ZukunftsmanagementVom Geschäftsmodell zum Geschäftsprozess

Viele Unternehmen stehen unter Innovationsdruck. Zeit, das eigene Geschäftsmodell zu hinterfragen und neue Ideen zu entwickeln.

Die Bedeutung der Geschäftsmodelle im Hinblick auf die Unternehmensentwicklung ist unumstritten. Die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft sind so rasant, dass die Unternehmen eben nicht nur mit neuen Produkten und Dienstleistungen aufwarten, sondern auch ihre Rolle im Rahmen veränderter Angebots- und Nachfragestrukturen immer wieder neu hinterfragen müssen. Geschäftsmodelle stehen somit im Zentrum des unternehmerischen Innovationsprozesses.

Unter einem Geschäftsmodell versteht man das Grundprinzip, nach dem Unternehmen Werte schaffen, vermitteln und erfassen. Sie benutzen die sogenannte „Canvas“, eine vorstrukturierte Leinwand, auf die sogenannte thematisch vorstrukturierte „Bausteine“ eingezeichnet sind, die letztendlich wie ein Puzzle zusammenpassen müssen oder sollen. Dabei handelt es sich um:

  • Kundensegmente
  • Wertangebote
  • Kanäle
  • Kundenbeziehungen
  • Einnahmequellen
  • Schlüsselressourcen, -aktivitäten und -partnerschaften
  • Kostenstruktur

Das künftige Business muss sich in ihnen, ja sogar aus ihnen heraus entwickeln. Denken in Prozessen ist gefragt. Doch wie können diese Prozesse entwickelt werden?

Mit Business-Storys die Zukunft erfinden

Unternehmen der Pharmaindustrie stehen unter starkem Druck, innovative Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln zu müssen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Forschungsproduktivität großer Unternehmen hat in den letzten Jahren nachgelassen. Sie stehen deshalb vor der Herausforderung, neue Blockbuster-Präparate entwickeln und vermarkten zu müssen. Gleichzeitig laufen die Patente für viele umsatzstarke Medikamente aus. Die Gewinne aus diesen Präparaten werden wohl an Generikahersteller verloren gehen.

Hier braucht es Auswege, die eben nicht nur die Neuentwicklung von Produkten zum Inhalt haben können – weil deren Entwicklung große Zeiträume und Investitionen erfordert – ,sondern im Grunde die Neuausrichtung des Unternehmens bedeuten. Hierzu werden üblicherweise Szenarios entwickelt, wie die Pharmaindustrie und der Pharmamarkt künftig aussehen könnten. Damit wird zwar ein Sprung in die Zukunft gewagt, doch nicht der Übergang von der heutigen Situation in die Zukunft abgebildet. Es bietet sich deshalb an, sogenannte Zukunfts-Storys zu entwickeln: Ausgehend von der Ist-Situation der (potenziellen) Kunden oder des Unternehmens hin zu einem neuen oder einem modifizierten Geschäftsmodell.

In der ersten Zukunftsstory geht es um den Vorrang der Prävention vor der Behandlung akuter Erkrankungen. Hier gibt es wohl kein Pharmaunternehmen, das mittels seiner Marktmacht einen solchen Wandel herbeiführen kann. Die Zahl der Akteure in diesem Milliarden-Markt ist riesig. Verbände, Ärzte, Apotheker, Medien und der Gesetzgeber – alle wirken mit, wenn es um die Zukunft im Gesundheitswesen geht. Dennoch entwickeln sich im Zusammenspiel aller Beteiligter immer wieder neue Konstellationen. Vor allem dann, wenn es um die Kosten geht. Vorsorge senkt die Krankheitskosten, weshalb diese Story durchaus eine Chance zu haben scheint. Im Ergebnis führt sie zu einer Veränderung des Patientenverhaltens, das sich ansatzweise schon heute beobachten lässt.

Maßgeschneiderte Produkte für jede Zielgruppe

Die zweite, wohl innovativste Zukunftsstory würde von einer sehr individuellen Medikation handeln. Ihr Titel „My Medicine“ deutet darauf hin, dass es unter anderem die Bioinformatik sowie die Gensequenzanalyse sind, die eine personalisierte Medizin ermöglichen. Ähnlich wie das virtuelle Unternehmen Amazon seinen Kunden Waren anbietet, die zum Profil des Kunden passen, könnten auch Pharmaunternehmen über Ärzte gesunden und kranken Menschen ihre Produkte massgeschneidert zukommen lassen und sich damit erhebliches zusätzliches Geschäftspotenzial erschließen.

Die dritte Zukunftsstory beschreibt den Status quo. Alles soll und wird so bleiben wie es ist, denn die Veränderung sowohl der Personalisierung als auch des Verhaltens der Menschen bezüglich verantwortlicher Vorsorge ist mit Schwierigkeiten verbunden. Dies können finanzielle, politische oder soziale Gründe, aber auch psychologische Barrieren sein, die diesen Entwicklungen entgegenstehen.

So wie in der Pharmaindustrie gibt es in jedem Bereich veränderte Prozesse, die sich in Storys niederschlagen. Deren Entwicklung wird künftig immer häufiger zu den Kernaufgaben des Managements gehören. Denn Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse zu kreieren zählt zu den zentralen Aufgaben verantwortlicher Unternehmenslenker, die im Übrigen durch die Beanspruchung im Tagesgeschäft dieser Aufgabe nur unzureichend nachkommen können.

Beispiel Amazon: Näher beim Kunden

Wer dem Management eines Unternehmens mitteilt, es müsste eigentlich neu erfunden werden, erntet in der Regel nicht mehr als ein mildes Lächeln. Dennoch zeigt das Beispiel der Pharmaindustrie, dass es eben doch einer Neuerfindung bedarf, wenn die Zukunftsfähigkeit durch die Kostenexplosion im Gesundheitswesen und die Kostenproblematik in der Pharmaherstellung bedroht ist, während die Branche gleichzeitig mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Möglichkeiten eines ausdifferenzierten Gesundheitswesens konfrontiert wird. Demzufolge bieten sich immer Gestaltungsmöglichkeiten an.

Doch auch der Musik- und Buchmarkt zeigen, wie schnell sich Strukturen schon durch die Aktivität nur eines Anbieters ändern können. Amazon wurde zum Vorreiter, der Produzenten und Endkunden näher zusammengebrachte. Das Unternehmen hat dem stationären Buchhandel, seinen begrenzten Präsentationsflächen und seiner zwangsläufig engeren Beratungsmöglichkeit bereits viel Geschäftsvolumen abgetrotzt. Schon heute macht der virtuelle Buchhandel 50 Prozent des gesamten Handelsvolumens aus. Amazon hat sich dabei den größten Anteil gesichert.

    Wenn Amazon – wie bereits in den USA geschehen – nun auch verlegerische Aufgaben übernimmt, kann das auch für Verlage heißen, sich neu erfinden zu müssen. Denn Amazon verfügt über eine Vielzahl von Kundeninformationen, die auch zur Neugestaltung der Verlagsprogramme führen werden. Die Kundenbedürfnisse werden früher erkannt und ihnen kann detaillierter nachgekommen werden. In der Folge wird es mehr Produkte geben, die sich die Kunden wünschen, vielleicht weniger, die sich kreative Menschen ausdenken.

Veränderungsbedarf besteht oft schon im Alltagsgeschäft

Die Konsequenz: Die Unternehmen müssen sich immer wieder neu erfinden, der Unternehmer oder Manager muss sich dazu, bildlich gesprochen, neben sein Unternehmen stellen, um aus dieser distanzierten Position heraus neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dies gibt ihm auch die Chance, die eigene Unternehmensstory weiterzuentwickeln. Mit Hilfe der neuen Kommunikationstechniken sind Dialoge mit Kunden, Mitarbeitern und Partnern möglich, die als Grundlage dienen können, Geschäftsmodelle und –prozesse zu verändern oder zu generieren.

Sicher ist nicht in allen Branchen die Notwendigkeit zu radikalen Veränderungen nötig, doch die Schnelllebigkeit unserer Zeit bringt es auch mit sich, dass selbst im Alltagsgeschäft und in vielen Kunden- und Lieferantenbeziehungen Veränderungsbedarf besteht. Die Tatsache, dass immer mehr Unternehmen in sogenannten offenen Geschäftsmodellen (Open-Business-Modellen) zusammenarbeiten und diese von Fall zu Fall – je nach aktuellem Geschäftsprozess – neu konfiguriert werden, zeigt: Auch das Tagesgeschäft muss neu erfunden werden. Beispiele dafür sind unter anderem die Automobilindustrie und die IT-Branche (zum Beispiel OEM-Produkte).

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