Warum Personalklausuren notwendig sind

Der akute und wichtige Handlungsbedarf aus neuen, drängenden Veränderungen, gleich welcher Art, wartet natürlich nicht auf Entscheidungen in der Personalklausur. Für diesen Handlungsbedarf müssen sofort Antworten gefunden und umgesetzt werden.

Deshalb ist die Bedarfsanalyse für personalrelevante Veränderungen auch ein Thema, wenn konkrete Unternehmensziele erreicht werden sollen oder wenn Führungskräfte in ihrem Verantwortungsbereich Veränderungen realisieren. Das funktioniert mit den gleichen Methoden und führt zu ähnlichen Konsequenzen.

Handlungsbedarf beim Personal besprechen

In der Personalklausur geht es um den grundsätzlichen und absehbaren Handlungsbedarf, der auf das Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Personal zukommen wird. Diese Planung kommt oft zu kurz.

Wenn es um die Investitionen in Maschinen und Anlagen geht – dafür gibt es intensive Planung mit mittelfristigen Amortisationsrechnungen und ausführliche Entscheidungsprozesse in Unternehmen. Beim Faktor Personal ist das nur selten der Fall.

Die Kosten, die durch eine Fehlentscheidung bei der Investition in Maschinen entstehen, sind allerdings gut berechenbar. Wenn die Maschine nicht funktioniert oder nicht ausgelastet ist, dann ist das für jeden sichtbar. Außerdem werden dann Kundenaufträge nicht oder mit höheren Kosten erfüllt. Das ist an Umsatz und EBIT ablesbar.

Kosten für (falsche) Personalentscheidungen betrachten

Bei Führung und Personalarbeit sind die laufend entstehenden Kosten nicht direkt sichtbar. Sie erscheinen in keiner Erfolgsrechnung. Was genau kosten

  • Fehler in der Sach- und Führungsarbeit,
  • Leerlauf in der Arbeit,
  • nicht besetzte Funktionen im Unternehmen,
  • ein Personalüberhang,
  • fehlende Motivation oder
  • latente Konflikte und
  • mangelhafte Zusammenarbeit?

Wenn ein neu eingestellter Mitarbeiter nicht „funktioniert“, dann kann man sich insbesondere in der Probezeit schnell wieder von ihm trennen. Durch die Neubesetzung der Stelle entstehen allerdings wieder Kosten, die nicht unerheblich sind.

Die direkten Kosten durch Akquisition und den Bewerbungsprozess sind erfassbar, die indirekten Kosten während der Einarbeitung höchstens einschätzbar. Die meisten dieser Kosten sind schwer quantifizierbar.

Wenn grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden müssen, zum Beispiel in Form von Stellenabbau, wird es teuer. In die Erfolgsrechnung gehen dann Kosten durch Abfindungen und Sozialpläne ein und meistens auch die Kosten für Rechtsanwälte und Gerichtsverfahren. Diese Kosten sollten minimiert werden.

Positive Effekte von Personalentwicklung sicherstellen

Personalkosten machen in vielen Unternehmen einen großen Teil der Gesamtkosten aus. Personal verursacht aber nicht nur Kosten oder Aufwand. Wenn das Fachwissen und das Engagement hoch sind und die Rahmenbedingungen im Unternehmen förderlich, dann entstehen Ideen und Projekte, um Erträge zu verbessern und zukünftige Ertragspotenziale zu realisieren.

Diese rein betriebswirtschaftliche Perspektive kann ergänzt werden durch eine Analyse der Wirkungen beim Personal. Der Sinn von Arbeit wird zunehmend hinterfragt. Gerade gut ausgebildete Führungskräfte und Mitarbeitende, die viel Geld und Energie in ihre Ausbildung investiert haben, stellen für sich die Frage, ob diese Investitionen zu akzeptablen Ergebnissen führen. Finden sie keine befriedigenden Antworten, ist der Weg in die Demotivation und die freizeitorientierte Schonhaltung oder zu anderen Unternehmen vorgezeichnet.

Die Personalklausur kann nachweisbar dazu beitragen, Personal richtig einzusetzen, Personalkosten zu senken und berufliche Zufriedenheit zu steigern. Dafür sollten sich Unternehmensleitung und obere Führungskräfte in Personalklausuren die Zeit nehmen. 

Was die Personalklausur leistet und bewirkt

Die Personalklausur ist entscheidend für den Erfolg von Personalentwicklung. Denn:

  • Prioritäten werden gesetzt und Entscheidungen zu Kosten und Investitionen getroffen.
  • Für Transformationen, die oft mehrere Unternehmensbereiche betreffen, kann nur die Unternehmensleitung der Auftraggeber sein; in der Personalklausur übernehmen sie diese Rolle.
  • Es werden Regeln vereinbart, die eingehalten werden. Dann entwickeln Führungskräfte und Mitarbeitende Vertrauen in Personalentwicklung.
  • Die veröffentlichten Regeln werden in der Klausur angewendet und vorgelebt.
  • Es werden verbindliche Entscheidungen getroffen.

Die Verbindlichkeit spielt eine wesentliche Rolle, wenn Veränderungen realisiert werden sollen. Personalentwicklung produziert Veränderungswiderstände, gerade bei Führungskräften. Müssen sie gute Mitarbeitende abgeben, die sich in anderen Bereichen entwickeln sollen, fehlen ihnen ihre Leistungsträger. Dagegen wehren sie sich erfahrungsgemäß mit allen Mitteln.

Wer glaubt, dass Personalentwicklung automatisiert nach voreingestellten Prozessen abläuft, der berücksichtigt nicht die Komplexität, die mit Personalentwicklung verbunden ist. „Human Development is more like farming than manufacturing.“ (William Gellermann)

Es gilt, viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Einige Faktoren sind gut vorhersehbar, andere sind unsicher, auch weil sie von unternehmensexternen Faktoren abhängen. Deshalb in Personalentwicklung keine Zeit zu investieren, ist „Vogel-Strauß-Politik“.

Gerade wenn unsichere und komplexe Entscheidungen getroffen werden müssen, helfen das Mehr-Augen-Prinzip und der Austausch von Einschätzungen. Das ist das Grundprinzip einer Personalklausur.

Auf der Basis von Fakten und Einschätzungen sollen Entscheidungen getroffen werden, die vorher offen und aus mehreren Perspektiven diskutiert wurden. Der Nutzen besteht dann darin,

  • absehbare Probleme zu identifizieren,
  • zukünftige Chancen und Risiken deutlich werden zu lassen,
  • Alternativen für Probleme und zukünftige Herausforderungen frühzeitig zu entwickeln,
  • Handlungsfreiheit und Flexibilität zu steigern,
  • Kosten zu senken und
  • Ertragspotenziale zu erschließen.

Teilnehmende an der Personalklausur

Der zukünftige Veränderungsbedarf aus Geschäftsplänen und Strategien kann nur durch die Geschäftsleitung oder obere Führungskräfte eingeschätzt werden. Sie nehmen deshalb an der Personalklausur teil.

Die Personalleitung stellt die Ergebnisse der Bedarfsanalysen aus Mitarbeitergesprächen und der Analyse der Personaldaten vor. Dazu gehört eine Übersicht zu besetzungskritischen Stellen und zu potenziellen Nachfolgern.

Planung und Vorbereitung der Personalklausur

Die Personalklausur ist Teil der Geschäfts-, Budget- und Strategieplanung, die zu einem Geschäftsplan für das kommende Jahr führen. Diese Planung(en) unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen erheblich hinsichtlich Vorbereitung, Dauer, Intensität, Einbeziehung von Führungskräften und Formalisierungsgrad. Die Unternehmensgröße spielt hierbei eine entscheidende Rolle.

Es gibt keine optimale Struktur und keinen idealen Ablauf für eine Personalklausur. Jedes Unternehmen hat spezifische Herausforderungen, die sich sehr deutlich bei der Bedeutung einzelner Bedarfe zeigen. Gleichwohl gibt es ein paar Empfehlungen, die bei der Planung und Vorbereitung helfen.

Im Rahmen der Klausur sollte auf jeden Fall zuerst ein einfaches, aber fundiertes Erfolgs-Controlling zu den Ergebnissen des Vorjahres durchgeführt werden.

Aus den Bedarfsanalysen wird die Personalleitung zusammengefasste oder einzelne, tiefergehende Ergebnisse und Vorschläge vorstellen zu

  • den Auswertungen der Personalstammdaten,
  • individuellen Entwicklungsmaßnahmen.
  • Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Arbeit von Mitarbeitenden,
  • Veränderungsmaßnahmen für Teams oder Bereiche,
  • Zahl und Veränderung besetzter und unbesetzter Stellen sowie
  • Auswertungen von Einschätzungen.

Die Geschäftsleitung und die oberen Führungskräfte bringen ihre Einschätzungen zu Veränderungen ein, die sich aus Geschäftsplänen und Strategien ergeben. Zwei Fragen sind von großer Bedeutung:

  • Ist absehbar, ob und wie sich die Strukturen und die Stellenanzahl (Aufbau, Abbau) als Konsequenz der Geschäftsstrategie verändert?
  • Ist absehbar, ob und wie sich Aufgabeninhalte und Prozesse verändern mit personalrelevanten Auswirkungen; zum Beispiel durch Digitalisierung?

Diese Fragen sind hochsensibel. Es hängt nicht nur von der Unternehmenskultur ab, wie offen darüber gesprochen werden kann.

Entscheidungen treffen auf der Personalklausur

Inhalte, Zeitbedarf für Diskussion, Prioritätensetzung und Entscheidungen hängen wesentlich von der Qualität der Bedarfsanalysen und den unternehmensspezifischen Herausforderungen ab. Einerseits soll diese Planungsphase genutzt werden, Risiken, aber auch Chancen sichtbar werden zu lassen, die den Faktor Personal betreffen.

Andererseits muss bei der Geschäftsplanung der Personalaufwand geplant werden, damit eine Ergebnisplanung durchgeführt werden kann. Daraus sollten dann verbindliche Entscheidungen zu Investitionen in den Faktor Personal gefällt werden. Entscheidungen können auf drei Feldern getroffen werden.

Kritische Stellen besetzen

Wenn wichtige Positionen im Unternehmen aus welchen Gründen auch immer kritisch werden, spielt die Analyse der Potenziale eine besondere Rolle. Besonderer Schwerpunkt liegt auf der Nachfolgeplanung, also der Sicherung einer optimalen kurz-, mittel- und langfristigen Stellenbesetzung.

Klassische Modelle der Nachfolgeplanung definieren für (Schlüssel-) Positionen konkrete kurz- und mittelfristige Nachfolger und produzieren als Ergebnis Karrierewege für Mitarbeitende und Führungskräfte.

Diese personen- oder stellenbezogene Nachfolgeplanung hat in der Regel nicht funktioniert. Entweder konnten Karrierewege nicht eingehalten werden oder das Nachfolgeproblem stellte sich unerwartet ein und der designierte Nachfolger war gerade nicht veränderungsfähig. Außerdem werden Erwartungen geweckt, die oft nicht eingehalten werden konnten.

Das Poolmodell für die Besetzung freier Stellen

Besser ist ein Poolmodell. Es gibt einen Markt von (absehbar) frei werdenden Stellen und einen Markt von potenziellen Kandidaten. Die Entscheidung, wer die Stelle besetzen soll, trifft der direkte Vorgesetzte, in mittelständischen Unternehmen oft die Geschäftsleitung.

Die Aufgabe des Personalwesens besteht darin, eine möglichst große Anzahl von Kandidaten bereitzustellen, aus denen ausgewählt werden kann. Die Kandidaten werden deshalb in Pools zusammengefasst. Die Pools können nach Funktionen, Fachkompetenzen oder Hierarchieebenen geordnet werden. Hier spielt wieder die Unternehmensgröße eine wichtige Rolle.

Vorteile des Poolmodells

So kann das Personalwesen frühzeitig auf Engpässe hinweisen und für eine Entscheidung sorgen, diese Engpässe durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen zu überwinden – oder eben mit einem bewusst eingegangenen Risiko zur kontinuierlichen Stellenbesetzung zu leben.

Ein weiterer Effekt dieser Pools ist wichtig: Wer sich in einem Pool befindet, hat keine Garantie für die Entwicklung in eine andere, höherwertige Funktion. Es werden also keine Versprechungen gemacht, die hinterher nicht eingehalten werden können. Das wird in den veröffentlichten Regeln klar ausgedrückt.

Die wichtigste Anforderung an Nachfolgeplanung ist die Erhaltung der Flexibilität. Gerade auf dem Personalsektor ist eine mittel- oder langfristige Planung höchst unsicher. Hier Versprechungen abzugeben, ist leichtfertig und unseriös.

Die Pools sind aber Erinnerung und Aufforderung an Leitung und Personalwesen, für die Entwicklung guter Mitarbeitender zu sorgen. Wirklich gute Mitarbeitende und gerade junge Mitarbeitende in ihrer ersten Stelle nach der Ausbildung werden spätestens nach drei Jahren unruhig.

Wer gute Mitarbeitende halten will, sollte sich aktiv um deren Entwicklung kümmern und geeignete Entwicklungschancen oder konkrete Entwicklungsschritte anbieten. Diese Pools können außerdem mit gezielten Weiterbildungsmaßnahmen oder Weiterbildungsprogrammen verknüpft werden.

Personalbedarf aufgrund von geplanten Veränderungen festlegen

Personalbedarf für die geplante Geschäftsstrategie

Wenn die Konsequenzen von geplanten Veränderungen bei Strukturen und Stellenanzahl (Aufbau, Abbau) oder bei Veränderungen von Aufgabeninhalten und Prozessen mit Personalrelevanz frühzeitig bekannt sind, dann stehen mehr Handlungsalternativen zur Verfügung. Zudem muss nicht unter Zeitdruck gehandelt werden.

Es gibt aber auch Vorhaben aus der Geschäftsstrategie, die noch nicht spruchreif sind oder die nur funktionieren, wenn bis zu einer Entscheidung Vertraulichkeit eingehalten wird. Über die daraus entstehenden Bedarfe kann deshalb oft in Personalklausuren nicht gesprochen werden. Die Geschäftsleitung sollte diese Bedarfe aber „im Hinterkopf“ haben.

Personalüberhang abbauen

Gerade absehbare Personalüberhänge im Unternehmen sollten möglichst nicht zu Entlassungen, insbesondere nicht zu Sozialplänen führen. Nur eine frühzeitige Analyse dieser Daten führt dazu, Alternativen zu entwickeln, die dem Unternehmen Kostenersparnisse bringen.

Projektplanung und Personalbedarf

Aus der Geschäftsplanung entstehen Projekte, für welche die Geschäftsleitung oder die oberen Führungskräfte die Auftraggeberrolle übernehmen. Insbesondere wenn die Veränderungen mehrere Unternehmensbereiche betreffen, kann nur die Leitung Veränderungen verbindlich umsetzen lassen.

An den Auftraggeber berichtet dann die Projektleitung, welche die Ziele des Projektes meistens zusammen mit einem Team, aber immer über einen Projektplan erreicht. Der Auftraggeber sorgt für die Verbindlichkeit von Entscheidungen in allen Bereichen.

Maßnahmen verabschieden für die individuelle Weiterbildung und Entwicklung

Vorschläge für individuelle Entwicklungsziele und Entwicklungsmaßnahmen bestimmen einen großen Teil des Aus- und Weiterbildungsprogramms für das kommende Jahr. Voraussetzung dafür ist eine Analyse der dafür notwendigen Veränderungsstrategie.

Die dann entstehenden Kosten können grob ermittelt werden. So entsteht ein Kostenplan, der in der Geschäftsplanung berücksichtigt werden muss, wenn die Leitung entscheidet, dass die Maßnahmen durchgeführt werden sollen.

Hier entstehen aber auch Vorschläge zur Kostensenkung. Wenn beispielsweise in mehreren Bereichen für mehrere Personen eine externe Leistung für eine Excel-Schulung notwendig ist, dann erscheinen diese Bedarfe in der Liste der Bildungsbedarfe. Dieser Bildungsbedarf kann dann zusammengefasst und das Training kann als Inhouse-Training durchgeführt werden.

Dieses Training ist sicherlich kostengünstiger, als mehrere Mitarbeitende auf externe Seminare zu senden. Außerdem können die Inhalte unternehmensspezifisch ausgerichtet werden. Ist der Bedarf größer und wird er vermutlich jedes Jahr entstehen, dann kann auch eine Lernsoftware erworben werden, mit der die Kosten weiter gesenkt und die Effektivität gesteigert werden kann: Das Lernen findet dann an konkreten Aufgaben am Arbeitsplatz statt.

Die Vorschläge der Mitarbeitenden zur Veränderung der Rahmenbedingungen für die persönliche Arbeit können ebenfalls zusammengefasst werden. So entsteht eine weitere Entscheidungsgrundlage für die Personalklausur. Ebenso wird mit persönlichen Wünschen der Mitarbeitenden bezüglich Arbeit, Entwicklung oder anderer Themen umgegangen.

Praxis

Wenn in der Personalklausur über das Potenzial von Mitarbeitenden und Führungskräften gesprochen wird, dann können strukturierende Unterlagen genutzt werden, wie sie in der folgenden Vorlage beschrieben sind.

Hier wirkt das Mehr-Augen-Prinzip und eine offene Diskussion. So bekommen Potenzialeinschätzungen ein sehr gutes Fundament.

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