KundenbindungDurch mehr Kundenorientierung Kunden begeistern

Was wünschen sich Kundinnen und Kunden? Welche Dinge sollten Unternehmen neben hochwertigen Produkten noch bieten? Und wie schätzen Sie den aktuellen Grad Ihrer Kundenorientierung richtig ein? Mit Beispielen zur Veranschaulichung echter Kundenwertschätzung.

Was schätzen Kundinnen und Kunden?

Dienstleistungen sind aus Kundensicht vielfach austauschbar. Doch die Menschen, die diese Leistungen erbringen, sind es nicht! Sie machen den Unterschied, machen Leistung und Service erlebbar. Menschen vertrauen Menschen – daher liegt hier ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg.

Aus Kundensicht müssen nicht nur die fachliche Qualität, sondern vor allem die weichen Faktoren stimmen. Eine positive Servicekultur und gelebte Wertschätzung des Kunden sind wertschöpfende Wettbewerbsvorteile. Sie sind von der Konkurrenz nur schwer kopierbar und machen oft einzigartig.

Deshalb ist die Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die psychologischen beziehungsweise neurowissenschaftlichen Antriebsfaktoren der Kunden eine der zentralen Unternehmens- und Marketingaufgaben der Zukunft. Wer sich und seine Leistung emotionalisiert, steigert seine Chancen.

Warum Kundenorientierung wichtig ist

Kundenorientierung betrifft alle Phasen der Leistungserbringung:

  • Informationsphase
  • Angebots(vor)phase
  • Auftragsdurchführung
  • Phase nach der Auftragsabwicklung

Alle Beschäftigten sind zugleich Botschafter des Unternehmens und haben insoweit eine Schlüsselfunktion für die Kundenzufriedenheit.

Zufriedene Kundinnen und Kunden kommen wieder, aber begeisterte Kunden verkaufen sogar für das Unternehmen, nämlich durch Weiterempfehlungen. Emotionale Loyalität der Kunden ist eine der stärksten Verbindungen, die Unternehmen aufbauen können. Jeder Mitarbeiter am Kundenkontaktpunkt hat es mit seinem sympathischen Auftreten in der Hand, ob er einen solchen Impuls beim Kunden setzt.

Unternehmen überschätzen sich

Die Praxis zeigt aber: Gerade kleinere und mittlere Unternehmen schätzen sich bezüglich der eigenen Kundenwertschätzung und Kundenorientierung weit besser ein als die Kunden selbst. Oft denken sie primär fachlich-qualitativ, das heißt: Wenn die Qualität stimmt, ist auch alles andere in Ordnung.

Im Zuge dessen holen sie zu wenig Feedback und echte Kundenmeinungen ein, rücken also eher die Leistung oder das Produkt statt den Kunden in den Fokus. Diese Überschätzung ist gefährlich, denn sie verhindert Aktivität, so dass Potenziale nicht genutzt werden. Unternehmen hingegen, die sich für die konsequente Kundensicht öffnen, profitieren.

Kunden suchen das gute Gefühl

Menschen sind auf der Suche nach guten Gefühlen. Das gilt auch für Kunden. Wertschätzung und Achtsamkeit für die Bedürfnisse des Kunden sind eine Basis für Begeisterung. Das Belohnungssystem im Gehirn reagiert besonders auf positive Überraschungen und zwischenmenschliche Gesten und Signale. Jeder Berührungspunkt mit dem Kunden kann solche guten Gefühle schaffen.

Bedürfnis nach Bindung

Menschen haben das Bedürfnis nach Bindung, zum Beispiel zu einer Bezugsperson. Leistungserbringer können solche Bezugspersonen sein, denn Kunden wenden sich vertrauensvoll an sie, wenn sie ein Problem haben. Sie geben insoweit einen Vertrauensvorschuss. Um Vertrauen aufzubauen, sind solche Bezugspersonen wichtig, etwa ein zentraler Ansprechpartner oder auch ein Key Account Manager. In besonderem Maße gilt dies für Neukunden in der Anfangsphase.

Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle

Menschen haben zudem das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle. Wenn etwa eine Situation aufgrund fehlendem Überblick nicht eingeschätzt werden kann, ist die Wahrscheinlichkeit einer Stressreaktion hoch. Negative Erfahrungen dieser Art beeinflussen die zukünftige Beziehung negativ. Einfache Abhilfe schafft zum Beispiel Transparenz über den Ablauf der zu erbringenden Leistung und das gemeinsame Gespräch:

  • Was muss der Kunde vorbereiten?
  • Wann erhält er welche Unterlagen?
  • Um was muss er sich kümmern und um was nicht?
  • Wie ist der Ablauf der Leistungserbringung?
  • Wie erfolgt die Abnahme?

Lustgewinn und Unlustvermeidung

Menschen streben nach Lustgewinn und Unlustvermeidung. Auch ein Kunde möchte Angenehmes erleben und Unangenehmes vermeiden. Fühlt er sich und seine Belange nicht wertgeschätzt – etwa durch einen fehlenden Rückruf oder das Wecken unrealistischer Erwartungen –, besetzt er den Leistungserbringer negativ. Dies belastet zukünftige Beziehungen.

Ein Kunde hingegen, der positiv überrascht wird – etwa durch eine schnellere oder preiswertere Leistung oder einen unerwarteten Wartungsservice – erfährt einen Lustgewinn. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er wiederkehrt.

Beispiele für Kundenorientierung und Kundenwertschätzung

Bei Kunden, die negative Erfahrungen gemacht haben, wird das neuronale Belohnungssystem nicht aktiviert. Also suchen sie nach Ersatz. Diesen finden sie oft in der sogenannten altruistischen Bestrafung, das heißt, sie verschaffen sich ihre Belohnung, indem sie den Leistungserbringer aus ihrer Sicht bestrafen.

Mögliche Folgen: Sie bezahlen spät, erteilen keinen Folgeauftrag oder erzählen die negativen Erfahrungen weiter. Insoweit gibt es externe Kontaktpunkte zukünftiger Kunden, beispielsweise in Bewertungsportalen, die durch die erlebte Wertschätzung aktueller Kunden in den internen Prozessen geprägt werden.

Es sind die einfachen und kleinen Dinge, in denen die größte Wirkung liegt, bei jedem Kundenberührungspunkt. Auch wenn sie vielen noch so trivial erscheinen und daher nicht systematisch angegangen werden.

Beispiele für Kundenwertschätzung:

  • Freundlichkeit, Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit
  • Zeigen, dass der Kunde willkommen ist
  • Höflichkeit und Pünktlichkeit (auch Anruf bei Verspätung)
  • Grüßen, bitte und danke sagen
  • Schnelle Reaktionszeiten und kurze Wartezeiten
  • Einfühlungsvermögen, Zuhören können, Kunden ernst nehmen
  • Gepflegtes Erscheinungsbild (zum Beispiel Kleidung, Arbeitsmittel, Fahrzeuge, Unterlagen)
  • Sauberkeit und Ambiente des erlebbaren Umfelds (zum Beispiel Empfang, Warteräume, Toiletten, Büros), die Rückschlüsse auf die fachliche Qualität des Leistungserbringers zulassen
  • Kompetenzen im konstruktiven Umgang mit Beschwerden und Reklamationen
  • Flexibilität bei Sonderwünschen

Ein wichtiger Teil der gelebten Kundenwertschätzung ist auch die Rücksichtnahme auf folgende Dinge:

  • Persönliches Kundenumfeld: insbesondere bei Leistungen, die in den Räumen des Kunden erbracht werden
  • Seine Zeitsouveränität: zum Beispiel Dienstleistungsabende, Wochenendtermine, Terminwünsche
  • Vorlieben des (Stamm)kunden: auch Privates, das der Kunde erzählt, sollte behalten und gegebenenfalls danach gefragt werden.

Jeder Kunde hat andere Bedürfnisse. Es ist ein Ausdruck von Wertschätzung, sich dafür zu interessieren, denn daraus entsteht Nähe und daraus wiederum Vertrauen.

Leitfragen zur Kundenwertschätzung

Kundenwertschätzung fängt bereits beim Verhalten der Führungskräfte gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an. Die Beschäftigten sind die internen Kunden der Führungskräfte. Fehlende interne Kundenorientierung führt oft zu fehlender externer Kundenorientierung. Kundenwertschätzung beginnt also mit interner Wertschätzung und positiver Unternehmenskultur.

Die Führungskraft hat Vorbildfunktion. Ohne Wertschätzung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber leiden deren Motivation und Zufriedenheit. Wie sollen solche Beschäftigte also Kunden begeistern? Nachfolgende Leitfragen helfen beim Einstieg in das Thema:

Ist-Analyse

  • Welche Kundenkontaktpunkte gibt es in welcher Phase der internen Leistungsprozesse?
  • Welche Leistungen, Services oder Zustände, in denen Kundenwertschätzung oder Kundenorientierung zum Ausdruck kommen, werden hier jeweils angeboten oder erbracht?
  • Welche Ziele werden damit verfolgt (welchen Nutzen hat das Unternehmen)?
  • Was „erlebt“ der Kunde an diesen Punkten, welche Bedürfnisse hat er hier?
  • Welcher Kundennutzen wird befriedigt? Kundenkontaktpunkte sind „Erlebnispunkte“ für den Kunden; sie sollten ihn begeistern.
  • Wo gibt es gegebenenfalls noch nicht befriedigte oder adressierte Kundenbedürfnisse?
  • Welche positiven Kundenerlebnisse könnte man noch generieren?
  • Welchen Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken lassen sich hieraus ableiten?
  • Welche Sofortmaßnahmen könnten ergriffen werden?

Betrachten Sie die Kundenkontaktpunkte beziehungsweise die Phasen der Leistungserstellung jeweils einzeln, idealerweise auch aus Sicht verschiedener Kundengruppen oder -typen.

Design/Konzeption

  • Mit welchen Ideen oder Services haben Sie oder Wettbewerber gute Erfahrungen gemacht?
  • Wann waren Sie selbst als Kunde anderer Unternehmen nicht zufrieden?
  • Was hätten Sie sich gewünscht?
  • Was kann vor diesem Hintergrund bei Ihnen ergänzt, ersetzt oder verändert werden?
  • Wenn Sie Kunde wären: Was müsste ein Anbieter tun oder bieten, um Ihren Kauf- beziehungsweise Beauftragungsimpuls zu aktivieren oder Sie zu begeistern?
  • Würden Sie bei sich selbst Kunde sein wollen?
  • Was würden Sie ändern oder verbessern?
  • Wie könnten Sie Ihre Stärken weiter stärken?
  • Wenn Sie die einzelnen Abläufe mit der Kundenbrille durchgehen: Welche Erwartungen hätten Sie jeweils als Kunde, was könnte Sie begeistern, was möchten Sie „erleben“?
  • Womit könnten Sie insbesondere Ihre Bestandskunden begeistern, damit sie sich nicht als Kunde zweiter Klasse fühlen?

Im Anschluss werden Maßnahmen abgeleitet und kriterienorientiert bewertet sowie priorisiert. Danach folgt die Umsetzung. Bei komplexeren Maßnahmen oder neu zu gestaltenden Prozessen bietet sich eine Prozessmodellierung der einzelnen Schritte aus Kundensicht an.

Zu einem solchen Ansatz gehört auch die rollierende Überprüfung, was die Kunden wirklich denken beziehungsweise wollen, etwa durch Kundenbefragungen. Diese bilden ihrerseits wieder Input für die Ist-Analyse.

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