KennzahlensystemeKennzahlen messen, erheben und berechnen

Für Ihre Kennzahlen müssen Sie Daten erheben oder Messwerte erfassen. Dafür brauchen Sie geeignete Quellen, Mess- und Dokumentationsverfahren. Schwierig ist, qualitative Kennzahlen und Soft Facts zu messen. Dazu können Sie Befragungen durchführen. Wenn der Aufwand zur Messung und Datenerhebung groß ist, brauchen Sie definierte Prozesse.

Kriterien zur Datenerhebung

Kennzahlen bilden die Realität ab – und diese Abbildung sollte so gut wie möglich sein, damit keine fehlerhaften Schlüsse gezogen werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Daten, die in die Kennzahlen einfließen, korrekt sind. Um das zu gewährleisten, sollten Sie folgende Kriterien beachten, wenn Sie Daten messen und Kennzahlen ermitteln oder berechnen:

Quellen klären

Woher kommen die Daten und Messwerte, die in die Kennzahl einfließen? Welches System liefert diese Daten oder Messwerte? Was genau muss gemessen, gezählt, erhoben werden? An welcher Stelle muss das erfolgen? Werden die Daten und Messwerte manuell oder automatisch erfasst? Muss etwas berechnet werden? Welche Berechnungen werden durchgeführt? Muss eine Umfrage zur Einschätzung oder Bewertung einer Kennzahl durchgeführt werden?

Aktualität sicherstellen

Wie oft muss die Kennzahl gemessen werden, damit sie hinreichend aktuell ist? In welchem zeitlichen Abstand zu dem Ereignis, das gemessen wird, soll die Kennzahl verfügbar sein? Wie groß dieser Abstand sein darf, hängt davon ab, wie schnell das Management auf einen (kritischen) Ist-Wert der Kennzahl reagieren muss. Messwerte zur Produktqualität sollten rasch verfügbar sein; die Anzahl der Schulungstage zur Messung der Mitarbeiterkompetenz braucht nicht tagesaktuell vorzuliegen.

Abbildungstreue gewährleisten

Stehen die Daten, die gemessen werden, tatsächlich für das, was passiert ist? Deckt sich dadurch die Wirklichkeit mit dem Messwert oder mit der Kennzahl sachlogisch richtig? Gibt es systematische Messfehler, die ein falsches Bild von der Wirklichkeit vermitteln?

Aufwand einschätzen

Mit welchem Zeitaufwand oder finanziellen Aufwand ist die Messung der Daten oder der Kennzahlen verbunden? Lohnt sich der Aufwand gemessen am Schaden, den das Nichtbeachten dieses Messwerts verursachen kann? Inwiefern führt eine aufwendig erhobene Kennzahl dann auch wirklich zu Maßnahmen zur besseren Planung und Steuerung des Geschehens?

Mögliche Datenquellen

Als mögliche Quellen für die Datenerhebung, Messung oder Berechnung von Kennzahlen kommen zunächst bestehende EDV-Systeme in Betracht, die im Unternehmen genutzt und mit Daten automatisch oder manuell gefüttert werden. Beispiele sind: Buchungen von Zahlungsvorgängen im Buchhaltungssystem, Eingaben und Einträge in einem Personalwirtschaftssystem, Messdaten in einem Qualitätsmanagementsystem oder Betriebsdatenerfassungssystem, Kundendaten in einem CRM-System, Lagerbestände in einem Warenwirtschaftssystem und viele mehr.

Zur Berechnung mancher Kennzahlen kann es notwendig sein, auf externe Daten zuzugreifen. Diese sind dann verfügbar in: Marktstudien, Berichten des Branchenverbands, Statistisches Bundesamt oder andere statistische Ämter.

In anderen Fällen müssen Sie oder die Mitarbeitenden in den Fachbereichen selbst messen. Sie führen eigene Listen in einer Datenbank oder einem Tabellenkalkulationsprogramm. Um dort Daten einzugeben und zu pflegen, müssen Sie selbst Ereignisse, die sich ergeben haben, in der richtigen Weise codieren, Personen befragen oder eine Umfrage durchführen.

Beispiele zur eigenen Datenerfassung sind: Die Marketingmitarbeiter halten fest, wie viele Teilnehmende bei einer Fachkonferenz anwesend waren; die Mitarbeiterinnen in der Personalentwicklung schreiben auf, wie viele Kolleginnen und Kollegen im letzten Jahr geschult wurden und wie viele Schulungstage insgesamt durchgeführt wurden. Sie selbst führen eine Befragung in der Belegschaft durch, mit der Sie das Betriebsklima bewerten lassen.

Problematisch dabei ist, dass an vielen Stellen unzählige Listen in unterschiedlichster Form geführt und gepflegt werden. Kaum jemand dürfte einen Überblick haben, welche Listen, Dateien oder Datenbanken mit „Rohdaten“ für Kennzahlen es im Unternehmen gibt. Alle, die spezielle Kennzahlen brauchen, erstellen ihr eigenes System, erfassen selbst die Daten, berechnen daraus ihre Kennzahlen und bereiten diese für ihre Zwecke auf. Wenn das fachlich korrekt gemacht wird und der Aufwand vertretbar ist, mag das ausreichen. Allerdings besteht die Gefahr, dass ein Wildwuchs an Datensammelei und Kennzahlen entsteht, die für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar sind. Deshalb müssen die Messverfahren klar geregelt und transparent sein.

Messverfahren festlegen

Wenn Sie selbst Daten erheben oder messen, müssen Sie die Prozesse definieren, mit denen die notwendigen Daten oder die Kennzahlen regelmäßig erhoben werden. Dafür müssen Sie die Verantwortlichkeiten zuweisen und Hilfsmittel zur Messung und Dokumentation anbieten. Legen Sie mit der Prozessbeschreibung fest:

  • Welche Daten oder Messwerte müssen erfasst werden?
  • Was genau soll dabei festgehalten und dokumentiert werden?
  • Wo, in welcher Liste, Datei oder EDV-System, sollen die Daten und Messwerte festgehalten werden?
  • Wann, zu welchen Anlässen oder Ereignissen und in welchen Zeitabständen sollen die Daten erfasst werden?
  • Wie und in welcher Form sollen die Daten und Messwerte aufbereitet werden?
  • An wen und wie oft sollen sie weitergeleitet werden?

Stellen Sie sicher, dass die richtigen Personen die richtigen Einträge machen – und dies möglichst zeitnah.

Beispiel

Daten erfassen zur Mitarbeiterschulung

Sie wollen wissen, was Ihr Unternehmen zur Qualifizierung und Entwicklung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tut. Das wollen Sie mit den Kennzahlen sichtbar machen:

  • Anzahl der Beschäftigten in Ihrem Unternehmen, die in einem Jahr an einer Schulung teilgenommen haben und
  • Anzahl der Tage, die alle Beschäftigten in einem Jahr insgesamt auf Schulungen verbracht haben.

Dazu muss festgelegt werden, was unter einer Schulung zu verstehen ist. Das können externe Trainings und Seminare sein, Inhouse-Seminare oder andere Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens, die darauf zielen, die Qualifikation und die Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten oder zu steigern.

Die Prozessanweisung muss sicherstellen, dass alle Seminarteilnahmen und Schulungen an einer zentralen Stelle dokumentiert werden. Deshalb sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Unternehmens verpflichtet, ihre Seminar- oder Schulungsteilnahme unmittelbar nach Ende der Veranstaltung an die zentrale Stelle Personalentwicklung zu melden. Die jeweiligen Vorgesetzten sind verpflichtet, dafür so sorgen, dass das funktioniert.

Damit die genannten Kennzahlen ermittelt werden können, muss mindestens gemeldet werden:

  • Personalnummer, Name der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters, die an der Schulung teilgenommen haben
  • Datum der Schulung (erster Tag)
  • Dauer der Schulung (in Tagen oder Stunden)

Diese Daten werden in einer Datenbank oder einem Personalmanagement-System erfasst. Die Personalentwicklung erstellt daraus einmal jährlich eine Übersicht mit den Kennzahlen und mit Erläuterungen (Bericht, Report), die sie an die Geschäftsleitung und die Abteilungsleitung sendet.

Problem bei der Datenerhebung: Soft Facts

Traditionell werden Kennzahlen dort gebildet, wo sich vergleichsweise leicht etwas messen lässt. Umsätze, Durchlaufzeiten oder Krankenstand – durch Zählen oder Zeit stoppen lassen sich solche Informationen vergleichsweise leicht erheben. Sie werden als quantitative Faktoren bezeichnet.

Schwierig wird die Messung, wenn es sich um qualitative Faktoren, sogenannte „Soft Facts“ oder „weiche Kennzahlen” handelt. Sie heißen so, weil sie sich eben nicht so leicht messen und in Kennzahlen fassen lassen. Trotzdem sind solche Sachverhalte für die Leistungsbeurteilung und die Steuerung des Unternehmens enorm wichtig.

Beispiele für qualitative Faktoren sind:

  • Kundenzufriedenheit
  • Mitarbeitermotivation
  • Innovationskraft
  • Kreativität
  • Betriebsklima

Um solche qualitativen Faktoren und Soft Facts „messbar“ zu machen und in Kennzahlen auszudrücken, gibt es zwei Möglichkeiten:

Befragung durchführen und qualifizierte Einschätzung einholen

Hier ist wichtig, dass die richtigen Personen befragt werden, die aufgrund ihrer Erfahrungen und Expertise wirklich Auskunft geben können zu dem Sachverhalt und Faktor, um den es gehen soll. Das Betriebsklima können die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beurteilen. Die Mitarbeitermotivation können Teamleiter und Vorgesetzte einschätzen. Die Kundenzufriedenheit können die Kunden oder Verkäufer nennen. Schwierig ist es bei der Kreativität; hier könnten vielleicht Kolleginnen und Kollegen etwas dazu sagen.

Außerdem müssen die Fragen gut formuliert sein, damit die Befragten sie verstehen und sie Angaben zum Sachverhalt machen. Schließlich muss die Befragung methodisch korrekt sein, indem richtige Skalen eingesetzt und die korrekten Kennwerte (Median, Mittelwert) daraus berechnet werden können; zum Beispiel durch eine Likert-Skala.

Qualitative Faktoren durch quantitative Faktoren und Indikatoren abbilden

Befragungen sind sehr aufwendig. Deshalb kann man sich zur Messung von qualitativen Faktoren und Soft Facts damit behelfen, dass man leichter messbare Faktoren erhebt, die indirekt Auskunft geben über den Zustand des qualitativen Faktors. Es kommt darauf an, dass der gemessene quantitative Faktor möglichst gut den qualitativen Faktor abbildet und beschreibt. Dann ist er ein guter Indikator oder eine gute Kennzahl für diesen Sachverhalt.

Beispiel: Die Innovationskraft des Unternehmens lässt sich durch den Indikator „Zahl der angemeldeten Patente“ beschreiben. Oder durch den Umsatzanteil, der mit Produkten erzielt wird, die jünger als zwei Jahre sind. Oft ist es hilfreich, einen komplexen und qualitativen Faktor oder Sachverhalt durch mehrere Indikatoren zu beschreiben. Um zu erkennen, welche Indikatoren dafür geeignet sind, hilft folgende Frage:

„Woran würden wir erkennen, dass wir den Sachverhalt X (zum Beispiel Innovationskraft) verbessert (verschlechtert) haben?“

Stichwort

Indikator

Indikatoren sind Ersatzgrößen für Kennzahlen, die sich nicht messen oder ermitteln lassen, weil der Sachverhalt zu komplex ist oder nur qualitativ beschrieben werden kann. Indikatoren werden dann so gewählt, dass sie indirekt Schlussfolgerungen zulassen über den Stand oder Zustand des Sachverhalts. Die Ausprägung oder Veränderung eines Indikators zeigt möglichst zuverlässig die Ausprägung und die Veränderung einer anderen als wichtig erachteten Größe oder eines Sachverhalts und erlaubt dadurch Rückschlüsse über diesen Sachverhalt.

Praxis

Messverfahren prüfen

Prüfen Sie für Ihre bereits genutzten Kennzahlen, wie die zugrundeliegenden Daten und Messwerte erhoben werden.

  • Was genau wird gemessen und festgehalten?
  • Aus welchen Werten wird die jeweilige Kennzahl berechnet?
  • Wie lautet das Berechnungsverfahren?

Falls Erhebung, Messung und Berechnung für Sie stimmig sind und Sie die Kennzahl entsprechend nutzen können, behalten Sie dies einfach bei.

Erhebung, Messung und Berechnung von Daten und Kennzahlen festlegen

Wenn Sie weitere, spezielle Kennzahlen benötigen oder wenn Sie die bisherigen Messverfahren verbessern wollen, dann klären Sie:

  • Welchen Sachverhalt, welche Ereignisse wollen Sie möglichst angemessen und korrekt in Kennzahlen abbilden?
  • Welche Fragen wollen Sie dazu beantworten?
  • Welche Daten oder Messwerte müssen Sie zu diesem Sachverhalt, zu den Ereignissen oder um Antworten zu finden, erfassen?
  • Wie wird die Kennzahl aus den Daten und Messwerten berechnet?
  • Was genau muss deshalb festgehalten und dokumentiert werden?
  • Wo, in welcher Liste, Datei oder EDV-System, sollen die Daten und Messwerte festgehalten werden?
  • Oder werden sie bereits an anderer Stelle erfasst, auf die Sie zugreifen können?
  • Wann, zu welchen Anlässen oder Ereignissen und in welchen Zeitabständen sollen die Daten erfasst werden?
  • Wie und in welcher Form sollen die Daten, Messwerte und Kennzahlen aufbereitet werden?
  • An wen und wie oft sollen sie weitergeleitet werden?

Vielleicht liegen die notwendigen Daten und Messwerte bereits in einem Ihrer EDV-Systeme oder in Listen oder Dateien vor. Dann müssen Sie nur herausfinden, wo sich diese befinden. Greifen Sie darauf zurück – aber klären und prüfen Sie, was genau dort gemessen und festgehalten wird.

Möglicherweise müssen Sie für spezielle Kennzahlen selbst Daten erheben oder messen. Planen Sie Ihre Vorgehensweise und den Prozess, der diese Daten und Kennzahlen liefert. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage sowie bei komplexen Prozessen die Erläuterungen und Vorlagen aus dem Handbuch-Kapitel Prozessmanagement.

Prüfen Sie, ob sich der Aufwand für diese Prozessplanung und Umsetzung sowie für die anschließende regelmäßige Datenerhebung lohnt. Ist diese Kennzahl so wichtig, dass die Daten entsprechend ermittelt werden müssen? Oder gibt es bereits Daten, Kennzahlen oder Indikatoren, die den Sachverhalt beschreiben und ausreichend Auskunft geben auf die relevanten Fragen?

Erhebung qualitative Daten und Soft Facts

Nutzen Sie die folgende Vorlage, um die Erhebung von sogenannten qualitativen Faktoren oder Soft Facts zu planen und vorzubereiten. Ein wichtiges Instrument dafür ist der Fragebogen. Hier werden der passenden Zielgruppe verschiedene Fragen gestellt und Meinungen abgefragt. In der Vorlage finden Sie Beispiele, wie der Fragebogen aufgebaut sein kann und wie Sie mithilfe einer Likert-Skala die Bewertung abfragen.

Tipp

Wie Sie Befragungen planen und durchführen

Falls Sie dazu Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen befragen wollen, dann finden Sie im Handbuch-Kapitel zur Mitarbeiterbefragung genaue Anleitungen und Vorlagen dazu (für das Erstellen eines Fragebogens und für die Auswertung).

Wenn Sie eine Umfrage planen, finden Sie im Beitrag Umfragen selbst durchführen Erläuterungen und Erklärungen, wie Sie vorgehen und worauf Sie achten sollten, damit die Befragung zuverlässige und brauchbare Ergebnisse liefert.

Dazu im Management-Handbuch

Weitere Kapitel zum Thema