Andon-Boards für die Prozesssteuerung mit KennzahlenWofür Andon-Boards eingesetzt werden

Ein Andon-Board zeigt die aktuelle Prozessleistung auf einer großen Tafel für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Damit werden Planabweichungen oder Störungen sofort sichtbar und das Team kann in den Prozessablauf eingreifen und besser steuern.

Was ist ein Andon-Board?

Andon-Boards sind ein Instrument für das visuelle Management. Es ist eine Schautafel oder Anzeigetafel, auf der aktuelle Kennzahlen zu einem Prozess abgebildet sind.

Manche Prozesse in einem Unternehmen müssen aktuell und kontinuierlich überwacht werden, um zu erkennen, ob sie so ablaufen, wie geplant. Störungen oder Abweichungen in diesen Prozessen können weitreichende Folgen haben. Deshalb ist es wichtig, dass so schnell wie möglich sichtbar wird, wenn etwas im Prozess nicht nach Plan läuft.

Dazu wird das Andon-Board als große Anzeigetafel vor Ort aufgehängt, also dort, wo der Prozess durchgeführt und gesteuert wird. Sie sind vergleichbar mit Anzeigetafeln, wie sie in der chemischen oder der Prozess-Industrie bekannt sind.

Das Andon-Board ist so angebracht, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Prozess diese Schautafel jederzeit sehen können. So erkennen alle auf einen Blick, wie der Prozess abläuft und was er leistet.

Das Andon-Board wurde von Toyota in den 1960er-Jahren eingeführt und ist ein Teil des Jidoka-Prinzips aus dem Toyota-Produktionssystem und der Lean Production oder Lean-Management-Philosophie.

Wozu wird das Andon-Board eingesetzt?

Das Andon-Board soll allen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine einfache, aktuelle und schnelle Übersicht über die Leistung des Prozesses geben, für den sie verantwortlich oder in dem sie tätig sind. Die Leistung wird in Form von Kennzahlen ausgedrückt.

Damit die Übersicht einfach bleibt, werden nur die wichtigsten Kennzahlen dargestellt, die zeigen, wann ein Eingriff in den Prozess notwendig ist.

Meist geht es bei Andon-Boards nicht um technische Prozesskennzahlen, wie sie in der chemischen und Prozess-Industrie wichtig sind und in der zentralen Anlagensteuerung dargestellt sind (zum Beispiel Temperatur, Stoffzusammensetzung oder Druck). Vielmehr geht es um Aspekte wie

  • Wirtschaftlichkeit
  • Schnelligkeit
  • Zuverlässigkeit
  • Arbeitsschutz

Die dargestellten Kennzahlen sollten auch eine besondere Bedeutung für den Prozess und den Prozessoutput haben. Kennzahlen, die nicht kritisch sind oder immer im grünen Bereich liegen, brauchen nicht visualisiert zu werden. Entscheidend sind solche Kennzahlen, für die es immer wieder Soll-Ist-Abweichungen gibt, die zeigen, wenn schwerwiegende (teure) Folgen drohen, oder die Störungen anzeigen.

Die Prozesskennzahlen auf Andon-Boards können sich dementsprechend auf folgende Aspekte beziehen:

Produktivität

Die Produktivität eines Prozesses kann gemessen werden als produzierte Stückzahl (Output) pro Zeit. Oder als Zeit, die es braucht, um ein Stück eines Produkts herzustellen.

Qualität

Mit Kennzahlen zur Qualität des Prozesses wird dargestellt, ob die hergestellten Produkte (Output) den qualitätsbezogenen Vorgaben entsprechen. Meist erfolgt dies als Anzahl oder Anteil der nichtkonformen Produkte am Ende des Prozesses (Fehlerrate).

Auslastung

Mit Kennzahlen zur Auslastung wird dargestellt, in welchem Maße die verfügbaren Ressourcen und Kapazitäten genutzt werden. Die Auslastung wird meist in Prozent der maximal verfügbaren Kapazität dargestellt.

Kapazität oder Bestand

Die verfügbare Kapazität oder der Bestand an Material und anderen Ressourcen wird in Bezug auf die einzelnen Produktionsfaktoren (Input des Prozesses) dargestellt. Zum Beispiel: verfügbare Mitarbeiter, Lagerbestand, Anzahl einsatzfähiger Maschinen oder Fahrzeuge etc.

Sicherheit oder Störungen

Im Prozess kann es zu Gefahrensituationen oder Unfällen kommen. Die Zahl solcher Ereignisse zeigt, wie sehr die Betroffenen und die Verantwortlichen auf die Sicherheit achten. Entsprechend können auch andere Störungen oder Ereignisse verfolgt werden, wenn diese zu Prozessunterbrechungen oder anderen Folgewirkungen führen können. Beispiele sind defekte Maschinen, fehlerhaftes Rohmaterial oder Rechnerabsturz.

OEE oder GAE als typische Andon-Kennzahlen

Die Overall Equipment Effectiveness (OEE) oder auch Gesamtanlageneffektivität (GAE) ist eine Kennzahl, die oft für die Leistungsmessung eines Prozesses genutzt wird. Deshalb taucht sie auch oft auf einem Andon-Board auf. In dieser Kennzahl sind drei Leistungskennzahlen zusammengefasst:

  • Anlagenverfügbarkeit (AV)
  • Leistungsgrad (LG)
  • Qualitätsrate (QR)

Die OEE berechnet sich aus: OEE = AV × LG × QR

Welche Messwerte in die drei Leistungsindikatoren eingehen und wie genau die OEE berechnet wird, erfahren Sie in diesem Beispiel zur Berechnung der OEE.

Wo Andon-Boards aufgestellt werden

Ein wichtiges Merkmal von Andon-Boards ist, dass es alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Prozess eingebunden sind, jederzeit sehen können. Die Anzeige ist deshalb an einem zentralen Ort angebracht, den alle sehen oder den alle leicht und regelmäßig erreichen.

In der Produktionshalle eines Unternehmens sind die Andon-Boards oft große elektronische Schautafeln, die an der Decke angebracht sind, wie das folgende Beispiel zeigt.

© MicroSYST Systemelectronic GmbH
Beispiel für ein Andon-Board in der Produktion
Quelle: MicroSYST Systemelectronic GmbH, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

In anderen Bereichen wie in Großraumbüros oder Call-Centern können große PC-Bildschirme in der Kaffee-Ecke oder in Besprechungsinseln aufgestellt sein und die Funktion von Andon-Boards übernehmen. Allgemeine Unternehmenskennzahlen werden in einigen Unternehmen auch im Eingangsbereich oder beim Besucherempfang auf Schautafeln abgebildet.

Hinweis

Andon-Board und Mitbestimmungspflicht

Die Einführung von Andon-Boards kann mitbestimmungspflichtig sein. Der Betriebsrat muss in die Entscheidung eingebunden werden und darf mitbestimmen.

Grundlage dafür ist das Betriebsverfassungsgesetz, § 87 BetrVG Absatz 1. Denn Punkt 6 betrifft die: „Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.“

Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, welche Kennzahlen auf dem Andon-Board angezeigt werden und inwiefern diese die Leistung eines einzelnen Mitarbeiters messen und sichtbar machen. Sie sollten im Einzelfall gemeinsam mit dem Betriebsrat klären, inwiefern Ihr Andon-Board mitbestimmungspflichtig ist.

Störungen direkt an Betroffene melden

Bei kritischen Prozessen nutzen manche Unternehmen auch SMS-, Telefon- oder App-Alarmierungen, wenn eine Kennzahl aus dem Ruder läuft. Diese können an eine Smartwatch weitergeleitet werden. Damit ist sichergestellt, dass Störungen oder Probleme direkt an die richtige Person gemeldet und dort Maßnahmen ergriffen werden.

Welche Ziele verfolgt man mit Andon-Boards?

Wenn die Andon-Boards für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichtbar sind und die aktuellen und wichtigen Kennzahlen darstellen, kann das Team jederzeit und schnell erkennen, ob es seine Ziele erreicht. Denn:

  • Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen, was aktuell als Ziel erreicht werden soll oder was geplant ist.
  • Bei Planabweichungen oder Störungen wird dies sofort, ohne Zeitverzug sichtbar.
  • Dadurch können die Betroffenen eingreifen und die Ursachen suchen und beseitigen.
  • So werden negative Folgen vermieden.

Störungen und Probleme werden also schnell erkannt und können direkt vor Ort beseitigt werden. Die Betroffenen können selbst in den Prozess eingreifen und ihn steuern – ohne großen Zeitverzug. Das Team steuert sich selbst und bleibt immer auf Kurs.

Zeitnahe Prozesssteuerung mit Andon-Boards

Das Andon-Board zeigt an, an welchen Stellen und mit welchen Eingriffen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Prozess steuern und den Prozessablauf ändern können. Was genau sie jeweils tun, hängt von den Ereignissen ab, die der Messung und der Kennzahl auf dem Andon-Board zugrunde liegen.

Beispiele für Prozesssteuerungen sind:

  • Technische Parameter eines Prozesses anpassen; zum Beispiel Bearbeitungsgeschwindigkeiten einer Maschine, wenn Qualitätsmängel auftreten
  • Kapazitäten erhöhen; zum Beispiel durch Überstunden oder Zuschaltung weiterer Maschinen
  • Material bestellen; zum Beispiel, wenn Teile im Bereitstelllager einen Mindestbestand unterschreiten
  • Kunden oder nachgelagerte Prozesse informieren, wenn das Prozessergebnis (Output) nicht zum versprochenen Termin geliefert werden kann; neue Terminziele werden dann vereinbart
  • Prozess unterbrechen und Störungen oder Fehler beseitigen; zum Beispiel bei Qualitätsabweichungen oder Fehlern

Das Toyota-Produktionssystem nutzt für die schnelle Prozessunterbrechung die sogenannte Andon-Cord.

Andon-Cord für den Eingriff in den Prozessablauf

Manche Unternehmen verbinden ihr Andon-Board mit einer Andon-Cord. Das ist eine Leine, an der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ziehen, um ihren Prozess zu stoppen. In einer Montagehalle bedeutet das Betätigen der Andon-Cord, dass die Montagelinie stoppt.

Das passiert unter anderem dann, wenn eine Kennzahl auf dem Andon-Board signalisiert, dass ein schwerwiegendes Problem aufgetaucht ist, das beseitigt werden muss, bevor der Prozess und die Arbeit fortgeführt werden. Deshalb machen sich die Betroffenen oder Experten sofort nach dem Ziehen der Andon-Cord auf die Suche nach der Problemursache und beseitigen diese.

Praxis

Prozesse für den Einsatz von Andon-Boards festlegen

Klären Sie im Rahmen des Prozessmanagements, welche Prozesse genau überwacht und permanent gesteuert werden müssen. Erstellen Sie eine Liste der wichtigen, wertschöpfenden Prozesse in Ihrem Unternehmen. Klären Sie dann:

  • Was sind die einzelnen Prozessschritte?
  • Welchen Output erzeugt der Prozess?
  • Welchen Input benötigt der Prozess?
  • Wodurch wird die Leistung des Prozesses beschrieben: Output pro Input?

Leiten Sie daraus ab, welche Kennzahlen geeignet sind, um

  • die Leistung im Prozess zu beschreiben
  • Probleme oder Störungen zu erkennen
  • Stellhebel zur Steuerung sichtbar zu machen

Definieren Sie diese Kennzahlen und legen Sie fest, wie sie im Einzelnen gemessen werden. Nutzen Sie dafür die folgenden Vorlagen. Definieren Sie zunächst den Prozess mithilfe des SIPOC-Modells. Legen Sie dabei die Anforderungen an den Prozess fest.

Daraus leiten sich die Kennzahlen ab, die für die Messung der Prozessleistung wichtig sind. Diese können Sie in der folgenden Vorlage festhalten.

Wenn Sie Kennzahlen zur Gesamtanlageneffektivität (GAE oder OEE) auf Ihrem Andon-Board darstellen wollen, können Sie die dafür wichtigen Kennzahlen mit der folgenden Vorlage herleiten und berechnen. Sie zeigt, welche Parameter in welcher Form in die Berechnung der OEE-Kennzahl eingehen.

Dazu im Management-Handbuch

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