Kapitel 138: Berufliche Fortbildung und WeiterbildungFortbildung und Weiterbildung vorbereiten und nachbereiten

Vor der Teilnahme an einer Fortbildung oder Weiterbildung sollte der teilnehmende Mitarbeiter überprüfbare Ziele bezüglich der Bildungsmaßnahme aufstellen. Auch nach der Bildungsmaßnahme muss der Mitarbeiter etwas dafür tun, um das Gelernte nicht innerhalb kürzester Zeit wieder zu verlernen. Ob sich die Investition gelohnt hat, misst die Personalentwicklung mit dem Bildungscontrolling.

Wie eine Weiterbildung vorbereitet wird

Der an der Bildungsmaßnahme teilnehmende Mitarbeiter legt die Ziele für sich selbst fest. Denn nur so kann er am Ende überprüfen, ob er seine Ziele erreicht und ihm die Veranstaltung etwas gebracht hat. Diese Fragen helfen dabei, Bildungsziele festzulegen:

  • Was soll nach der Fortbildung besser beherrscht werden?
  • Welches Fachwissen, welche Kompetenzen sollen erworben werden?
  • Welche Verbesserungen können erreicht werden?
  • Welche individuellen Fragen sollen beantwortet werden?
  • Was versprechen sich der Vorgesetzte, die Kollegen oder das Unternehmen insgesamt von der Weiterbildung?

Werden keine Ziele formuliert, besteht die Gefahr, dass der Mitarbeiter in der Fortbildung wenig aktiv ist und er seine individuellen Fragen oder Probleme nicht anspricht. Er lässt sich berieseln und verlässt die Veranstaltung entweder mit wenig neuem Wissen oder mit solchem, das er in seiner praktischen Arbeit nicht benötigt und auch nicht anwenden kann. Zur Vorbereitung gehört außerdem:

  • Sich vor der Bildungsmaßnahme mit dem Inhalt vertraut machen, zum Beispiel durch Studieren des Kurs-Skripts.
  • Ein Profil anlegen: „Das kann ich, das will ich lernen“.
  • Vorgesetzte und Kollegen fragen: Was soll ich mitbringen?
  • Der Bildungsmaßnahme positiv gegenüberstehen.

Wie eine Weiterbildung nachbereitet wird

Nach einer Weiterbildungsmaßnahme muss der Mitarbeiter etwas dafür tun, um das Gelernte nicht innerhalb kürzester Zeit wieder zu verlernen. Zur Nachbereitung gehört:

  • Bewertung durch den Teilnehmer
  • Das Wichtigste selbst zusammenfassen
  • Lerntagebuch führen
  • Überprüfung der Zielerreichung: Was habe ich erfahren? Was habe ich gelernt? Was habe ich ausprobiert? Was habe ich erreicht? Was fehlt noch?
  • Barrieren für die Umsetzung ansprechen und gegebenenfalls abbauen
  • Umsetzung im Alltag mit Vorgesetzten und Kollegen abstimmen
  • Ganz wichtig: Sofort mit der Anwendung des Inhalts beginnen, um am Ball zu bleiben (72-Stunden-Regel)
  • Das Gelernte wiederholen, denn Lernen erfolgt durch Wiederholung
  • Mehrmalige Überprüfung des Lernerfolgs durch den Vorgesetzten in zeitlichen Abständen
  • Reflexion, ob Arbeitsergebnisse verbessert oder neue Aufgaben bewältigt werden

Veränderungen einfordern

Führungskräfte sollten nach jedem Seminar, an dem ein Mitarbeiter teilgenommen hat, von diesem konkrete Veränderungen einfordern. Die zentrale Frage sollte immer lauten: Welche drei Dinge sollen im Arbeitsalltag des Mitarbeiters oder im Team verändert und verbessert werden? Die Führungskraft sollte den Mitarbeiter bei der Umsetzung unterstützen und ihm dabei die notwendige Zeit geben.

Nachgespräch führen

Das Gelernte wird in einem Nachgespräch mit dem direkten Vorgesetzten oder der Personalentwicklung verarbeitet. Folgende Fragen sollte der Mitarbeiter dabei beantworten:

  • Was haben Sie konkret gelernt?
  • Was war neu, besonders interessant oder für das Erreichen Ihrer Ziele hilfreich?
  • Inwiefern sind Ihre Erwartungen bezüglich des Lerninhalts eingetroffen?
  • Haben Sie etwas ganz anderes gelernt?
  • Wie möchten Sie das Erlernte im Arbeitsalltag einsetzen?
  • Wie möchten Sie dabei unterstützt werden?

Findet keine Nachbereitung statt, besteht die Gefahr, dass die Weiterbildung weder dem Mitarbeiter noch dem Unternehmen einen Vorteil gebracht hat.

Mit Bildungscontrolling den Erfolg der Weiterbildung messen

Wenn mit der Fort- und Weiterbildung Geld in den einzelnen Mitarbeiter investiert wird, wollen Unternehmen natürlich wissen: Hat sich diese Investition gelohnt?

Mit Bildungs- beziehungsweise Qualifizierungscontrolling-Konzepten versuchen Unternehmen die Wirkung von Weiterbildung zu messen. Diese Maßnahme beschränkt sich jedoch meist auf die Frage „Wurde die Maßnahme umgesetzt oder nicht?“ – ohne eine entsprechende Kosten-Nutzen-Rechnung aufzustellen. Das Bildungscontrolling soll dabei beantworten,

  • ob Bildungsmaßnahmen erfolgreich waren – verglichen mit dem ermittelten Bildungsbedarf und der Investition (Effektivität und Effizienz).
  • weshalb die Bildungsmaßnahme erfolgreich oder nicht erfolgreich war – ob es zum Beispiel am Trainer, an der Wahl der Maßnahme oder an den Teilnehmenden lag.
  • wie vorhandene Defizite behoben und Potenziale ausgebaut werden können.

In der Praxis planen und erfassen kleine und mittlere Unternehmen die Qualifikation der Mitarbeiter nicht systematisch. Denn die Erhebung und Auswertung von Daten ist sehr aufwendig. Große beziehungsweise internationale Unternehmen oder Konzerne dagegen können einen solchen Aufwand betreiben und haben dafür ein firmeneigenes System entwickelt.

Beispiel

Bildungscontrolling bei Henkel

Der Konzern für Wasch-, Kosmetik- und Haushaltsartikel startete im Jahr 2000 das Projekt „Mehr Wert Erfassen“. Das Ziel: Die Effizienz und den Mehrwert der Bildungsmaßnahme messen und es dadurch verbessern. Die Qualität der Fortbildung wird in einem automatisch ablaufenden Prozess bewertet. Dann werden neue und überarbeitete Kriterien für die Fortbildung erarbeitet. Bei der Planung werden die Unternehmensziele in Bildungsziele und in einem zweiten Schritt in einzelne Lernziele, zum Beispiel Tages- und Monatsplanungen oder Führungsmethoden aufgeteilt.

Das hauseigene System „Klick & Learn at Henkel“ unterstützt die Maßnahme. Es stellt unter anderem ein virtuelles Klassenzimmer bereit. Allen Mitarbeitern ist ein allgemeiner Bereich zugänglich, zu dem beispielsweise ein Infopool und Mentoring-Programme gehören. Auch spezielle Unterlagen, mit denen sich die Teilnehmer einer Bildungsmaßnahme vorab vorbereiten können, werden bereitgestellt. Nach den Seminaren werden die Erfahrungen der Teilnehmer elektronisch erfasst und ausgewertet.

Prozessschritte des Bildungscontrollings

Das Bildungscontrolling gliedert sich den Bildungsexperten Richard von Bardeleben und Hermann Herget zufolge in die Prozessschritte und Dimensionen, wie sie in Abbildung 3 dargestellt sind: 

© Richard von Bardeleben und Hermann Herget – business-wissen.de
Abbildung 3: Prozessschritte und Dimensionen des Bildungscontrollings

Das Bildungscontrolling schließt den gesamten Prozess von der Bedarfsanalyse bis zur Nutzenrechnung für das Unternehmen ein. Bei den einzelnen Controlling-Funktionen werden folgende Beurteilungskriterien und Methoden angewendet:

Bedarfs-Controlling/ Planungs-Controlling

Beim Bedarfs- oder Planungs-Controlling geht es um:

  • Aufgaben und Herausforderungen der Unternehmens
  • Mitarbeitergruppen
  • Stärken- und Schwächenprofile

Beurteilung und Methoden:

  • Diskrepanz der Anforderungsprofile mit den vorhandenen Qualifikationsprofilen
  • Abstimmung des Bildungsbedarfs mit den Unternehmensstrategien und Unternehmenszielen
  • Mitarbeitergespräche

Durchführungs-Controlling/ Qualitäts-Controlling

Im Mittelpunkt des Durchführungs- oder Qualitäts-Controllings stehen:

  • Trainer, Räumlichkeiten, Lehrmittel
  • Inhalte, Didaktik und Methodik der Fortbildung
  • Lernprozesse

Beurteilung und Methoden:

  • Testergebnisse
  • Evaluation durch Mitarbeiter
  • Folgemaßnahmen

Transfer-Controlling

Beim Transfer-Controlling geht es um Arbeitsergebnisse, für die folgende Beurteilungskriterien und Methoden angewendet werden:

Veränderungen bei:

  • Arbeitsproduktivität
  • Arbeitsabläufen
  • Produkten
  • Prozessqualität

Kosten-Controlling

Beim Kosten-Controlling werden die Kosten nach Art, Höhe, Maßnahme, Mitarbeitergruppe und Funktionsbereich mit folgenden Beurteilungskriterien und Methoden untersucht:

  • Budgetüberwachung
  • Benchmarking
  • Kennzahlen

Wirtschaftlichkeits-Controlling

Für das Wirtschaftlichkeits-Controlling wird ein Kostenvergleich verschiedener Weiterbildungsmaßnahmen nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip durchgeführt.

Erfolgs-Controlling oder Nutzen-Controlling

Für das Erfolgs- oder Nutzen-Controlling wird ein Vergleich der Investition in die Weiterbildung mit dem Unternehmenserfolg durchgeführt. Hierzu muss die Wirkung der Weiterbildung ermittelt und die Rentabilität der Investition (Return on Investment) gemessen werden.

Praxis

Seminarteilnahme richtig vorbereiten und nachbereiten

Wenn Sie als Mitarbeiter an einem Seminar teilnehmen, profitieren Sie mehr von dieser Investition, wenn Sie sich richtig vorbereiten und das Seminar auch nachbereiten. Denn: Wenn Sie an einem Seminar teilnehmen, sind Sie für die Inhalte des Seminars und für den Transfer des Erlernten in Ihre Praxis mit verantwortlich.

  • Notieren Sie zunächst, welches Seminar Sie besuchen werden.
  • Notieren Sie zur Vorbereitung Ihre Erwartung an die Umsetzung dessen, was Sie lernen werden.
  • Notieren Sie zur Nachbereitung, wie Sie das Gelernte umsetzen wollen.

Nutzen Sie für die Vor- und Nachbereitung Ihrer Weiterbildungsmaßnahme die Fragen und Hinweise in der folgenden Vorlage.

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