Marketing für Berater, Trainer und CoachesBerater-Marketing beginnt mit Zielen, Leistungen und Zielgruppe

Consultants ignorieren oft die Entscheidungswege beim Kunden und schneiden ihren Marktauftritt allein auf die Zielgruppe der Entscheider zu. Doch das reicht meist nicht aus. Strategisch wichtig ist, auch die Mittelsleute wie Personalentwickler oder Assistenzkräfte als Zielgruppe anzusprechen. Führen Sie deshalb eine Standortbestimmung Ihres Unternehmens durch und entwickeln Sie eine umfassende Strategie mithilfe eines Strategiemodells.

Was die Festlegung der Zielgruppe für Berater, Trainer und Coaches problematisch macht

Krisensitzung. Ein mittelständisches Unternehmen kämpft mit Absatzrückgängen. Die Geschäftsführerin diskutiert die Lage im Führungskreis. Man wird sich schnell einig: Wir müssen den Vertrieb neu aufstellen und unsere besten Vertriebsleute zu Key-Account-Managern ausbilden. Am Ende der Sitzung bittet die Geschäftsführerin ihren Vertriebsleiter, sich um die Suche nach einem geeigneten Trainer zu kümmern.

Betrachten wir den Fall aus dem Blickwinkel eines Trainers oder Beraters: Erhält er den Auftrag eher, wenn Internetseite, Broschüren und Leistungsbeschreibungen auf die Geschäftsführung zugeschnitten sind, also auf diejenigen, die über das Budget verfügen? Oder sollte sich das Marketing eher an die Vertriebsleitung richten, also an die Mittler, die im Auftrag des Entscheiders nach einem geeigneten Trainer suchen? Wenn es im Beratermarketing ans Eingemachte geht, stehen Berater, Trainer, Interimmanager und Coaches häufig vor diesem Problem.

Ein Kernsatz im Marketing lautet: „Lege Deine Zielgruppe fest und spreche Sie direkt an!“ So sehr dieser Ratschlag in der Theorie einleuchtet, so schnell zeigt sich in der Praxis, dass die Dinge komplizierter sind:

  • Sollen Sie die Entscheider ansprechen, die jedoch nur schwer erreichbar sind?
  • Sollen Sie sich eher an die leichter erreichbaren Mittelsleute wenden, die Sie aber gar nicht beauftragen können?
  • Für wen konzipieren Sie Ihre Webseite?
  • Für wen entwerfen Sie Ihre Marketingunterlagen?
  • An wen wenden Sie sich, wenn Sie Artikel schreiben, Vorträge halten oder Akquise machen?

Manchmal liegt es auf der Hand, in erster Linie die Mittelsleute anzusprechen. Zum Beispiel führen Verkaufsberater ihre ersten Gespräche meistens mit der Verkaufsleitung, auch wenn diese den Auftrag selbst nicht erteilen kann. Bei Trainern und Coaches sind die Personalentwickler oder Personalleiter häufig die ersten Ansprechpartner, die ebenfalls nicht selbst über eine Beauftragung entscheiden können.

Die Rolle der Mittelsleute

Wie im Beispiel der Mit­tel­ständ­le­rin sind die Dinge jedoch oft nicht so eindeutig – die Geschäftsführung entscheidet, bittet jedoch die fachlich zuständige Führungskraft oder die Personalleitung, sich um die Auswahl eines geeigneten Beraters oder Consultants zu kümmern. In kleinen und mittelgroßen Unternehmen kann diese Rolle auch die Assistenzkraft übernehmen, an die die Geschäftsführung die Vorarbeit delegiert hat. Berater sollten sich den Entscheidungsprozess beim Kunden also näher ansehen.

Beispiel

Relevante Personenkreise als Zielgruppe

Ein Produktionsberater für mittelständische Betriebe identifiziert folgende relevante Personenkreise:

  • Entscheider als Hauptzielgruppe: Geschäftsführung und Produktionsleitung,
  • Mittelsleute: Assistenz der Geschäftsleitung, Assistenz der Produktionsleitung sowie einige Schlüsselmitarbeiter.

Die eine Gruppe gewinnen ohne die andere zu verprellen

Viele Berater ignorieren die unternehmensinternen Entscheidungswege und schneiden ihren Marktauftritt allein auf die Zielgruppe der Entscheider zu. Strategisch sinnvoll kann es jedoch sein, zunächst die Mittelsleute anzusprechen und erst in zweiter Linie die Entscheider; letztlich, um beide zu überzeugen. Die Kunst liegt darin, die eine Gruppe zu gewinnen, ohne die andere zu verprellen.

Marktauftritt auf Entscheider und Mittelsleute ausrichten

Berater, Trainer und Coaches benötigen Geschick, ihren Marktauftritt sowohl auf die Entscheider als auch auf die Mittelsleute auszurichten. Aber genau darin liegt die Herausforderung. Dies umso mehr, wenn die Interessen unterschiedlich sein können.

Beispiel

Marktauftritt bei Entscheidern und Mittelsleuten

Ein Geschäftsführer beauftragt seine Personalleiterin mit der Suche nach einem Organisationsberater. Der Geschäftsführer hat dabei den Unternehmenserfolg im Blick und will die Marktstellung des Unternehmens verbessern. Der Personalleiterin hingegen liegt vor allem ein gutes Betriebsklima am Herzen. In dieser Konstellation muss sich der Berater als effektiver Veränderer präsentieren, gleichzeitig aber auch dem Anliegen der Personalleiterin gerecht werden. 

Strategische Optionen fürs Marketing

Im Falle einer relevanten Mittlerzielgruppe haben Sie nun zwei strategische Optionen.

Fokus Mittelsleute:

Sie richten das Marketing in erster Linie an dieser Mittlerzielgruppe aus, ohne den Entscheider dabei vor den Kopf zu stoßen. Bedenken Sie dann auch, dass der Mittler Ihre Leistung intern „verkaufen“ muss. Geben Sie ihm hierfür eine Argumentationshilfe an die Hand, etwa in Form einer Broschüre, die nunmehr speziell den Entscheider anspricht.

Fokus Entscheider:

Sie kommen zu dem Schluss, dass Sie trotz der Mittlerzielgruppe den Dialog mit dem Entscheider suchen. In diesem Fall konzentrieren Sie das Marketing auf die Entscheiderzielgruppe, ohne dabei die Mittler aus dem Auge zu verlieren.

Deutlich wird also:

Die Frage nach den Mittelsleuten hat eine strategische Dimension. Sie impliziert Entscheidungen, die sich auf den gesamten Marktauftritt auswirken.

Praxis

Standortbestimmung als Berater, Trainer oder Coach

Um ein Beratungsunternehmen strategisch zu entwickeln und zu führen, können Sie auf ein Modell zurückgreifen, das einem Organismus nachempfunden ist: Wie beim menschlichen Organismus gibt es auch im Unternehmen einen Kopf, in dem bewusst geplant wird, und Lebensadern, die es am Leben erhalten. Daraus ergibt sich ein Strategiemodell für Ihr Unternehmen wie in Abbildung 1 dargestellt.

© Giso Weyand
Abbildung 1: Strategiemodell für ein Beratungsunternehmen
Quelle: Giso Weyand, Das Berater-Buch, 2013

Der Kopf im Strategiemodell enthält Modellbestandteile, die verhältnismäßig stabil sind. Aus ihnen setzt sich die Gesamtstrategie des Unternehmens zusammen. Die Lebensadern im Strategiemodell hingegen sind ständig im Fluss und halten Ihr Unternehmen am Leben. Sie sollten die Lebensadern in Ihrem Unternehmen regelmäßig überprüfen und anpassen. Dabei kommt sicher vor, dass bestimmte Lebensadern (derzeit) keine Rolle spielen oder von untergeordneter Priorität sind.

  • Planen Sie Ihre Gesamtstrategie auf einen Zeithorizont von fünf bis sieben Jahren hin.
  • Überprüfen Sie Ihre Gesamtstrategie jährlich und überarbeiten Sie sie gegebenenfalls.

Verschaffen Sie sich einen Überblick zur Standortbestimmung Ihres Unternehmens. Nutzen Sie dazu die Checkup-Fragen in den Tabellen der folgenden Vorlage:

  • Welche strategischen Anforderungen (Kopf) erfüllen Sie bereits in Ihrem Unternehmen?
  • Steuern Sie die Lebensadern in Ihrem Unternehmen und halten Sie sie am Laufen?
  • Wo sehen Sie Handlungsbedarf?

Zielgruppen für Ihr Beratungsunternehmen beschreiben

Bei der Frage nach der Zielgruppe befassen sich die meisten Beratungsunternehmen nur mit einem Personenkreis: den Entscheidern. Gemeint sind damit diejenigen Personen, die letztendlich über das Budget und den Auftrag entscheiden. Diese Zielgruppe ist „entscheidend“, aber keineswegs die einzige, um die sich ein Beratungsunternehmen kümmern sollte. Erörtern Sie deshalb:

  • Welche Zielgruppen können Ihr Geschäft positiv und negativ beeinflussen?
  • Beschreiben Sie, wer genau zu welcher Zielgruppe gehört. Unterscheiden Sie dabei zwischen: Entscheider, Mittler, Gegner, Multiplikator und öffentlichen Personen.

Nutzen Sie für die Beschreibung Ihrer Zielgruppen die folgende Vorlage.

Marktauftritt auch auf Mittelsleute ausrichten

  • Überlegen Sie, wer Ihre Mittlerzielgruppen sind?
  • Welche Bedeutung haben sie für Ihr Geschäft?
  • Wer ruft Sie in der Regel an, wenn es um neue Aufträge geht? Ist es die Geschäftsführung oder zum Beispiel die Personalchefin, der Verkaufsleiter oder die Chefsekretärin?

Wenn tatsächlich eine Mittlerzielgruppe dominiert, lohnt sich eine intensive Auseinandersetzung mit ihr:

  • Wie denken und handeln die Mittelsleute?
  • Welche Interessen haben sie?

Machen Sie sich von den Mittelsleuten ein ebenso detailliertes Bild wie von den Entscheidern! Wenn Sie so Ihre Zielgruppen analysiert haben, können Sie im nächsten Schritt festlegen, wie Sie ihnen gegenüber auftreten wollen und was Ihre Kernbotschaft ist. Das ist Ihr persönliches Markenversprechen. Im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels erfahren Sie, wie Sie Ihre Marke entwickeln.

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