Kapitel 130: Interkulturelle Teams führenPhasen der Entwicklung interkultureller Teams

Interkulturelle Teams brauchen Zeit, bis die Zusammenarbeit funktioniert. Sie durchlaufen vier Phasen. Wodurch zeichnen sich diese vier Phasen zur interkulturellen Teamarbeit aus? Wie kann die Führungskraft unter Berücksichtigung kultureller Aspekte das Team beim Durchlaufen der Phasen unterstützen?

Das Teamphasenmodell für die interkulturelle Teams nutzen

Bruce W. Tuckman beschreibt ein Phasenmodell, das die Entwicklung von Teams aufzeigt. Tuckman ging davon aus, dass Teams Zeit benötigen, bis sich einzelne Mitglieder aufeinander eingespielt haben und untereinander eine Vertrauensbasis besteht. Dazu durchlaufen die Teammitglieder vier Phasen:

  1. Forming
  2. Storming
  3. Norming
  4. Performing

Erst nach der vierten Phase ist effektive Teamarbeit möglich.

Für interkulturelle Teams entwickelten Peter B. Smith und Julia Noakes ein darauf aufbauendes Modell, das die kulturellen Aspekte im Team berücksichtigt und spezifische Probleme internationaler Teams aufzeigt. In jeder der vier Phasen der Teamentwicklung laufen bestimmte interkulturelle Prozesse ab. Das Ergebnis dieser Prozesse kann positiv oder negativ sein. Es beeinflusst das Erreichen der jeweils nächsten Phase.

Wie effektiv ein interkulturelles Team zusammenarbeitet, hängt schließlich davon ab, ob und wie sich die Mitglieder als Team im Laufe der vier Phasen formieren.

Phase 1: Etablierungsphase

Das Team wendet sich erstmals einer gemeinsamen Aufgabe zu. Die Beziehungen unter den Teammitgliedern sind noch offen. Es geht darum, Kontakte herzustellen, die Zugehörigkeit zur Gruppe zu sichern und eine gemeinsame Vertrauensbasis zu schaffen.

Wie die Kontaktaufnahme erfolgt, ist stark kulturabhängig. Diese Phase ist durch Unsicherheit und Konfusion sowie durch Ausloten der Situation charakterisiert. Weil kaum Informationen über die jeweils anderen Mitglieder existieren, greifen die Mitglieder eines interkulturellen Teams verstärkt auf Stereotype und Vorurteile gegenüber Mitgliedern mit anderen kulturellen Hintergründen zurück.

Am Ende dieser Phase versucht es das Team mit ersten gemeinsamen Zielen und ersten Regeln zur Zusammenarbeit. Diese werden formuliert; es ist aber unsicher, wie sich alle daran halten.

Phase 2: Aufgabenstellung und Arbeitsablauf

Arbeitsabläufe und Organisationsabläufe werden koordiniert. Die Beziehungen der Teammitglieder werden durch Konflikte bestimmt, denn unterschiedliche Zielvorstellungen kristallisieren sich heraus und prallen aufeinander. Die Teammitglieder interpretieren die Ziele und Regeln unterschiedlich – je nach Kultur und Erfahrungshintergrund.

Dies kann zu Feindseligkeiten und zur Bildung von Cliquen führen. Ein Beispiel ist das unterschiedliche, kulturabhängige Verständnis vom Ablauf und von der Durchführung der Teambesprechungen. Die Teammitglieder haben unterschiedliche Meinungen zu Ort, Zeit, Pünktlichkeit, Verlauf und Art von Besprechungen. Bei der Kommunikation kommt es zu Missverständnissen. Die jeweils anderen sind irritiert oder frustriert.

Phase 3: Verbindungen zwischen Individuen

Das Team wendet sich dann aber doch der gemeinsamen Arbeitsaufgabe zu. Die Beziehungen der Teammitglieder sind wieder harmonischer. Die Machtkämpfe sind ausgefochten, die Rollen und der Führungsanspruch im Team geklärt, sodass wieder stärker kooperiert wird.

Je nach Grad der Kulturunterschiedlichkeit und der Vertrauensentwicklung spaltet sich das Team in Untergruppen. Ähnliche Teammitglieder, zum Beispiel Personen der gleichen Nationalität, unterstützen die Interessen ihrer Untergruppe stärker als die des gesamten Teams.

Deshalb müssen Zielvereinbarungen die Arbeitsfähigkeit der Gruppe sicherstellen. Letztlich einigen sich alle auf diese Ziele.

Phase 4: Partizipative Sicherheit

Die Teammitglieder sind gleichberechtigt an der Aufgabenlösung beteiligt und zwischen allen besteht eine direkte Kommunikation. Die Strukturen werden gefestigt. Das Team hat inzwischen einige Probleme bei der Zusammenarbeit gelöst.

Die Teammitglieder können sich nun entfalten und erkennen die Diversität in ihrem Team als Stärke statt als Schwäche an. Sie beziehen sich auf ihre gemeinsamen Ziele, haben ihre Vorurteile abgebaut und Vertrauen aufgebaut.

Außerdem helfen gemeinsam vereinbarte Regeln, das kulturell bedingte Verhalten im Tagesablauf zu akzeptieren und damit umzugehen.

Praxis

Teamphasen analysieren

Wenden Sie das Modell von Smith und Noakes auf Ihr Team an und notieren Sie für sich:

  • In welcher Phase befindet sich Ihr Team?
  • Woran machen Sie das fest?
  • Wie können Sie Ihr Team im Prozess und bei der weiteren Entwicklung unterstützen?

In der folgenden Vorlage finden Sie für jede Phase die Prozesse, die ein interkulturelles Team auf Sach- und Beziehungsebene durchläuft, sowie Tipps für Sie als Teamleiterin oder Teamleiter.

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