KundenanalyseInformationen zum Kunden sammeln

Durch eine Kundenanalyse lernen Sie Ihre Kunden kennen. Aber wie funktioniert die Kundenanalyse? Welche Kundendaten sind wirklich wichtig? Und welche verschiedenen Ziele verfolgen Unternehmen mit der Auswertung? Wir erklären, wie Sie auf Basis der Kundenanalyse Kaufmotive erkennen. Mit Beispielen und Praxisteil.

Warum Unternehmen Kunden kennenlernen sollten

Wer Produkte und Dienstleistungen erfolgreich verkaufen will, muss seine Kunden möglichst gut kennen. Eine wichtige Aufgabe des Marketings ist es, Informationen über bestehende und über potenzielle Kunden zusammenzutragen und dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die Informationen helfen dabei,

  • die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu verbessern,
  • neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und erfolgreich anzubieten,
  • den Kundenservice und interne Prozesse zu verbessern und
  • neue Kunden und Zielgruppen sowie neue Märkte zu entdecken und zu erschließen.

Ziele der Kundenanalyse

Grundsätzlich geht es bei der Kundenanalyse darum, dass Sie Ihre Kundinnen und Kunden besser kennenlernen und erkennen, wie Sie deren Anforderungen, Bedarfe, Bedürfnisse oder Wünsche erfüllen, sodass Ihre Kunden zufrieden sind. Außerdem sollen Kundinnen und Kunden Ihnen verbunden bleiben und Sie und Ihr Unternehmen vielleicht sogar weiterempfehlen.

Mit einer regelmäßigen und intensiven Kundenanalyse werden folgende Teilziele verknüpft:

  • die Stärken und Schwächen des Unternehmens und der Leistungen aus Sicht des Kunden erkennen
  • Mängel am eigenen Angebot aufdecken, bevor die Kunden daraus ihre negativen Konsequenzen ziehen
  • die Kundenorientierung bei den eigenen Mitarbeitern verbessern
  • dem Kunden zeigen, dass er dem Unternehmen am Herzen liegt
  • Maßnahmen identifizieren, mit denen Kunden zum Kaufen angeregt und an das Unternehmen gebunden werden können

Warum werden Kundeninformationen benötigt?

Da es grundsätzlich keine Einschränkungen gibt, welche Informationen vom und über den Kunden von Interesse sein könnten, kann das Sammeln von Informationen beliebig ausgedehnt werden. In der Praxis wäre damit viel Aufwand verbunden.

Deshalb werden die Informationen, die gesammelt werden, anhand der für das Marketing und die anderen Abteilungen im Unternehmen relevanten Fragen selektiert und gefiltert. Mit den Informationen aus der Kundenanalyse sollten Antworten auf Fragen möglich sein wie:

  • Warum kauft der Kunde bei meinem Unternehmen?
  • In welcher Situation befindet sich der Kunde dabei?
  • Welche Anforderungen, Bedarfe, Bedürfnisse, Wünsche oder Kaufmotive haben die Kunden?
  • Welche Produktideen oder Produktverbesserungen lassen sich daraus ableiten?
  • Wie sieht das optimale Produkt- und Dienstleistungssortiment aus?
  • Wie können die Kunden stärker an das Unternehmen gebunden werden?
  • Wie sieht das Profil der umsatzstärksten Kunden aus?
  • Welche Kunden müssen welche Aufmerksamkeit oder Betreuung erhalten?
  • Wie lässt sich der Umsatz mit einem bestehenden Kunden erhöhen?
  • Wie kann die Rentabilität eines bestehenden Kunden verbessert werden?
  • Wie kann der Kundenwert gesteigert werden?
  • Welches sind die wichtigen, welches die weniger wichtigen Kunden?
  • Wie müssen die unterschiedlichen Kunden behandelt werden?
  • Welche Unterschiede sind bei der Kundenpflege möglich oder notwendig?
  • Wie kann sich das Unternehmen gegenüber seinen Kunden im Vergleich zum Wettbewerb besser positionieren?
  • Welche anderen Kunden wären für das Unternehmen interessant?
  • Wo sind potenzielle Neukunden, die den bestehenden Kunden ähneln?
  • Wie lassen sich diese potenziellen Kunden gewinnen?
  • Wie kann die Zielgruppenansprache optimiert werden?
  • Wie können Marketingbudgets besser eingesetzt werden?

Die Informationen werden in Bezug auf solche Fragen erhoben, wie sie in den Fachabteilungen formuliert werden. Im Rahmen der Kundenanalyse werden diese Fragen geprüft und systematisiert, sodass anschließend Antworten aus den Informationen über den Kunden und aus der Kundenanalyse hergeleitet werden können.

Die Antworten werden dann für die Fachabteilungen aufbereitet. Diese können und sollen daraus Maßnahmen – etwa zur Strategieentwicklung oder Verkaufsförderung – ableiten.

Big Data für die Kundenanalyse

Das Sammeln der Informationen über den Kunden kann sehr aufwendig sein – je nachdem, wie es methodisch bewerkstelligt wird. In den letzten Jahren haben Unternehmen erkannt, dass viele Kunden zahlreiche Daten von selbst und automatisch liefern. Beispiel dafür sind:

  • Kunden besuchen die Webseite des Unternehmens, schauen sich dort bestimmte Produkte an und kaufen ein.
  • Kunden nutzen die Kundenkarte des Unternehmens, um Punkte oder Rabatte zu sammeln.
  • Kunden zeichnen ihre Bewegung und andere Aktivitäten mit ihrem Smartphone auf.
  • Kunden schreiben bei Instagram, Facebook, Twitter oder bewerten Produkte auf Marktplätzen wie Amazon.

Jedes Mal fallen Daten an. Durch die Menge der Kunden, der Webseiten-Klicks und der Einkäufe können das riesige Datenmengen werden; dafür hat sich der Begriff „Big Data“ etabliert. Die Daten können mit unterschiedlichen Techniken, mit Künstlicher Intelligenz (KI) und mit Statistik ausgewertet werden. Damit werden aus den Roh-Daten Informationen zum Kunden und zum Kundenverhalten. Diese Informationen können wiederum wertvolle Antworten liefern auf Fragen, wie sie oben formuliert wurden.

Stichwort

Big Data

Mit dem Begriff Big Data werden riesige Datenmengen bezeichnet, die zum Beispiel im Bereich Internet, Mobilfunk oder Verkehr entstehen und aufgezeichnet und festgehalten werden. Sie zeichnen sich aus durch ihre große Menge, die Geschwindigkeit, mit der sie entstehen sowie die Vielfalt. Oft sind diese Daten sehr unstrukturiert.

Darüber hinaus umfasst der Begriff Big Data das Bemühen, durch Statistik und andere Auswertungsmethoden sowie spezielle Technologien Muster und damit Informationen in den Datenmengen zu erkennen und zu nutzen. Insbesondere das Marketing will damit Informationen zum Kunden gewinnen, die dann zur individuellen Bearbeitung der Kunden eingesetzt werden können.

Kundengruppen bilden

Mit Big Data gibt es fast keine technischen Grenzen, jeden einzelnen Kunden zu beobachten und Daten über ihn zu sammeln. Bei den klassischen Methoden der Kundenanalyse durch Befragung oder Beobachtung kann der Aufwand schnell ansteigen.

Maßgeblich sind für die Kundenanalyse auch nicht die Datenmengen zu einem einzelnen Kunden, sondern die Informationen, aus denen sich Antworten auf spezielle Fragen ableiten und Maßnahmen umsetzen lassen.

Deshalb wird die Art der Datensammlung, der Informationserhebung und der Auswertung auf die Frage ausgerichtet. Ein wichtiger Schritt dabei ist, Kundengruppen zu bilden. Zunächst können unterschieden werden:

  • Der Privatkunde, Konsument oder Endverbraucher; ein einzelnes Individuum, Teil eines privaten Haushalts mit anderen Haushaltsmitgliedern; in vielen Fällen anonym.
  • Der Geschäftskunde; ein Unternehmen, in dem eventuell mehrere Personen über den Kauf entscheiden (Buying Center); oft sind diese Personen bekannt.

Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil zum einen die Informationen über die Kunden anders beschafft werden. Zum anderen werden die unterschiedlichen Kundengruppen anders behandelt oder bearbeitet.

Kunden können zudem danach eingeteilt werden, wie gut sie das Unternehmen und seine Leistungen bereits kennen. So können unterschieden werden:

  • Erstkäufer
  • Einmalkäufer
  • Mehrfachkäufer
  • loyale Käufer
  • Empfehlungskunde

Potenzielle Kundschaft analysieren

Die Kundenanalyse betrifft nicht nur die bestehenden Kunden. Sie sollten damit auch die „Noch-nicht-Kunden“ oder potenziellen Kundinnen und Kunden betrachten und analysieren. Bestehende und potenzielle Kunden werden beide unter dem Begriff der Zielgruppe gefasst. Letztlich sind das die Personen oder Unternehmen, denen das Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen verkaufen möchte.

Das bedeutet, dass Sie im Rahmen der Kundenanalyse selbst festlegen, welche Zielgruppe für die Informationssammlung relevant ist und deshalb genauer betrachtet werden soll. Im ersten Schritt der Kundenanalyse müssen Sie diese Abgrenzung Ihrer Zielgruppe vornehmen.

Sie hängt insbesondere davon ab, welche Unternehmensstrategie oder Marketingstrategie Sie in Ihrem Unternehmen verfolgen und welche Fragestellungen Sie damit im Einzelnen haben.

Die Kaufmotive von Kunden erkennen

Kernfrage der Kundenanalyse ist: Warum kauft ein Kunde das Produkt?

Das kann viele Gründe haben, die sich aus der jeweiligen (zufälligen) Kaufsituation ergeben. Oder der Kunde schätzt eine Marke und bestimmte Produkt- und Servicemerkmale und greift deshalb zu genau diesem Produkt. Mit der Kundenanalyse will das Unternehmen solche Verhaltensweisen besser verstehen; es will die Kaufmotive des Kunden erkennen.

Um hilfreiche Antworten zu geben, wurden in der Marktforschung unterschiedliche Modelle und Methoden entwickelt. Sie sind zunächst auf den Privatkunden ausgerichtet. Marketing-Verantwortliche wollen den Konsumenten besser verstehen: Wie lebt die Person? Woran glaubt sie? Was kauft sie?

Wichtige Modelle, die das erklären:

  • Zielgruppen nach den Sinus-Milieus von SinusSociovision
  • Zielgruppen nach dem Semiometrie-Modell von TNS Infratest
  • Roper Consumer Styles der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)
  • Limbic Map nach Hans-Georg Häusel
Tipp

Wie Sie Kunden in Kundensegmente einteilen

Im Handbuch-Kapitel Kundensegmentierung werden diese Modelle beschrieben und erläutert, wie sie für die Kundenbearbeitung genutzt werden können. Sie erfahren dort, welche Kundenmerkmale beim jeweiligen Modell betrachtet werden und wie diese für die Marktforschung und Kundenanalyse eingesetzt werden.

Beispiel: Limbic Map nach Hans-Georg Häusel

Die Limbic Map bildet Kaufmotive von Kunden in einem Modell ab, das aus den Erkenntnissen der Gehirnforschung und der Psychologie entwickelt wurde. Es zeigt auf: Neben den grundlegenden Vitalbedürfnissen wie Nahrung, Schlaf und Atmung gibt es drei Motiv- und Emotionssysteme, die das gesamte Leben der Menschen bestimmen:

  • Balance
  • Dominanz
  • Stimulanz

Daneben gibt es weitere „Submodule“, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben:

  • Bindung
  • Fürsorge
  • Spiel
  • Jagd/ Beute
  • Raufen
  • Appetit/ Ekel
  • Sexualität

Auf dieser Basis will die Limbic Map aufzeigen, warum Kunden ein bestimmtes Produkt kaufen, warum sie eine Marke besonders schätzen und auf welche Werbung sie ansprechen. Die Limbic Map erklärt dies nicht nur für einzelne Personen und den Endverbraucher. Aus ihr lassen sich auch Erkenntnisse gewinnen, um das Kaufverhalten, die Motive und Anforderungen von Geschäftskunden besser zu verstehen und zu beschreiben. Denn es sind Menschen aus den unterschiedlichen Funktionsbereichen, aus der Geschäftsleitung, dem Einkauf oder dem Controlling, die Kaufentscheidungen im Unternehmen treffen.

Kundenmerkmale erfassen

Um die Kaufmotive besser zu verstehen, müssen Sie weitere Merkmale und Charakteristika Ihrer Kunden kennen. Diese werden für einzelne Kunden oder Kundengruppen erfasst und dann ausgewertet:

  • Welche Zusammenhänge erkennt man?
  • Was fällt bei Kunden besonders auf?
  • Was unterscheidet die einen von den anderen?

Die folgende Liste zeigt Beispiele für den Endverbraucher:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Familienstand
  • Bildungsniveau
  • Beruf
  • Einkommen
  • Wohnverhältnisse
  • Werte
  • Glaubenssätze
  • Einstellungen
  • Verhalten
  • Lebensstil
  • Wohnort
  • Wohngegend
  • kaufrelevante persönliche Situation

Und die folgende Liste nennt Merkmale und Charakteristika für Unternehmen als gewerbliche Kunden:

  • Branche
  • Größe des Unternehmens
  • Standort
  • eingesetzte Technologie
  • Kompetenzen und Know-how
  • Beschaffungspolitik (Werte)
  • Kaufkriterien
  • bestehende Beziehungen
  • Stellung der Beschaffungsfunktion im Unternehmen
  • formale Kriterien (Einkaufs-, Vergaberichtlinien)
  • Risikobereitschaft
  • Dringlichkeit
  • Auftragsvolumen

Mit dem Persona-Konzept Kunden beschreiben

Die Kunden, ihre Merkmale, Charakteristika und Kaufmotive können mit dem sogenannten Persona-Konzept anschaulich dargestellt werden. Dazu wird eine fiktive Person benannt und beschrieben, die stellvertretend für die Kundengruppe oder Zielgruppe steht. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel.

Abbildung 1: Beispiel für die Kundenbeschreibung nach dem Persona-Konzept
Stichwort

Persona-Konzept oder Buyer Persona

Um Kunden, Kundensegmenten und Zielgruppen ein Gesicht zu geben und sie möglichst greifbar zu machen, wird im Marketing das Persona-Konzept eingesetzt. Aus der relevanten Zielgruppe wird ein Mensch herausgegriffen, abgebildet und beschrieben, der für diese Zielgruppe möglichst typisch ist. Diese Persona oder Buyer Persona bekommt ein Bild (Foto), einen Namen und wird möglichst exakt beschrieben anhand von Kriterien wie: Alter, Ausbildung, Beruf, Familienstand, Einkommen, Hobbys, Freizeitaktivitäten, Sorgen, Nöte, Ziele etc. Alle Angaben sind realistisch und können genau so auf eine Person zutreffen. Sie sind so exakt und aussagekräftig wie möglich für diese Zielgruppe.

Mit dem Persona-Konzept soll der Kunde für die Akteure aus Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung anschaulich werden, sodass diese Werbung, Verkauf und Produkte besser auf diese Person und damit auf das dazugehörende Kundensegment ausrichten.

Tipp

Wie Sie die den Kunden mit dem Persona-Konzept genau beschreiben

Wie Sie Ihre Kunden mithilfe des Persona-Konzepts analysieren und im Detail beschreiben, erfahren Sie im Handbuch-Kapitel zur Kundensegmentierung im Abschnitt: Mit dem Persona-Konzept einzelne Kundensegmente anschaulich beschreiben.

Praxis

Fragestellungen zur Kundenanalyse festlegen

Klären Sie für Ihr Unternehmen und Ihren Bereich, warum Sie eine systematische und dauerhafte Kundenanalyse etablieren wollen. Überlegen Sie und schreiben Sie auf:

  • Was wissen Sie über Ihre Kunden bereits?
  • Was wäre für Sie interessant, über Ihre Kunden zu wissen?
  • Wofür sind diese Informationen wichtig oder hilfreich?

Leiten Sie daraus ab, welche Daten und Informationen Sie zu Ihren Kunden sammeln und auswerten wollen. Unterscheiden Sie dabei:

  • Was soll allgemein, regelmäßig und dauerhaft erfasst werden?
  • Welche Daten und Informationen werden jetzt für eine spezielle Frage, eine Aufgabe oder ein laufendes Projekt benötigt?

Halten Sie Ihre Fragestellungen sowie die Daten und Informationen, die Sie dafür benötigen, in der folgenden Vorlage fest.

Kunden und Zielgruppen eingrenzen

Prüfen Sie im nächsten Schritt, welche bestehenden und potenziellen Kunden, Kundengruppen oder Zielgruppen Sie dabei betrachten sollten. Grenzen Sie diese gegebenenfalls ein. Halten Sie Ihre Überlegungen mit den folgenden Vorlagen fest.

Für das Marketing und den Vertrieb ist letztlich entscheidend, aus welchen Gründen ein Kunde sich für ein bestimmtes Produkt entscheidet. Dazu muss sein Kaufverhalten genau unter die Lupe genommen werden. Wie Sie dabei vorgehen, erfahren Sie im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels.

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