Was ist Wissen?

Das Wissen einer Person umfasst alle Informationen, über die sie verfügt, die sie organisiert und deren wechselseitigen Zusammenhänge sie beachtet. Sie nutzt dabei bewusst oder unbewusst Erfahrungen, auf deren Grundlage sie handeln kann.

Kurz und bündig: Wissen ist mit Erfahrungskontext getränkte Information.

Wissen ist an die Person, die es hat, sowie an die Handlungen, die sie ausführt, gebunden. Wissen ist also immer situativ und lässt sich nicht so einfach auf andere übertragen.

Gleichwohl wird im Rahmen des Wissensmanagements mehr oder weniger erfolgreich versucht, das Wissen einer Person für andere nutzbar zu machen. Das soll auch mit dem Debriefing und dem Abschlussgespräch erreicht werden. Eine wichtige Beschränkung ist, dass Menschen ihr Wissen nicht vollständig in Worten ausdrücken und formulieren können.

Deshalb wird in Bezug auf Wissen zwischen explizitem und implizitem Wissen und dazugehörenden Erfahrungen unterschieden:

Explizites Wissen

Das explizite Wissen ist dem Mitarbeiter als solches bewusst und kann auch sprachlich ausgedrückt werden. Er kann Kollegen erklären:

  • „Das mache ich so, weil …“
  • „Das funktioniert so, wie …“
  • „Dabei musst du darauf achten, dass …“

Implizites Wissen

Das implizite Wissen ist dem Mitarbeiter nicht unmittelbar bewusst, spielt aber bei seinen Handlungen eine große Rolle. Eine Person kann ihr implizites Wissen kaum in Worten ausdrücken. Es entspricht mehr einem Gefühl.

Implizites Wissen erschließt sich, wenn überhaupt, nur durch Zuschauen, indirekte Erläuterungen und Beispiele. Der sprachliche Ausdruck dafür könnte sein:

  • „Wenn sich der Motor so anhört, weiß ich, dass …“
  • „Ich weiß nicht genau warum, aber meine Erfahrung sagt mir …“

Genaue Gründe für dieses Urteil kann der Mitarbeiter aber nicht nennen. Eine ähnliche Unterscheidung wird in der Psychologie zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen gemacht.

Was passiert bei Wissensverlust?

Auch mit einem ausführlichen Debriefing, einem Abschlussgespräch oder einer Einarbeitung des Nachfolgers wird ein Teil des Wissens des Vorgängers verloren gehen. Folgende Beispiele sollen dies illustrieren:

Wissensverlust beim Technik-Know-how

Ein wichtiger Mitarbeiter der IT-Abteilung will das Unternehmen verlassen. Trotz aller Dokumentation, Analyse seiner Aufgaben und einer Einarbeitung der Nachfolgerin können nicht alle Bereiche der bisherigen Tätigkeit überprüft und eindeutig dokumentiert werden.

Das betrifft beispielsweise Anpassungen in Anwendungsprogrammen oder die Einstellungen der Computer. Nach dem Weggang kann es zu Problemen mit Hardware und Software kommen, die nur sehr aufwendig behoben werden können, weil das Expertenwissen des früheren Mitarbeiters fehlt.

Wissensverlust bei der Kundenpflege

Die scheidende Mitarbeiterin hatte ein sehr gutes Verhältnis zur Einkäuferin eines wichtigen Kunden. Beide haben über die Jahre gelernt, was jeweils gebraucht wird, welche Verhandlungsspielräume es gibt, wo der Schuh drückt, wie man einander helfen kann und welche Form der Kontaktpflege angemessen ist.

Ob der Nachfolger dieses Verhältnis in gleicher Weise fortführen kann, ist offen. Das Gefühl für Befindlichkeiten, die Aspekte, auf die man im Vertrieb und bei dieser Einkäuferin achten sollte, lassen sich nicht auf die Schnelle erklären oder dokumentieren. Es kommt immer auf die jeweilige Situation an.

Eventuell entscheidet die Einkäuferin nun, Projekte neu auszuschreiben oder sie kauft ab sofort auch bei anderen Lieferanten.

Solche Risiken eines Wissens- und Erfahrungsverlusts lassen sich eingrenzen, wenn Vorgänger und Nachfolger eine Weile zusammenarbeiten.

Erfahrungswissen durch Zusammenarbeit und Einarbeitung sichern

Weil viele Erfahrungen implizites Wissen sind, können sie nur schwer oder gar nicht an andere übertragen werden. Zu einem Teil kann dies im Rahmen der Stellenübergabe und des Debriefings dadurch geleistet werden, dass der Mitarbeiter seinen Nachfolger einige Zeit einarbeitet. Die Einarbeitung hat zum Ziel, implizites Wissen und Erfahrungen weiterzugeben.

Das funktioniert dann, wenn beide Personen einen ähnlichen Erfahrungshintergrund und einen ähnlichen Informationsbestand haben. Dann kann der Nachfolger das, was er vom Vorgänger hört, sieht und erlebt, besser einordnen, verstehen und später selbst nutzen; er lernt.

Allerdings bleibt es schwierig, diese Art des Wissens zu dokumentieren, um es anderen Personen zur Verfügung zu stellen. Mögliche Hilfsmittel sind:

  • kurze Handlungsanleitungen verfassen
  • eine Sammlung von Daumenregeln anlegen
  • eine Liste „Frequently Asked Questions“ (FAQ) erstellen
  • Wissenslandkarten oder Mindmaps erstellen
Tipp

Story Telling für die Wissenssicherung nutzen

Oft ergeben sich wichtige Aspekte zum Erfahrungswissen, wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter typische Geschichten erzählt: Story Telling. Nutzen Sie diese Methode, wenn Sie Gelegenheit dazu haben!

Methodisches und organisationales Wissen sichern

Neben den Erfahrungen der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters, ist es genauso wichtig, das methodische und organisationale Wissen zu erfassen und für Nachfolger und Kollegen zu dokumentieren. Beim methodischen und organisationalen Wissen geht es vor allem um folgende Aspekte:

  • Organisation des Arbeitsplatzes
  • Organisation von Ablagen und Archiven
  • Organisation von elektronischen Dokumenten
  • Zugangsdaten und Passwörter
  • Nutzung von Fachinformationen und speziellen Informationsdiensten
  • sonstige Aktivitäten in der Abteilung, in Gremien oder im Unternehmen
Tipp

Standards in der Büroorganisation nutzen

Wenn Ihre Abläufe im Rahmen der Büroorganisation standardisiert sind, können die Aspekte zum methodischen und organisationalen Wissen schnell und einfach geklärt werden.

Standards kann es beispielsweise geben bezüglich Ablage und Archivierung von Dokumenten, Bezeichnung von Dateien oder Beschriftung von Ordnern – in der Papier- und in der elektronischen Variante.

Mit Wissensmanagement wertvolles Fachwissen sichern

Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet, dann sollte der Nachfolger das für die Stelle und die Aufgaben notwendige Fachwissen von sich aus bereits mitbringen. Deshalb wurde er oder sie ja für diese Stelle ausgewählt.

Insofern spielt das Fachwissen des Vorgängers beim Debriefing und beim Ausstiegs- oder Übergabegespräch keine große Rolle. Allerdings kann es Ausnahmen geben.

Vor allem dann, wenn an diesem Arbeitsplatz noch ältere oder spezielle Technik und Geräte eingesetzt werden, die ein (junger) Nachfolger nicht kennt. Ein oft genanntes Beispiel dafür sind Programme, die vor vielen Jahren in der Programmiersprache Cobol erstellt wurden und in manchen Unternehmen immer noch im Einsatz sind.

Dann sollte der Vorgänger sein spezielles Fachwissen, soweit es nötig ist, weitergeben – etwa in der Form von Anleitungen, Checklisten oder Vorführungen.

Wissenstransfer mit den richtigen Fragen ermöglichen

Um das Wissen einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters, die ausscheiden, so zu erkunden, dass es später genutzt werden kann, bedarf es ausreichend Zeit und einer offenen Kommunikation.

Prüfen Sie deshalb die Rahmenbedingungen. Es sollten keine Hektik oder Stress herrschen, weil eine Partei (der Fragende oder der Befragte) eigentlich noch etwas anderes Dringendes zu tun hätte. Der Befragte sollte Zeit haben, die Fragen des anderen zu beantworten.

Dabei muss der Fragende die Fragen richtig stellen. Er muss folgende Aspekte beachten:

  • Ergänzende Fragen stellen, auch zum Hintergrund; also nicht nur Was-Fragen, sondern vor allem auch Was-genau-, Wie- und Warum-Fragen.
  • Möglichst offene und keine geschlossenen Fragen stellen.
  • Immer nur eine Frage stellen, aufmerksam zuhören und die Antworten notieren.
  • Wenn sinnvoll, dann auch systemische Fragen stellen; das sind konkretisierende Fragen, skalierende Fragen, hypothetische Fragen oder Wunschfragen.

Formale Aufgaben beim Ausscheiden eines Mitarbeiters

Mit dem Debriefing und dem Übergabegespräch können auch noch einige formale Aspekte geklärt werden, die beim Ausscheiden einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters wichtig sind:

Autoresponder einrichten

Bereiten Sie sich darauf vor, dass mit dem Ausscheiden des Mitarbeiters auch dessen E-Mail-Adresse geändert wird. Richten Sie einen Rücklauf oder Autoresponder ein. Damit können Sie die Ansprechpartner, Kunden und Lieferanten über den Stellenwechsel und den Nachfolger informieren.

Abonnements kündigen oder übertragen

Sorgen Sie dafür, dass der ausscheidende Mitarbeiter sich selbst aus Newsletter-Listen, Abonnements oder Umläufen streichen lässt oder dass diese auf den Nachfolger übertragen werden.

Offene Aufgaben oder Projekte übertragen

Klären Sie, welche Aufgaben oder Projekte mit Ausscheiden des Mitarbeiters noch offen sind und von einer anderen Person abgeschlossen werden müssen. Es darf nichts verloren gehen. Gegebenenfalls benötigen Projektaufgaben oder das Mitwirken in Gremien ein eigenes Debriefing im Projektteam und im Gremium.

Vereinbarung zur Erreichbarkeit im Notfall

Wenn möglich, sollten Sie mit dem Mitarbeiter eine Vereinbarung treffen, wo und wie er im Notfall (und nur dann!) erreichbar ist (Telefon, E-Mail-Adresse). Hier sollte geregelt werden, wer unter welchen Bedingungen den scheidenden Mitarbeiter ansprechen kann und darf.

Tipp

Checklisten aus der Personalabteilung prüfen

In der Personalabteilung gibt es häufig eine Checkliste dafür, welche Aktionen beim Ausscheiden oder Stellenwechsel einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters durchgeführt werden müssen.

Beispielsweise in Bezug auf Gehaltsabrechnung, Meldung an die Sozialversicherungen, Anpassung der Telefonliste, Informieren von relevanten Stellen, Zeugnisübergabe oder Schlüsselabgabe.

Informieren Sie sich, was dort geklärt und geregelt wird und was von Ihrer Seite aus noch notwendig ist.

Praxis

Wissensmanagement betreiben beim Debriefing

Bereiten Sie Ihre Fragen für das nächste Debriefing oder Abschlussgespräch vor:

  • Welche Themen sind im jeweiligen Fall für Sie wichtig?
  • Welche Aspekte haben bei der Mitarbeiterin oder beim Mitarbeiter und bei der Stelle eine besondere Bedeutung? Zum Beispiel besonders Fachwissen, wichtige Kontakte oder eine Schlüsselposition als Führungskraft.
  • Formulieren Sie entsprechend mögliche Fragen für das Mitarbeitergespräch.

Nutzen Sie für Ihre Notizen die folgende Vorlage. In der Vorlage finden Sie auch Beispiele für mögliche Fragen.

Wissensverlust begrenzen mit einem Notfallplan bei Stellenwechsel

Erstellen Sie für den Fall eines Stellenwechsels einen Notfallplan, um besonders wichtiges Wissen für das Unternehmen, Ihr Team und die Nachfolge zu sichern. Identifizieren Sie dazu die Risiken, die mit dem Weggang der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters verbunden sind:

  • Welche besonderen Aufgaben hatte die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, die – wenn nicht mehr richtig ausgeführt – zu einem Risiko für die Abteilung oder das Unternehmen werden können?
  • Welche Informationen müssen Sie unbedingt dokumentieren? Beispiele sind Zugangsdaten, Passwörter, Kontaktdaten, Ansprechpartner.

Notieren Sie die Folgen, die durch Wissensverlust drohen, sowie geeignete Maßnahmen zum Wissenserhalt mithilfe der folgenden Vorlage.

Arbeitsplatzorganisation und Formales zum Abschluss

  • Überprüfen Sie am Arbeitsplatz der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters die Organisation und Methoden sowie alle formalen Aspekte zum Arbeitsplatz.
  • Fragen Sie ab: Zugangsdaten (soweit sie für Nachfolger bekannt sein dürfen), Abonnements, Schlüssel, Systematik der Ablage etc.
  • Klären Sie, in welche Projekten und Gremien der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eingebunden war und welche Aufgaben dort noch offen sind.
  • Stellen Sie sicher, dass auch in den Projekten und Gremien eine ordentliche Übergabe durchgeführt wird.

Gegebenenfalls gibt es in Ihrem Bereich klare Regelungen oder Standards für Ablage, Archivierung und Arbeitsorganisation. Lassen Sie sich bestätigen und zeigen, dass der ausscheidende Mitarbeiter sich an diese gehalten hat.

Erfassen Sie alle relevanten Informationen zur Arbeitsplatzorganisation und zu den formalen Aspekten in der folgenden Vorlage. 

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