Kapitel 215: Design ThinkingPhase Problemdefinition: Die Aufgabe genau verstehen

Die Informationen und Erkenntnisse aus der Discovery-Phase werden nun zusammengeführt und als genaue Fragestellung und Aufgabe formuliert. Sie beschreiben das Problem, das mit Design Thinking gelöst werden soll. Je genauer das Problem definiert ist, desto fokussierter können Lösungen entwickelt werden.

Die richtigen Themen und Probleme angehen

In der vorangegangen Discovery-Phase ging es darum, die potenziellen Kunden und Zielgruppen als Anwender oder Benutzer eines Produkts zu verstehen und zu beschreiben. Ausgehend von diesem Wissen können nun Aufgabenstellungen abgleitet werden, die zur Verbesserung des eigenen Angebots, der Produkte und Dienstleistungen, führen. Die Herausforderung dabei ist es, jene Themen auszuwählen, deren Bearbeitung den größten Erfolg und somit den größten Deckungsbeitrag ergeben.

Timing ist dabei oft entscheidend: Für manche Ideen ist es noch zu früh, für andere ist der Zug abgefahren. Entscheidend sind die Ideen, die möglichst rasch realisiert werden sollten, um Erfolg zu haben. Die folgenden Tools sollen dabei unterstützen.

Bei der Anwendung ist zu beachten, dass Design Thinking ein iterativer Prozess ist. Manchmal gelingt der große Wurf nicht gleich beim ersten Mal. In jedem Fall ist es jedoch wichtig, die Ergebnisse der vorhergehenden Durchläufe durchzusehen und zu berücksichtigen. Ergebnisse aus vorangegangenen Durchläufen können dann verfeinert, aber auch verworfen werden. Natürlich ist es legitim, auch ganz neue Themen aufzugreifen.

Um die Aufgabenstellung genau zu analysieren und zu verstehen, sollte das Kernteam des Design Thinking einen Workshop durchführen. Dort können die folgenden Methoden und Tools eingesetzt werden.

Tipp

So moderieren Sie Meetings und Workshops

Ob ein Workshop die gewünschten Ergebnisse bringt, hängt besonders von einer guten Planung, Vorbereitung ab und von der Art und Weise, wie er moderiert wird. Im Handbuch-Kapitel Meetings moderieren erfahren Sie, wie Sie dazu vorgehen.

Tool: Kritische Elemente identifizieren

Aus der Discovery-Phase lassen sich mitunter mehrere Themen identifizieren. Doch welche sind wirklich kritisch und welche haben die höchste Priorität? Jedes Teammitglied überlegt dies zuerst für sich. Danach werden die Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Dies erfolgt in Form eines moderierten Prozesses. Für diesen sind zu beachten:

  • Neben der Diskussion soll auf Visualisierung und Modellierung gesetzt werden. Die Teammitglieder sollen ihre Ideen möglichst anschaulich präsentieren.
  • Wichtig ist, dass sich das Team nicht in endlose Diskussionen verstrickt. Ein Zeitlimit wird gesetzt und eingehalten.
  • Basierend auf den präsentierten Ideen kann etwa zur Methode „Wie könnten wir …“ (siehe unten) übergegangen werden.

In weiteren Durchläufen können die Themen und Aufgaben genauer gefasst und Prioritäten anders gesetzt werden.

Tool: Erfolgsindikatoren definieren

Aufbauend auf dem Wissen aus der Discovery-Phase sollen nun Erfolgskriterien abgeleitet werden. Dazu wird geklärt, was Erfolg für die beschriebenen Personas bedeutet. Oder genauer: Welche Eigenschaften des Produktes oder der Dienstleistung braucht es, um den Personas Erfolgserlebnisse zu bescheren?

Um die Erfolgskriterien aus Sicht der Personas zu ermitteln, können neben den Mitgliedern des Kernteams weitere Entscheidungsträger und auch Anwender einbezogen werden. Zu Beginn überlegt jeder Teilnehmer jeweils für sich entsprechende Erfolgskriterien. Diese werden dann den anderen Teilnehmern präsentiert. Die Arbeitsgruppe diskutiert die Vorschläge, gruppiert und bewertet diese. Ziel ist es, sich auf die wesentlichen Erfolgskriterien zu verständigen.

Sind die Erfolgskriterien ausgewählt, wird überlegt, wie diese gemessen werden können. Es ergibt sich eine Liste aus Erfolgsindikatoren, die für die Zieldefinition genutzt werden können.

Die Ergebnisse können und sollen in die Zielbeschreibung einfließen, die noch vor Beginn des Design-Thinking-Prozesses erstellt wurde. Über die Zeit hinweg also nach der Discovery-Phase und nach einigen Durchläufen vertieft sich das Verständnis über die Problemdomäne.

Tool: Zukunftstrichter (Past – Present – Future)

Aufgabe dieses Tools ist es, die früheren Innovationen (Past), den Status quo (Present) und gewünschte Zukunftsszenarien (Future) zu erfassen. Für die Gegenwart (Present) können dann zu lösende Aufgabenstellungen abgleitet werden, um die identifizierten zukünftigen Ziele zu erreichen. Erarbeitet wird der Zukunftstrichter im Team. Der Trichter wird visualisiert, Ideen und Ergebnisse werden etwa mithilfe von Post-its festgehalten.

Tool: Wie könnten wir (How might we) …

Die Frage „Wie könnten wir…“ hilft dabei, Fragestellungen zu finden, auf die in der Folgephase aufgesetzt werden kann. Die Teammitglieder schlagen entsprechende Fragen vor. Dabei empfiehlt es sich, dass diese zuerst jeder für sich überlegt, ehe in der Gruppe gemeinsam ein Brainstorming erfolgt.

Die vorgeschlagenen Fragen werden dann von den anderen Teammitgliedern eingeschätzt. Motiviert eine Frage dazu, Lösungsansätze zu entwickeln? Wenn ja, dann hat sie das passende Abstraktionsniveau. Ansonsten kann die Fragestellung allgemeiner oder spezieller formuliert werden:

  • Führt die Folgefrage „Wie können wir … tun?“ zu griffigeren Fragen, so war die Ausgangsfrage wohl zu allgemein formuliert.
  • Führt hingegen die Folgefrage „Warum sollten wir … tun?“ zu motivierenden Fragestellungen, so war der Fokus der Ausgangsfrage zu eng.

Gearbeitet wird wiederum im Team, das Zeitfenster kann durchaus eng bemessen werden. Es geht um die Ableitung von Fragen, nicht um deren Beantwortung und auch nicht um lange Diskussionen.

Das Problem mit Fragen genau beschreiben

Das Ergebnis der Phase zur Problemdefinition sind bearbeitbare Fragestellungen für das Design-Thinking-Team und die Lösungsentwicklung. Maßgeblich sind Fragen, deren Lösung den größten Erfolg für das Unternehmen und den größten Nutzen für die Anwender bringt.

Die Phase der Problemdefinition wird wie alle anderen Phasen im Design-Thinking-Prozess mehrfach durchlaufen. Ergebnisse der vorigen Durchläufe sollen verfügbar sein, wobei in einer neuen Phase, basierend auf neuen Erkenntnissen, auch neue Wege eingeschlagen werden können.

Praxis

Prüfen Sie im Design-Thinking-Team alle Informationen, die Sie in der Discovery-Phase zusammengestellt haben. Ermitteln Sie daraus mögliche Probleme, Aufgaben oder Fragestellungen im Hinblick auf:

  • bestehende Produkte und Dienstleistungen verbessern
  • Prozesse, Service oder Kundenerlebnisse verbessern
  • neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln
  • neue Geschäftsfelder erschließen

Planen Sie dafür einen oder mehrere Workshops. Binden Sie dabei die Mitglieder des Design-Thinking-Teams ein – aber auch weitere Experten, Anwender, Kunden und Vertreter der Zielgruppe (Persona), die Sie ansprechen wollen.

Klären Sie in den Workshops die genaue Fragestellung und die einzelnen Aufgaben, die Sie in den folgenden Phasen des Design-Thinking-Prozesses lösen wollen.

  • Sammeln Sie zunächst mögliche Funktionen, die Sie realisieren könnten, oder mögliche Erlebnisse, die Sie Ihren Anwendern bieten wollen.
  • Bewerten Sie diese nach Wichtigkeit und Dringlichkeit.
  • Leiten Sie daraus die Priorität der damit verbundenen Aufgaben ab.

Nutzen Sie dafür die folgende Vorlage.

Legen Sie für die Aufgaben die Erfolgsindikatoren fest. Betrachten Sie dazu das Ergebnis, das Sie erreichen wollen, aus Sicht Ihrer Anwender, Kunden und Zielgruppen (Persona). Klären Sie:

  • Welche Eigenschaften des Produktes oder der Dienstleistung braucht es, um den Personas Erfolgserlebnisse zu bescheren?
  • Legen Sie fest, woran Sie erkennen, ob dieser Erfolg am Ende auch erreicht wird. Das sind die Messkriterien für den jeweiligen Erfolgsindikator.
  • Leiten Sie daraus die Ziele für die weitere Lösungsentwicklung ab.

Nutzen Sie dafür die folgende Vorlage.

Nutzen Sie bei Bedarf auch die folgenden Tools und Vorlagen, um die Aufgabenstellung und die Problemstellung genau zu beschreiben.

Die Ergebnisse der Problemdefinition bereiten die Grundlage für die folgende Phase Ideengenerierung und Lösungsfindung. Diese wird im folgenden Abschnitt des Handbuch-Kapitels erläutert.

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