ZielvereinbarungsgesprächeSo sind sie wirklich produktiv

Damit das neue Jahr ein Erfolg wird, sollten Gespräche mit dem Vorgesetzten mehr sein als das Diskutieren von Kennzahlen.

Das Zielvereinbarungsgespräch ist die Gelegenheit, über bloße Kennzahlen hinauszugehen und auch die Beziehung zum eigenen Vorgesetzten zu festigen oder zu verbessern. Für viele geht dieser Termin jedoch mit einem Gefühl der Unsicherheit einher: Wie kann ich herausfinden, was mein Vorgesetzter wirklich von mir erwartet?

Ziele werden oft schwammig formuliert

Die meisten Zielvereinbarungsgespräche sind nur auf die Kommunikation von abstrakten Vorgaben, nicht aber auf die Klärung von Unsicherheiten angelegt: In der Regel stehen vor allem die nominellen Ziele im Fokus – und Führungskraft oder Mitarbeiter müssen sich selbst einen Reim darauf machen, welche Entwicklung damit bezweckt wird und welches Verhalten sich der Vorgesetzte wünscht. Die Bedeutung und Wichtigkeit einzelner Ziele im organisationalen Kontext wird oft wenig kommuniziert.

Auch werden die Ziele oft schwammig formuliert, so dass es sich lohnt nachzufragen, woran das Erreichen der Ziele festgestellt werden kann. Damit wird Missverständnissen und unbewussten Blockaden Tür und Tor geöffnet, und Frust aufgrund mangelnder Orientierung und inhaltlicher Einbindung ist vorprogrammiert.

Werden Zielvereinbarungsgespräche hingegen mit dem richtigen inhaltlichen Fokus und einer angemessenen Gesprächshaltung durchgeführt, sind sie ein produktives Instrument. Sie können Klarheit darüber verschaffen, worauf es dem Vorgesetzten wirklich ankommt. Dazu ist es notwendig, über die eigene Perspektive hinauszugehen und zu versuchen, die Zielsetzungen aus Sicht des Vorgesetzten zu verstehen. Dadurch erhöht sich das gegenseitige Vertrauen und niemand muss künftig nicht in einem Vakuum agieren.

Beispiel: Unsicherheit durch unklare Zielkommunikation

Folgende Situation zeigt die typischen Folgen der Unsicherheit, die durch eine unklare Zielkommunikation entsteht und im Gespräch geklärt werden kann:

Thomas H. ist schon seit einigen Jahren bei einem IT-Dienstleister auf der zweiten Führungsebene beschäftigt. Sein direkter Vorgesetzter, der CFO, ist jedoch noch relativ neu im Unternehmen. Die beiden haben erst ein Zielvereinbarungsgespräch geführt, das bei Thomas H. mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet hat. Die schwammigen Vorgaben haben ihn irritiert. Von der fachlichen Kompetenz seines neuen Vorgesetzten ist er überzeugt. Zu dessen Vorgänger jedoch hatte er einen sehr guten Draht und war immer darüber informiert, welche Ziele das Unternehmen verfolgte. Dadurch hatte er bei schwierigen Entscheidungen immer konkrete Anhaltspunkte zur Hand, welches Verhalten seinerseits und welche operativen Schritte geeignet waren, um im Zweifel zielgerichtet zu agieren.

Die Pläne seines neuen Vorgesetzten kennt er aber noch nicht. Deshalb verspürt er im Arbeitsalltag oft Hemmungen, operative Entscheidungen zu treffen. Auch die Beziehungen zu seinen Mitarbeitern beginnen unter diesem Verhalten zu leiden. Er wünscht sich Klarheit über die Motive hinter den nominellen Zielen, um im neuen Jahr wieder beherzt und gezielt handeln zu können. Darüber hinaus hofft er, die Beziehungsqualität zum Vorgesetzten zu verbessern, denn die unterschwellige Unsicherheit empfindet er als zermürbend.

Ziele aus der Sicht des Vorgesetzten verstehen

Um aus dem Zielvereinbarungsgespräch mehr mitzunehmen als bloße Anweisungen für Ziele, müssen Sie vor allem bereit sein, die Ziele aus der Sicht Ihres Vorgesetzten verstehen zu wollen. Dazu müssen Sie den Kontext der Ziele erurieren, die Ihnen vorgegeben werden. Durch gezielte Fragen und aktives Zuhören können Sie außerdem zeigen, dass Sie bereit sind, Ihren Vorgesetzten bei seinen Plänen zu unterstützen und dass er sich auf Sie verlassen kann – wenn auch Sie wissen, woran Sie sind.

Ihr übergeordnetes Ziel ist letztlich das gleiche, das auch Ihr Vorgesetzter verfolgt: Es geht um ein erfolgreiches neues Geschäftsjahr und eine produktive Zusammenarbeit. Der Austausch verfolgt den Zweck, Ihre Erwartungen und die Ihres Vorgesetzten auf einen Nenner zu bringen. Als unmittelbares Ergebnis des Gesprächs wollen Sie die Vorgaben klar einordnen können, um sich nicht auf Ihre Interpretation verlassen zu müssen. Gleichzeitig wollen Sie daran arbeiten, die bestehende Beziehungsqualität zu erhalten oder im Sinne einer Vertrauensbildung auch zu erhöhen.

Um aus dem Zielvereinbarungsgespräch eine klare Orientierung mitnehmen zu können, sollten Sie folgende fünf Konversationsfelder abdecken, falls Ihr Vorgesetzter nicht von selbst darauf eingeht. Jede Person muss dabei das für sich passende „Wording“ der konkreten Fragestellungen selbst entwickeln. Die hier aufgelisteten Fragen sind folglich als Ideen zu verstehen.

Ziele und Erwartungen

    Klären Sie zuerst die eigentlichen Ziele, sofern Ihr Vorgesetzter das nicht von sich aus tut:

  • Was sollen Sie erreichen?
  • Was sind die Zeithorizonte?
  • Was wären aus seiner Sicht „Early Wins“?
  • Welche Ergebnisse und Situationen sollten Sie möglichst vermeiden?

Kontext und Veränderungsbedarf

    Finden Sie heraus, welche organisationalen Prozesse oder Motive hinter der Gesamtheit der Ziele stehen:

  • Wie siehst der Vorgesetzte den Bedarf an Veränderungsprozessen im Unternehmen und im Zusammenhang mit Ihrer Abteilung?
  • Welche Elemente sind die wichtigsten?
  • Auf welchen Beobachtungen und Beurteilungen basiert diese Einschätzung?
  • Über welche Gewissheit bezüglich dieser Einschätzung verfügt er?

Ressourcen

      Fragen Sie nach personalen und materiellen Ressourcen, um die Priorität und die Machbarkeit der Ziele einschätzen zu können:

  • Welche finanziellen und anderen Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung?
  • Welche Veränderungen erwartet der Vorgesetzte von Ihnen und Ihrem Team?
  • Mit welchen sichtbaren Aktionen wird er Sie im anstehenden Veränderungsprozess unterstützen?
  • Wer aus dem Management-Team wird Sie sonst noch unterstützen?

Stil der Zusammenarbeit

        Thematisieren Sie, wie sich Ihr Vorgesetzter die operative Zusammenarbeit vorstellt, um das Vertrauensverhältnis zu fördern und sich auf seine persönlichen Erwartungen einstellen zu können:

  • Wie arbeiten sie am besten zusammen?
  • Welche Detailinformationen aus Ihrer Abteilung möchte er außerhalb der Regelkommunikation erhalten?
  • Inwiefern interessiert es ihn, welche Herausforderungen Sie jeweils im Moment zu meistern haben?
  • Was könnte aus seiner Sicht sinnvoll sein, um die Zusammenarbeit noch besser und flüssiger zu gestalten?

Follow-up

        Ermitteln Sie beim Follow-up-Termin nach zirka drei Monaten die Einschätzung Ihres Vorgesetzten zum Fortschritt der Zielerreichung anhand folgender Fragen:

  • Inwiefern sind Sie aus seiner Sicht bezüglich der Zielerreichung grundsätzlich auf dem richtigen Weg?
  • Was machen Sie gut?
  • Könnten Sie an gewissen Stellen noch zulegen?
  • Gibt es Bereiche, wo er sich Sorgen macht?

Schritte für einen optimalen Austausch

Die Fragen aus den fünf Konversationsfeldern, die Sie für sich klären wollen, sind in vielen Unternehmen nicht Bestandteil eines routinemäßigen Zielvereinbarungsgesprächs. Es ist jedoch sinnvoll, sie im Zusammenhang mit diesem ohnehin stattfindenden Gespräch zu stellen. Nur wenn normalerweise gar kein Gespräch vorgesehen ist, sollten Sie dafür einen separaten Termin vereinbaren. Folgende Schritte schaffen die Voraussetzungen für einen optimalen Austausch und eine nachhaltige Zielorientierung:

Vorbereitung und Terminierung

Stellen Sie eine Anfrage an Ihren Vorgesetzten, das Zielvereinbarungsgespräch durchzuführen, bevor das neue Jahr beginnt (falls er das nicht von sich aus tut). Deuten Sie Ihm schon im Vorfeld an, dass Sie vorbereitet sein werden und selbst ein paar Fragen haben. Vermeiden Sie es aber, ihm diese Fragen schon vorab mitzuteilen. So ermöglichen Sie ein offenes, dynamisches Gespräch.

Gespräch und erster Follow-up-Termin

      Führen Sie das Gespräch anhand der oben stehenden Agenda durch und achten Sie darauf, dass Sie alle fünf Konversationsfelder abdecken. Sprechen Sie die offenen Fragen an, die Ihr Vorgesetzter nicht von selbst bei seiner Zielvereinbarung thematisiert.

Nachbereitung

      Formulieren Sie im Nachgang des Gesprächs per E-Mail oder anhand der in Ihrem Unternehmen üblichen Formblätter eine prägnante Zusammenfassung der Gesprächspunkte.

Follow-up nach drei Monaten

      Wichtig ist die Zielkontrolle, damit die Vereinbarungen verbindlich werden und das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten immer wieder neu bestätigt wird. Führen Sie deshalb nach etwa drei Monaten einen Follow-up-Termin durch, bei dem Sie den Stand der Zielerreichung überprüfen und sowohl die Ziele als auch die besprochenen Maßnahmen gegebenenfalls anpassen können.

Auf mögliche Fehlerquellen achten

Obwohl das Vorgehen anhand des oben beschriebenen Prozesses methodisch leicht umzusetzen ist, sollten Sie bei der Durchführung auf einige potenzielle Fehlerquellen achten, welche die Wirksamkeit des Vorgehens einschränken können:

Kein Kreuzverhör mit dem Vorgesetzten führen

Ihre Fragen im Gespräch sind auch für Ihren Vorgesetzten eine Herausforderung. Oft hat er wenig Zeit sich einzuarbeiten und ist selbst unsicher, wie er die Ziele am besten kommunizieren soll. Führen Sie mit Ihrem Vorgesetzten kein Kreuzverhör, sondern bemühen Sie sich um eine entspannte Gesprächsatmosphäre. Sollten einzelne Aussagen aus Ihrer Sicht unklar bleiben, bohren Sie zunächst nicht nach, sondern warten den weiteren Gesprächsverlauf ab.

Keine Themen der Vergangenheit besprechen

Hören Sie gut zu. Fokussieren Sie das Gespräch auf die Zukunft und vermeiden Sie das Besprechen von Aspekten, die in der Vergangenheit liegen.

Nicht die Sichtweise Ihres Vorgesetzten diskutieren

Diskutieren Sie nicht die Sichtweise Ihres Vorgesetzten auf die Zielvereinbarungen oder die Entwicklung des Unternehmens. Im Idealfall können Sie die einzelnen Ziele im Dialog aushandeln. Am wichtigsten ist jedoch, dass Sie seine Perspektive nachvollziehen können und wissen, woran Sie sind. Bei größeren Differenzen in den Betrachtungsweisen können Sie diese Punkte bei einem nächsten Gespräch wieder aufnehmen.

Missverständnisse und Konfrontation vermeiden

Passen Sie Ihr Wording der Persönlichkeit Ihres Vorgesetzten und der Unternehmenskultur an. Das ist besonders wichtig für den Fall, dass ein Gespräch in dieser Form auch für ihn etwas Neues, Unerwartetes ist.

    Follow-up-Termin frühzeitig festlegen

    Verzichten Sie keinesfalls auf den Follow-up-Termin. Legen Sie diesen schon beim Zielvereinbarungsgespräch fest und erinnern Sie Ihren Vorgesetzten rechtzeitig daran, denn typischerweise wird er für die Einhaltung des Prozesses nicht selbst sorgen.

Fazit

Gehen Sie mit einer sicheren Grundhaltung und einer klaren Zielvorstellung ins neue Geschäftsjahr. Die beschriebene Vorgehensweise können Sie auch nutzen, wenn Sie einen neuen Vorgesetzten bekommen oder selbst einen neuen Job beginnen.

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