ProjektprozesseMit Projektprozessen den Ablauf von Projekten standardisieren

Mit der Fokussierung auf Projektprozesse innerhalb des Projektmanagements können Sie eine einheitliche Struktur und Systematik in die Initiierung, Planung, Steuerung und Abwicklung von Projekten bringen. Denn wie beim Prozessmanagement werden viele Arbeitsschritte in Projekten mehrfach durchlaufen und können deshalb standardisiert werden.

Was Projekte und Prozesse miteinander zu tun haben

Projekte sind temporäre Organisationsformen, die im Auftrag eines Projektkunden Aufgaben mit besonderen Merkmalen bewältigen. Zu den besonderen Merkmalen gehören üblicherweise die Komplexität, die Neuartigkeit der Aufgabe und damit einhergehend auch Risiken. Ein Beispiel für ein Projekt ist die Entwicklung einer Softwareanwendung.

Prozesse hingegen sind permanente Organisationsformen, die die Erfüllung von Kundenversprechen sicherstellen, zum Beispiel die Auftragsbearbeitung. Solche Aufgaben sind weitgehend bekannt, beherrscht und wiederkehrend.

Beiden Organisationsformen ist gemeinsam, dass basierend auf einer Anforderung oder einem Auftrag ein Ziel zu erreichen ist, das für den Kunden einen Mehrwert bildet. Hierbei wird eine Folge von Arbeitsschritten durchlaufen, um das Ergebnis zu erreichen. Ein solcher immer wiederkehrender Ablauf in einem Projekt ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Arbeitsschritte und Projektprozesse in einem Projekt

Abläufe im Projektmanagement lassen sich standardisieren

Beim Prozessmanagement werden die Arbeitsschritte mehrfach durchlaufen, beim Projekt einmal. Aber auch bei Projekten gibt es Arbeitsschritte, die entweder innerhalb eines Projektes oder mit jedem Projekt wiederkehren, zum Beispiel die Aufnahme von Kundenanforderungen. Daher können Projekte auch in Teilprozesse und Prozesse gegliedert werden. Das sind die Projektprozesse.

Typische Projektprozesse, die in (fast) allen Projekten eines Unternehmens, durchlaufen werden, lassen sich wie im Prozessmanagement standardisieren. In diesen Prozessen fallen immer wieder die gleichen Aufgaben und Tätigkeiten an, die sich für das Projekt wie ein Prozess beschreiben und visualisieren lassen.

Stichwort

DIN 69901-2 Projektprozesse

Im zweiten Teil der Norm zum Projektmanagement, der DIN 69901-2:2009-01, geht es um Prozesse und Prozessmodelle. In der Norm sind alle Prozesse dargestellt und erläutert, die für ein Projekt relevant sein können. Sie reichen vom Teilprozess „Freigabe erteilen“ bis zum Teilprozess „Verträge beenden“. Die 59 einzelnen Teilprozesse sind nach unterschiedlichen Phasen gegliedert: Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und Abschluss.

Unterschiedliche Prozessarten im Projekt

Somit kann ein Projekt als ein Leistungserstellungsprozess, der einen Geschäftsprozess im Unternehmen darstellt, betrachtet werden. Hierbei sind drei Prozessarten bedeutsam:

Projektprozesse

Der Projektprozess ist der Prozess, der unmittelbar die Erzielung der Projektergebnisse bewirkt.

Projektmanagement-Prozesse

Der Projektmanagement-Prozess sichert die nötige Umgebung für das Erreichen der Projektziele und umfasst die Planung, Überwachung und Steuerung der Projektprozesse sowie die Projektkoordination und das Projektmarketing.

Produktentwicklungsprozesse

Der Produktentwicklungsprozess beschreibt die Arbeitsabläufe von der Idee für ein neues Produkt bis zu dessen Fertigstellung. Im Rahmen eines IT-Projektes kann dies zum Beispiel die Entwicklung einer neuen Software sein oder die Herstellung eines neuen Steuergerätes für Fahrzeuge.

Diese drei Prozessarten im Projektmanagement sind miteinander verknüpft. Abbildung 2 zeigt, welche Schritte und Aufgaben für Projektprozesse (der typische Ablauf von Projekten), Produktentwicklungsprozesse und Planungsprozesse jeweils typisch sind.

Abbildung 2: Projektprozesse, Projektmanagement-Prozesse und Produktentwicklungsprozesse

Der gesamte Leistungserstellungsprozess im Projekt kann in Teilprozesse und Teilschritte strukturiert werden. Die Teilprozesse und Teilschritte sind von Projekt zu Projekt wiederkehrend und können zum Teil auch innerhalb eines Projektes mehrfach, zum Beispiel iterativ, durchlaufen werden. Jeder Teilprozess verfügt wie der Gesamtprozess über Eingaben, die im Prozessverlauf zu einem Teilergebnis führen. Zum Beispiel ist das Ergebnis des Teilprozesses „Aufnahme der Anforderungen“ das Lastenheft. 

Visualisierung der typischen Projektprozesse

In diesem Kapitel des Management-Handbuchs sind für Projekte beispielhaft alle relevanten idealtypischen Prozesse, Teilprozesse und Prozessschritte grafisch dargestellt. Auch die im jeweiligen Teilprozess zu beachtenden Aufgaben, die notwendigen Fähigkeiten und das erforderliche Wissen sind aufgeführt.

Die grafische Darstellung der Prozessschritte macht deutlich, welche Prozessschritte im Projektverlauf einmal oder mehrfach zu durchlaufen sind. Die grafische Darstellung zeigt auch, welche Prozessschritte parallel oder in einer definierten sachlogischen Reihenfolge zu bearbeiten sind. Bei manchen Prozessen, die mehrfach zu durchlaufen sind, kann die Art der auszuführenden Tätigkeiten differieren. Zum Beispiel sollte der Führungsstil in der Phase der Projektklärung und Anforderungsdefinition kooperativ sein. Hingegen kann während der Projektdurchführung gegebenenfalls die Notwendigkeit einer engeren Führung bestehen.

Die in diesem Kapitel dargestellten Prozesse dienen hierbei als idealtypische Darstellung der Prozessschritte eines Projektes. Diese idealtypischen Projektprozesse können Sie für spezielle Projekte oder Projektstandards flexibel anpassen. Dafür sind als Anlage die Visio-Dateien für die Projektprozesse beigefügt.

Beschreibung der Prozessdarstellung und Symbole

Bei den nachfolgend dargestellten Prozessen werden EPK-Diagramme angewendet (EPK = Ereignisgesteuerte Prozessketten). Einem auslösenden Ereignis folgt eine Funktion, die wiederum ein oder mehrere Ereignisse als Ergebnis hat. Ereignisse und Funktionen können mit UND, ODER oder XOR (entweder-oder), den Konnektoren, verbunden sein.

Abbildung 3 zeigt die bei der Visualisierung der Projektprozesse genutzten Symbole.

Abbildung 3: Beschreibung der Prozess-Symbole

Prozesspfade wie in Abbildung 4 dargestellt, zeigen an, dass diese in Teilprozesse gegliedert werden können. Ereignisse, die dem jeweiligen Prozesspfad direkt vor- und nachgeordnet sind, sind Anfangs- und Endereignisse der jeweiligen Teilprozesse. 

Abbildung 4: Prozesspfade

Welche Teilprozesse ein Projekt hat

Jedes Projekt lässt sich in folgende vier Teilprozesse, wie in Abbildung 5 dargestellt, gliedern.

Abbildung 5: Teilprozesse eines Projekts

Jeder Teilprozess kann in weitere Prozesse und Prozessschritte gegliedert werden. Die Teilprozesse „Analyse und Definition“ und „Planung“ werden häufig auch als „Projektstartphase“ zusammengefasst.

Praxis

Prüfen Sie für Ihre bisherigen oder aktuell laufenden Projekte:

  • Welche Aufgaben und Tätigkeiten fallen mehrfach an?
  • Welche Abläufe sollten sicher und routiniert erfolgen?
  • Bei welchen Arbeitsschritten gehen Sie nach festgelegten und allgemein gültigen Regeln vor?

Halten Sie fest, welche Aufgaben, Abläufe oder (Teil-) Arbeitspakete Sie in Ihrem Projekt standardisieren, optimieren oder vereinfachen können.

In den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels werden solche Projektprozesse genauer erläutert, die für das Projektmanagement standardisiert werden können, weil sie in (fast) allen Projekten nach einem mehr oder weniger gleichen Schema ablaufen. Sie erhalten dafür:

  • im ersten Teil des Abschnitts eine Beschreibung des Projektprozesses, die Sie für Ihr Projektmanagement-Handbuch und die Beschreibung Ihrer Projektprozesse übernehmen können
  • im Praxisteil grafische Ablaufpläne für die einzelnen Teilprozesse und ihre Aufgaben
  • eine Visio-Datei mit allen Ablaufplänen im Format Microsoft Visio
  • eine Word-Vorlage, in der die Aufgaben der Projektleitung, die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten sowie der Informationsbedarf und das notwendige Wissen aufgezählt sind

Dazu im Management-Handbuch

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