Bedeutung der Lernkompetenz im Beruf

Weil sich das berufliche Umfeld ständig ändert, neue Aufgaben übernommen werden müssen und Wissen veraltet, müssen Menschen „lernen zu lernen“. Wer dabei einmal im Jahr ein Seminar besucht und sich dort zwei Tage mit PowerPoint-Folien berieseln lässt, wird nicht weit kommen.

Wichtig ist, das eigene Lernen zielgerichtet zu beherrschen und selbst zu organisieren. Dazu zählt:

  • Erkennen, in welchen Bereichen eine Weiterbildung notwendig, hilfreich und sinnvoll ist.
  • Geeignete Lernangebote identifizieren und in ihrer Qualität beurteilen können.
  • Unterschiedliche Lernmethoden und Lerntechniken kennen und anwenden können.
  • Erlerntes auf den eigenen Arbeitsbereich übertragen und neue Aufgaben (besser) lösen können.
  • Erfahrungen erleben und reflektieren und diese in das vorhandene Wissen einbinden können.

Wie Lernen im beruflichen Kontext funktioniert

Dabei ist es hilfreich, zu erkennen, wie Sie am besten lernen. Es gibt die Autodidakten, die am liebsten Bücher und Fachartikel lesen. Andere brauchen den Austausch mit Kolleginnen, Kollegen oder Vorbildern. Erfahrungswissen lässt sich meist nur durch eigenes Erleben und „Learning on the Job“ bilden und entwickeln.

Wissensaufnahme und Wissensverarbeitung hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Wichtig sind folgende Aspekte:

  • Rahmenbedingungen: Aufgaben, Raum, Zeit, Austausch mit anderen, Hilfsmittel, Technik, Möglichkeit, das Erlernte anzuwenden
  • Lernstrategie: Lesen, hören, ausprobieren, diskutieren, Skizzen machen, markieren, nachdenken, auf Bekanntes übertragen, Eselsbrücken bauen, Lernfortschritt prüfen, Pausen machen, in Lerngruppen arbeiten, die passenden Lernmittel nutzen (Buch, Video, Gruppenarbeit ...)
  • Motivation: Sinn des Lernens und des zu Erlernenden begreifen, Praxisrelevanz erkennen, Spaß haben, viele Sinne nutzen, Präferenz für einzelne Lernarten oder Lernstile entwickeln und nutzen
  • Persönliche Ressourcen: vorhandenes Wissen und Kompetenzen, Ausdauer, Disziplin, Anstrengung, Aufmerksamkeit, Konzentration, Reflexionsvermögen

Formales und informelles Lernen verknüpfen

Formales Lernen in Seminaren schafft die Grundlagen für neues Wissen – das gilt auch für Schlüsselqualifikationen. In EDV-Trainings oder Fremdsprachen-Kursen werden Regeln und Wissen vermittelt, die sich sonst kaum selbstständig aneignen lassen.

Genauso können Präsentationsseminare oder Führungsseminare praktisches Wissen vermitteln. Nebenbei kann dort die Teamarbeit gepflegt werden, was die Kooperationsfähigkeit erweitert.

Für Schlüsselqualifikationen muss dazukommen: das informelle Lernen im Berufsalltag und Privatleben. Alle Menschen müssen ständig aus verschiedenen Verhaltensweisen, Lebensstilen und Wertorientierungen auswählen und sie praktizieren.

Es reicht nicht aus, methodische, soziale oder kommunikative Kompetenzen nur in einem Seminar zu vermitteln – sie müssen ausprobiert und geübt und schließlich zur Routine werden. Lernprozesse am Arbeitsplatz funktionieren nur dann, wenn sie kombiniert werden: Der Erwerb von Schlüsselqualifikationen und von Fachwissen ist immer an die Möglichkeit gebunden, diese einzusetzen und Erfahrungen zu sammeln.

Neue Lernmedien anwenden

Immer mehr Unternehmen bauen auf E-Learning oder Blended Learning. Sie setzen dazu beispielsweise ein:

  • Webinare: kurze Seminare und Präsentationen im Internet, bei denen die Teilnehmenden aktiv mitwirken
  • Web-Based-Trainings: Kurse im Internet ohne Trainerin oder Trainer
  • Game-Based-Learning oder Training (Gamification): Computerspiele, Serious Games dienen als Lernmethode
  • Micro-Learning: wie zum Beispiel kurze Filme bei YouTube und anderen Plattformen, Apps auf dem Smartphone oder Chats
  • virtuelle Teamsitzungen, um Informationen und Wissen zu vermitteln und auszutauschen

Die Menschen, die solche neuen Lernmedien einsetzen und anwenden sollen, müssen wissen, wie sie damit umgehen, wie sie sich selbst in solchen Umgebungen verhalten und wie sie diese in ihren eigenen Lernplan einbauen.

Sie müssen ihren Lernprozess selbstständig planen, steuern und überprüfen, ob sie ihre Lernziele auf dem gewählten Weg erreichen. Das setzt meist ein sehr hohes Maß an Selbstmotivation und Disziplin voraus. Zudem muss man sich Lernstrategien aneignen, um die richtigen Methoden auszuwählen und einzusetzen. 

Schlüsselkompetenzen in der EU für mehr Lernbereitschaft und Lernfähigkeit

Als europäischen Referenzrahmen hat der Europäische Rat folgende Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen definiert, die im Kontext des Berufslebens wichtig sind:

  • Grundkompetenzen: Lesen, Schreiben, Rechnen und digitale Grundkompetenzen
  • Lernkompetenz: für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft im Sinne des lebenslangen Lernens;
  • Persönliche und soziale Kompetenzen: für eine gesundheitsbewusste, zukunftsorientierte Lebensgestaltung;
  • Kompetenzen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) unter Berücksichtigung der Verbindung zwischen diesen Fächern und Kunst, Kreativität und Innovation;
  • Digitale Kompetenzen: auf allen Stufen der allgemeinen und beruflichen Bildung;
  • Unternehmerische Kompetenzen: zum Beispiel in Form von Kreativität und Eigeninitiative;
  • Sprachkompetenzen: sowohl in den Amtssprachen als auch in Fremdsprachen, die für die Arbeits- und Lebenssituation wichtig sind und zur grenzüberschreitenden Kommunikation und Mobilität beitragen können;
  • Bürgerkompetenz: das Bewusstsein für die in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten gemeinsamen Werte zu schärfen.

[Quelle: Empfehlung des Europäischen Rates vom 22. Mai 2018 zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (2018/C 189/01)]

Die Länder der EU sollen bei allen Bürgerinnen und Bürgern dafür sorgen, dass solche Kompetenzen ein Leben lang gepflegt und ausgebaut werden können.

Praxis

Eigenen Lernstil ermitteln und Lernmöglichkeiten schaffen

Beantworten Sie folgende Fragen zu Ihrem allgemeinen Lernverhalten:

  • Wie haben Sie bisher gelernt?
  • Was konnten Sie in welcher Form am besten behalten?
  • Was hat Ihnen beim Lernen geholfen?
  • Wie macht Ihnen Lernen am meisten Spaß?

Beschreiben Sie die für Sie förderlichen Lernprozesse und Lernmethoden bezogen auf das Lernen in Seminaren und am Arbeitsplatz:

  • Welche Seminare haben Sie zuletzt besucht?
  • Wie haben Sie dort gelernt?
  • Was war für Sie förderlich und was nicht?
  • Wie lernen Sie am Arbeitsplatz?
  • Welche Rahmenbedingungen helfen Ihnen beim Lernen?
  • Welche Arbeitsbedingungen behindern Sie beim Lernen und beim Sammeln von Erfahrungen?
  • Wie lernen Sie von anderen Kolleginnen, Kollegen, Vorgesetzten oder Trainerinnen und Trainern?

Mit neue Lernmedien lernen

Überlegen Sie im Hinblick auf den Einsatz neuer Lernmedien:

  • Mit welchen Lernmedien haben Sie Erfahrung gesammelt? Webinare, Web-Based-Training oder Micro-Learning?
  • Welchen Vorteil können neue Lernmedien für Sie haben?
  • Welche Voraussetzungen sind für Sie dabei wichtig?

Viele Schlüsselqualifikationen lassen sich über Seminare, Trainings oder Coachings erwerben – zumindest die Grundlagen und Methoden dafür. Schwierig ist das bei den sozialen Kompetenzen. Denn sie haben sehr viel mit der eigenen Persönlichkeit und mit der anderer Menschen zu tun. Hier ist wichtig, im Alltag zu beobachten, zu reflektieren und das eigene Verhalten zu steuern.

Dazu im Management-Handbuch

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