Assessment-CenterMit Assessment-Center Personalentscheidungen fundieren

Ein lockeres Gespräch reicht nicht aus, um die passende Bewerberin oder den Bewerber für eine freie Stelle zu finden. Doch das unstrukturierte Interview ist immer noch die gängige Form bei Personalentscheidungen. Es braucht einen Mix an Instrumenten, die mit dem Begriff Assessment oder Assessment-Center zusammengefasst werden. Welche Vorteile haben diese?

Personalauswahl ist eine wichtige Führungsaufgabe

Kennen Sie diesen Stoßseufzer: „Ach, früher habe ich noch fachlich arbeiten können, war beim Kunden, konnte mein Produkt entwickeln. Heute sitze ich nur noch über Zahlen, muss mich mit Personalfragen beschäftigen.“ In der Tat hat sich die Aufgabenstruktur mit dem Wachstum Ihres Unternehmens geändert. In der Tat haben Sie sich früher mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geduzt, kannten deren Eltern, trafen sich beim Feuerwehrfest, im Karnevalsverein. Heute ist alles fremder, sachlicher, anders.

Man könnte mit den Schultern zucken; so ist das eben, wenn eine Kleinfirma gewachsen ist und jetzt zum Mittelstand zählt. Sie haben sich ja auch verändert, haben sich qualifiziert, tragen jetzt Führungsverantwortung. Und als Führungskraft müssen Sie regelmäßig Personalthemen bearbeiten und regeln. Eine der wichtigsten Aufgaben als Führungskraft ist es, für eine Stelle und für spezielle Aufgaben die dafür geeignete Person zu finden.

Dazu müssen Sie mögliche Kandidatinnen und Kandidaten beurteilen, die Sie selbst aufgrund einer Bewerbung ausgewählt haben oder die Sie unter den bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als die geeignete Person sehen. Ein Verfahren zur Personalbeurteilung und zur Personalauswahl ist das sogenannte Assessment.

Stichwort

Assessment

Assessment ist ein Verfahren, um Personal zu beurteilen und eine Auswahl treffen zu können. Die Auswahl richtet sich vornehmlich auf die Besetzung eines Arbeitsplatzes oder die Vorbereitung einer speziellen Maßnahme zur Personalentwicklung. Das Assessment soll die subjektive Einschätzung von Kompetenz, Fähigkeiten und Erfahrung einer Person fundieren und objektive, überprüfbare Entscheidungen möglich machen.

Personen, Arbeitsstelle und Aufgaben müssen zueinander passen

Als Führungskraft, die eine Personalentscheidung zur optimalen Stellenbesetzung treffen soll, stehen Sie vor einer Aufgabe mit großer Komplexität. Denn die Stellen und die damit verbundenen Aufgaben in Ihrem Unternehmen sind sehr unterschiedlich. Jede Stelle hat andere Anforderungen an die Person, die sie ausfüllen soll.

Dem entsprechend benötigen Sie jeweils andere Kompetenzen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten. Außerdem sind die Folgen, die sich aus einer falschen Stellenbesetzung ergeben, andere, wenn es sich bei der Stelle um einen Maschinenbeschicker, eine Lagerarbeiterin, eine medizinische Assistentin, einen Key Accounter oder um eine neue Bereichsleiterin oder eine Geschäftsführerin für eine Niederlassung handelt.

Die Menschen sind auch nicht nur Funktionsträger, die wie Maschinen trainierte Aufgaben in gleichbleibender Qualität erfüllen. Viele Positionen haben nicht nur fachliche Seiten; der neue Bereichsleiter muss auch das Vertrauen seines Teams erringen. Und wenn Sie auf der Suche nach einer Geschäftsführerin für Ihre neue Niederlassung sind oder gar an Ihre Nachfolge denken, wird es gänzlich schwierig, die dafür notwendigen Kompetenzen zu prüfen und zu bewerten.

Instrumente für die Personalauswahl

Eignungstest und Fachwissenstest

Wenn es um die Prüfung der Expertise eines Anwärters oder einer Bewerberin geht, kann man sich getrost auf verschiedene Tests verlassen. Damit lässt sich klären: Liegen die gewünschten Kenntnisse vor oder nicht? Von einfachen Stichprobenfragen bis zu ausgefeilten Eignungstests kann geprüft werden, ob abrufbares Wissen vorhanden ist oder nicht. Haben die Bewerberinnen und die Bewerber die behaupteten Fertigkeiten oder nicht? Kann der junge Gärtner die Pflanzen auseinanderhalten und richtig vermehren, kann die junge IT-Absolventin wirklich das Programm schreiben oder nicht? Arbeitsproben sind die Nagelproben.

Interview

Dennoch ist in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), aber auch in Großunternehmen (GU) das unstrukturierte Interview das Mittel der Wahl, wenn es um die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern geht. Es ist das am häufigsten eingesetzte Instrument für die Personalauswahl. Manche Unternehmen nutzen für eine bessere Vergleichbarkeit das strukturierte Interview. Allen Bewerberinnen und Bewerbern werden die gleichen Fragen gestellt, und die Antworten werden systematisch erfasst.

Probearbeit

Manchmal gibt es die Möglichkeit, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber einige Tage zur Probe im Unternehmen arbeiten. Das verschafft nicht nur der Führungskraft ein gutes Bild davon, was die Person kann und was sie nicht kann. Auch die Kolleginnen und Kollegen können sich ein Bild davon machen, ob der oder die Neue ins Team passt. Und die Bewerberin und der Bewerber können ebenfalls prüfen, ob das Unternehmen, das Team und die Stelle zu ihren Erwartungen passt.

Assessment-Center

Assessment-Center gelten als valide eignungsdiagnostische Instrumente für das Personalmanagement. Sie dienen der Einschätzung und Beurteilung von Personen in Bezug auf ihre bestehenden Expertisen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen sowie auf ihre Kompetenzen, sich diese in Zukunft anzueignen (Potenziale). Sie beinhalten deshalb Elemente der Diagnose und der Prognose.

Man unterscheidet Auswahl- und Entwicklungs-Assessment-Center. Die Vorhersagegenauigkeit (prognostische Validität) ist höher als bei anderen Instrumenten wie Interviews oder Analyse von Bewerbungsunterlagen.

Entscheidende Kriterien zur Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten

Was hinsichtlich des Interviews wie ein Mangel klingt, hat aber seine guten Gründe. Es geht eben nicht nur um die Expertise, sondern auch um die Kompetenz einer Person, die sich für eine Stelle bewirbt. Kompetenz aber lässt sich mit standardisierten Tests sehr viel schwerer prüfen. Dabei sei mit Kompetenz das Potenzial gemeint, bisher nicht vorhandenes Wissen zu erwerben und bisher nicht geübte Fertigkeiten anzueignen. Und darüber hinaus geht es nicht einmal nur um Expertise und Kompetenz, sondern auch um die Einschätzung, ob der Bewerber oder die Bewerberin in das Arbeitsteam passen, ob sie zu der – oft nicht einmal ausgesprochenen – Kultur des Unternehmens passen, ob er oder sie Ihren Vertrauensvorschuss haben.

Für jede, aber wirklich jede Beurteilung einer Person gilt: Prüfen Sie die zur Wahl stehende Person hinsichtlich der folgenden fünf Kriterien!

  • notwendige Expertise vorhanden in Bezug auf Fachwissen und Fertigkeiten
  • notwendige Kompetenz vorhanden in Bezug auf die Fähigkeit und die Motivation, sich neues Fachwissen und neue Fertigkeiten anzueignen
  • passt zum Arbeitsteam
  • passt zur Kultur des Unternehmens
  • hat Ihr Vertrauen

Für diese fünf Eignungskriterien wird es auch in absehbarer Zeit keinen mathematischen Algorithmus geben. Deshalb haben selbst die unstrukturierten Interviews ihre Berechtigung. Zumal in Kleinunternehmen eine Kultur vorherrscht: Man passt ins Unternehmen und bleibt, oder man passt nicht und geht schnell wieder.

Methodenmix bei der Personalbeurteilung und Personalauswahl

Bei einer weniger anspruchsvollen Stelle sind die Kosten der Einstellung und der Einweisung meistens niedrig. Für diese Fälle sind auch die Kosten der Personalauswahl durch ein unstrukturiertes Interview unschlagbar niedrig, was die möglicherweise hohe Fehlentscheidungsrate etwas in den Hintergrund drängt. Im Grunde handelt es sich in diesen einfachen Fällen mit einem unstrukturierten Interview um ein Verfahren nicht weit weg von Versuch und Irrtum.

Wenn Sie Ihre Erfolgsrate bei der Personalbeurteilung allerdings steigern wollen, müssen sie umfangreiche Eignungstests durchführen. Bauchgefühl und Zufallsergebnisse reichen nicht mehr aus. Genauso ist es, wenn ein Niederlassungsleiter für das Firmengeschäft in China gesucht wird oder wenn das Entwicklerteam durch einen besonders kreativen Kopf verstärkt werden soll. Dann müssen an Stelle des einfachen, unstrukturierten Interviews oder lockeren Gesprächs ausgeklügelte und passende Eignungstests und andere Auswahlverfahren treten.

Praxis

Bisherige Vorgehensweise bei der Personalauswahl überprüfen

Klären Sie:

  • Wie werden Kandidatinnen und Kandidaten für offene Stellen in Ihrem Unternehmen beurteilt und ausgewählt?
  • Welche Instrumente der Personalauswahl werden dabei eingesetzt?
  • In welchem Umfang werden diese Instrumente eingesetzt?
  • Welche Erfahrungen haben die Experten aus Ihrer Personalabteilung mit diesen Instrumenten?
  • Welche Erfahrungen haben Ihre Führungskräfte aus den Fachabteilungen, in denen die freie Stelle zu besetzen ist, mit diesen Instrumenten?
  • Wie hilfreich waren diese Instrumente in den vergangenen Jahren, um die richtige Person für die freie Stelle auszuwählen?
  • Wie hoch war die Trefferrate; gemessen an der Einschätzung: heute noch mit der Auswahl zufrieden?

Stellen Sie mithilfe der folgenden Vorlage zusammen, welche Instrumente für die Personalauswahl Sie in Ihrem Unternehmen einsetzen und welche Erfahrungen und Erfolge Sie damit gesammelt haben. Zur Auswahl stehen insbesondere:

  • unstrukturiertes Interview
  • strukturiertes Interview
  • Arbeitsprobe
  • Assessment-Center
  • Fachwissenstest
  • Eignungstest

Die wichtigen Bewertungs- und Auswahlkriterien für Personalentscheidungen beachten

Klären Sie, inwieweit Sie mit diesen Instrumenten die folgenden zentralen Kriterien zur Bewertung von Bewerberinnen und Bewerbern prüfen und Erkenntnisse dazu erhalten. Halten Sie Ihre Einschätzungen in der folgenden Vorlage fest.

  • notwendige Expertise vorhanden in Bezug auf Fachwissen und Fertigkeiten
  • notwendige Kompetenz vorhanden in Bezug auf die Fähigkeit und die Motivation, sich neues Fachwissen und neue Fertigkeiten anzueignen
  • passt zum Arbeitsteam
  • passt zur Kultur des Unternehmens
  • hat Ihr Vertrauen

Bevor Sie den Prozess der Kandidatenauswahl planen und gestalten, sollten Sie die Ziele und Zwecke genau klären, die Sie damit verfolgen. Welche Fragen Sie dazu beantworten müssen und was Sie tun sollten, wird im nächsten Abschnitt erläutert.

Dazu im Management-Handbuch

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