Kapitel 154: Externe Unternehmensberatung oder Interim Manager auswählenAnforderungen und Erwartungen an die Unternehmensberatung festlegen

Wofür es Unternehmensberatung braucht

Der Volksmund benennt die Tätigkeit einer Unternehmensberatung flapsig: Das sind Leute, die für teures Geld umfangreiche Skripte (aus Textbausteinen) erstellen, in denen Sachen stehen, die der Unternehmer bereits weiß.

So etwas kommt vor. Manchmal ist sogar dies von Nutzen, wenn das Wissen gegenüber Eigentümern oder Mitarbeitenden bislang nicht ausgesprochen wurde. Mitunter nimmt der Auftraggeber sogar die Dienste der Beratung genau für diese Zwecke in Anspruch. Und kann darauf verweisen, dass nun von unabhängiger Seite Einschätzungen und Handlungsempfehlungen vorliegen. Damit ist der Feigling fein raus.

Manchmal war es aber auch nur ein Ahnen des Auftraggebers, das nun zur Gewissheit wird. Und in der Tat: Es sitzen zwei Fachleute gegenüber, der eine steuert sein Unternehmen seit Jahren und der andere berät seit Jahren in dieser Branche.

Im Idealfall entstehen ein Vertrauensverhältnis und ein Dialog zu den infrage stehenden Problemen. Von dem beide profitieren. Denn die Beratung vermittelt nicht nur ihrem Auftraggeber eine neutrale Sicht und Lösungsvorschläge, sondern sie qualifiziert sich in dieser Arbeit, was dem nächsten Auftraggeber zugutekommt.

Was man von einer guten Unternehmensberatung erwarten kann

Damit sind die Leistungen angesprochen, die Sie von einer (guten) Unternehmensberatung erwarten können:

  • Professionalität: Die Beratung ist in einer Branche mit Problemen und Lösungen befasst, die sich in vielen Firmen ähneln, und sie verfügt über Meta-Wissen zum fraglichen Problem.
  • Übergreifende Sicht: Die Beratung ist nicht durch Betriebsblindheit geprägt, sondern hat in unterschiedlichsten Unternehmen Erfahrungen gesammelt.
  • Neutralität: Die Beratung unterliegt keiner Einbindung in das unternehmerische Machtgefüge und kann sich auf die sachliche Seite der Probleme konzentrieren; auch wenn es sich dabei um personelle Probleme handeln sollte.
  • Ressourcenverfügbarkeit: Job der Beratung ist es, sich der ihr gestellten Aufgabe zu widmen – und nur dieser. Dafür verfügt sie in der Regel über einen ausgefeilten Instrumentenkoffer.
  • Offenheit: Die Beratung kann alle Beteiligten und Betroffenen in ihre Überlegungen einbeziehen und auch nach unausgesprochenen Problemen fahnden, die möglicherweise einer sachgerechten Lösung entgegenstehen.
  • Innovationsfähigkeit: Die Beratung kann mit frischer Sicht und neuen oder ungewöhnlichen Anregungen jenseits des Betriebsüblichen kreative Ansätze fördern. Dafür ist sie mit Kreativitätsmethoden ausgestattet.
  • Vermittlungsfähigkeit: Auch die fachlichsten Aufgaben- oder Problemstellungen haben eine menschliche Dimension, sodass oft Mediation zur Lösung hinzugezogen werden muss. Damit können unterschiedliche Befindlichkeiten im Unternehmen ausgeglichen werden.

Obgleich Berater und Beraterinnen, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, mitunter diskreditiert sind, weil sie angeblich „nur quatschen, aber nichts entscheiden müssen und auch keine Verantwortung tragen“, müssen gute Unternehmensberatungen über eine spezielle Qualifikation verfügen.

Expertise, also verfügbares Wissen, und Kompetenz, also die Fähigkeit zur Bearbeitung bisher unbekannter Problemstellungen, müssen in einem ausgewogenen Verhältnis existieren. Was müssen Sie als Kunde oder Klient also bei einer guten Unternehmensberatung an Qualifikation voraussetzen?

Merkmale einer guten Unternehmensberatung

Das Profil einer guten Unternehmensberatung ist durch fünf wichtige Aspekte mit unterschiedlichen Merkmalen geprägt:

persönliche Fähigkeiten

  • einfühlsam, aufgeschlossen, vertrauenswürdig, kommunikativ, verbindlich
  • lernfähig, zielbewusst, analytisch, urteilsfähig, kreativ

Ausbildung

  • Hoch- oder Fachschulabschluss
  • Praxis und Erfahrung als Beraterin oder Berater
  • (wünschenswert) Mitgliedschaft in Verbänden für Unternehmensberatungen oder berufsspezifischen oder fachspezifischen Verbänden
  • zertifiziert für spezielle Aufgaben wie Audits oder Rechtsberatung (Nachweise und Zertifikate)

fachliche Expertise

  • volks- und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge erkennend
  • juristische und psychologische Grundkenntnisse
  • technische, betriebswirtschaftliche, rechtliche Kenntnisse gemäß dem „Stand der Technik“ und dem „Stand des Wissens“ (je nach Fachgebiet)
  • Branchenkenntnisse
  • spezielle Kenntnisse in einzelnen Methoden oder Verfahren

überfachliche Expertise

  • nutzt Techniken der Kommunikation und Motivation
  • beherrscht Projektmanagement, Moderations- und Präsentationstechniken
  • versteht es, Akzeptanz zu schaffen und Konflikte zu lösen
  • nutzt Kreativitätstechniken

überdurchschnittliche Kompetenz

  • arbeitet sich rasch in unbekannte Problemstellungen ein
  • kann sehr stark konzeptionell denken und arbeiten
  • erstellt Konzepte und Pläne

Wenn noch „pädagogische“ Fähigkeiten hinzukommen, ist der Weg vom Berater zum Coach offen. Im Unterschied zur klassischen Beratung, die durch ihre Arbeit eine Lösung der Aufgabe oder des Problems vorschlägt, mobilisiert der Coach die Expertise und Kompetenz des Kunden und seiner Mitarbeitenden.

Der Coach befähigt die Mitarbeitenden im Unternehmen, selbst Probleme und Ziele zu definieren, Lösungen zu erarbeiten und zu bewerten. Damit wird beim Coaching ein dialogischer Prozess zum prägenden Merkmal des Vertragsverhältnisses.

Der Dialog kann auch dazu führen, dass ein (weiterer) Spezialist zur Lösung der Aufgabenstellung hinzugezogen wird.

Beispiel

Eine Spezialistin für das Marketing

Ein junges Unternehmen mit vielen IT-Fachleuten hat interessante Produkte entwickelt und zu spät darüber nachgedacht, wie die potenzielle Kundschaft davon erfährt. Der Glaube, die Ankündigungen auf der eigenen Website würden ausreichen, hat sich als unzulänglich erwiesen. Auch der Artikel in einer Fachzeitschrift erreicht offensichtlich nicht sein gewünschtes Publikum.

Nun hat man sich eine Unternehmensberaterin mit der Spezialisierung Marketing ins Haus geholt.

Die Frau ist gut und listet eine ganze Reihe von Versäumnissen auf. Sie stellt eine Matrix auf, die gemeinsam mit den Gründern eine Bewertung der vorgeschlagenen Maßnahmen erlaubt. Wobei die Kostenfrage ganz oben bei den Kriterien steht, da bisher zu wenig Geld verdient wurde und die Unternehmenskasse fast leer ist.

Es werden gemeinsam preiswerte Lösungsvorschläge erarbeitet. Aber die bisherigen Produkte besitzen ein ganz uneinheitliches Bild; man kann sie dem Unternehmen nicht zuordnen.

Hier nutzt die Unternehmensberaterin ihr breites Netzwerk und knüpft eine Beziehung zu Studierenden im Fachbereich Design. Mit einer Prämie wird ein Ideenwettbewerb ausgelobt und mit einem kleinen Salär die ausgewählte Idee für das Corporate Design realisiert.

Praxis

Klären Sie:

  • Welche Erfahrungen haben Sie mit Unternehmensberatungen bislang gemacht?
  • Welche Aktionen, Projekte oder Maßnahmen im Unternehmen wurden durch Beraterinnen oder Berater ausgelöst oder vorangebracht?
  • Welche Ergebnisse hat das gebracht?
  • Welche Beiträge hat die Unternehmensberatung im Detail dafür geleistet?
  • Was daran war für Ihr Unternehmen besonders wertvoll?

Stellen Sie zusammen, welche Kompetenzen Sie von einer Beratung für Ihre nächste Aufgabenstellung brauchen. Was ist dabei besonders wichtig? Achten Sie insbesondere auf:

  • Erfahrungsschatz und Branchenkenntnis
  • Qualität der Referenzen
  • Mitgliedschaften und Zertifizierungen
  • Problemverständnis (Zuhören und Problem auf den Punkt bringen)
  • fachliche Expertise
  • methodische Expertise

Nutzen Sie die folgende Vorlage, um Ihre Anforderungen zu beschreiben und ein konkretes Angebot einer Unternehmensberatung zu prüfen und zu bewerten.

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