Was unterscheidet die Buchinventur von der körperlichen Inventur?

Fällt der Begriff Inventur, geht es nicht automatisch um das Erfassen von Lager- und Warenbeständen. Wenn Inventurpersonal misst, wiegt, zählt oder schätzt, handelt es sich um eine körperliche Inventur.

Bei der Buchinventur erfassen Sie Bargeldbestände, Bankguthaben, Forderungen, Verbindlichkeiten und Schutzrechte. Dafür werden die Aufzeichnungen aus der Finanzbuchhaltung herangezogen. Dazu gehören unter anderem:

  • Rechnungen
  • Quittungen
  • Kontoauszüge
  • Elektronische Belege und Papierbelege
  • Saldenlisten

Außerdem berücksichtigen Sie Daten aus der Anlagenbuchhaltung. Dort werden Güter aus dem beweglichen Anlagevermögen bewertet und erfasst. Dazu gehören etwa Maschinen, Fahrzeuge und die Ausstattung des Betriebs.

Der Bilanzwert der Anlagen hängt vom Datum der Anschaffung sowie von den Anschaffungskosten und der Nutzungsdauer ab. Durch die jährlichen Abschreibungen verändert sich der Wert laufend.

Welche Inventurarten gibt es?

Die Stichtagsinventur wird zum Ende des Geschäftsjahres durchgeführt – meistens an Ende eines Kalenderjahres. Die Warenbestände werden dann genau zum Bilanzstichtag erfasst. Dabei handelt es sich stets um den 31. Dezember, wenn das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht.

Bei der permanenten Inventur halten Ihre Mitarbeitenden den Warenbestand laufend fest. Jeder einzelne Zugang und Abgang wird dokumentiert. Wichtig bei dieser Inventurart: Jeder Artikel muss einmal im Jahr körperlich erfasst werden. Dabei werden eventuelle Abweichungen festgestellt. Den Tag der Inventur wählen Sie für jeden Artikel so, wie es am besten zu Ihren Abläufen passt.

Wird der Bestand an Waren auf Basis von Stichproben und statistischen Methoden ermittelt, spricht man von einer Stichprobeninventur. Wichtig: Bevor Sie sich für diese Inventurart entscheiden, müssen Sie sich das vom Finanzamt schriftlich genehmigen lassen. Nicht für jedes Unternehmen werden Daten aus der Stichprobeninventur akzeptiert.

Die verlegte Inventur wird zeitverschoben vom Ende des Geschäftsjahres und des Jahresabschlusses durchgeführt. Sie kommt infrage, wenn Sie weder eine Stichtagsinventur noch eine permanente Inventur durchführen können oder möchten. Sie führen die Inventur dann innerhalb der letzten drei Monate vor dem Bilanzstichtag oder innerhalb der folgenden beiden Monate nach dem Bilanzstichtag durch.

Die verlegte Inventur wird auch zeitversetzte Inventur genannt.

Vorteile und Nachteile der Stichtagsinventur

Vorteile der Stichtagsinventur

Die Stichtagsinventur bietet einige Vorteile:

  • Sie erhalten exakte, aktuelle Zahlen.
  • Eine in vielen Fällen komplizierte Rückrechnung ist nicht erforderlich.
  • Sie sparen Kosten bei der Durchführung, wenn die Inventur sinnvoll geplant wird und der Zeitplan straff ist.

Im Optimalfall kann Ihr Unternehmen alsbald wieder zur normalen Tagesordnung übergehen. Das setzt voraus, dass Ihre Mitarbeitenden geschult und das Unternehmen auf die Inventur vorbereitet ist.

Nachteile der Stichtagsinventur

Bei der Stichtagsinventur geraten viele Unternehmen unter Zeitdruck, weil die Inventur am Ende des Jahres zu einem fixen Termin durchgeführt werden muss.

Problematisch daran: Im Dezember möchten viele Arbeitnehmer Urlaub nehmen; die letzten (dringenden) Kundenaufträge müssen fertiggestellt werden; Waren sollen noch schnell vor den Feiertagen ausgeliefert werden. Die Inventur kommt als zusätzlicher Aufwand hinzu.

Der Arbeitsaufwand bei der Stichtagsinventur ist hoch. Je nach Unternehmen, Branche und Vorgehen muss der Betrieb stillgelegt werden. Die Kunden stehen an diesem Tag vor einem geschlossenen Ladengeschäft.

Tipp

Spielraum für die Stichtagsinventur ausnutzen

Für die Stichtagsinventur erhalten Sie – wahlweise vor oder nach dem Bilanzstichtag – einen Spielraum von zehn Tagen. Reizen Sie diesen aus, sofern Sie die Zeit benötigen.

Auch das Finanzamt weiß: Bei zu hohem Zeitdruck können Fehler entstehen, die letztlich allen Beteiligten schaden. Daher bekommen Unternehmen etwas mehr Zeit für die Durchführung.

Vorteile und Nachteile der permanenten Inventur

Vorteile der permanenten Inventur

Bei der permanenten Inventur wird der Betriebsalltag nicht gestört. Die Produktion muss nicht stillstehen; das Geschäft wird nicht geschlossen.

Außerdem lassen sich der Arbeitsaufwand und das benötigte Personal langfristig und damit kostengünstiger planen.

Die Daten werden genauer und in der Regel korrekt erfasst, weil weniger Zeitdruck besteht und das Inventurpersonal erfahren und geübt ist. Schließlich befassen sich die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchgehend mit der Bestandsaufnahme sowie mit dem Verbuchen von Zugängen und Abgängen.

Sie haben stets einen aktuellen Überblick über die Bestände und müssen am Ende des Geschäftsjahres nicht mit Überraschungen (Fehlbestand) rechnen.

Nachteile der permanenten Inventur

Um die permanente Inventur durchführen zu können, benötigen Sie:

  • Lagerverwaltungssystem (LVS): softwarebasierte Systeme zur Verwaltung von Waren
  • Warenwirtschaftssystem (WWS): computergestütztes Verfahren zur Erfassung von Daten zum Warenbestand und zur Steuerung des Warenflusses

Eine einfache Inventurliste reicht bei der permanenten Inventur nicht aus, da die Daten laufend erfasst und aktualisiert werden müssen. Die Prozesse in der Buchhaltung sollten reibungslos funktionierten sowie professionell geplant, durchgeführt und überwacht werden, damit die Daten immer auf dem aktuellen Stand sind. Alles muss lückenlos erfasst (gebucht) und belegt werden.

Vorteile und Nachteile der Stichprobeninventur

Vorteile der Stichprobeninventur

Wenn Ihr Unternehmen über sehr große Warenbestände verfügt, ist der Aufwand für eine komplette körperliche Inventur wahrscheinlich zu hoch und nicht wirtschaftlich vertretbar. Hier bietet sich die Stichprobeninventur an.

Die Stichprobeninventur wird auch dann durchgeführt, wenn ein kleiner Warenanteil den größten Teil des gesamten Buchwerts ausmacht. Nur dieser wird gezählt. Der größere Warenanteil mit geringem Wert wird per Stichprobe und Schätzung erfasst. Typisches Beispiel dafür sind Schrauben und andere einfache Verbrauchsmaterialien.

Wichtig: Die Durchführung muss vorher durch das Finanzamt genehmigt werden, damit dieses die Daten aus der Stichprobeninventur auch wirklich akzeptiert.

Nachteile der Stichprobeninventur

Je geringer der Aufwand bei der Stichprobeninventur, desto eher leidet die Genauigkeit darunter. Ist die Stichprobe groß, wird das Ergebnis aussagekräftig, aber der Inventurpersonal benötigt mehr Zeit als bei einer kleineren Stichprobe. Es liegt an Ihnen, Genauigkeit und Aufwand aufeinander abzustimmen.

Je nachdem, welches statistische Schätzverfahren Sie für die Hochrechnung aus der Stichprobe nutzen, kann das Ergebnis erheblich von der Realität abweichen. Abweichungen können sich summieren und so Jahr für Jahr ein anderes Ergebnis ausweisen. Das müssen Sie in der Bilanz als Abschreibung oder Zuschreibung erfassen.

Vorteile und Nachteile der verlegten Inventur

Vorteile der verlegten Inventur

Weil Sie für die verlegte Inventur fünf Monaten Zeit haben, lässt sie sich gut planen. Sie haben die Möglichkeit, die Inventur genau dann durchzuführen, wenn in Ihrem Unternehmen – etwa saisonbedingt – mehr Zeit zur Verfügung steht.

Werden Differenzen entdeckt, bleibt Ihnen bei der verlegten Inventur genügend Zeit, um die Ursachen zu identifizieren und Fehler zu korrigieren.

Nachteile der verlegten Inventur

Wird die Inventur zeitversetzt durchgeführt, sollten Sie eine Fortschreibung und Rückrechnung zum Stichtag einplanen. Außerdem müssen alle Zugänge und alle Abgänge laufend exakt dokumentiert werden.

Durch die Fortschreibung und die Rückrechnung ist die vorgelegte Inventur anfälliger für Fehler.

Welche Rolle spielt eine Inventur für die Bilanz und Buchführung?

Die körperliche Inventur ermöglicht – genau wie die Buchinventur – den Vergleich des Unternehmenswerts vom Vorjahr zum aktuellen Jahr am Bilanzstichtag. Aufgrund der Bestandsaufnahme können Sie zwei wichtige Fragen beantworten:

  • Hat sich der Bestandswert meines Unternehmens gesteigert oder verringert?
  • Durch welche Bereiche (Anlagen, Waren …) hat sich dieser Wert gesteigert oder verringert?

Fehler bei der Inventur wirken sich auf die Bilanz aus. Werden die Fehler durch das Finanzamt aufgedeckt, folgen rechtliche Konsequenzen. Außerdem wissen Sie selbst in diesem Fall nicht, wie viel Bestandswert in Ihrem Unternehmen steckt.

Praxis

Die folgenden Vorlagen helfen Ihnen dabei, einen Überblick über die Bestandswerte in Ihrem Unternehmen zu behalten. Nutzen Sie die Tools, um

  • Ihre Liquidität auf den Prüfstand zu stellen,
  • die Bilanz mit Excel zu analysieren und
  • Ihre Lagerbestände über den zeitlichen Verlauf zu erfassen.

Zahlungsfähigkeit berechnen

Mit dieser Excel-Vorlage erfassen Sie alle Bestandspositionen aus der Bilanz, die Sie wie liquide Mittel verwenden können. Mit der Inventur ermitteln Sie den Bestand und den Wert dieser Bilanzpositionen. So haben Sie einen genauen Überblick über die Liquidität aufgrund Ihrer Bestände.

Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung prüfen

Mit dieser Excel-Vorlage stellen Sie die Bilanz und die Gewinn-und-Verlust-Rechnung auf den Prüfstand. Werten Sie die Ergebnisse über einen längeren Zeitraum aus, um Erkenntnisse zum Unternehmenserfolg zu gewinnen. Prüfen Sie damit auch, welche Bedeutung die Anlagen, die Waren und die Finanzbestände für den Erfolg Ihres Unternehmens haben.

Lagerbestand erfassen und analysieren

Halten Sie fest, wie sich die Lagerbestände im Jahresverlauf verändern und auf welchem Niveau sie sich bewegen. Diese Vorlage eignet sich insbesondere, um sie begleitend zur permanenten Inventur einzusetzen.

Dazu im Management-Handbuch

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