Kreativitätstechniken anwendenÜbersicht und Einordnung von Kreativitätstechniken

Es gibt unzählige Kreativitätstechniken, ganz einfache wie Pause machen und sehr komplexe, wie die Inspiration von Technologieentwicklung durch die Natur. Dementsprechend lassen sich diese in unterschiedliche Klassen einteilen, die hier vorgestellt werden. Zudem finden Sie eine Übersicht der Kreativitätstechniken sowie Erläuterungen zum Aufwand und zum Nutzen.

Problemklassen und geeignete Kreativitätstechniken

Die Bearbeitung eines kniffligen Problems oder einer schwierigen Aufgabe erfolgt in mehreren Phasen, die in diesem Handbuch-Kapitel als Idealkurve oder Problembearbeitungspfad bezeichnet werden. Das sind:

  1. Problembestimmung
  2. Ist-Analyse
  3. Ziel-Definition
  4. Lösungsbearbeitung
  5. Lösungsbewertung

Ein Problem, wie es in der Phase Problembestimmung herausgearbeitet wird, lässt sich einer Problemklasse zuordnen. Für diese unterschiedlichen Problemklassen gibt es wiederum entsprechende Klassen von Kreativitätstechniken, die bei der Lösung in der Phase der Lösungsbearbeitung besonders gut helfen. Für die passende Zuordnung gibt es Regeln, die erlauben zu entscheiden, mit welchen Klassen von Kreativitätstechniken Ihr Problem am besten zu bearbeiten ist.

Die Klassen der Kreativitätstechniken leiten sich aus einem Entwicklungspfeil der Kreativitätstechniken ab, der ihre zeitliche Entwicklung darstellt. Vereinfacht ist dieser Entwicklungspfeil in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Entwicklungspfeil der Kreativitätstechniken
Tipp

Wie Probleme als Projekt gelöst werden

Schwierige Aufgaben und Probleme werden nicht nur mit Kreativitätstechniken gelöst; sie sind systematisch nach den Regeln des Projektmanagements zu bearbeiten. Methoden und Werkzeuge für die Problembearbeitung im Rahmen eines Projekts finden Sie in den Handbuch-Kapiteln Projektmanagement und Projektmanagement mit Excel.

Kreativitätsklassen und Anwendungsregeln

Kreativität kann sehr spontan sein. Aus der Beschäftigung mit einer Frage oder einem Problem entstehen Geistesblitze und Ideen. Das passiert ohne Plan und ohne das Bewusstsein, jetzt spontan und kreativ ein Problem zu bearbeiten. So lösen wir meistens einfache, alltägliche Aufgaben, wenn es schnell gehen muss und wenn es nicht so wichtig ist.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Kreativitätstechniken, die sich bewusst nutzen lassen, um schwierige Aufgaben und Probleme mit Systematik und Methoden zur Kreativität zu lösen. Die folgende Aufzählung nennt die einzelnen Kreativitätsklassen und die Anwendungsregeln, die sichtbar machen, wofür die Kreativitätstechniken der jeweiligen Klasse eingesetzt werden können und was sie auszeichnet.

Probiertechniken

  • wenn es nicht lohnt, systematisch zu handeln
  • wenn der Untersuchungsgegenstand unerschlossen oder unbekannt ist
  • wenn eine spielerische Komponente befriedigt werden soll

Fragetechniken

  • wenn durch Einbezug fremden Wissens Erkenntnisfortschritte erzielt werden können
  • wenn durch Hinterfragen neue Sichten provoziert werden können
  • wenn mit einer einfachen Systematik der Kreis möglicher Antworten erweitert werden soll

Assoziationstechniken

  • wenn mit einer einfachen Systematik der Kreis möglicher Antworten erweitert werden soll
  • wenn eine Erweiterung des Suchsektors erwünscht ist
  • wenn durch Verfremdung des Problems oder durch Zuwendung zu fremden Gebieten neue Impulse entstehen sollen

Systematiken des Zerlegens und Kombinierens

  • wenn es um komplexe und komplizierte Objekte geht, die sich in Einzelteile zerlegen lassen
  • wenn das Objekt als System und seine Einzelteile bekannt sind
  • wenn Systemelemente neu kombiniert werden sollen oder können
  • wenn auf bewährte Teillösungen zugegriffen werden soll
  • wenn die Innovationshöhe festgelegt werden kann

Widerspruchsmethodik

  • wenn es Widersprüche gibt, die aufgelöst werden sollen
  • wenn Lösungen erfinderischer Qualität verlangt sind
  • wenn ausreichende Ressourcen (intellektuell, zeitlich) vorhanden sind

Erläuterungen zur Einordnung und Anwendung der Kreativitätstechniken

Obgleich unter den folgenden Techniken sich einige befinden, die nicht Kreativitätstechniken im engeren Sinne sind, so zeigt doch die Erfahrung, dass die Nutzung etwa von Metaplan-Karten zumeist mit Lösungsideen einhergeht. Experten können berechtigt darüber streiten, ob die eine oder andere Kreativitätstechnik nicht auch in einer anderen Klasse stehen könnte. Das ist richtig; zum Beispiel sind bionische Techniken vornehmlich assoziative Instrumente. Da es inzwischen einen umfangreichen Katalog bionischer Verfahren gibt, lassen sich diese Kreativitätstechniken genauso den systematischen Techniken zuordnen. Aus diesem Grund tauchen einzelne Techniken im Folgenden in mehreren Klassen auf.

Im Folgenden sind die einzelnen Kreativitätsklassen und die jeweiligen Kreativitätstechniken zunächst benannt. Diese werden dann kurz beschrieben einschließlich ihrer Vor- und Nachteile. Außerdem erhalten Sie eine Empfehlung, wie Sie das Verhältnis von Aufwand und Nutzen der jeweiligen Kreativitätstechnik einschätzen können. Denn einige lassen sich nicht so einfach oder nebenbei anwenden.

Aufwand für den Einsatz der Kreativitätstechnik

Die folgenden Kriterien zeigen, wie die Einschätzung zum Aufwand, unabhängig von ihrer konkreten Anwendung, vorgenommen wurde. Es lassen sich jeweils unterscheiden: 1 = niedrig, 2 = mittel, 3 = hoch:

  • durchschnittlicher Zeitaufwand bei der Nutzung
  • quantitativer Informations- oder Arbeitsaufwand, um das Tool zu füllen
  • Kompliziertheit im Vergleich zu anderen Kreativitätstechniken
  • Kenntnisvoraussetzungen, um das Tool sofort einsetzen zu können
  • Lernanforderungen, um das Tool einsetzen zu können

Nutzen beim Einsatz der Kreativitätstechniken

Entsprechend erfolgt eine Einschätzung des Nutzens. Maßgeblich sind die folgenden Kriterien, um zu einer Empfehlung zu kommen, ob der Erfolg bei der Anwendung einer Kreativitätstechnik eher niedrig oder mittelmäßig oder hoch einzuschätzen ist. Es gilt auch für den Nutzen: 1 = niedrig, 2 = mittel, 3 = hoch:

  • erreichbares Lösungsniveau
  • Präzisierungsgrad der Lösungsidee
  • erreichbare Effektivität hinsichtlich des gewünschten Ziels

Art der Darstellung und Aufbereitung

Und schließlich ist die Art der Darstellung und Aufbereitung der Vorlage erläutert, die Sie dann jeweils in den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels im Praxisteil zum Download finden. Möglich sind:

  • Denkzettel: einfachste Übersicht oder Aufzählung
  • Übersichtsgraf: Erläuterungen im grafischen Format
  • verbale Übersicht: Erläuterungen in Textformat
  • Checkliste: Ja/Nein-Antworten
  • Frageliste: offene Fragen
  • Verfahrensanweisung: Muster für ein Vorgehen bei der Problemlösung
  • Rechenblatt: Excel-Tabelle, mit deren Hilfe Antworten, Entscheidungen und Bewertungen verarbeitet werden können
  • Programm: (automatischer) Algorithmus

Die Liste der wichtigsten Kreativitätstechniken

An dieser Stelle finden Sie die Kreativitätstechniken in einer Liste und Übersicht. In den folgenden Abschnitten sind diese gemäß den vorigen Hinweisen erläutert und bewertet.

Probiertechniken

  • einfach probieren, Versuch und Irrtum
  • Technisches Improvisieren
  • Laborplanung und Laborversuche
  • Zweckentfremdung

Fragetechniken

  • Mindmapping
  • Ishikawa-Diagramm oder Ursache-Wirkungs-Diagramm
  • Progressive Abstraktion
  • Kartentechnik und Pinnwand
  • KJ-Methode
  • Delphi-Technik
  • Szenariotechnik
  • Osborn-Checkliste
  • W-Frageliste
  • Innovations-Checkliste

Assoziationstechniken

  • Brainstorming
  • Inverses Brainstorming
  • Brainwriting, Methode 6-3-5
  • Denk-Hüte nach de Bono
  • Semantische Intuition
  • Reizwortanalyse
  • Visuelle Konfrontation
  • Gefühlt wie …

Systemtechniken nutzen

  • Attribute Listing
  • Problemlösebaum
  • Ursache-Wirkungs-Diagramm
  • KJ-Methode
  • Innovations-Checkliste
  • morphologische Tabelle
  • Funktionsanalyse 
  • Funktionsmodellierung 
  • Konstruktionskatalog
  • Effekte der Physik
  • Stoff-Feld-Analyse
  • bionische Methoden

Widerspruchsmethodik

  • ARIS/TRIZ-Theorie zum Lösen erfinderischer Aufgaben
  • IER Ideales Endresultat
  • 40 Lösungsstandards
  • WOIS Widerspruchsorientierte Innovationsstrategie
Praxis

Da der Aufwand beim Einsatz einer Kreativitätstechnik zum Teil sehr hoch sein kann, sollten Sie im Vorfeld prüfen, welche Kreativitätstechnik für Ihr Problem und Ihre Aufgabe angemessen ist. Sie soll das Problem lösen helfen und gleichzeitig den kleinsten möglichen Aufwand verursachen.

Nutzen Sie die folgende Vorlage, um eine erste Einschätzung zur passenden Kreativitätstechnik vorzunehmen und dann eine geeignete für Ihre Problem- und Aufgabenstellung auszuwählen.

Sie finden in der Vorlage die jeweils geeigneten Kreativitätstechniken der einzelnen Problem- und Kreativitätsklassen. Sie sollten also Ihr Problem einer der Klassen zuordnen und mit einer der passenden Kreativitätstechniken an der Lösung arbeiten.

In den folgenden Abschnitten werden die genannten Kreativitätstechniken anhand der genannten Merkmale vorgestellt und erläutert. Dazu finden Sie dann auch Vorlagen, die Ihnen bei der Anwendung der Technik helfen. Im ersten Abschnitt geht es um einfache Probiertechniken.

Dazu im Management-Handbuch

Weitere Kapitel zum Thema