Warum Sie Aufträge und Projekte priorisieren müssen

Wenn es einen Engpass in Ihren Projekten oder Prozessen gibt, können Sie nicht alles gleichzeitig oder sofort bearbeiten. Ansonsten stauen sich die Projekte und Aufträge vor dem Engpass und die Leistung des Unternehmens verringert sich; alles dauert länger als geplant.

Sie müssen deshalb eine Auswahl treffen und Prioritäten setzen. Dazu sollten Sie die Projekte und Aufträge vorziehen, die am meisten zur Zielerreichung und Rentabilität des Unternehmens beitragen.

Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wird für die Priorisierung von Projekten und Aufträgen meistens die Höhe des Gewinns betrachtet, den ein Unternehmen jeweils erzielen kann – oder auch die Höhe von Kosteneinsparungen, die mit einem internen Projekt erreicht werden können.

Doch Vorsicht: Wenn Sie Engpässe bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Priorisierung nicht berücksichtigen, erhalten Sie oft ein anderes Ergebnis als bei der Beachtung und Planung von Engpässen.

Aufträge und Projekte nach Wirtschaftlichkeit priorisieren – ein Beispiel

Das folgende Beispiel soll zeigen, dass es nicht immer wirtschaftlich ist, den Auftrag anzunehmen, der den höchsten Gewinn verspricht, oder das Projekt durchzuführen, das zu den höchsten Kosteneinsparungen führt, – ohne die Engpässe zu beachten.

Angenommen wird, dass das Unternehmen für den kommenden Monat mehrere Kundenanfragen und Aufträge hat. Für die Bearbeitung benötigt es sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Tabelle in der folgenden Abbildung zeigt zunächst, dass vor allem Mitarbeiter 2 überlastet wäre, wenn alle Aufträge angenommen werden; er ist der Engpass im Unternehmen.

Deshalb muss das Unternehmen eine Auswahl treffen und einige Kunden auf später vertrösten oder ihnen absagen. Die Frage ist: Welchen Kunden?

Belastung der Mitarbeiter durch Kundenanfragen und Aufträge

Um die lukrativen Aufträge und Bestellungen zu identifizieren, berechnet das Unternehmen den Gewinn, den es jeweils erzielen kann. Der Gewinn pro Auftrag ergibt sich aus:

Gewinn (Auftrag) = Umsatz – Kosten für Material – Kosten für Personal

In der folgenden Abbildung sind die Umsätze, Materialkosten und die Personalkosten für jeden Auftrag dargestellt. Dabei ist ein Personalstundensatz von 375 EUR unterstellt; er ergibt sich aus den gesamten Personalkosten pro Monat in Höhe von 420.000 EUR und der verfügbaren Kapazität in Höhe von 1.120 Stunden pro Monat.

Die Berechnung zeigt, dass Auftrag 5 am lukrativsten ist vor Auftrag 7. Am wenigsten lukrativ ist Auftrag 3.

Gewinnvergleich für die Kundenanfragen und Aufträge

Da Mitarbeiter 2 der Engpass ist, können nicht alle Aufträge bearbeitet werden. Die Auswahl erfolgt nach der Höhe des erzielbaren Gewinns so, dass gerade alle Projekte bearbeitet werden können. Das Unternehmen beschließt deshalb, die Aufträge 5, 7, 1 und 6 anzunehmen. Das würde bedeuten:

  • Alle Aufträge werden termingerecht geliefert, weil der Engpass und alle anderen Mitarbeitenden die ausgewählten Aufträge termingerecht bearbeiten können.
  • Es wird insgesamt ein Deckungsbeitrag von 405.000 EUR erzielt.
  • Wenn die Personalkosten in Höhe von 420.000 EUR fixe Kosten sind, wird allerdings ein Verlust in Höhe von 15.000 EUR verursacht, denn die vier angenommenen Aufträge müssen dann die gesamten Personalkosten decken.

Die Wirtschaftlichkeit aus Sicht des Engpasses berechnen

Wenn die Auswahl der Aufträge nicht aus der Sicht des Gewinns eines einzelnen Auftrags betrachtet wird, sondern aus der Sicht des Engpasses, dann kann sich eine andere Priorität ergeben. Denn wirtschaftlich ist, die Aufträge zu bearbeiten, bei denen der Engpass den größten Wert für den Deckungsbeitrag eines Auftrags beisteuert.

Es wird dazu berechnet:

Deckungsbeitrag pro Engpass-Stunde (Auftrag)
= (Umsatz – Kosten für Material) ÷ Anzahl der Engpass-Stunden

Mit dieser Berechnung ergibt sich eine andere Priorität der Aufträge, wie die folgende Abbildung zeigt.

Deckungsbeitrag durch den Engpass für die Kundenanfragen und Aufträge

Wenn die Aufträge engpassorientiert ausgewählt werden, dann ergibt sich ein Gewinn in Höhe von 5.000 EUR (statt eines Verlusts). Denn nun entscheidet sich das Management für die Aufträge 7, 2, 6 und 5.

Bei Engpässen sollten Sie deshalb immer die Projekte und Aufträge vorziehen, für die der Engpass den höchsten Effekt auf den Deckungsbeitrag hat und damit am meisten zum Unternehmensgewinn beiträgt.

Monetäre und qualitative Ziele im Unternehmen beachten

Gewinn und Kosteneinsparungen sind monetäre Ziele eines Unternehmens. Bei der Auswahl von Kundenprojekten kann darüber hinaus die strategische Bedeutung des Kunden eine Rolle spielen. Manche Kundenaufträge müssen bearbeitet werden, um den wichtigen Kunden nicht zu verlieren.

Entsprechend müssen manche Projekte in jedem Fall durchgeführt werden, weil beispielsweise gesetzliche Vorgaben dies fordern. Letztlich müssen auch diese Projekte so eingeplant werden, dass der Engpass optimal genutzt wird.

Praxis

Erstellen Sie eine Liste aller Projektideen und Projektvorschläge oder aller Kundenanfragen.

Planen Sie die Projekte und Kundenanfragen grob, indem Sie ermitteln:

  • Welcher Umsatz lässt sich damit erzielen?
  • Welche Kosteneinsparungen sind mit dem Projekt möglich?
  • Wie hoch sind die externen variablen Kosten im jeweiligen Projekt; also für Material, Zukaufteile, externe Dienstleistungen?
  • Welche Ressourcen, Personen oder Maschinen werden benötigt?
  • In welcher Menge, zum Beispiel Tage oder Stunden, werden diese Ressourcen im betrachteten Zeitraum für das jeweilige Projekt benötigt?
  • In welcher Menge stehen die Ressourcen im betrachteten Zeitraum zur Verfügung?
  • Welche Ressource ist überlastet?

Identifizieren Sie dadurch die Engpassressource. Planen Sie den Projekterfolg im Hinblick auf diese Engpassressource, indem Sie:

  • den Deckungsbeitrag für das jeweilige Projekt berechnen:
    = Umsatz bzw. Kosteneinsparung – externe variable Kosten
  • den engpassbezogenen Projekterfolg berechnen:
    = Deckungsbeitrag ÷ Engpasstag bzw. Engpassstunde
  • die Projekte auswählen mit dem höchsten engpassbezogenen Projekterfolg, ohne dass der Engpass überlastet ist

Diese Berechnungen können Sie mit der folgenden Excel-Vorlage durchführen. Sie erkennen, welche Ressourcen (Mitarbeitende) durch die geplanten Projekte überlastet sind. Diese behandeln Sie als Engpassressourcen und berechnen den entsprechenden engpassbezogenen Projekterfolg.

Anschließend wählen Sie die lukrativen Projekte aus, die Sie gerade noch bewältigen, bevor der Engpass überlastet ist.

Die folgenden Excel-Vorlagen können Sie ebenfalls für eine Erfolgsrechnung Ihrer Projekte und Aufträge nutzen.

Mit dieser Vorgehensweise wissen Sie, dass Sie alle Projekte und Aufträge schnell und termingerecht bewältigen können. Allerdings nur dann, wenn Sie die Regeln für die Zeit- und Kapazitätsplanung beachten, die bei der Critical-Chain-Methode gelten.

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