Kapitel 170: ProjektprozesseTeilprozess Analyse und Definition des Projekts

Der Projektprozess „Analyse und Definition“ legt den Rahmen für die Projektprüfung fest. Die Projektziele werden abgestimmt und die Realisierbarkeit des Projekts geprüft. Dazu gehören Analysen zu Stakeholder, Geschäftsprozessen und den Anforderungen des Auftraggebers. Ein Konzept für die Projektumsetzung sowie eine Machbarkeitsstudie werden erstellt.

Anlass klären, Ziele erarbeiten und Projektwert prüfen

Der Teilprozess „Analyse und Definition“ beginnt üblicherweise mit einer Kundenanfrage oder dem Bearbeiten eines Themas aus dem Projektportfolio. Wichtige Schritte in diesem Teilprozess sind:

  • Die Projektleitung sowie eventuell erste Projektmitarbeiter legen zunächst den Rahmen für eine erste Projektprüfung fest.
  • Anschließend definieren sie hierfür die Arbeits-, Kommunikations- und Entscheidungsprozesse.
  • Die zu Beginn formulierten Grobziele werden gemeinsam mit dem Kunden oder dem internen Projektauftraggeber sukzessive verfeinert und abgestimmt.
  • Zudem werden Lösungsalternativen erarbeitet und deren Realisierbarkeit geprüft.
  • So wird nach und nach die Unsicherheit bezüglich der Projektziele reduziert und Zielklarheit geschaffen.
  • Die Analyse soll weiter zeigen, ob das Projekt einen Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leistet (zum Beispiel Gewinnsteigerung).
  • Auf dieser Informationsbasis kann dann die Unternehmensleitung oder das Lenkungsgremium entscheiden, ob das Projekt mit der Unternehmensstrategie vereinbar ist und realisiert werden sollte.

Der Teilprozess „Analyse und Definition“ ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Projektes. Die Projektleitung muss typische Aufgaben, Stolpersteine und mögliche Varianten dieses Teilprozesses kennen. Abbildung 6 zeigt die typischen Prozessschritte des Teilprozesses „Analyse und Definition“. Sie finden die Abbildung sowie alle weiteren zu diesem Abschnitt zugehörigen Abbildungen im Praxisteil dieses Abschnitts in Form eines Prozessdiagramms. Nachfolgend werden nun die Teilprozesse detaillierter dargestellt und beschrieben.

Stakeholder-Analyse durchführen

Jedes Projekt ist in ein Umfeld mit verschiedenen Akteuren eingebettet. Projekt und Umfeld beeinflussen sich gegenseitig. Beteiligte, die dem Projekt negativ gegenüberstehen, können den Projekterfolg nachhaltig gefährden. Ebenso Kundenvertreter, deren Erwartungen und Anforderungen nicht ausreichend bei den Projektzielen berücksichtigt werden.

Daher ist für den Projekterfolg wichtig, die Interessen der Anspruchsgruppen (Stakeholder) und der Projektbeteiligten frühzeitig zu ermitteln und hilfreiche Strategien für den Umgang mit ihnen zu entwickeln, um Projektbetroffene als Unterstützer für das Projekt zu gewinnen. Dazu zählen vor allem: Kommunikation, Handlungen und Einbindung in Entscheidungen.

Die Ermittlung der Projektbeteiligten oder Stakeholder sowie die Analyse der Stakeholder ist Gegenstand des Prozesses „Durchführen der Stakeholder-Analyse“. Weiter werden die Maßnahmen zum Umgang mit den Stakeholdern entwickelt; zum Beispiel Vorsorgepläne und Sofortmaßnahmen. Die Resultate der Stakeholder-Analyse inklusive der erarbeiteten Maßnahmenpläne bilden die Ergebnisse des Teilprozesses „Durchführen der Stakeholder-Analyse“ (vgl. Abbildung 7 im Praxisteil).

Geschäftsprozesse aufnehmen und analysieren

Die Qualität der Ist-Aufnahme der betroffenen Geschäftsprozesse entscheidet wesentlich über die Qualität der Analyse und des späteren Soll-Modells. Dafür sind hohe Kompetenzen der Kommunikation sowie systembezogener Weitblick der Projektleitung gleichermaßen gefordert.

Durch den intensiven Kontakt mit Beteiligten im Rahmen der Ist-Aufnahme besteht zu diesem Zeitpunkt eine gute Möglichkeit, die Akzeptanz der Beteiligten zu prüfen und gezielt für eine solche – durch Einbeziehen von Anregungen und Befürchtungen – zu werben (siehe Abbildung 8 im Praxisteil).

Je nach Umfang und Tiefe der Geschäftsprozessanalyse können Teilaufgaben der Prozessanalyse an Beteiligte und Spezialisten übertragen werden.

Anforderungen der Auftraggeber analysieren

Ziel der Anforderungsanalyse ist es, die Anforderungen des Auftraggebers und der übrigen Stakeholder an das Projekt sowie das zu entwickelnde Projekt-Produkt (zum Beispiel Software) zu ermitteln, zu dokumentieren, zu prüfen, abzustimmen und zu verwalten. Weiter ist abzugleichen, ob die Projektziele mit den Unternehmenszielen übereinstimmen. Zudem wird das Projekt in dieser Zeit als Business Case aufgesetzt (siehe Abbildung 9 im Praxisteil). Die Arbeitsschritte der Anforderungsanalyse sind:

  • Sammeln der Anforderungen
  • Analysieren der Anforderungen
  • Strukturieren der Anforderungen
  • Validieren der Anforderungen
  • Abstimmen der Anforderungen
  • Zielbildungsprozess durchführen

Konzept für das Projekt entwickeln

Ein Konzept ist ein erster Entwurf oder Plan für die Umsetzung. Die möglichen Lösungen und Umsetzungen sind meist noch Grobentwürfe. Dabei können mehrere Lösungsalternativen entwickelt werden, zwischen denen zu einem späteren Zeitpunkt nach definierten Kriterien oder aufgrund einer Kundenentscheidung eine Alternative ausgewählt wird (siehe Abbildung 10 im Praxisteil).

Bei komplexeren Vorhaben wird meist nicht nur ein Konzept erstellt, sondern mehrere Fachkonzepte. Ein Fachkonzept ist das auf einen speziellen Themenbereich eingeschränkte Konzept, das einzelne Details oder Teilaufgaben im Projekt behandelt. Der Themenbereich kann sein:

  • formell oder methodisch; zum Beispiel Marketingkonzept, Vertriebskonzept, Testkonzept
  • objektbezogen; zum Beispiel IT-Infrastruktur, Anwendungssysteme, Umweltschutzkonzept

Machbarkeitsstudie erstellen

Mit der Machbarkeitsstudie werden die einzelnen Lösungsmöglichkeiten untersucht und geprüft, ob die geplanten Projektziele erreicht werden können und ob das Projekt in der geplanten Form machbar ist (siehe Abbildung 11 im Praxisteil).

Oft werden auch die Begriffe „Machbarkeitsprüfung“ oder „Projektstudie“ verwendet, die in der früheren DIN-Norm zum Projektmanagement verwendet wurden. In der DIN-Norm zum Projektmanagement (DIN 69901-2:2009) wird explizit darauf hingewiesen, dass das Ergebnis der Machbarkeitsstudie auch eine Neuformulierung des Projektzieles sein kann.

Praxis

Nutzen Sie die folgenden Darstellungen zu Projektprozessen, um Ihre Aufgaben und Abläufe im Teilprozess „Analyse und Definition” zu klären und für Ihr Projekt festzulegen. Sie können die Prozesse an Ihre spezifischen Bedingungen anpassen.

Prozessschritte im Teilprozess Analyse und Definition

Abbildung 6: Prozessschritte des Teilprozesses „Analyse und Definition“

Durchführen der Stakeholder-Analyse

Abbildung 7: Stakeholder-Analyse durchführen

Geschäftsprozesse analysieren

Abbildung 8: Geschäftsprozesse analysieren

Anforderungen analysieren

Abbildung 9: Anforderungen analysieren

Konzept entwickeln

Abbildung 10: Konzept entwickeln

Machbarkeitsstudie erstellen

Abbildung 11: Machbarkeitsstudie erstellen

Projektprozess-Darstellungen

Für den Teilprozess „Analyse und Definition” stellt die folgende Microsoft-Visio-Datei alle oben genannten Prozesse und Prozessschritte grafisch dar.

Passen Sie die dargestellten Projektprozesse an Ihre unternehmensspezifischen oder projektspezifischen Besonderheiten an.

Aufgaben der Projektleitung

In der folgenden Vorlage finden Sie die Aufgaben der Projektleitung, deren notwendige Fähigkeiten sowie die benötigten Wissensfelder für den Teilprozess „Analyse und Definition“ aufgeführt.

Machen Sie sich Notizen zu den einzelnen Aufgaben, Kompetenzen und zu Ihrem Informationsbedarf: Wo sehen Sie für sich und für Ihr Projekt Lücken oder Schwachstellen?

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