RisikoanalyseRisikoaggregation mit der Monte-Carlo-Methode

Wie hoch ist der maximal mögliche Schaden, welcher aufgrund der identifizierten Unternehmensrisiken im Ausnahmefall getragen werden muss? Diese Frage stellen sich viele Unternehmen, da sie essenziell für den Fortbestand des Unternehmens werden kann. Eine Antwort liefern die Risikosimulation und Risikoaggregation.

Was ist Risikoaggregation?

Risikomanagement ist nicht nur durch gesetzliche Anforderungen zum Standard in vielen Unternehmen geworden. Auch die Unternehmen selbst sollten ein Interesse daran haben, ihre Risiken zu kennen und zu verringern. Risiken müssen dazu identifiziert, analysiert und im Idealfall quantitativ bewertet werden.

Die Bewertung von Risiken erfolgt in der Regel isoliert für ein jeweiliges Risiko, eine ganzheitliche Betrachtung der Folgen eines möglichen Zusammenspiels und des daraus resultierenden Gesamtschadens über alle Risiken hinweg ist aktuell nur schwer umsetzbar.

Die Risikoaggregation bezieht sich auf den Prozess der Zusammenführung oder Konsolidierung von Einzelrisiken zu einem Gesamtrisiko.

Möglichen Gesamtschaden ermitteln

Um aus einer Menge an Risiken einen möglichen Gesamtschaden ermitteln zu können, ist es notwendig, dass Risiken quantitativ bewertet sind. Das heißt, es muss bekannt sein, wie hoch der zu erwartende monetäre Schaden (Schadenshöhe) sein wird und wie groß die Wahrscheinlichkeit (Eintrittswahrscheinlichkeit) ist, dass dieses Risiko eintritt.

Da diese Bewertungen oft schwierig sind, ist es hilfreich, auf Erfahrungswerte oder Vergangenheitswerte zurückzugreifen, sowohl für die Schadenshöhe als auch für die Eintrittswahrscheinlichkeit.

Risiken aggregieren und Erwartungswert berechnen

Wie ist mit der Vielzahl dieser identifizierten Einzelrisiken zu verfahren, um daraus ein zu erwartendes Gesamtschadensbild zu ermitteln? Gängige Methoden greifen hierbei auf den Erwartungswert zurück.

Formel zur Berechnung des Erwartungswerts eines Risikos

Der Erwartungswert für ein Risiko entspricht dem Produkt aus Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit:

Erwartungswert des Risikos = wahrscheinliche Schadenshöhe × Eintrittswahrscheinlichkeit

Um das zu erwartende Gesamtschadensbild aller Risiken zu ermitteln, ist die Summe über alle Erwartungswerte aller Risiken zu bilden. Dies ist eine in der Praxis gängige, da einfach umzusetzende Methode.

Beispiel zur Berechnung des Erwartungswerts

Umgesetzt an einem Beispiel würde dies heißen: die Wahrscheinlichkeit, dass Kunde A wegfällt, liegt bei 10 Prozent, die aus dem Wegfall resultierende Schadenshöhe beläuft sich auf 1.200.000,– EUR. Der daraus errechnete Erwartungswert für dieses Risiko läge somit bei lediglich 120.000,– EUR!

Ziel der Risikozusammenfassung soll doch auch sein, eine Aussage darüber treffen zu können, ob das Unternehmen in der Lage wäre, den eventuell entstehenden Gesamtschaden finanziell tragen zu können.

Doch wie ist das möglich, wenn nur von einer theoretisch anzunehmenden Schadenshöhe von 120.000,– EUR ausgegangen wird? Wenn allein dieses Risiko eintreten sollte, läge der zu erwartende Schaden weitaus höher.

Monte-Carlo-Methode: Risikoaggregation durch Risikosimulation

Wie im vorherigen Beispiel gezeigt, stoßen gängige Methoden schnell an ihre Grenzen, wenn es darum geht, aus einem bestehenden quantitativ bewerteten Risikokatalog eine realistische zu erwartende Gesamtschadenshöhe zu ermitteln. 

Belastbare Risikoaggregation wird erst durch Anwendung von Risikosimulation möglich – unter anderem mit der Monte-Carlo-Methode. Die Monte-Carlo-Methode ist ein Verfahren aus der Stochastik, welches versucht, durch eine große Anzahl von Zufallsexperimenten eine mathematisch schwere Aufgaben zu lösen und zu interpretieren.

Die Methode basiert auf dem Gesetz der großen Zahlen und besagt, dass mit zunehmender Anzahl an Iterationen die Abweichung vom Erwartungswert gegen null konvergiert.

Für die Risikoaggregation bedeutet dies, dass das Eintreten aller Risiken mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihrer Schadenshöhe in sehr vielen Durchläufen simuliert wird. Am Ende kann man eine Aussage dazu treffen, wie hoch der zu erwartende Gesamtschaden sein könnte.

Monte-Carlo-Methode anwenden am Beispiel

Nachfolgend wird die Anwendung der Monte-Carlo-Methode an einem Beispiel mit drei Risiken erklärt. In der Tabelle sind die möglichen Risiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten und die wahrscheinliche Schadenshöhe erfasst:

Risiko Eintrittswahrscheinlichkeit Wahrscheinliche Schadenshöhe
Wegfall Kunde A 10 % 1.200.000 EUR
Hochwasserschaden 15 % 25.000 EUR
Forderungsverlust 35 % 400.000 EUR

Mithilfe der Monte-Carlo-Methode wird nun in beispielsweise 1 Million Simulationsläufen ermittelt, wie die Risiken miteinander auftreten. Hierfür wird in jedem einzelnen Simulationslauf für jedes Risiko mithilfe der Bernoulli-Verteilung und der Eintrittswahrscheinlichkeit geprüft, ob das Risiko mit der wahrscheinlichen Schadenshöhe eintritt oder nicht.

Sind in einem Simulationslauf alle Risiken simuliert, kann der Gesamtschaden des Simulationslaufs ermittelt werden. Das Ergebnis zeigt die folgende Tabelle:

  Simulation 1 Simulation 2 Simulation 3 Simulation X
Wegfall Kunde A 1.200.000 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR
Hochwasserschaden 0 EUR 0 EUR 0 EUR 25.000 EUR
Forderungsverlust 0 EUR 0 EUR 400.000 EUR 400.000 EUR
Gesamtschaden 1.200.000 EUR 0 EUR 400.000 EUR 425.000 EUR

Nach Abschluss der Simulation kann die Gesamtheit der Simulationsläufe analysiert werden. Hierbei lassen sich nun nach entsprechender Analyse folgende Fragen beantworten:

  • Was ist der maximale Gesamtschaden, welcher eingetreten ist?
  • Was ist der geringste Gesamtschaden, welcher eingetreten ist?
  • In wie viel Prozent der Fälle tritt kein Schaden ein?
  • Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der maximale Schaden eintreten wird?
  • Wie groß ist der maximale Gesamtschaden, welcher bei Betrachtung 90 Prozent aller Simulationsläufe eingetreten ist?
  • Wie viel Prozent der Fälle werden abgedeckt mit dem zur Verfügung stehenden Kapital?

Diese und noch mehr Fragen lassen sich durch Risikoaggregation mithilfe der Monte-Carlo-Methode beantworten.

Zusätzlich erlauben derartige Simulationen eine weitaus detailliertere Bewertung der identifizierten Risiken. Zu erwartende Schadenshöhen müssen nicht als feste monetäre Größe definiert, sondern können beispielsweise auch als Verteilungen festgelegt werden.

Mögliche Verteilungen können zum Beispiel Gleichverteilungen zwischen zwei Größen oder auch Dreiecksverteilungen mit Definition von drei Größen sein. In einem Simulationslauf wird dann nicht nur der Eintritt des jeweiligen Risikos simuliert, sondern auch die wahrscheinliche Schadenshöhe durch die gegebene Verteilungsfunktion.

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