RecruitingNeue Mitarbeiter finden in 4 Schritten
Kennen Sie die Postkorb-Übung aus dem Assessment-Center? Bei dieser Übung müssen Bewerberinnen und Bewerber beweisen, dass sie Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden können. Führungskräfte und Personalverantwortliche stehen selbst regelmäßig vor diesem Problem, wenn es um Recruiting geht: Welche Bewerbung ist vielversprechend? Und welche nicht?
Personalverantwortliche sollten sich daher eine effiziente Vorgehensweise angewöhnen. Trennen sich Unternehmen nach der Einarbeitungszeit von Mitarbeitenden, wird das häufig Führungskräften zur Last gelegt. Daher gilt: Gehen Sie bei der Mitarbeitersuche gezielt vor, um Zeit zu sparen und die Top-Kandidatin oder den Top-Kandidaten für Ihr Unternehmen zu sichern. Dann ist die wertvolle Probe- und Einarbeitungszeit nicht vergeudet.
Mitarbeiter finden – Schritt für Schritt
Folgende Vorgehensweise bei der Personalbeschaffung hat sich bewährt:
Schritt 1: Anforderungsprofil erstellen
Ein zentraler Filter für die später eingehenden Bewerbungen sollte schon erarbeitet sein, bevor die Stellenanzeige geschaltet wird: ein schriftlich fixiertes Anforderungsprofil der Stelle. Dieses sollte konkret die Ziele dokumentieren, die Sie mit der neuen Mitarbeiterin oder dem neuen Mitarbeiter anstreben.
Beispiel, um ein Ziel zu formulieren:
„Wir wollen in den kommenden x Jahren Marktführer für Baumaschinen in Osteuropa werden und dabei einen Umsatz von y Euro generieren.“
Solche Ziele fließen in das stellenspezifische Anforderungsprofil ein, das die Fragen beantwortet: Welche Soft Skills und Hard Skills benötigt ein Kandidat, um der Richtige für die freie Position zu werden? Hierfür sollten Personaler im Haus Rücksprache mit den Fach- und Führungskräften der jeweils betroffenen Abteilung halten.
Ganz zum Schluss der Personalauswahl kommen nur noch sehr wenige Kandidaten und Kandidatinnen in die engste Auswahl. Nutzen Sie die Muss- und Kann-Anforderungen, um zeitsparend die endgültige Entscheidung zu treffen.
Mögliche Auswahlkriterien sind zum Beispiel:
- Der Kandidat muss über eine einschlägige Berufserfahrung in Höhe von x Jahren verfügen.
- Fremdsprachenkenntnisse in X sind von Vorteil – in Y jedoch zwingend.
- Fortbildung Z muss gegeben sein (beispielsweise in veränderungsintensiven Berufsfeldern wie der IT)
Dieses Anforderungsprofil wird schlussendlich als Messlatte und zweiter Filter an die eingehenden Bewerbungen angelegt. Es lässt sich aber auch zielführend als Leitfaden im eventuellen späteren Vorstellungsgespräch oder im Assessment-Center verwenden.
Ganz nebenbei verbessern Sie die Qualität von Stellenanzeigen, die allzu oft abstrakt formuliert sind („teamfähig, kommunikativ, MS Office-Kenntnisse …“) und dadurch zu viele unqualifizierte Bewerbungen anziehen. Nutzen Sie das Anforderungsprofil auch, um Ihre Stellenausschreibungen konkret statt abstrakt zu schreiben!
Die Kandidatin oder der Kandidat hat auch diese Hürde übersprungen? Dann lohnt, für den weiteren, Ressourcen schonenden Feinschliff der Vorauswahl, der Blick in die eingesandten Bewerbungsunterlagen.
Schritt 2: Qualität der Bewerbungsunterlagen beurteilen
Gute mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit ist in den meisten Jobs gefragt. Daher hilft auch die Analyse des Schreibstils eingegangener Bewerbungen, um den bereits geschrumpften Bewerbungsstapel weiter zu filtern.
Folgende Fragen können eine Rolle spielen:
- Verliert sich der Verfasser oder die Verfasserin in beliebig austauschbaren Phrasen und Floskeln?
- Kann er oder sie konkret (statt abstrakt) verdeutlichen, warum er oder sie die richtige Besetzung darstellt?
- Sind die Unterlagen hinsichtlich des Layouts, Fotos und der sonstigen Gestaltung sorgfältig erstellt worden?
Sind Hobbys oder Ehrenämter erkennbar, die eine Aussage zur Motivation erlauben? Wer in diesen beiden Bereichen Zeit investiert, brennt für eine Aktivität, aus der sich auch Soft Skills ableiten lassen.
Ihre Bewerberinnen und Bewerber haben es von der engen in die engste Auswahl geschafft? Dann folgt jetzt das Vorstellungsgespräch.
Schritt 3: Motivationscheck durch Arbeitsproben
Qualität kommt bekanntlich von Qual: Arbeitgeber, welche die Motivation ihrer Bewerberinnen und Bewerber im Vorfeld des aufwendigen Auswahlprocederes belastbar prüfen möchten, können kleine Arbeitsaufgaben stellen. Diese werden als Teil der Bewerbung eingereicht. Dabei kann es sich zum Beispiel um stellenbezogene Arbeitsproben handeln.
Beispiel: User Experience Designer
User Experience Designer (UX Designer) optimieren das Nutzungserlebnis, das Anwender mit Webseiten oder Apps haben. Dabei spielt die Nutzerfreundlichkeit eine wichtige Rolle.
Einer solchen Bewerberin oder einem Bewerber könnten Sie die folgende Aufgabe stellen: Reichen Sie ein kurzes Konzept ein, in dem eine Fitness-App analysiert werden soll.
Die Fragestellung: Wie läuft die Interaktion mit der App? Welche Funktionen sollte die App mitbringen? Wie zufrieden war er als Nutzer mit den vorhandenen Funktionen? Und warum?
Beispiel: Online-Redakteur
Im zweiten Beispiel sucht eine Online-Redaktion eine Redakteurin oder einen Redakteur für Produktbeschreibungen. Interessierte Kandidatinnen und Kandidaten sollten neben den üblichen Unterlagen einen Produkttext verfassen, der zum Kauf eines Katzenkratzbaums anregen soll. Die Zeichenzahl geben Sie vor.
Ihre Bewerberinnen und Bewerber haben sich die Zeit für eine stellenspezifische Vorfeld-Arbeitsaufgabe genommen? Sehr gut, das sagt etwas über ihre Motivation aus. Um die nun bereits kleiner gewordene Bewerberschar weiter zu sieben, bietet sich als Nächstes das Verfassen eines Anforderungs- oder Suchprofils an.
Hohe Motivation wichtig für nachhaltige Stellenbesetzung
Auch der Lebenslauf und hier speziell Hobbys, Vereinstätigkeit oder Ehrenämter lassen Rückschlüsse auf die Motivation zu. Je klarer sich eine Hin-zu-Motivation (hin zum neuen Job) anstelle einer Weg-von-Motivation (Bewerber will vor allem raus aus dem alten Job) im Vorfeld erkennen lässt, desto wahrscheinlicher ist eine nachhaltige Stellenbesetzung.
Schritt 4: Vorstellungsgespräch führen
Das Job-Interview oder das erheblich zeitaufwendigere Assessment-Center nutzen Sie, um effizient und zeitsparend Fehlbesetzungen zu verhindern. Hierfür bietet sich zunächst der Anforderungs- und Qualifikationskatalog an: Aus diesem heraus lassen sich Fragen formulieren, die zum Leitfaden des Gesprächs werden.
Thematisieren Sie anhand dieses Katalogs, welche Anforderungen und Ziele mit der Stelle verbunden sind – und warum der Kandidat oder die Kandidatin meint, dass er oder sie diese perfekt erfüllt.
Stellen Sie eine aktuelle Herausforderung des betroffenen Unternehmensbereichs in den Raum und initiieren Sie ein Fachgespräch über mögliche Lösungen aus Sicht des Bewerbers.
Beispiele für das Leitmotiv:
- Was würden Sie tun, um … Markt X zu erschließen?
- … Konkurrent Y Marktanteile abzujagen?
- … die Vertriebs- oder Vermittlungsquote zu erhöhen?
- … mehr Traffic auf die Webseite zu bringen?
- … die Kundenzufriedenheit unseres Bio-Supermarkts zu steigern?
Um die Motivation zu testen, empfiehlt sich darüber hinaus, im Gespräch Hobbys und Ehrenämter einzubeziehen: Wer sonntags gern am Moped schraubt, dürfte als angehender Azubi für Zweirad-Mechatronik besser geeignet sein als jemand, der Mandala-Workshops besucht.
Je nach Erfordernis können Sie auch spezielle Fragetechniken oder Fragen zum Verhalten in einer bestimmten Situation stellen.
Beispiel: Einfühlungsvermögen
Eine Stelle erfordert viel Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit zum Perspektivwechsel. Der Mitarbeitende muss sich in Kunden hineinversetzen.
Mit zirkulären Fragen prüfen Sie, ob sich Ihr Gegenüber in andere Menschen hineinversetzen und sich mit ihrer Sichtweise auseinandersetzen kann:
„Was würde Ihr bester Freund sagen, wenn ich ihn frage, welches Ihre größten Schwächen sind?“
Beispiel: Umgang mit Konflikten
Eine neue Führungskraft wird gesucht, und zwar für eine Abteilung, in der es seit Langem zwischen verschiedenen Mitarbeitern knirscht. Schildern Sie konkrete Konfliktsituationen und lassen Sie die Kandidaten ausführen, wie sie damit umgehen würden.