GesprächstaktikWie Chefs Mitarbeiter sprachlich manipulieren

Wenn Chefs im Gespräch mit Mitarbeitenden ihr Ziel erreichen möchten, nutzen sie oft Techniken der Manipulation. Welche Gesprächstaktiken werden häufig eingesetzt? Und wie reagieren Sie auf manipulative Fragen des Chefs? Welche Fragen und Aussagen gehören zu einer cleveren Taktik?

Wenn Vorgesetzte ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem bestimmten Verhalten bringen möchten, nutzen sie im Gespräch oft unbewusst Taktiken der Manipulation.

Welche Tricks werden als Gesprächstaktiken eingesetzt? Und wie reagieren Mitarbeitende richtig auf manipulative Fragen?

Autoritätstaktik

Bei der Autoritätstaktik bezieht man sich in seiner Argumentation auf eine Autorität, um seinen Standpunkt zu unterstützen. Das kann ein Experte, aber auch einfach eine hierarchisch hoch angesiedelte Person sein.

Beispiele Autoritätstaktik

„Wir im Management-Committee sind einhellig der Meinung, dass ...“

„Ich habe zusammen mit unserem CEO besprochen, dass wir am besten ...“

„Die Geschäftsleitung sieht das ganz ähnlich wie ich, Herr Meier.“

Das Gemeine an dieser Taktik: Es gilt nicht nur, gegen die Position seines direkten Gesprächspartners zu argumentieren, sondern auch gegen die Autoritäten, auf die man sich bezieht. Man kämpft also argumentativ gegen zwei Fronten.

Natürlich kann der Standpunkt der angeführten Autorität auch objektiv richtig und durchaus plausibel sein – etwa dann, wenn ich mich auf eine Expertenmeinung beziehe. Häufig jedoch werden die Autoritäten nur eingesetzt, um Positionsmacht zu demonstrieren.

Beispiel: Reagieren auf Manipulation mittels Autoritätstaktik

Stellen Sie Fragen. Wer nach Gründen fragt, wird in der Regel nicht mit Floskeln abgespeist. Stattdessen muss die Führungskraft den eigenen Standpunkt und den Standpunkt seiner Verbündeten oder Vorgesetzten hinterfragen. Sind seine sachlichen Argumente schwächer als Ihre Argumente, regt das zum Umdenken oder wenigstens zum Nachdenken an. Fragen Sie zum Beispiel:

„Warum sieht die Geschäftsleitung den Sachverhalt so?“

„Welche Gründe gibt es für …?“

Gegenseitigkeitsfalle

Bei der Taktik mit der Gegenseitigkeit wird ein zutiefst menschliches Prinzip ausgenutzt: „Wie du mir, so ich dir.“ Konkret heißt das: Wer von anderen ein Geschenk erhält, fühlt sich in der Regel aufgefordert, etwas zurückzugeben. Das nutzt der Manipulator aus. Diese Taktik funktioniert insbesondere dann gut, wenn das Geschenk vom Vorgesetzten kommt. Wie soll man ein Geschenk des Chefs auch abschlagen?

Beispiel Gegenseitigkeitsfalle

„Herr Meier, ich weiß, Sie haben viel um die Ohren. Trotzdem wäre es mir recht, wenn Sie auch noch das Projekt in Marokko übernehmen könnten. Ach, übrigens: Ich habe mich dafür eingesetzt, dass Sie im kommenden Jahr an der Konferenz in Boston teilnehmen können. Das ist doch mal etwas, oder? Um auf meinen ursprünglichen Wunsch zurückzukommen ...“

Beispiel: Reagieren auf manipulative Fragen mit Gegenseitigkeitsfalle

Sie grenzen das Geschenk oder den Gefallen des Vorgesetzten klar von dem anderen, zweiten Thema a. Zuerst bedanken Sie sich. Nach einer kurzen Pause gehen Sie erst auf die Frage oder die Aufforderung ein, welche der Chef oder die Chefin an Sie gerichtet hat. Sagen Sie zum Beispiel:

„Vielen Dank, dass Sie sich für mich eingesetzt haben. Ich weiß das zu schätzen.“

Pause.

„Das Projekt in Marokko kann ich derzeit nicht übernehmen, weil …“

Sie nennen sachliche Gründe für die Absage oder den Einwand.

Evidenztaktik

Bei der Evidenztaktik wird ein Sachverhalt als absolut einleuchtend dargestellt. Damit soll impliziert werden, dass sich im Grunde jede Diskussion erübrigt. Denn was einleuchtend ist, kann bestenfalls zur Kenntnis genommen werden, ist aber nicht bezweifelbar und diskussionswürdig. Der Manipulator versucht hier also, jede Diskussion im Keim zu ersticken. Es sind oft kleine Wendungen, die diese Taktik einleiten.

Beispiele Evidenztaktik

„Eines ist ja wohl klar, Herr Meier ...“

„Ich glaube, jeder im Unternehmen weiß, dass es letztendlich auf … ankommt.“

„Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass ...“

„Es liegt ja wohl auf der Hand, dass ...“

Beispiel: Reagieren auf Manipulation mittels Evidenztaktik

Fordern Sie freundlich und bestimmt Belege für die Behauptungen Ihres Vorgesetzten. Tun Sie das auf interessierte und nicht auf kritische oder konfrontative Weise. Fragen Sie zum Beispiel:

„Das klingt gut. Warum glauben Sie/das Unternehmen/die Kollegen, dass …?“

„Wie kommen Sie zu dem Schluss, dass …?“

Wenn passend, nennen Sie alternative Sichtweisen – stets gut begründet, nachvollziehbar und keinesfalls in einem besserwisserischen Tonfall.

Garantietaktik

Der Manipulator verbürgt sich bei der Garantietaktik für die Wahrheit seiner Position. Er wirft seine persönliche Glaubwürdigkeit ins Feld. Wer seine Position anzweifelt, untergräbt möglicherweise seine Autorität. Und Mitarbeiter werden sich hüten, die Autorität ihres Chefs zu unterminieren.

Beispiele Garantietaktik

„Ich versichere Ihnen, Herr Meier, dass Sie damit bestimmt hervorragend fahren werden ...“

„Ich kann Ihnen garantieren, es ist der beste Weg, wenn Sie ... Vertrauen Sie mir!“

Beispiel: Reagieren auf Manipulation mittels Garantietaktik

Stellen Sie Fragen. Durch gezieltes Nachfragen untergraben Sie nicht die Autorität Ihres Vorgesetzten und weisen ihn indirekt trotzdem auf Denkfehler oder Missstände hin. Fragen Sie zum Beispiel:

„Warum kann ich mir sicher sein, dass …?“

Brunnenvergiftung

Bei der Taktik der Brunnenvergiftung verunglimpft man eine abweichende Meinung, noch bevor sie überhaupt geäußert wurde. Auch diese Taktik stellt den Versuch dar, eine Diskussion von vornherein zu unterbinden.

Beispiele Brunnenvergiftung

„Wem wirklich daran liegt, dass wir hier zu einer Lösung kommen, der wird uns bei der Restrukturierung klar unterstützen.“

„Wer am gemeinsamen Erfolg interessiert ist, der wird sich für das Projekt ohne wenn und aber einsetzen.“

Sollte bei dieser Taktik jemand anderer Meinung sein, wird er unter Umständen als jemand abgestempelt, der kein Interesse an einer Lösung hat beziehungsweise aus der Reihe tanzt. Die Brunnenvergiftung ist daher eine Art Präventivangriff.

Beispiel: Reagieren auf manipulative Aussagen mittels Brunnenvergiftung

Kommunizieren Sie Ihren Standpunkt klar und lassen Sie sich nicht beirren. Bleiben Sie dabei höflich. Stellen Sie Fragen, um Ihr Gegenüber auf eventuelle Schwächen bei seiner Argumentation aufmerksam zu machen. Sagen Sie zum Beispiel:

„Mir ist eine Lösung des Problems genauso wichtig wie Ihnen. Allerdings habe ich Vorbehalte, weil …“

„Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass …? Wenn man an dieser Stelle weiterdenkt, ist fraglich, ob …“

Banalisierungstaktik

Bei der Banalisierungstaktik wird suggeriert, dass die Sache nicht so wichtig sei, wie der Mitarbeiter glaubt. Das Anliegen des Gesprächspartners wird banalisiert und als wenig relevant bewertet.

Beispiele Banalisierungstaktik

„Herr Meier, ich würde das Ganze nicht so hoch aufhängen.“

„Lassen wir doch die Kirche im Dorf. Es kommt doch im Wesentlichen auf folgende Punkte an ...“

„Sie sollten den Teufel nicht gleich an die Wand malen, Herr Maier.“

Beispiel: Reagieren auf Manipulation durch Banalisierungstaktik

Betonen Sie, dass der Sachverhalt – je nach Thema – bedeutungsvoll für Sie, für Ihr Team oder für die Erreichung eines bestimmten Ziels ist. Begründen Sie klar und deutlich, warum die Sache wichtig ist. Sagen Sie zum Beispiel:

„Es handelt sich um eine wichtige Frage, weil …“

Appell ans Solidaritätsgefühl

Im Grunde kann der Manipulator mit allen Arten von Emotionen spielen, um den Gesprächspartner zu beeinflussen. Eine beliebte Taktik ist, ein gemeinsames Band der Solidarität herzustellen.

Beispiele Solidaritätsgefühl

„Herr Meier, mir geht es im Grunde genauso wie Ihnen. Auch für mich ...“

„Es ist ganz entscheidend, dass wir alle an einem Strick ziehen. Das muss Ihnen klar sein, Herr Meier.“

Auch hier wird versucht, unliebsame Diskussionen auszuschließen. Dabei verunglimpft man die Position seines Gesprächspartners nicht wie bei der Brunnenvergiftung, sondern umgarnt ihn, indem man sich mit ihm verbrüdert.

Beispiel: Reagieren auf manipulative Aussagen mit Appell an Solidaritätsgefühl

Antworten Sie betont sachlich und lassen Sie sich nicht von der eigentlichen Diskussion oder Ihren Zielen abbringen. Sagen Sie zum Beispiel:

„Nach wie vor bin ich der Meinung, dass …“

„Ich persönlich glaube, dass …“

„Vom wissenschaftlichen/wirtschaftlichen/… Standpunkt aus gesehen …“

Beziehen Sie sich auf Fakten und verwenden Sie nicht das Wort „wir“.

Ankereffekt

Eine beliebte Taktik von Vorgesetzten ist die Ausnutzung des Ankereffekts. Der Ankereffekt bezeichnet den Umstand, dass die zuerst geäußerte Einschätzung zum Vergleichswert wird, an dem sich alle folgenden Einschätzungen orientieren. Es wird eine Zahl in den Raum gestellt oder die eigene Einschätzungen gleich zu Anfang unübersehbar platziert. Es ist nicht leicht, sich von diesen Ankern zu befreien.

Beispiel Ankereffekt

Chef:

„Ich habe gehört, dass Sie gern mal etwas gemeinsam im Team unternehmen wollen. Ich finde das eine gute Idee, vielleicht in Verbindung mit etwas wirklich Sinnvollem. Wir bieten ja jetzt abends einen PowerPoint-Kurs an, den wir beispielsweise besuchen könnten. Aber ich bin da völlig offen.“

Wenn bereits ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, ist es schwer, einen anderen Vorschlag zu machen. Der Ankereffekt macht aus einer offenen Frage eine Frage der Zustimmung oder Ablehnung.

Beispiel: Reagieren auf manipulative Aussagen mittels Ankereffekt

Stellen Sie freundlich, aber bestimmt klar: Stimmt die Aussage überhaupt? Grenzen Sie die Gültigkeit der Aussage danach klar ein, um den Ankereffekt abzumildern. Sagen Sie zum Beispiel:

„Ich würde tatsächlich gerne mehr im Team unternehmen. Bei einer Aktivität, die nichts mit dem Betrieb oder unserer Arbeit zu tun hat, könnten wir uns noch besser kennenlernen. Gemeinsames Bowlen oder ein Abendessen würden sich bestimmt eignen. Was meinen Sie?“

Mit dieser Antwort stellen Sie klar, dass die Aussage des Vorgesetzten stimmt. Zudem machen Sie deutlich, was Sie wirklich möchten.

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