Kapitel 058: Portfoliotechnik und PortfolioanalyseBCG-Matrix als Portfoliodarstellung der Boston Consulting Group
Marktwachstum und Marktanteile in der BCG-Matrix vergleichen
Die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) hat in den 1970er-Jahren eine standardisierte und inzwischen weit verbreitete Portfoliotechnik für Geschäftsfeldstrategien und Produktstrategien entwickelt; die sogenannte BCG-Matrix als eine Variante der Portfoliodarstellung. Die BCG-Matrix macht sichtbar, welche Märkte attraktiv sind und ob das Unternehmen dafür die passenden Produkte und Geschäftsbereiche hat. Nach BCG ergibt sich der Unternehmenserfolg vor allem aus zwei Einflussfaktoren:
Wachstum des Marktes, in dem ein Unternehmen aktiv ist
Ein dynamischer, stark wachsender Markt verspricht zunächst mehr Chancen als stagnierende oder schrumpfende Märkte. Dabei muss das Marktwachstum vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sowie im Vergleich unterschiedlicher Märkte beurteilt werden. In einigen Branchen ist ein Marktwachstum von 5 Prozent hoch, in anderen eher niedrig. Deshalb ist es wichtig, den Markt und die Zielgruppen (Kunden) richtig einzugrenzen: Marktsegmente und Kundensegmente müssen für eine BCG-Matrix klar definiert werden.
Marktanteil, den ein Unternehmen in seinem Markt hat
Wer in seinem Markt Marktführer ist und damit den größten Marktanteil hat, kann diese Position strategisch zu seinem Vorteil nutzen. Er hat beispielsweise durch Skaleneffekte geringe Herstellkosten und eine größere Markenbekanntheit bei den (potenziellen) Kunden.
Der Marktanteil des Unternehmens drückt den Erfolg beim Kunden im Vergleich zum Wettbewerb aus. BCG hält dabei nur die Marktposition für langfristig erfolgreich, in der das Unternehmen Marktführer ist, also den größten Marktanteil aller Wettbewerber in diesem Markt hat. Deshalb wird in der BCG-Matrix der relative Marktanteil betrachtet.
Inwiefern diese Anforderung erfüllt werden kann, ist abhängig von der Abgrenzung des Marktes. Wer seinen Markt und sein Kundensegment eng genug definiert, kann dort eher Marktführer sein als in weit gefassten Märkten mit vielen Anbietern. Je enger der Markt zugeschnitten ist, desto kleiner dürfte er auch sein; das Marktvolumen ist entsprechend gering. Deshalb kann ein Unternehmen in einem Markt mit großem Marktvolumen auch an zweiter oder dritter Position erfolgreich sein.
So wird der relative Marktanteil für die BCG-Matrix berechnet
Der relative Marktanteil wird nach BCG folgendermaßen berechnet:
Relativer Marktanteil Ihres Unternehmens =
Marktanteil Ihres Unternehmens / Marktanteil des stärksten Konkurrenten
Ein relativer Marktanteil unter 1 besagt, dass das Unternehmen nicht Marktführer ist. Ein Marktanteil über 1 zeigt, dass das Unternehmen den höchsten Marktanteil in seinem Marktsegment hat und damit Marktführer ist.
Der Marktanteil eines Produkts wird bezogen auf den Umsatz berechnet mit:
Marktanteil Ihres Produkts (in Prozent) =
Umsatz des Unternehmens mit dem Produkt pro Jahr / Summe der Umsätze aller Unternehmen in diesem Markt mit vergleichbaren Produkten pro Jahr
So sieht die BCG-Matrix aus
Im Portfolio-Diagramm, das mit den Variablen Marktwachstum und relativer Marktanteil aufgespannt wird, werden dann die Geschäftsfelder oder Produktgruppen verortet – je nachdem, in welchen Teilmärkten das Unternehmen damit aktiv ist und welche Stellung es im Markt hat (gemessen am relativen Marktanteil). Die BCG-Matrix kann dann wie in Abbildung 7 als Portfolio-Diagramm dargestellt werden.
Question Marks, Stars, Cashcows und Poor Dogs
Mit der BCG-Matrix wird das Portfolio-Diagramm in vier Felder unterteilt. Dazu werden zum einen das Marktwachstum bezeichnet als
- hoch, obere Zeile: Marktwachstum pro Jahr in Prozent über einem branchenspezifischen Schwellenwert
- niedrig, untere Zeile: Marktwachstum pro Jahr in Prozent unter einem branchenspezifischen Schwellenwert
Zum anderen wird der relative Marktanteil unterschieden nach:
- kleiner 1, linke Spalte: ein Wettbewerber ist Marktführer
- größer 1, rechte Spalte: Ihr Unternehmen ist Marktführer
Die vier Felder erhalten dabei nach ihrer Bedeutung für das Unternehmen einprägsame Namen:
Fragezeichen / Question Marks
Die Fragezeichen oder Question Marks bedeuten, dass die Märkte sehr attraktiv sind, das Unternehmen jedoch einen geringen Marktanteil hat. Die Frage ist: Was tun? Soll investiert werden, um den eigenen Marktanteil zu erhöhen? Ist dies in der Wettbewerbssituation und mit den verfügbaren Mitteln möglich? Oder soll sich das Unternehmen aus diesem Feld zurückziehen?
Sterne / Stars
Die Stars sind die jungen Produkte und Märkte, die sich in Zukunft sehr gut entwickeln werden. Außerdem ist das Unternehmen bei diesen Produkten Marktführer. Hier gilt es, die eigene gute Stellung zu sichern und möglichst auszubauen.
Gewinnbringer / Cashcows
Die Cashcows sind im Moment attraktiv, denn damit wird Geld verdient; die Rentabilität der Produkte ist aufgrund hoher Stückzahlen hoch; ebenso der Marktanteil aufgrund der niedrigen Stückkosten. Die Märkte sind allerdings gesättigt und werden demnächst an Bedeutung verlieren. Ziel ist, Produkte möglichst lange in diesem Feld zu halten, bevor sie unrentable werden.
Arme Hunde / Poor Dogs
Die Poor Dogs oder Arme Hunde sind für das Unternehmen vergleichsweise unattraktiv, sie dürften aussterben. Denn Wettbewerber sind hier erfolgreicher und arbeiten rentabler. Ausnahme: Das Unternehmen besetzt mit seinen Produkten einzelne Marktnischen, und die Produktrentabilität ist trotz fehlender Marktführerschaft hoch.
Normstrategien und strategische Entscheidungen
Für jedes Feld lassen sich dann jeweils angemessene und erfolgversprechende Strategien formulieren, die das Unternehmen verfolgen sollte.
Beispiele für verschiedene Felder
Im Feld der Question Marks sollte für vielversprechende Produkte die Marktführerschaft angestrebt werden durch gezielte Investitionen in Produktinnovationen oder Marketing.
Im Feld der Stars sollte die beherrschende Marktposition gesichert werden; zum Beispiel durch entsprechende Produkt-Preisstrategien.
Die Investitionen im Feld Cashcows sollten reduziert werden, um die Rentabilität (weiter) zu steigern; der Absatz soll so lange wie möglich hoch gehalten oder sogar erhöht werden.
Produkte aus dem Feld Poor Dogs können gegebenenfalls aus dem Markt eliminiert werden, da sich in diesem Markt keine Investitionen mehr lohnen.
Damit knüpft BCG an das Lebenszykluskonzept an, das die Entwicklung eines Marktes und den Produkterfolg in mehrere Lebensphasen unterteilt. Jeder Markt und jedes Produkt hat demnach eine beschränkte Lebensdauer. Daran sollten sich strategische Entscheidungen orientieren. Wobei zu beachten ist, dass weitere Aspekte berücksichtigt werden sollten, die mit der Portfolioanalyse nach Boston Consulting Group nicht sichtbar werden.
Planen Sie strategische Entscheidungen mit der BCG-Matrix
Prüfen Sie, welche strategischen Fragestellungen Sie mithilfe der BCG-Matrix klären wollen. Das können zum Beispiel sein:
- Bereinigung des Produktsortiments
- Identifikation attraktiver Märkte
- Verteilung von Budgets für die Produktentwicklung oder für das Marketing
- Bewertung der Produktpipeline
- Bewertung von Geschäftsfeldern oder anderen Unternehmen für die Unternehmensakquisition
Beschreiben Sie dazu die jeweiligen Geschäftsfelder, Produkte, Kunden, Wettbewerber und Marktbedingungen möglichst genau. Klären Sie für das Entwickeln der BCG-Matrix:
- Welches sind die dafür relevanten Märkte?
- Wie heißen die wichtigsten Konkurrenten?
- Wie hoch sind Ihre Marktanteile im jeweiligen Marktsegment?
- Und welche Marktanteile haben die einzelnen Konkurrenten?
Ordnen Sie dann Ihre Geschäftsfelder oder Produkte den vier Feldern der BCG-Matrix zu und bilden Sie dies im Portfolio-Diagramm wie in Abbildung 7 ab. Nutzen Sie dafür die folgenden Vorlagen.
Im folgenden Abschnitt wird die Portfoliotechnik in der Variante der Unternehmensberatung McKinsey erläutert. Auch hier geht es vor allem um Unternehmensstrategie und Geschäftsfeldstrategie auf der Grundlage von Marktattraktivität und Wettbewerbsvorteilen.