Andon-Boards für die Prozesssteuerung mit KennzahlenAndon-Boards aufbauen und einrichten – mit Beispielen

Ein Andon-Board besteht aus drei Komponenten: Aus der Anzeigetafel, der Software zur Steuerung und für die Anzeige sowie aus den jeweiligen Kennzahlen und ihrer Art der Darstellung. Diese Komponenten zeichnen sich durch einige Besonderheiten aus. Sie müssen auch aufeinander abgestimmt werden.

Welche Andon-Hardware nötig ist

Welche Art von Anzeigetafel und welche Technik für das Andon-Board zum Einsatz kommt, hängt von der Umgebung und den jeweiligen Bedingungen dort ab. In einer Produktionshalle braucht es meist robuste Anzeigetafeln, die groß genug sind und sich an der Decke oder an einer Wand befestigen lassen, von der aus sie von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesehen werden können. Diese Anzeigetafeln sollten unempfindlich sein gegen Hitze, Schmutz oder Staub. Die Anzeige sollte bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen immer gut sichtbar und lesbar sein. Abbildung 2 zeigt Beispiele für solche Anzeigetafeln.

In Büros eignen sich große Bildschirme als Andon-Board. Auch hier ist wichtig, dass sie gut sichtbar und den Lichtverhältnissen gut angepasst sind. Meist werden Andon-Boards in Großraumbüros an einem Ort angebracht, an dem alle regelmäßig vorbeikommen. Oder in Gemeinschaftsräumen wie Besprechungsinseln oder Kaffee-Ecken. Für bestimmte Zwecke kann es notwendig sein, dass auch in Einzelbüros einfache Andon-Boards aufgestellt werden.

© ERP-Information, MicroSYST Systemelectronic GmbH, Gamed mbH
Abbildung 2: Beispiele für Andon-Boards
Quelle: ERP-Information (https://www.erp-information.com/andon-board.html), MicroSYST Systemelectronic GmbH (https://www.microsyst.de/anwendungsbereiche/produktionsdatenanzeigen/andon-board.html), Gamed mbH (https://www.gamed.com/machine-eye.php)

Welche Software Andon-Boards benötigen

Hersteller von Andon-Anzeigetafeln nutzen jeweils dafür geeignete Software. Für die Anzeige der Informationen (Output) ist die Software einfach. Das Problem ist meist die Schnittstelle zu den Programmen und zu den Datenquellen, die von anderen Herstellern oder speziellen Messsystemen kommen (Input). Je nach Kennzahl und dargestellter Information können dies unterschiedliche Quellen sein. Beispiele sind:

  • Daten, die von speziellen Systemen der Maschinendatenerfassung stammen
  • Daten von Messsystemen zur automatischen Messung von Stückzahlen, Gewicht oder Messwerten aus der Qualitätskontrolle
  • Daten aus anderen IT- und Kommunikationssystemen wie beispielsweise aus der Telefonanlage, aus der Lagerbestandsverwaltung, aus dem ERP-System, aus Wartungssystemen, aus Webanwendungen etc.
  • Daten, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern manuell an einem PC oder über einen einfachen Schalter eingegeben werden

Wie die Daten aus diesen unterschiedlichen Datenquellen an die Andon-Software übergeben werden, muss in individuellen Schnittstellenbeschreibungen festgelegt werden.

Welche Kennzahlen das Andon-Board anzeigt

Die Informationen und Kennzahlen, die auf dem Andon-Board angezeigt werden sollen, müssen für jeden Prozess individuell festgelegt werden. Maßgeblich sind folgende Prozessparameter:

  • Zielgrößen
  • Messgrößen zur Steuerung
  • Störungen

Zielgrößen sind Sollvorgaben oder Planwerte für Produktions-, Leistungs- oder Lagermengen, eine geplante Zeitdauer, Kostenvorgaben oder zu erreichende Qualitätsmerkmale. Messgrößen zeigen die Istwerte, die dann mit den Sollvorgaben und Planwerten verglichen werden. Abweichungen zeigen an, dass ein Eingriff in den Prozess und eine Änderung der Steuergrößen notwendig ist. Störungen sind unplanbare Ereignisse, auf die reagiert werden muss.

Beispiele für Andon-Kennzahlen als Zielgrößen:

  • zu produzierende Stückzahlen pro Schicht
  • zu bearbeitende Kundenanfragen pro Tag
  • Mindestbestand eines Materials im Lager
  • maximale Dauer eines Telefongesprächs in der Servicehotline
  • maximale Zahl von Produkten in der Nachbearbeitung

Beispiele für Andon-Kennzahlen als Messgrößen:

Es werden die Messgrößen erfasst, die dann als Istwerte mit den Sollvorgaben oder Planwerten der Zielgrößen verglichen werden. Also:

  • produzierte Stückzahl bis jetzt in der aktuellen Schicht
  • heute bearbeitete Kundenanfragen

Gelegentlich werden weitere Messgrößen erfasst, die wichtige Leistungsparameter des Prozesses sichtbar machen – ohne dass dafür spezielle Ziele existieren. Sie haben dennoch Einfluss auf die Steuerung und den Ablauf eines Prozesses. Beispiele sind:

  • Summe der Rüstzeiten in der laufenden Woche
  • Auslastung der Maschinen in der laufenden Woche
  • Anteil der Produkte mit Sonderanfertigung
  • Ausbeute aus einem technischen Prozess

Beispiele für Andon-Kennzahlen für Störungen:

Störungen eines Prozesses sind unplanbare Ereignisse. Auf dem Andon-Board wird dann angezeigt, ob die Störung eingetreten ist oder nicht. Es kann darüber hinaus erfasst werden, wie oft eine Störung eingetreten ist. Beispiele sind:

  • Anzahl Maschinenstillstand in der laufenden Woche
  • Anzahl Arbeitsunfälle im laufenden Monat
  • Anzahl der Fehltage durch Krankheit im laufenden Monat
Hintergrund

Modell für die Prozesssteuerung

Um zu erkennen, was für die Planung und Steuerung des eigenen Bereichs an Planungs- und Steuergrößen gebraucht wird, ist es hilfreich, sich seinen eigenen unternehmerischen Regelkreis vor Augen zu halten. Er macht sichtbar, wie das, was alle Mitarbeiter tagtäglich im Unternehmen und in ihrem Verantwortungsbereich tun, in irgendeiner Form geplant und gesteuert werden muss. Eine angemessene Steuerung kann nur erfolgen, wenn Kennzahlen oder andere Indikatoren das Geschehen richtig abbilden. Abbildung 3 zeigt den allgemeinen Aufbau des unternehmerischen Regelkreises.

Abbildung 3: Unternehmerischer Regelkreis zur Steuerung von Prozessen

Wie Andon-Kennzahlen visualisiert werden

Die Andon-Kennzahlen müssen nicht in Form einer Zahl auf dem Andon-Board dargestellt werden. Entscheidend ist, dass der Betrachter die damit verbundene Information schnell und einfach erfassen kann. Eine Zahl ist dafür oft zu abstrakt. Sie wird deshalb in einer anderen Form visualisiert: als Bild, als Diagramm, mit Farbe.

Beispiele für Diagramme

  • Balkendiagramm
  • Säulendiagramm
  • Ringdiagramm

Die Art der Darstellung sollte schnell deutlich machen:

  • das ist der Stand
  • so viel fehlt noch
  • hier wird es kritisch

Beispiele für Bilder und Symbole

Wenn es nicht auf den Zahlenwert oder die Kennzahl selbst ankommt, sondern auf ein Ereignis, dann eignen sich Symbole für die Visualisierung. Beispiele sind:

  • Signallampe: Rot: ein kritisches Ereignis ist eingetreten; Grün: alles in Ordnung
  • Ampel: Rot: ein kritischer Schwellenwert ist überschritten; Gelb: der Messwert befindet sich kurz vor dem kritischen Schwellenwert, noch innerhalb eines Toleranzbereichs; Grün: alles in Ordnung

Mit anderen Farben können weitere spezielle Ereignisse signalisiert werden. Beispiele sind:

  • Blau: Auftrag abgeschlossen, Maschine bereit für nächsten Auftrag
  • Weiß (auf schwarzem Hintergrund): Station im geplanten Stillstand

Entsprechend können auch Pfeile, Kreuze, Häkchen oder Kreise eingesetzt werden. Rot gilt dabei immer als Signalfarbe: Vorsicht! Kritisch! Schlecht!

Beispiele für Texte

Texte werden auf Andon-Boards für Bezeichnungen oder als Einheit für die Kennzahl verwendet. Sie müssen so kurz und klar wie möglich sein. Beispiele sind:

  • Prozessbezeichnungen
  • Maschinenbezeichnungen
  • Art der Störung (Stillstand, Defekt, Wartung etc.)
  • Einheit (Stück, Meter, Stunden etc.)
Tipp

Varianten zur Visualisierung von Kennzahlen

Das Andon-Board ist eine spezielle Variante eines Kennzahlen-Dashboards. In den Handbuch-Kapiteln zu Kennzahlen-Dashboard und zu Tacho-Diagramme für Kennzahlen finden Sie eine Vielzahl von Beispielen für die Aufbereitung und Visualisierung von Kennzahlen. Für diese Beispiele finden Sie dort jeweils Excel-Vorlagen mit Elementen, aus denen Sie Ihre eigenen Kennzahlen-Dashboards zusammenstellen können.

Praxis

Klären Sie, für welche Bereiche Ihres Unternehmens ein Andon-Board hilfreich ist:

  • Welche Prozesse haben bei Störungen, Unterbrechungen oder geringer Leistung schwerwiegende Folgen?
  • Welche Prozesse sind Engpassprozesse?
  • Welche Prozesse verursachen hohe Kosten – und sollten deshalb wirtschaftlich ablaufen?
  • Wo können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Prozesse selbst steuern und die Prozessabläufe selbstständig optimieren? Wo sollten sie das können?

Wenn Sie mithilfe dieser Fragen die Prozesse identifiziert haben, für die ein Andon-Board hilfreich ist, klären Sie für das Aufstellen und Einrichten von Andon-Boards folgende Fragen:

  • Was sind die Leistungsparameter des jeweiligen Prozesses?
  • Welche Zielvorgaben, Sollvorgaben, Planwerte gibt es?
  • Was könnten Störungen oder besondere Ereignisse sein, die auf dem Andon-Board angezeigt werden sollen?
  • Was soll entsprechend gemessen werden?
  • Wie wird gemessen (Technik)?
  • Welche Datenquellen für die Messwerte sind bereits vorhanden?
  • Wo müssen Messverfahren neu eingerichtet werden?
  • Wo soll das Andon-Board angebracht oder aufgestellt werden?
  • Welche Hardware benötigen Sie? Spezielle Tafel oder PC-Bildschirm?
  • Welche Software wollen oder können Sie zur Steuerung des Andon-Boards nutzen? Software des Hardwareanbieters, spezielle Andon-Board-Software oder Excel?
  • Wie sieht die Schnittstelle zwischen Messtechnik, Datenquellen und Andon-Board aus?

Darüber hinaus muss die organisatorische Verankerung des Andon-Boards als neues Steuerungsinstrument für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort geplant werden. Dazu gehören:

  • Information der Betroffenen: Worum geht es beim Andon-Board? Was passiert wann? Welche Folgen hat dies für die Betroffenen?
  • Schulungen: Schulen Sie die Betroffenen in der Anwendung des Andon-Boards. Diese müssen wissen: Was zeigt das Andon-Board? Was muss ich tun, wenn bestimmte Werte oder Symbole angezeigt werden oder wenn eine Anzeige gelb, rot oder grün ist? Warum ist das wichtig?

Nutzen Sie für die Planung, Vorbereitung und Einrichtung des Andon-Boards folgende Vorlage und Checkliste.

Wie ein Andon-Board nun genau aufgebaut sein kann, welche Kennzahlen in welcher Form dort dargestellt werden können, erfahren Sie im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels. Dort werden die möglichen Visualisierungen mithilfe von Excel dargestellt. Die entsprechenden Excel-Vorlagen können Sie im folgenden Abschnitt herunterladen.

Dazu im Management-Handbuch

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