ist ein Lebensarbeitszeitkonto?

Viele Beschäftigte wünschen sich flexible Arbeitszeitregelungen. Das betrifft nicht nur die tägliche Arbeitszeit. Manche möchten auch mehrere Wochen oder Monate am Stück freinehmen können. Dafür ist das Lebensarbeitszeitkonto gedacht, das auch als Zeitkonto bezeichnet wird. Mit dem Lebensarbeitszeitkonto lassen sich Arbeitszeiten ansparen und für längere Freistellungen nutzen. Während der Freistellungsphase bleibt das Beschäftigungsverhältnis weiter bestehen.

Rechtsgrundlage für Lebensarbeitszeitkonten

Lebensarbeitszeitkonten gehören bei Großunternehmen inzwischen zum Standard. Aber auch im Mittelstand halten sie mehr und mehr Einzug. Rechtsgrundlage sind die §§ 7b bis 7f sowie der § 23b des SGB IV. Darüber hinaus sind ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (IV C 5 - S 2332/07/0004) sowie Durchführungsvorschriften der Spitzenverbände der Sozialversicherung maßgeblich.

Rahmenbedingungen zum Lebensarbeitszeitkonto schriftlich vereinbaren

Die Rahmenbedingungen von Lebensarbeitszeitkonten müssen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden grundsätzlich schriftlich vereinbart werden. Die Vereinbarung darf explizit nicht der Flexibilisierung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich von Produktions- oder Arbeitszyklen dienen. Vertragsgrundlage kann eine freiwillige Zusage des Arbeitgebers oder eine Betriebsvereinbarung sein. Überdies gibt es auch Tarifverträge, die die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten regeln. Dies ist zum Beispiel in der Chemie- oder Metallindustrie der Fall.

Lebensarbeitszeitkeitkonten sind für alle Mitarbeiter möglich

Grundsätzlich können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens an einer Wertguthabenvereinbarung teilnehmen. Also auch Minijobber, Teilzeitkräfte, befristet Mitarbeitende bis hin zum angestellten Geschäftsführer. Voraussetzung: Das Unternehmen schließt diese nicht auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus.

Geschäftsführer in herrschender Gesellschafterstellung sind jedoch von der Teilnahme an Lebensarbeitszeitkonten ausgeschlossen.

Zweck der Freistellung

Die Freistellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann für unterschiedliche Zwecke erfolgen. Möglich sind beispielsweise:

  • Pflegezeit oder Elternzeit
  • Weiterbildungsmaßnahmen
  • vorzeitiger Eintritt in den Ruhestand

Gesetzliche Freistellungszwecke haben immer dann Gültigkeit, wenn sie in der betrieblichen Wertguthabenvereinbarung nicht explizit ausgeschlossen werden. Die Freistellung kann entweder mit einer Reduzierung der Arbeitszeit oder unter vollständigem Ruhen des Arbeitsverhältnisses einhergehen.

Darüber hinaus können weitere Freistellungszwecke vereinbart werden, die jedoch explizit in der Wertguthabenvereinbarung benannt werden müssen. Dies kann etwa eine Freistellung mit dem Zweck der Inanspruchnahme eines Langzeiturlaubs (Sabbatical) sein.

Arbeitsverhältnis besteht während der Freistellung fort

Ein wesentlicher Vorteil von Lebensarbeitszeitkonten ist, dass während der Freistellung das Arbeitsverhältnis weiter fortbesteht. Somit bleiben die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche der Mitarbeiterin und des Mitarbeiters auch während dieser Zeit bestehen.

Beispiel-Rechnung Lebensarbeitszeitkonto

Im Jahr 2019 liegt das Renteneintrittsalter bei 65 Jahren und 8 Monaten. Ein Mitarbeiter mit einem Wertguthaben, das ihm die Zahlung von Entgelt über einen Zeitraum von 14 Monaten auf der Basis von 100 Prozent sichert, kann demnach ohne Rentenkürzung bereits im Alter von 64 Jahren und 6 Monaten seinem Arbeitsplatz fernbleiben.

Alternativ ist aber auch ein Teilzeitarbeitsverhältnis denkbar, das in Stufen von 25, 50 und 75 Prozent einen gleitenden Ausstieg und im Unternehmen einen gestuften Generationsübergang ermöglicht. Das Teilzeitmodell kann sich demnach bei gleich langen Stufen über einen Gesamtzeitraum von 28 Monaten erstrecken.

Gehaltszahlung während der Freistellung

Während der Freistellungsphase bezieht der Mitarbeiter weiterhin ein Gehalt (Entgelt), das nun jedoch durch sukzessive Auflösung der Wertguthaben geleistet wird. Die Höhe des Entgelts, das der Mitarbeiter während der Freistellungsphase bezieht, darf nicht unangemessen von dem durchschnittlichen Entgelt abweichen, das der Mitarbeiter in den vorausgegangenen 12 Monaten vor Beginn der Freistellung erhalten hat.

Als angemessen werden 70 bis höchstens 130 Prozent, mindestens jedoch 450 Euro je Monat (bei nicht geringfügig beschäftigten Mitarbeitern) angesehen. Über die Festlegung der Höhe des Freistellungsentgelts lässt sich demnach auch die mögliche Freistellungsdauer steuern.

Gehalt, Überstunden oder Urlaub im Lebensarbeitszeitkonto ansparen

Im Regelfall haben Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt, das zur Finanzierung ihrer Freistellung dient, im Vorfeld angespart. Das Ansparen ist möglich, indem Entgeltanteile, Überstunden oder Urlaubstage dafür verwendet werden. Eingebrachte Arbeitszeit ist dabei jeweils in Geld zu bewerten. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die auf das Entgelt fälligen Sozialversicherungsanteile leisten. Alternativ ist aber auch die Freistellung auf Kredit möglich, wenn der Arbeitgeber dem zustimmt.

Wertguthaben absichern

Das SGB IV stellt weitere Anforderung an die Durchführung von Lebensarbeitszeitkonten. Der Gesetzgeber fordert zwingend, dass das Wertguthabenkonto gegen Insolvenzrisiken abgesichert werden muss. In der Regel geschieht das durch eine Einzahlung in Wertpapierfonds oder über eine Kautionsversicherung.

Ebenso ist die Sicherung mit der Verpflichtung des Arbeitgebers verbunden, den Nominalwert der Einzahlungen bei planmäßiger Verwendung der Wertguthaben zu garantieren. Diese Verpflichtung wird in der betrieblichen Praxis oftmals von der Kapitalanlagestelle übernommen.

Wenn das Guthaben sofort ausbezahlt werden muss

Nicht immer können Wertguthaben wie geplant für Freistellungszwecke verwendet werden. Dies gilt für die sogenannten Störfälle: Wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, Berufsunfähigkeit oder Tod endet oder wenn es zu einer einvernehmlichen Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Auszahlung kommt. Diese Störfälle haben zur Folge, dass das Guthaben mit sofortiger Wirkung ausgezahlt wird und entsprechend zu versteuern und zu verbeitragen ist.

Lebensarbeitszeitkonten nicht immer sinnvoll

Überdies sind zahlreiche weitere Aspekte auf Unternehmensebene, wie zum Beispiel Bilanzierungsfragen, teilweise aber auch auf Mitarbeiterebene zu beachten. So kann es vorkommen, dass Mitarbeitende durch Einzahlung in ein Lebensarbeitszeitkonto ihr Entgelt so weit reduzieren, dass es unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Dann werden sie wieder gesetzlich versicherungspflichtig. Diese und andere Aspekte machen es erforderlich, vor der Einführung von Lebensarbeitszeitkonten die Sinnhaftigkeit für den Einzelfall im Rahmen eines individuellen Checks zu überprüfen.

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