Warum brauchen Unternehmen eine Beschwerdestelle?

Beschäftigte haben das Recht, sich bei einer zuständigen Stelle des Betriebs zu beschweren, wenn sie sich im Kontext ihres Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, von anderen Beschäftigten oder Dritten wegen eines im AGG genannten Merkmals benachteiligt fühlen. Das besagt § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Eine Beschwerde kommt demnach in Betracht bei Diskriminierungen wegen

  • der Rasse oder der ethnischen Herkunft
  • des Geschlechts
  • der Religion oder Weltanschauung
  • einer Behinderung
  • des Alters
  • der sexuellen Identität

Pflicht zur Einrichtung einer Beschwerdestelle

Aus dem Beschwerderecht der Beschäftigten ergibt sich, dass alle Unternehmen eine interne Beschwerdestelle benennen und einrichten müssen. An diese können sich betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden.

Die Pflicht zur Einrichtung einer Beschwerdestelle gilt für sämtliche Unternehmen in Deutschland, unabhängig von der Betriebsgröße. Auch für Kleinbetriebe gibt es hier keine Ausnahmeregelung.

Wer kann als Beschwerdestelle fungieren?

Der Gesetzgeber macht zur Einrichtung der Beschwerdestelle keine näheren Vorgaben. Die Bestimmung der Beschwerdestelle fällt in die Organisationshoheit des Arbeitgebers. Dieser kann also selbst entscheiden, wo er die Beschwerdestelle ansiedelt und wen er mit dieser Aufgabe betraut.

Folgende Lösungen finden Sie in der Praxis:

  • Sie benennen im Unternehmen eine Vertrauensperson und schulen sie entsprechend. Dies ist für kleine und Kleinstbetriebe ohne Betriebsrat oder Personalabteilung eine gute Lösung.
  • Sie nutzen eine bereits bestehende Stelle als Beschwerdestelle; beispielsweise den Betriebsrat oder die Personalabteilung.
  • Wenn ihr Betrieb einen Gleichstellungsbeauftragten hat, so kann auch diese Person mit dem „Amt“ der Beschwerdestelle betraut werden.

Wichtig ist, dass die Beschwerdestelle unabhängig agiert und von den Mitarbeitenden als objektive Anlaufstelle für Beschwerden wahrgenommen wird. Die Person(en), die als Beschwerdestelle fungiert oder fungieren, sollte(n) möglichst das Vertrauen der Beschäftigten genießen.

Die Beschwerdestelle sollte möglichst mit mindestens einer Frau besetzt sein, damit bei denjenigen Vorfällen, die vorwiegend Frauen betreffen (insbesondere bei sexueller Belästigung), eine gleichgeschlechtliche Person als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht.

Unabhängig davon, wer als Meldestelle fungiert, haben die Beschäftigten auch die Möglichkeit, sich mit einer Beschwerde direkt an den Betriebsrat zu wenden, wenn es einen solchen im Unternehmen gibt. Es gibt insofern keine festgelegte Rangfolge der Ansprechpartner.

Qualifikationen für eine Beschwerdestelle

Es gibt vom Gesetzgeber keine festen Vorgaben, welche Qualifikation jemand erfüllen muss, um Beschwerdestelle sein zu können. Dementsprechend ist auch eine Schulung dieser Person(en) nicht verpflichtend. Ein „Kann“, kein „Muss“.

Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die Beschwerdestelle gewissenhaft auswählt und diese im Hinblick auf Beschwerdeverfahren informiert. Im Hinblick auf die Aufgaben der Beschwerdestelle sollte sie geschult werden: Was ist schrittweise zu tun, wenn eine Beschwerde eingeht?

Sinnvoll ist eine Mitarbeiterschulung allgemein zum AGG. Ziel dieser Schulungen ist, dass es erst gar nicht zu diskriminierendem Verhalten im Unternehmen kommt.

Dabei hängt es von der Betriebsgröße ab, ob eine Schulung in Form eines (externen) Seminars sinnvoll ist oder ob auch eine Information (Info-Blatt bei Abschluss eines Arbeitsvertrags) zum AGG genügt. Das muss jeder Arbeitgeber selbst entscheiden.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang § 12 Absatz 2 AGG. Dort heißt es:

„Der Arbeitgeber soll in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen hinweisen und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten nach Absatz 1.“

Bekanntmachung im Betrieb

Arbeitgeber müssen den Beschäftigten gegenüber kommunizieren, wo im Betrieb die Beschwerdestelle angesiedelt ist und wann sie zu erreichen ist. Diese Information kann über das betriebliche Intranet geschehen oder über einen Aushang an einem allen Beschäftigten zugänglichen Ort im Betrieb.

Wichtig: Auch neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen. Für Beschäftigte mit geringen Deutschkenntnissen ist gegebenenfalls eine Übersetzung beizufügen.

Zugang zur Beschwerdestelle

Alle Beschäftigten müssen Zugang zur Beschwerdestelle haben – sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht.

Der Zugang sollte barrierefrei sein und die Sprechzeiten der Beschwerdestelle sollten so gewählt werden, dass allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit zur Beschwerde offensteht. Das gilt auch für Teilzeitkräfte und Beschäftigte im Schichtdienst.

Was macht die Beschwerdestelle?

Die Beschwerdestelle hat zunächst die Aufgabe, eingehende Beschwerden zu prüfen und den geschilderten Sachverhalt aufzuklären. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist der Person, welche die Beschwerde eingereicht hat, mitzuteilen.

Wenn die Beschwerdestelle zu dem Ergebnis kommt, dass die Beschwerde begründet ist, informiert sie den Arbeitgeber entsprechend. Dieser ist gemäß § 12 AGG dazu verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zum Schutz des oder der Betroffenen zu ergreifen.

Zu beachten ist: Nicht jeder Konflikt im Unternehmen ist ein Fall für die Beschwerdestelle. Wer sich an die Beschwerdestelle wendet, muss aufgrund eines der oben genannten Merkmale diskriminiert worden sein oder sich diskriminiert fühlen.

Tipp

Informationsplattform der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Weitere Informationen zur Einrichtung einer Beschwerdestelle stehen zur Verfügung unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/

Pflicht zur Einrichtung einer Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz

Die Beschwerdestelle für Diskriminierungen kann auch als Meldestelle für Hinweise über Rechtsverstöße zuständig sein. Nach den Bestimmungen des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) müssen Betriebe ab 50 Beschäftigten eine solche Meldestelle einrichten.

An diese Stelle wenden sich Beschäftige oder andere Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Rechtsverstöße in Ihrem Unternehmen erlangt haben und diese melden oder offenlegen möchten.

Erfahren Sie in diesem Beitrag, worum es beim Hinweisgeberschutzgesetz geht und was Sie als Arbeitgeber beachten müssen.

Beschwerdestelle gemäß Lieferkettengesetz

Gemäß § 8 Lieferkettengesetz sind die Unternehmen dazu verpflichtet, ein internes Beschwerdeverfahren einzurichten. Dieses soll es den Mitarbeitenden (oder anderen Personen) ermöglichen,

  • auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken sowie
  • auf Verstöße gegen menschenrechtliche oder umweltbezogene Pflichten hinzuweisen,
  • die durch das wirtschaftliche Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich
  • oder eines unmittelbaren Zulieferers entstanden sind.

Zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens muss eine Beschwerdestelle eingerichtet werden. Die Personen, die als Beschwerdestelle fungieren, müssen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe unparteiisch und unabhängig sein. Die Beschwerdestelle agiert weisungsungebunden und ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Die Beschwerdestelle gemäß Lieferkettengesetz darf in eine schon bestehende Beschwerdestelle für Diskriminierungen oder in eine Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz integriert werden. Die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, welche gleichzeitig als Beschwerde- oder Meldestelle gemäß AGG, Hinweisgeberschutzgesetz und Lieferkettengesetz fungiert, ist also möglich.

Weitere Erläuterungen zum Lieferkettengesetz finden Sie im Ratgeber zu den Anforderungen gemäß Lieferkettengesetz und notwendige Maßnahmen.

Praxis

Beschwerdestelle einrichten

Bestimmen Sie als Arbeitgeber (Geschäftsleitung) eine oder mehrere Personen in Ihrem Unternehmen als Beschwerdestelle, wenn es um Beschwerden gemäß § 1 AGG geht.

Falls erforderlich und zweckmäßig: Bestimmen Sie diese Personen auch als Meldestelle gemäß § 12 HinSchG.

Schulen Sie diese Personen im Hinblick auf die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG). Das betrifft insbesondere:

  • gesetzliche Grundlagen und Inhalte des AGG und des HinSchG
  • weitere, damit verknüpfte Gesetze
  • Ablauf bei Beschwerden oder Meldungen
  • Informationspflichten gegenüber Betroffenen und Beschäftigten
  • Dokumentationspflichten
  • Pflichten zu Vertraulichkeit und Datenschutz
  • weitere Betriebsvereinbarungen

Aufgaben und Ablauf bei Beschwerden festlegen

Legen Sie fest, welche Aufgaben und Abläufe im Einzelnen durchgeführt werden, wenn eine Beschwerde erfolgt. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage.

Beschäftigte informieren und schulen

Informieren Sie alle Beschäftigten Ihres Unternehmens über die Einrichtung der Beschwerdestelle sowie über alle dazu wichtigen Aspekte.

Informieren und schulen Sie alle Beschäftigten, dass Diskriminierungen in jedem Fall zu unterlassen sind. Nutzen Sie entsprechende Informations- und Schulungsangebote; zum Beispiel des Bundesministeriums, der Gewerkschaften und Ihres Branchenverbands.

Erstellen Sie ein Informationsblatt mit den entsprechenden Bestimmungen und Pflichten gemäß AGG für alle neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Lassen Sie sich die Aushändigung und die entsprechende Unterweisung von den Beschäftigten bestätigen.

Beschwerde aufnehmen und bearbeiten

Bearbeiten Sie alle eingehenden Beschwerden und Hinweise gemäß den gesetzlichen Bestimmungen und wie im Ablaufplan beschrieben. Die Beschwerdestelle kann dazu das folgende Formular nutzen.

Dazu im Management-Handbuch

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