Kapitel 010: KundenanalyseKundenportfolios entwickeln und im Portfolio-Diagramm visualisieren

Wie leiten Sie aus der Kundenanalyse konkrete Maßnahmen ab? Und wie stellen Sie die Ergebnisse übersichtlich in einem Portfolio-Diagramm dar? Was unterscheidet Machtportfolio, Potenzialportfolio und Renditeportfolio voneinander? Hier finden Sie Beispiele, Erklärungen und Vorlagen für die Erstellung des Kundenportfolios.

Aus der Kundenanalyse Aktionen und Maßnahmen ableiten

Mit der Kundenanalyse wollen Sie herausfinden, wie Sie Ihre bestehenden und potenziellen Kunden in Zukunft besser betreuen. Dazu zählen:

  • wie Sie Ihre Kunden ansprechen
  • welche Angebote Sie unterbreiten
  • wie Sie Kunden besser zufriedenstellen
  • wie Sie Kunden an Ihr Unternehmen binden
  • wie Sie Kunden von Wettbewerbern abwerben
  • wie Sie mehr Umsatz mit bestehenden Kunden machen
  • wie Sie den Deckungsbeitrag, Gewinn oder Rendite mit Ihren Kunden steigern
  • wie Sie verlorene Kunden zurückgewinnen

Entscheidend ist, dass Sie Ihre Kunden nicht alle gleich behandeln können und sollten. Denn diese haben für Ihr Unternehmen eine ganz unterschiedliche Bedeutung, die Sie mit dem Kundenwert ermitteln (siehe voriger Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels).

In diesem Abschnitt geht es darum, diese unterschiedliche Bedeutung sichtbar zu machen und strategisch und operativ für eine differenzierte Kundenbearbeitung zu nutzen. Dazu teilen Sie Ihre Kunden in einem Portfolio in mehrere Gruppen ein. Sie erstellen Kundenportfolios und visualisieren diese in Portfolio-Diagrammen.

Kundenportfolio – verschiedene Arten im Überblick

Die Einteilung von bestehenden oder potenziellen Kunden in mehrere Gruppen eines Kundenportfolios und ihre Visualisierung in einem Portfolio-Diagramm basieren auf der Portfoliotechnik und der ABC-Analyse. Mit ihrer Hilfe können Marketingaktionen und Vertriebsmaßnahmen gezielt eingesetzt werden.

Als Kundenportfolio lassen sich unterscheiden:

Machtportfolio

Im Machtportfolio wird dargestellt, welche strategische Bedeutung ein Kunde haben kann, weil er ein wichtiger Akteur einer Branche und eines Marktes ist, weil er als Referenzkunde und Empfehler dient oder weil er zu einem großen Teil zum Umsatz und Gewinn Ihres Unternehmens beiträgt.

Potenzialportfolio

Im Potenzialportfolio bilden Sie ab, dass Sie nicht nur den Ist-Zustand beschreiben, sondern auch die Potenziale in der Zukunft sehen. Ein Kunde kann noch geringe Umsätze erzeugen; in der Zukunft kann das erheblich mehr werden.

Renditeportfolio

Mit dem Renditeportfolio bewerten Sie den Kunden nach den finanziellen Erträgen, die Sie mit ihm erzielen. Das können sein: Umsatz, Kosten, Deckungsbeitrag, Gewinn und Rendite.

Mit diesen drei Kundenportfolios machen Sie sichtbar, dass die Bedeutung von Kunden aus mehreren Perspektiven beurteilt werden muss. Die Einteilung in einem Kundenportfolio basiert auf quantitativen Daten über Ihre Kunden.

Sie müssen klären, welche Indikatoren Macht, Potenzial und Rendite ausdrücken und welche Sie dementsprechend erheben und auswerten wollen.

Im Folgenden finden Sie einige Aspekte, die bei der Auswahl der Indikatoren oder Kennzahlen zu Ihren Kunden wichtig sein können. Mit der Auswahl beziehen Sie sich auch auf die strategischen und operativen Aktionen und Maßnahmen, die Sie aus den Kundenportfolios ableiten können und wollen.

Tipp

So funktionieren Portfolio-Diagramme und die ABC-Analyse

In den Handbuch-Kapiteln Portfoliotechnik und ABC-Analyse ist ausführlich erläutert, wie Sie diese Methoden anwenden, um Objekte genauer in ihrer Bedeutung zu unterscheiden und differenziert zu betrachten. Objekte können zum Beispiel Kunden sein, aber auch Materialien, Beschäftigte oder Lieferanten.

Abbildung 2 zeigt zunächst, wie ein Kundenportfolio in allgemeiner Form, in Anlehnung an ein Portfolio-Diagramm nach Boston Consulting Group (BCG) aussehen kann. Anschließend ist erläutert, wie diese Methode genutzt wird, um Kunden aus unterschiedlicher Perspektive zu betrachten und in Gruppen zu unterscheiden, die in einem Portfolio-Diagramm dargestellt werden.

Abbildung 2: Kundenportfolio in allgemeiner Form

Machtportfolio

Folgende Aspekte können im Rahmen des Machtportfolios in einem Portfolio-Diagramm dargestellt und dann für die Maßnahmenplanung genutzt werden. Indikatoren für Kundenmacht sind zum Beispiel:

  • Umsatz oder Umsatzentwicklung in der Vergangenheit
  • Lieferantenanteil
  • Betreuungsaufwand
  • Anzahl der Empfehlungen
  • Stärke als Referenzkunde
  • Bedeutung in der Branche des Kunden
  • Marktanteile des Kunden

Entsprechend können sich daraus folgende strategische Stoßrichtungen ergeben:

  • Mehr Priorität für die Kunden, mit denen Sie einen hohen Umsatz erzielen.
  • Kunden mit hohen Umsatzanteilen müssen Sie absichern.
  • Wo Sie als Lieferant einen hohe Lieferanteil beim Kunden haben, können Sie prüfen, ob Sie den Betreuungsaufwand etwas zurücknehmen können, ohne der Kundenbeziehung zu schaden.
  • Bei Kunden mit niedrigen Umsatzanteilen lohnt es sich meist nicht, die letzten Lieferantenanteile herauszuholen.
  • Wo Sie noch geringe Lieferantenanteile haben, sollten Sie Ihre Bemühungen verstärken und den Kunden besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen.
  • Eventuell handelt es sich um neue Kunden, die nun langsam aufgebaut werden. Vielleicht wurden sie vom Vertrieb aber auch nur vernachlässigt?

Potenzialportfolio

Folgende Aspekte können im Rahmen des Potenzialportfolios in einem Portfolio-Diagramm dargestellt und dann für die Maßnahmenplanung genutzt werden.

Indikatoren für Kunden mit großem zukünftigem Potenzial sind zum Beispiel:

  • Umsatz oder Umsatzpotenziale in Zukunft
  • Einkaufspotenzial des Kunden
  • bisherige und zukünftige Anteile an diesem Einkaufspotenzial
  • Potenzial des Kunden als Innovationsführer in seiner Branche oder Lead Kunde für Ihr Unternehmen

Entsprechend können sich daraus folgende Strategien und Maßnahmen für Vertrieb und Marketing ergeben:

  • Mehr Priorität für die potenzialträchtigen Kunden.
  • Prüfen Sie, wie Sie Ihren Lieferantenanteil bei Kunden mit hohem Einkaufspotenzial erhöhen können.
  • Sind Sonderaktionen für diese Kunden möglich?
  • Kann das Key Account Management für diese Kunden eingesetzt werden?
  • Eventuell muss die Geschäftsleitung eingeschaltet werden, um auf dieser Ebene mit dem Kunden zu kommunizieren.
  • Fragen Sie beim Kunden nach, wie Sie Ihre Anteile als Lieferant erhöhen können oder warum dies (noch) nicht der Fall ist?
  • Kunden mit geringem Potenzial, bei denen Sie schon hohe Lieferantenanteile haben, können Sie in der Priorität zurücknehmen.
  • Versuchen Sie, Routine in die Kundenkontakte zu bekommen.

Renditeportfolio

Folgende Aspekte können im Rahmen des Renditeportfolios in einem Portfolio-Diagramm dargestellt und dann für die Maßnahmenplanung genutzt werden.

Indikatoren für wirtschaftlich wichtige Kunden sind zum Beispiel:

  • Deckungsbeitrag oder Gewinn in der Vergangenheit
  • Umsatzanteil, Betreuungsaufwand
  • Standardisierung der Prozesse der Zusammenarbeit
  • Kostensenkungspotenziale
  • Potenziale zur Steigerung der Rendite

Entsprechend können sich daraus folgende Strategien und Maßnahmen ergeben:

  • Mehr Priorität für die wichtigen Kunden, mit denen Sie als Lieferant einen hohen Gewinn erzielen.
  • Kunden mit negativem oder deutlich zu geringem Deckungsbeitrag sollten, wenn möglich, sofort eliminiert werden (Verzichtskunden).
  • Eine Ausnahme stellen Erstkunden dar, wenn Sie eine Strategie besitzen, wie Sie diese zu rentablen Stammkunden entwickeln wollen.
  • Kunden mit derzeit hohem Deckungsbeitrag, aber geringen Umsatzanteilen sollten bevorzugt behandelt werden.
  • Prüfen Sie, ob Sie zusätzliche Umsatzpotenziale oder Lieferanteile bei den Kunden mit hohem Deckungsbeitrag gewinnen können.
  • Planen Sie Sonderaktionen für diese Kunden und verbessern Sie Ihre Betreuung durch den Vertrieb.
  • Kunden mit einem Deckungsbeitrag, der unterhalb Ihrer eigenen Ziele liegt, müssen Sie daraufhin überprüfen, wie Sie die Rendite im Einzelfall steigern können. Dies fällt schwerer, wenn der Kunde bei Ihnen einen hohen Umsatzanteil und deshalb eine starke Machtposition hat. Sie müssen im Einzelfall prüfen, wie wichtig Ihnen der Kunde ist.
  • Prüfen Sie, wie groß das Einkaufspotenzial des Kunden ist. Versuchen Sie daran einen höheren Lieferanteil zu gewinnen.
  • Können Sie die Kosten für die Zusammenarbeit mit den Kunden senken?
  • Mit Kunden mit geringem Deckungsbeitrag und geringem Umsatzanteil sollten Sie in Preisverhandlungen eintreten oder Ihre Kosten senken.
  • Dazu können beispielsweise auch die Betreuungskosten durch den Vertrieb gehören, die sich reduzieren lassen; weniger Aufwand für die individuelle Betreuung der Kunden.
Tipp

Maßnahmen für eine differenzierte Kundenbetreuung

Wie Sie spezielle Aktionen und Maßnahmen planen und durchführen, um Ihre Kunden zielgerichtet und entsprechend der Ergebnisse aus der Analyse der Kundenportfolios zu betreuen, erfahren Sie auch in folgenden Handbuch-Kapiteln mit weiterführenden Vorlagen, Planungswerkzeugen und Checklisten: Customer-Relationship-Management und Key Account Management.

Beispiele für Kundenportfolios

Im Folgenden sehen Sie Beispiele für die Darstellung der Kundenbedeutung in einem Kundenportfolio. Sie orientieren sich an den klassischen Portfolio-Darstellungen für das Management wie das Portfolio-Diagramm der Boston Consulting Group (BCG), das in Abbildung 2 dargestellt ist.

Die folgenden Abbildungen zeigen, wie dieses Modell auf die Kundenanalyse übertragen und genutzt werden kann:

Machtportfolio: Auf der x-Achse ist der Anteil eines Kunden am Umsatz Ihres Unternehmens dargestellt. Auf der y-Achse ist dargestellt, welchen Anteil seines Bedarfs der Kunde mit Ihnen als Lieferant deckt (Lieferanteil). Diese beiden Indikatoren machen die gegenseitige Abhängigkeit sichtbar und damit, wer welche Macht gegenüber dem Partner ausüben könnte.

Abbildung 3: Beispiel für ein Machtportfolio zur Kundenanalyse

Potenzialportfolio: Die Indikatoren in diesem Portfolio-Diagramm sind der relative Lieferanteil (x-Achse) und das zukünftige Einkaufspotenzial (Bedarf) des Kunden (y-Achse). Der relative Lieferanteil meint den Anteil am Einkaufsbudget Ihres Kunden, den Ihr Unternehmen hat im Vergleich zum Lieferanteils Ihres stärksten Wettbewerbers bei diesem Kunden.

Im Potenzialportfolio wird sichtbar, welche zukünftige strategische Bedeutung der Kunde haben kann und welchen Stellenwert Sie als Lieferant bei ihm bereits haben.

Abbildung 4: Beispiel für ein Potenzialportfolio zur Kundenanalyse

Renditeportfolio: Auf der x-Achse ist der Anteil eines Kunden am Umsatz Ihres Unternehmens dargestellt. Auf der y-Achse ist dargestellt, wie hoch der durchschnittliche Deckungsbeitrag mit dem jeweiligen Kunden ist (in Prozent vom Umsatz, der mit dem Kunden erzielt wird).

Damit wird sichtbar, wie rentabel ein Kunde ist, welche Bedeutung er deshalb haben kann und welche Potenziale es geben kann, um die Kosten zu senken und den Deckungsbeitrag zu steigern.

Abbildung 5: Beispiel für ein Renditeportfolio zur Kundenanalyse
Praxis

Fragestellung formulieren

Entwickeln und formulieren Sie die Fragen, die Sie für Ihre strategische und operative Marketingplanung und Vertriebsplanung sowie für Aktionen und Maßnahmen beantworten müssen.

Datenerhebung durchführen

Leiten Sie daraus die Indikatoren und Kennzahlen ab, die Sie in einem Kundenportfolio darstellen, vergleichen und auswerten wollen. Bestimmen Sie damit, welche Daten und Informationen Sie über Ihre Kunden und Rahmenbedingungen (Marktentwicklung, Branchenstruktur etc.) brauchen und wie Sie diese erheben oder messen. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage:

Kundenportfolios entwickeln und visualisieren

Übertragen Sie diese Indikatoren und Kennzahlen sowie die entsprechenden Daten in die folgenden Excel-Vorlagen. Damit erhalten Sie automatisch eine Portfolio-Darstellung oder ein Portfolio-Diagramm, das Sie dann für Ihre Analyse und Aktions- und Maßnahmenplanung auswerten können.

Leiten Sie aus Ihrer Analyse der Kundenportfolios strategische und operative Maßnahmen ab für die Kundenbetreuung, Kundenbearbeitung sowie für Marketing und Vertrieb. Halten Sie Ihre Planungen in den folgenden Vorlagen fest.

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