Kapitel 048: FinanzplanungZahlungskrise und kurzfristige Liquiditätsplanung

Wenn eine Zahlungskrise oder ein Engpass bei der Liquidität droht, dann muss die Finanzplanung tagesaktuell sein. Das bedeutet, jeden Tag muss geprüft werden, welche Einzahlungen gibt es und welche Auszahlungen müssen erfolgen. Die Tagesplanung erfolgt rollierend für die nächsten zwei bis vier Wochen. Eine Vorausschau auf die nächsten drei Monate ergänzt sie.

Bestandsaufnahme der liquiden Mittel

Sobald absehbar wird, dass die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährdet ist und die liquiden Mittel nicht mehr ausreichen könnten, um sämtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, brauchen Sie eine tagesgenaue Liquiditäts- und Finanzplanung. Am Anfang steht eine Bestandsaufnahme aller liquiden Mittel, Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente. Das sind Gelder, die jederzeit (täglich) für Auszahlungen genutzt werden können. Zu den liquiden Mitteln zählen:

  • Kassenbestände
  • Postwertzeichen
  • Sichtguthaben oder Sichteinlagen bei Banken (Girokonto)
  • noch nicht eingelöste Schecks (abzüglich selbst ausgestellter, aber noch nicht eingelöster Schecks)
  • Finanzinvestitionen, die ohne Weiteres in Zahlungsmittel umgewandelt werden können und die nicht oder kaum schwanken (Festgeldkonto)

Notwendige Auszahlungen erfassen

Maßgeblich für Auszahlungen ist: Welche Auszahlungen sind notwendig, um allen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen?

Zu den gesetzlichen Verpflichtungen gehören insbesondere:

  • Steuerzahlungen (Umsatzsteuer, Kapitalertragssteuer, Gewerbesteuer etc.)
  • Beiträge zu Sozialversicherungen (Krankenversicherungen, Rentenversicherungen, Arbeitslosenversicherungen etc.)
  • Beiträge zu IHK, Handwerkskammern etc.
  • Strafen, Bußgelder

Zu den vertraglichen Verpflichtungen gehören insbesondere:

  • Löhne und Gehälter
  • Miete und Nebenkosten
  • Energieversorgung
  • Rechnungen von Lieferanten und Dienstleistern
  • Versicherungen (Haftpflicht, Gebäude, Geräte, Kfz etc.)
  • Tilgung und Zinsen
  • Bankgebühren

Auszahlungen ergeben sich durch Lastschriften, die Sie erteilt haben (SEPA-Mandate), durch Daueraufträge, die Sie eingerichtet haben, sowie durch Überweisungen, die Sie auslösen. Verschieben Sie Zahlungen bei Bedarf so lange wie vertraglich möglich. Eventuell erhalten Sie Zahlungsaufschub, wenn Sie direkt mit dem Zahlungsempfänger sprechen.

Einzahlungen sicherstellen und erfassen

Einzahlungen ergeben sich, wenn Kunden die Rechnungen bezahlen, die das Unternehmen an sie gestellt hat. Mit welchen Einzahlungen daraus gerechnet werden kann, ergibt sich aus den Forderungen (bereits gestellte und versendete Rechnungen) und den Zahlungszielen (Tag, an dem die Rechnung bezahlt sein soll). Nicht alle Kunden halten sich an diese Verpflichtung. Sie müssen damit rechnen, dass Einzahlungen nicht genau an dem Tag eingehen, an dem sie eingehen sollen oder für den Sie es geplant haben. Deshalb braucht es einen Puffer an Zahlungsmitteln.

Weitere Einzahlungen können sich ergeben aus:

  • Steuererstattungen
  • Kredite, die zur Verfügung gestellt werden
  • Vorauszahlungen von Kunden
  • Erstattungen von Sozialversicherungsbeiträgen oder von anderen Beiträgen
  • Zuschüsse durch Förderprogramme
  • Verkauf von Wertpapieren oder anderen Finanzanlagen

Alle Einzahlungen müssen tagesgenau erfasst werden, soweit mit ihnen mit einer gewissen Sicherheit gerechnet werden kann (zu 90 Prozent erfolgt die Zahlung am …). Erfassen Sie sämtliche Einzahlungen (Geldzugänge) für den Tag, an dem Sie selbst darüber verfügen können (Wertstellung der Bank), um Auszahlungen vorzunehmen.

Höhe des Liquiditätsengpasses berechnen

Ob die liquiden Mittel ausreichen, sollten Sie täglich prüfen. Kurzfristig sollten Sie dazu die nächsten zwei bis vier Wochen im Blick haben. Zudem ist ein Liquiditätsplan für die nächsten drei Monate wichtig. Im Einzelnen erfassen Sie:

  • aktueller Bestand an liquiden Mitteln am jeweiligen Tag
  • plus Einzahlungen am jeweiligen Tag
  • abzüglich Auszahlungen am jeweiligen Tag
  • abzüglich notwendiger Puffer (Mindestbestand an liquiden Mitteln)

Daraus ergibt sich der notwendige Bedarf an Zahlungsmitteln. Sie vergleichen täglich, ob dieser für den betrachteten Zeitraum zur Verfügung steht.

Einzahlungen und Auszahlungen der vergangenen Tage entsprechen den Ist-Daten. Einzahlungen und Auszahlungen der kommenden Tage sind Plan-Daten, die Sie täglich prüfen und anpassen – je nachdem, welche Geschäftsvorfälle sich ergeben haben. Sie prüfen dazu sämtliche Bankkonten (Girokonto) und Barzahlungen (Kasse), über die Zahlungen eingehen oder ausgehen können, und halten diese fest. Sie ersetzen entsprechend Ihren Planwert für den Tag durch den Istwert und passen bei Bedarf die Planwerte für die nächsten zwei Wochen (Vorausschau) an.

Für den Zeitraum nach vier Wochen und bis zu drei Monate planen Sie Einzahlungen und Auszahlungen auf Wochenbasis und berechnen damit auch den Geldbedarf auf Wochenbasis. Denn in dieser Zeitperspektive lassen sich viele Zahlungen nicht mehr sicher einem Tag genau zuordnen.

Praxis

Beginnen Sie die kurzfristige Liquiditätsplanung sofort, wenn Probleme bei der Zahlungsfähigkeit drohen. Nutzen Sie dafür folgende beiden Excel-Vorlagen für die tagesgenaue Planung für die nächsten beiden Wochen (rollierend) und für die nächsten drei Monate.

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