Kapitel 016: Kundenakquise und NeukundengewinnungAngebot verhandeln und Kaufabschluss erzielen

Nach Abgabe des Angebots beginnt die Phase der Kaufverhandlung. Wie werden die Bedingungen für Preise und Leistungen gemeinsam herausgearbeitet und festgelegt? Warum ist das Konzept Value Based Pricing dabei hilfreich? Und wie wird der Zeitpunkt des Kaufabschlusses nicht verpasst?

Das Angebot als Grundlage der Kaufverhandlung

Wenn Sie dem potenziellen Kunden ein überzeugendes Angebot zu Ihren Produkten und Dienstleistungen machen, können Sie ihn damit im idealen Fall direkt zum Kauf oder zur Vertragsunterzeichnung führen. Aber das gelingt nicht immer. Oft folgt in dieser Phase des Verkaufsprozesses das Verhandeln – mit dem Ziel, danach den Kauf abzuschließen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden Sie in diesem Schritt die Bedingungen für den Auftrag verhandeln und den Abschluss erzielen.

Manche Verkäufer verhandeln zunächst sämtliche Bedingungen für die Zufriedenheit des Kunden und erstellen erst dann das Angebot. In anderen Fällen ist ein erstes Angebot Grundlage für die Verhandlung. Danach wird über einzelne Positionen verhandelt, und es wird ein überarbeitetes und verbindliches Angebot für beide Seiten entwickelt – als Basis für den Abschluss.

Um den Kunden zum Abschluss zu führen, müssen Sie auf der Grundlage Ihres Angebots folgende Aufgaben erfüllen:

  • Verhandeln: Bedingungen der Zufriedenheit mit dem Kunden klären. Alle Fragen in Bezug auf Leistung und Preis gemäß Angebot besprechen, die maßgeblich sind, damit der Kunden den Auftrag erteilt.
  • Überarbeiten (bei Bedarf): Angebot und Anforderungen des Kunden aufeinander abstimmen, sodass ein Konsens erzielt wird.
  • Nachfassen: Mit dem Kunden klären, ob das Angebot die Erwartungen erfüllt und wann die Entscheidung fallen soll. Nach diesem Zeitraum: nachfassen!
  • Bei Auftrag: Auftrag sofort bestätigen und bedanken!

Bedingungen der Zufriedenheit aushandeln

In dieser Phase wird zwischen dem Verkäufer und dem Kunden besprochen, ob sich Kundenanforderungen und das Angebot des Anbieters im Detail aufeinander abstimmen lassen. Dazu ermittelt der Verkäufer nach der Methode des High Probability Selling die sogenannten Bedingungen der Zufriedenheit des Kunden. Das sind alle einzelnen Anforderungen, die für den Kunden erfüllt sein müssen, bevor er den Auftrag erteilt. Sie sind damit auch Gegenstand des Angebots und des Kauf- und Verkaufsvertrags.

Im Gespräch geht es darum herauszufinden, was der Kunde genau will und was er nicht mehr akzeptieren wird. Das wird vom Verkäufer penibel genau notiert. Die Aspekte, die dabei vor allem besprochen werden, sind:

  • Preis, den der Kunde akzeptiert: Der Preis kann sich aus den Leistungsmerkmalen und Funktionen ableiten. Es muss also geklärt werden, ob der Kunde bereit ist, für Leistungsmerkmal X einen (höheren) Preis Y zu akzeptieren.
  • Leistungsmerkmale und Funktionen des Produkts: Sie sollten genau messbar sein, sodass die Leistung für beide Parteien eindeutig festgelegt ist. Kernfragen sind: Wie messen wir, ob …? Woran erkennen wir, ob …?
  • Zusätzlicher Service und sonstige Leistungsmerkmale: Welche zusätzlichen Serviceangebote sind für den Kunden wichtig oder tragen dazu bei, dass er das Preis-Leistungs-Angebot im Vergleich zu anderen Angeboten bevorzugt.
  • Zeitpunkt, bis zu dem das Produkt für den Kunden zur Verfügung stehen soll (Liefertermin).
  • Alle anderen Bedingungen, die für die Kaufentscheidung relevant sind. Dazu können gehören: Lieferbedingungen, Finanzierungsmöglichkeiten, Zahlungsfristen, Rückgaberecht, Herstellergarantie etc.

Auch in dieser Phase geht es darum, den Kunden dazu zu verpflichten, dass er den Auftrag erteilt, wenn die besprochenen Bedingungen seiner Zufriedenheit genau eingehalten sind.

Einwandbehandlung

Häufig kommen in dieser Verhandlungsphase die Einwände des Kunden. Diese sind eine Chance für den Verkäufer, die Nutzen zu vermitteln und noch einmal die Bedingungen der Zufriedenheit für den Kunden zu klären. Allerdings: Einwände müssen ernst genommen werden und sollten nicht mit Floskeln oder Standardargumenten abgebügelt werden.

Letztlich kommt es darauf an, was die Motive für die Einwände des Kunden sind. Das kann Gleichgültigkeit sein, wenn der Verkäufer es nicht geschafft hat, die notwendige Beziehung aufzubauen. Manchmal sind es persönliche Gründe; der Verkäufer ist dem Kunden unsympathisch durch sein Auftreten oder seine Art der Kommunikation. Es kann sein, dass der Kunde gar nicht kaufen kann und handlungsunfähig ist, wenn wichtige Rahmenbedingungen für den Kunden nicht erfüllt sind.

Missverständnisse können meistens schnell geklärt werden. Unsicherheiten und Bedenken des Kunden führen zu den schwierigen Einwänden. Möglicherweise ist es dem Verkäufer nicht gelungen, in der Phase „Kundenbeziehung entwickeln“ ausreichend viel Vertrauen aufzubauen.

Die Lösung für die Einwandbehandlung kann folgendermaßen aussehen und in den folgenden Schritten ablaufen:

  1. Innehalten, um den Einwand zu bedenken.
  2. Art und Motiv des Einwands durch Fragen klären.
  3. Einwand überprüfen, ob er richtig verstanden wurde.
  4. Einwand behandeln, also Missverständnisse aufklären, Unsicherheiten und Bedenken durch Nutzenargumentation, Beispiele, Belege etc. mindern oder beseitigen.
  5. Prüfen, ob Einwand erledigt ist.
Tipp

Vorwände erkennen

Nicht immer handelt es sich um einen wirklichen Einwand. Manche sind verkleidete Vorwände, ohne dass der Verkäufer dies (gleich) erkennen kann. Vorwand bedeutet: Der Kunde sagt, warum er das Produkt (noch) nicht kaufen kann, hat aber ganz andere Gründe dafür. Liegt möglicherweise ein Vorwand vor, muss dies zuerst festgestellt werden.

Hinterfragen Sie dazu die Bedenken (Einwand oder Vorwand), die der Kunde äußert. Nutzen Sie dazu die Frageform: „Angenommen, dass … wir zu Ihrer Zufriedenheit gelöst haben ...“. Sie ergänzen den vom Kunden genannten Einwand oder Vorwand und fragen weiter: „... würden Sie dann den Auftrag erteilen?“

Kommt kein Ja, dann handelt es sich bei dem Bedenken vermutlich um einen Vorwand. Mit weiteren Fragen nach dem „Warum?“ können Sie dem Grund des Vorwands nachgehen.

Preise geschickt verhandeln

Sehr häufig geht es bei der Verhandlung des Angebots um den Preis. Der Kunde meint: Sie sind zu teuer. Um die passenden Begründungen für einen (anscheinend) zu hohen Preis zu finden, muss der Verkäufer wissen, warum und im Vergleich zu was er zu teuer ist.

Seine Gegenfrage also: „Im Verhältnis wozu sind wir zu teuer?“ Dann müssen gute Gründe folgen und überzeugend dargestellt werden, warum der Preis gerechtfertigt ist. Das kann sich nur an den besonderen Leistungen des Produkts im Vergleich zum Wettbewerb und am messbaren Kundennutzen festmachen.

Ob der Verkäufer bereit ist, einen Preisnachlass oder Rabatt einzuräumen, muss im Einzelfall entschieden werden. Vielleicht sind Rabatte im Angebotspreis bereits berücksichtigt. Diese können als Verhandlungsspielraum genutzt werden.

Aber Vorsicht: zu schnelles Nachgeben macht den Verkäufer unglaubwürdig. Deshalb zunächst freundlich und hartnäckig bleiben, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Gleichzeitig lässt sich damit die Nachlassforderung des Kunden reduzieren.

Erst dann kann der Verkäufer Zugeständnisse machen und dafür vom Kunden eine Gegenleistung erwarten; zum Beispiel: Wenn wir uns beim Preis einigen, können wir dann heute noch den Auftrag bekommen?

Value Based Pricing

Oft begründet der Kunde seine Forderung nach Preisnachlass damit, dass der Wettbewerber das Produkt günstiger anbietet. Er erwartet, dass Sie das Angebot des Wettbewerbers unterbieten. Dann müssen Sie den im Vergleich zum Wettbewerber höheren Preis mit besserer Leistung begründen – und diese Leistung muss für den Kunden einen echten Mehrwert haben.

Was diesen Mehrwert bieten kann, müssen Sie als Verkäuferin oder Verkäufer wissen und dem Kunden richtig vermitteln. Im Verkaufsprozess wird dies als „Value Based Pricing“ bezeichnet.

Stichwort

Value Based Pricing

Value Based Pricing meint die Fähigkeit eines Anbieters, mit einem Kunden genau den Preis auszuhandeln, der dem tatsächlichen Wert des Produkts für den Kunden entspricht – im Vergleich zu den Alternativen, die der Kunde hat: beim Wettbewerber kaufen oder gar nicht kaufen.

Wichtige Voraussetzungen und Merkmale des Value Based Pricing sind:

Situation und Problem des Kunden kennen

Sie müssen Ihren Kunden sehr genau kennen und wissen, was für ihn einen echten Mehrwert darstellt. Dazu müssen Sie sich auf ausgewählte Kundensegmente oder einzelne Kunden fokussieren und sein drängendstes Problem kennen.

Angebot des besten Wettbewerbers kennen

Vergleichen Sie Ihr Angebot und Ihren Preis immer mit der für den Kunden nächst besten Alternative. Wie hoch ist dazu der Preisunterschied? Und welche Leistung zeichnet Sie dieser Alternative gegenüber besonders aus?

Echten Mehrwert für den Kunden im eigenen Angebot identifizieren

Finden Sie heraus: Welche Bestandteile Ihres Angebots, welche Leistungsmerkmale Ihres Produkts und welche zusätzlichen Services sind für den Kunden ein echter Mehrwert? Was macht Sie deshalb im Vergleich zum Wettbewerb einzigartig?

Zahlungsbereitschaft des Kunden für den Mehrwert erkennen

Finden Sie heraus, wie hoch der Geldbetrag ist, den der Kunde für diesen Mehrwert bezahlen wird. Dieser Betrag entspricht genau dem, was Ihr Produkt mehr kosten darf als das Produkt des Konkurrenten. Diesen Mehrbetrag können Sie selbstbewusst ansetzen – und nur darüber hinaus gehende Preise sind verhandelbar.

Gerade der letzte Punkt ist nur schwierig zu ermitteln und in einem Geldbetrag zu beziffern. Hier müssen Sie Erfahrungen sammeln und die Situation des Kunden genau kennen.

Abschluss im Verkaufsprozess erzielen

Bei der Methode des High Probability Selling geht es nicht darum, den Abschluss unbedingt zu erzielen. Er ergibt sich zwangsläufig aus dem Prozess der Disqualifizierung und der Verpflichtung des Kunden. Der Kunde hat sich bereits während des gesamten Verkaufsprozesses entscheiden müssen, ob er dem Verkäufer folgt und sich zum Verkauf verpflichtet, wenn die jeweiligen Bedingungen der entsprechenden Phase eingehalten werden.

Andere Methoden des Verkaufens gehen an dieser Stelle ganz anders vor. Hier geht es in dieser Phase darum, den Kunden davon zu überzeugen, dass er sich jetzt entscheiden muss. Durch unterschiedliche Gesprächstechniken und geschickte Verhandlungstaktik soll der Abschluss, die Kaufentscheidung, gewissermaßen jetzt erzwungen werden. Voraussetzung ist, dass der Kunde Kaufsignale aussendet. Das können beispielsweise sein: Er erkundigt sich nach dem Preis, er fasst das Produkt an, er fragt, wann geliefert werden kann.

Kaufabschluss fördern

Viele Verkäufer haben Defizite bei der Abschlusstechnik. Im Grunde ist alles geklärt, aber der Auftrag lässt auf sich warten. Durch Zerreden oder Aufdringlichkeit geht ein sicher geglaubter Auftrag durch die Lappen. Dabei ist der Abschluss die logische und vom Kunden gewollte Folge im Verkaufsprozess. Hilfreiche Elemente sind dabei:

  • Vorschlag, der dem Kunden einen Vorteil verspricht, wenn er jetzt kauft.
  • Alternativen aufzeigen, die eine Entscheidung im Sinne eines Auftrags unterstützen; mit dem Kunden eine Lösung erarbeiten, die seinen Bedingungen entspricht.
  • Klares Ziel setzen und dem Kunden sagen, worum es geht.
  • Geduld bewahren und Schweigen: So hat der Kunde Zeit für ein Ja zum Kauf.

Wichtig ist: Nach der Kaufentscheidung und der Auftragsvergabe durch den Kunden – bedanken! Gute Verkäuferinnen und Verkäufer bedanken sich auch für die Zeit, die der Kunde investiert hat, um den Auftrag zu vergeben.

Praxis

Bedingungen für Kaufabschluss verhandeln

Klären Sie:

  • Welche Techniken setzen Sie ein, um die Kaufentscheidung beim Kunden herbeizuführen?
  • Wie klären Sie, ob Kundenanforderung und Ihre Leistungen wirklich zueinander passen?
  • Wie führen Sie Preisverhandlungen?
  • Welche Merkmale sind für Sie Bedingungen dafür, dass der Kauf abgeschlossen werden kann?
  • Wie bringen Sie den kaufwilligen Kunden zum Kaufabschluss und zur Vertragsunterzeichnung?

Nutzen Sie in dieser Phase des Verkaufsprozesses für die Verhandlung von Preis und Leistung mit dem Kunden die Methode sowie die ausführlichen Erläuterungen und Vorlagen, wie sie im Handbuch-Kapitel Verhandlungsführung beschrieben sind.

Klären Sie im Verhandlungsprozess insbesondere alle Bedingungen dafür, dass ein Kaufvertrag abgeschlossen werden kann. Halten Sie diese in der folgenden Vorlage fest und bewerten Sie die Bedeutung des einzelnen Aspekts. So haben Sie immer eine Übersicht über die Punkte, die noch geklärt oder verhandelt werden müssen.

Preisverhandlungen führen

Für Ihre Preisverhandlung können Sie die folgende Vorlage nutzen. Entwickeln Sie dort Ihre Strategie zur Preisverhandlung und formulieren Sie anhand der Beispiele die Fragen, die Sie bei der Preisverhandlung klären wollen.

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf. Wenn Sie aus einem Neukunden einen Wiederkäufer oder vielleicht sogar einen Stammkunden machen wollen, dann müssen Sie sich nach dem Kaufabschluss und nach der Vertragsunterzeichnung bewähren. Sie müssen Ihre Zusagen einhalten – denn das ist einer der wichtigsten Aspekte für die Kundenzufriedenheit. Und diese ist Grundlage für die Kundenbindung. Worauf Sie dabei achten sollten, lesen Sie im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels.

Zurück zum Artikel