Warum ist das Prozessmanagement wichtig?

Es gibt keine Unternehmen ohne Prozesse. Ein Unternehmen funktioniert nur, wenn die Handlungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlang von Prozessen oder Ablaufketten koordiniert werden. Da es unzählige Handlungsmöglichkeiten und viele Mitarbeitende geben kann, ist diese Koordination außerordentlich komplex.

Deshalb ist Prozessmanagement eine, wenn nicht die zentrale Aufgabe des Organisierens. Prozesse festzulegen und zu optimieren, ist eine permanente Aufgabe für alle Unternehmen und ihr Management.

Worum geht es beim Prozessmanagement?

Mit dem Prozessmanagement werden alle Prozesse in einer Organisation beschrieben, analysiert, verändert, optimiert, weiterentwickelt oder neu geplant und neu eingerichtet. Im Rahmen des Prozessmanagements werden dafür Konzepte und Aktionspläne entwickelt, die in der Organisation dann umgesetzt werden sollen.

Prozesse und das damit verbundene Prozessmanagement zeichnen sich durch die folgenden Merkmale aus:

  • Prozesse sind eine Folge von Aktivitäten, die notwendig sind, um Aufgaben zu erfüllen und Ziele zu erreichen.
  • Die Aktivitäten sollten im Prozess logisch aufeinander folgen.
  • Prozesse verarbeiten einen Input und erzeugen einen Output.
  • Im Prozessmanagement muss sichergestellt sein, dass die Abfolge technisch möglich, sachlich angemessen und wirtschaftlich ist.

Beispiele für wichtige Unternehmensprozesse

Prozesse sollen so gestaltet sein, dass sie helfen, die Ziele zu erreichen, die sich das Unternehmen selbst gesetzt hat. Außerdem müssen sie auf die Anforderungen der Stakeholder ausgerichtet werden. Beispiele dafür sind:

Produktinnovation

Das Unternehmen setzt sich zum Ziel, jedes Jahr ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Dazu müssen die Prozesse zu Markterkundung, Produktentwicklung, Produktherstellung, Marketing und Vertrieb optimal aufeinander abgestimmt werden.

Produktion

Ziel des Unternehmens ist eine hohe Kundenzufriedenheit und ein hoher Net Promotor Score (Weiterempfehlungen). Wenn der Kunde ein Produkt bestellt, erwartet er es in der zugesicherten Qualität, zur versprochenen Zeit und zum angebotenen Preis. Das ist die Grundlage der Kundenzufriedenheit, und alle Prozesse zur Logistik, Herstellung, Montage und Auslieferung eines Produkts müssen darauf ausgerichtet sein.

Buchhaltung

Das Finanzamt erwartet jedes Jahr einen korrekten Jahresabschluss, der alle steuerlichen und sonstigen Vorgaben erfüllt. Das Unternehmen muss sicherstellen, dass die damit verbundenen Anforderungen erfüllt werden. Aus diesem Grund müssen alle zahlungswirksamen Vorgänge jeden Tag richtig verbucht und abgerechnet werden. Die dabei relevanten Prozesse müssen so gestaltet sein, dass keine Fehler entstehen.

Ziele und Anforderungen an das Prozessmanagement

Diese drei ganz unterschiedlichen Beispiele zeigen, welche Rolle Prozesse im Unternehmen spielen. Immer geht es um diese drei Ziele und Anforderungen:

  • Qualität: Prozesse müssen ein Ergebnis liefern und die Qualität des Ergebnisses muss den Anforderungen des nächsten Prozessschritts sowie den Kunden und anderen Stakeholdern genügen.
  • Zeit: Prozesse und die damit verbundenen Handlungen müssen in der geplanten oder in angemessener Zeit ablaufen oder durchgeführt werden.
  • Kosten: Der Aufwand für die Durchführung der einzelnen Prozessschritte darf den vorgesehenen Budgetrahmen nicht überschreiten oder muss nach den Regeln der Wirtschaftlichkeit minimal sein.

Die Leistung eines Prozesses wird immer anhand von Indikatoren zur Qualität, zur Zeit oder zu den Kosten gemessen. Deshalb steht bei der Gestaltung und Optimierung von Prozessen immer im Fokus: Qualität verbessern, Zeitaufwand verkürzen und Termine einhalten sowie Ressourcenverwendung und Kosten minimieren. Das sind die Ziele des Prozessmanagements.

Prozesse analysieren und optimieren

Um Prozesse zu verbessern und zu optimieren, wurde eine Vielzahl von Management-Methoden entwickelt, die alle bei der Prozessverbesserung helfen sollen.

Beispiele dafür sind: Total-Quality-Management, Lean Management, Business-Process-Reengineering, Kaizen, Six Sigma, EFQM oder Customer-Relationship-Management.

Im Kern verfolgen sie alle ähnliche Absichten wie:

  • überflüssige Prozessschritte eliminieren, um Kosten zu sparen
  • Aktivitäten parallelisieren und damit Prozesse beschleunigen
  • Qualität der Prozessergebnisse verbessern
  • Abläufe und Tätigkeiten standardisieren und damit Fehler vermeiden und Durchlaufzeiten verkürzen
  • Prozessaktivitäten automatisieren und damit Kosten senken
  • Prozesse flexibilisieren, um veränderliche Anforderungen zu erfüllen und Zeit einzusparen
  • Outsourcing von Prozessen zur Kostenreduktion

Maßnahmen des Prozessmanagements und der Prozessoptimierung starten meistens bei den Kunden. Das können externe Kunden sein, die Produkte und Leistungen des Unternehmens kaufen; es können aber auch interne Kunden sein, also Fachbereiche im Unternehmen, die für ihre Arbeit auf die Ergebnisse eines Prozessschritts angewiesen sind.

Stellhebel im Prozessmanagement

Jeder Prozess im Unternehmen muss auf den jeweils maßgeblichen Kunden ausgerichtet sein. Dazu nimmt das Prozessmanagement folgende Stellhebel und Elemente eines Prozesses in den Fokus:

  • Prozess-Kunde: ist ein externer Kunde oder ein interner Bereich, der das Prozessergebnis benötigt oder nutzt
  • Prozess-Output: ist das Ergebnis oder Produkt, das der jeweilige Kunde oder Bereich in einer von ihm geforderten Spezifikation erwartet
  • Prozess-Durchführung: sind die Handlungen, Aktivitäten, Tätigkeiten oder Maßnahmen, die im Rahmen des Prozesses durchgeführt werden (bearbeiten, prüfen, planen, reparieren, schreiben, erklären etc.)
  • Prozess-Input: sind alle Ressourcen, die der Prozess (als Kunde des vorgelagerten Prozesses) benötigt, um die korrekte Prozess-Durchführung zu gewährleisten; das können Materialien, Rohstoffe, Energie, Mitarbeiter und ihr Know-how sowie Informationen sein
  • Prozess-Lieferant: ist ein externer Zulieferer oder interner Bereich, der den Prozess-Input zur Verfügung stellt

Prozesse visualisieren und beschreiben

Diese Stellhebel und Elemente eines Prozesses und insbesondere die Aktivitäten zur Prozess-Durchführung werden im Prozessmanagement in Form von Schaubildern beschrieben, dargestellt und visualisiert. Ein Beispiel für eine Prozessvisualisierung sind sogenannte Swimlanes. Die folgende Abbildung zeigt eine solche Swimlane-Darstellung.

Ebenen der Prozessbeschreibung in Unternehmen: Abteilungsebene
Quelle: Guido Fischermanns, Praxishandbuch Prozessmanagement

Wofür Sie Prozessmanagement brauchen

Da Prozesse meistens erst dann funktionieren, wenn sie eine Weile betrieben und durchgeführt werden, sollen sie nicht permanent verändert oder optimiert werden. Jede Prozessveränderung ist mit weitreichenden Aufgaben und mit Verhaltensänderungen der Prozess-Mitarbeiter verbunden. Folgende Anlässe kann es geben, einen Prozess zu überprüfen und zu durchleuchten und gegebenenfalls zu verändern.

Einführung IT-System oder Automatisierung

Prozessmanagement wird vor allem dann wichtig, wenn Informationstechnologien Abläufe im Unternehmen unterstützen oder die Mitarbeitenden sogar ersetzen soll. Nur wenn die betroffenen Prozesse sehr genau analysiert, beschrieben und definiert sind, lassen sich diese in EDV-gestützte Prozesse übersetzen.

Prozesse sind also die Grundlage für die technische Unterstützung der Prozesse und für die Spezifikation der Anforderungen an die Technik und Software.

Prozesse analysieren mit dem Ziel der Kostenreduzierung

Wenn das Controlling und das Management feststellen, dass in einem Bereich die Kosten sehr hoch sind, werden Prozesse überprüft. Die Prozessanalyse und das Prozessmanagement sind die Grundlage für Kosteneinsparprogramme. Oft geht es dabei um die Gemeinkosten in einem Bereich.

Kosten können im Laufe der Jahre ansteigen und undurchschaubar werden, weil niemand die damit verbundenen Prozesse genau kennt. Controller wollen dann herausfinden, wie die Kosten besser und richtig auf die Verursacher verrechnet werden können.

Wer wissen will, was ein Produkt oder eine Dienstleistung wirklich kostet oder warum es mehr als beim Wettbewerber kostet, der muss seine Prozesse unter die Lupe nehmen.

Prozessplanung als Teil des Change-Managements

Die Rahmenbedingungen für das Unternehmen oder für einzelne Fachbereiche verändern sich immer wieder: Kunden haben andere Anforderungen, es werden neue Produkte entwickelt und am Markt eingeführt, neue Technologien werden eingesetzt, es gelten neue gesetzliche Vorgaben oder Unternehmen und ihre Bereiche werden organisatorisch neu ausgerichtet.

In jedem dieser Fälle müssen die Prozesse überprüft und gegebenenfalls neu gestaltet werden. Wer dann seine Prozesse grundlegend kritisch durchleuchtet und verändert, der greift tief in das Leben eines Unternehmens ein. Er muss sich mit Organisationsentwicklung und Change-Management (Veränderungsmanagement) und allen Hemmnissen und Schwierigkeiten, die damit verbunden sein können, befassen.

Insbesondere betrifft dies die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Prozess. Sie müssen qualifiziert werden und ihre Aktivitäten und Handlungen auf die neuen Prozesse ausrichten.

Modelle und Konzepte zum Prozessmanagement

Trotz der großen Bedeutung der Prozesse in den Unternehmen sind sie viele Jahre aus dem Blickfeld geraten. Unternehmen dachten vielmehr in der Kategorie der Funktion – und viele tun dies noch heute. Es gibt eine Entwicklungsabteilung, eine Produktion, einen Vertrieb, eine Buchhaltung, einen Kundenservice und viele Abteilungen mehr.

Oft kam es an den Abteilungsgrenzen zu Brüchen, der Prozessablauf stockte meistens genau dort. Zeit wurde vergeudet, die Kosten stiegen und die Qualität sank. Abteilungen sind wie Silos, die fest verschlossen sind und keinen Blick für angrenzende Bereiche haben.

Erst Anfang der 1990er-Jahre rückte der Prozessgedanke wieder mehr ins Blickfeld der Unternehmen. Ein Auslöser war das Konzept des sogenannten „Business-Process-Reengineering“ von Michael Hammer und James Champy. Sie definieren ihr Konzept und ihre Management-Methode als:

„Reengineering is the fundamental rethinking and radical redesign of business processes to achieve dramatic improvements in critical, contemporary measures of performance, such as cost, quality, service, and speed.“

Auch Michael Porter hat mit seinem Wertkettenmodell zur Beschreibung der Unternehmensstrategie sichtbar gemacht, dass Prozesse den eigentlichen Kern eines Unternehmens ausmachen. Denn sie zeigen, auf welche Leistungen es im Markt, in Bezug auf Kunden und im Vergleich mit Wettbewerbern ankommt.

Folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für ein Unternehmensprozessmodell in Form einer Wertkette nach Porter.

Wertkette nach Michael Porter als allgemeines Unternehmensprozessmodell
Quelle: Michael E. Porter: Wettbewerbsvorteile

Mit seinem Prozessmodell der Wertkette hat Michael Porter herausgestellt, dass Prozesse für den Unternehmenserfolg unterschiedlich wichtig sind. Es lassen sich unterscheiden:

Kernprozesse

Sie tragen unmittelbar zur Wertschöpfung, zum Wettbewerbsvorteil und damit zu Umsatz und Gewinn des Unternehmens bei und sind damit eine Kernleistung.

Beispiele sind Verkauf, Produktion oder Produktentwicklung.

Unterstützende Prozesse

Sie sind ebenfalls wichtig oder notwendig, tragen aber nicht zur Wertschöpfung unmittelbar bei.

Beispiele für solche Stützleistungen sind Buchhaltung, Strategieplanung oder Pflege der IT-Infrastruktur.

Unnötige Prozesse

Sie haben keinen Zweck und tragen zu keinem Unternehmensziel bei. Diese Prozesse waren früher vielleicht einmal sinnvoll, existieren aber nur noch, weil sie bislang nicht eingestellt wurden.

Beispiele für solche Blindleistungen können sich in allen Fachbereichen des Unternehmens verbergen.

Praxis

Vorlage für die Prozessanalyse und Prozessgestaltung

Prozessmanagement und die Veränderung hin zu einer prozessorientierten Organisation sind komplexe und aufwendige Projekte der Organisationsentwicklung. Überprüfen Sie, zu welchen Gelegenheiten Sie in die laufenden Prozesse in Ihrem Unternehmen oder Ihrem Fachbereich eingreifen.

  • Was ist Anlass der Prozessanalyse?
  • Welche Ziele verfolgen Sie mit einer Überarbeitung, Neugestaltung oder Optimierung der Prozesse?
  • Welche Fachbereiche sind davon betroffen?

In der folgenden Vorlage sind die zentralen Schritte zur Analyse und Gestaltung von Prozessen im Unternehmen beschrieben. Sie finden Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Checklisten für die Prozessanalyse und das Prozessmanagement in Ihrem Unternehmen.

In dieser Vorlage werden folgende Teilaufgaben der Prozessanalyse und Prozessgestaltung behandelt:

  • Abgrenzung des betrachteten Prozesses (In-Scope / Out-of-Scope)
  • Klärung von Zielen und Strategien
  • Beschreibung von Kernprozessen und Teilprozessen
  • Verortung im Wertkettenmodell nach Michael E. Porter
  • Informationsrecherche zur Prozessbeschreibung (Ist-Analyse)
  • Prozessanalyse mit Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken
  • Zuordnung zu Prozesskennzahlen für Qualität, Zeit, Kosten
  • Ermittlung von Schwachstellen
  • Analyse von Prozessfehlern mit dem Ursache-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa)
  • Maßnahmenplanung zur Prozessgestaltung und Prozessverbesserung

Hilfreich für die Prozessanalyse ist, wenn Sie Ihre Prozesse in einem Bild darstellen und Ablaufdiagramme entwickeln. Mit der folgenden Vorlage können Sie Ihre Prozesse auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlichen Details visualisieren.

Die Prozessbeschreibung und Prozessvisualisierung erfolgt oft mithilfe von standardisierten Modellen und Beschreibungssprachen. Das soll helfen, Prozesse vergleichbar zu machen, zu standardisieren oder zu automatisieren.

Dazu im Management-Handbuch

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