Betriebliches Gesundheitsmanagement planenKennzahlen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement zusammenstellen und nutzen

Beim betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) müssen Ziele erreicht und Rahmenbedingungen eingehalten werden. Führen Sie deshalb Controllingmaßnahmen für Ihr Gesundheitsmanagement durch. Prüfen Sie die Wirksamkeit der BGM-Maßnahmen, indem Sie geeignete Kennzahlen festlegen, ermitteln und für die Erfolgskontrolle auswerten.

Kennzahlen zum Gesundheitsmanagement zusammenstellen

Was auch immer im Unternehmen zum Gesundheitsmanagement geplant und durchgeführt wird – es soll zu den Zielen und Leitlinien beitragen. Ob und wie viel eine Maßnahme beiträgt, müssen spezielle Kennzahlen sichtbar machen.

Deshalb müssen Sie für jede einzelne Maßnahme klären, wie und woran Sie erkennen, ob sie im Sinne des Gesundheitsmanagements erfolgreich ist und einen Beitrag dazu leistet.

Beispiel

Kennzahlen für ergonomische Arbeitsplätze

Mit der Mitarbeiterbefragung wurde ermittelt, dass viele Beschäftigte Rückenleiden durch langes und einseitiges Sitzen haben. Oft kommt es zu Ausfällen und Krankschreibungen wegen Rückenproblemen.

Deshalb ist geplant, höhenverstellbare Schreibtische und ergonomische und rückengerechte Sitzmöbel zu beschaffen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Anwendung zu schulen (Rückenschule).

Um den Erfolg der Maßnahmen zu messen und zu prüfen, werden folgende Kennzahlen erhoben:

  • Anteil der rückengerechten Schreibtische und Sitzmöbel an der Gesamtzahl der Möbel
  • Nutzungsgrad der Stühle
  • Anteil der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ohne Rückenleiden an der Gesamtzahl der Beschäftigten

Die Kennzahlen müssen durch Zählen, Messen, Schätzen oder mithilfe einer Mitarbeiterbefragung erhoben werden. Einige Kennzahlen sind nur ein indirekter Indikator zur Messung der Zielerreichung.

Im Beispiel für ergonomische Arbeitsplätze sagt die Zahl der Möbel allein noch nichts zum Effekt auf die Gesundheit aus. Deshalb muss durch Befragung ermittelt werden, ob Rückenleiden in der Belegschaft im Laufe der Zeit zurückgehen. Die jeweiligen Kennzahlen, die ermittelt, gesammelt und ausgewertet werden, müssen also auf das jeweilige Ziel, die Maßnahme und den Aufwand zur Messung ausgerichtet sein.

Weitere Indikatoren und Kennzahlen können unabhängig von einzelnen Maßnahmen, die Situation im Unternehmen im Hinblick auf Gesundheit und Wohlbefinden der Beschäftigten sichtbar machen. Sie geben ein Gesamtbild vom betrieblichen Gesundheitsmanagement im Unternehmen. Im Folgenden einige Beispiele.

BGM-Kennzahlen zur Mitarbeiterstruktur

Die Zusammensetzung der Belegschaft im Unternehmen ist eine wichtige Rahmenbedingung für die Bedingungen und Möglichkeiten zum betrieblichen Gesundheitsmanagement. Die Mitarbeiterstruktur kann abgebildet werden durch:

  • Altersdurchschnitt der Belegschaft
  • Altersstruktur, Häufigkeitsverteilung nach Altersklassen
  • Kennzahlen zur Diversity in der Belegschaft
  • Ausbildung und Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

BGM-Kennzahlen zum Arbeitsplatz und zum Aufgabenbereich

Die Anforderungen am Arbeitsplatz lassen sich darstellen durch:

  • Art der Arbeit; körperlich, geistig, besondere körperliche Belastungen (Lärm, Temperatur, Luft, Strahlung etc.)
  • Menge der Arbeit
  • Zusammenarbeit mit anderen Personen (intern und extern)

Hinweis: Um die Belastungen am Arbeitsplatz zu messen, werden Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt und entsprechende Kennzahlen und Messwerte erfasst.

BGM-Kennzahlen zum Verhalten der Mitarbeitenden

Das persönliche Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Erhalt ihrer eigenen Gesundheit spielt eine wichtige Rolle, wenn es um den Gesundheitszustand insgesamt geht, aber auch wenn es um Möglichkeiten geht, diese zu verbessern. Indikatoren für das „gesunde Verhalten“ der Beschäftigten sind beispielsweise:

  • Raucherquote
  • Anteil der Beschäftigten mit Übergewicht (Adipositas)
  • Beschäftigte mit Suchtkrankheit
  • Anteil Beschäftigte, die einmal pro Woche Sport treiben
  • Anteil Beschäftigte, die sich gesund ernähren
  • Anteil der Beschäftigten, die Angebote zum Gesundheitsmanagement in Anspruch nehmen

BGM-Kennzahlen zum Krankenstand

Dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krank werden, ist zunächst nichts Besorgniserregendes. Problematisch wird es, wenn die Zahl der Betroffenen hoch ist oder die Art der Krankheiten auf besondere Gefährdungen im Unternehmen schließen lässt. Mögliche Kennzahlen sind dementsprechend:

  • Krankenquote
  • Dauer der Krankheit, durchschnittliche Falldauer
  • Arbeitsunfähigkeit langfristig
  • Anzahl der Beschäftigten, die krankheitsbedingt ihre Arbeit aufgeben mussten

Bei den Arten der Krankheiten kann unterschieden werden:

  • Wie häufig kommen welche Krankheiten vor? Rücken, Stress, Bluthochdruck, Kreislauf, Depression etc.
  • Gibt es viele Kurzzeitfälle?
  • Gibt es viele chronische Erkrankungen?
  • Betrifft es die Jüngeren oder die Älteren häufiger?
  • Ist der Schwerpunkt „der Rücken“ oder „die Psyche“?
  • Gibt es eine Grippewelle?

Hinweis: Daten zu unterschiedlichen Krankheiten lassen sich im Unternehmen nicht ermitteln, da mit der Krankmeldung keine Informationen dazu übermittelt werden. Gegebenenfalls können Krankenkassen entsprechende Angaben machen, wenn Datenschutz und Anonymität gewahrt sind.

BGM-Kennzahlen zu Arbeitsunfällen

Besondere Bedeutung haben die Fälle, bei denen ein Unfall im Unternehmen (oder auf dem Weg dorthin oder auf Dienstreisen) der Grund für den Ausfall von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist. Diese werden auch aus Sicht des verpflichtenden Arbeitsschutzes gesondert erfasst. Mögliche Kennzahlen sind:

  • Arbeitsunfälle pro Tag
  • Arbeitsunfälle je Abteilung
  • Ausfallzeiten in Tagen durch Arbeitsunfälle

Außerdem kann nach Art der Arbeitsunfälle unterschieden werden.

BGM-Kennzahlen zu psychischen Belastungen

Ausfälle durch besondere psychische Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen im betrieblichen Gesundheitsmanagement immer mehr an Bedeutung. Hier kommt es darauf an, die Ursachen von Stressfaktoren zu erkennen und deren Folgen zu identifizieren. Mögliche Kennzahlen sind entsprechend:

  • Belastung durch Arbeitsmenge
  • Ausfall von Pausen
  • Überstunden, mehr als 55-Arbeitsstunden pro Woche
  • Stress durch Unter- oder Überforderung
  • Fehlerhäufigkeiten
  • Anzahl Schichtarbeit, Wochenendarbeit, Rufbereitschaft
  • Teilzeitarbeit auf Abruf
  • befristete Arbeitsverträge
  • fehlende soziale Beziehungen
  • falsches Verhalten der Führungskräfte
  • Fälle von Mobbing
  • Konflikte

Betriebliche Eingliederungsmaßnahmen (BEM)

Sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längere Zeit wegen einer Krankheit nicht im Unternehmen, müssen besondere Eingliederungsmaßnahmen stattfinden, wenn die Betroffenen wieder arbeitsfähig sind und zurückkommen. Die Bedeutung des betrieblichen Eingliederungsmanagements kann gemessen werden durch:

  • Anzahl der betroffenen Fälle
  • Dauer für die Wiedereingliederung
  • Abbruchrate

BGM-Kennzahlen zur Attraktivität von Maßnahmen

Neben den Kennzahlen, die Problemfelder und Problemfälle sichtbar machen, können auch Kennzahlen ermittelt werden, die Lösungen und Verbesserungen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement anzeigen. Das sind unter anderem die Anzahl der Angebote zu BGM-Maßnahmen, wie zum Beispiel:

  • Workshops im Team
  • Schulung der Führungskräfte
  • Schulung der Mitarbeitenden
  • Rückenschule
  • Massage
  • Fitness-Kurse
  • Gesundes-Essen-Tage
  • Diätkurse

Neben den Angeboten muss die Nachfrage gemessen werden: Wie viele haben an den entsprechenden Angeboten teilgenommen? Was ist eingeschlafen, was hat sich etabliert?

BGM-Kennzahlen zu wirtschaftlichen Effekten des Gesundheitsmanagements

Auch wenn die Gesundheit der Beschäftigten das wesentliche Ziel des betrieblichen Gesundheitsmanagements ist, so müssen aus Unternehmenssicht immer auch die wirtschaftlichen Effekte durch Krankheit, Unfälle, Fehlbelastungen etc. erkannt und gemessen werden. An diesen Effekten zeigt sich letztlich die Wirksamkeit der BGM-Maßnahmen für das Unternehmen. Mögliche Kennzahlen sind:

  • Ausgaben für Entgeltfortzahlungen
  • Kosten des Krankenstands
  • Investitionen in ergonomische Arbeitsplätze
  • Investitionen in Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
  • Kosten für laufende Maßnahmen: Rückenschule, Massagen, Yoga, Fitness-Kurse
  • Kosten für Kantine und gesundes Essen
  • Fluktuation in der Belegschaft

Neben der Höhe der Kosten kann auch das Verhältnis der Gesundheits- und Krankenkosten zu weiteren Kennzahlen aufschlussreich sein. Beispiele sind:

Gesundheitsförderungskoten = Kosten ungestörter Arbeitsstunden =
Kosten für Gesundheit und Arbeitsschutz ÷ (Soll-Arbeitsstunden pro Jahr – Ausfallstunden pro Jahr)

Ausfallzeitkosten pro Vollzeitäquivalent und Tag =
(Anzahl erkrankter Mitarbeiter × Dauer der Erkrankung) + (Anzahl verunfallter Mitarbeiter ×  Dauer der Nachunfallzeit)
× Durchschnittsgehalt pro Tag
÷ Summe Vollzeitäquivalente

Kennzahlen-Dashboard zum Gesundheitsmanagement

Die Kennzahlen, die Sie im Rahmen des Controllings zum betrieblichen Gesundheitsmanagement laufend verfolgen und analysieren wollen, können Sie in einem Kennzahlen-Dashboard zusammenstellen. Wie jedes andere Kennzahlen-Dashboard sollte auch das BGM-Kennzahlen-Dashboard übersichtlich sein und die Informationen auf einen Blick darstellen, die wichtig sind für:

  • Planung von Maßnahmen
  • mögliche Verbesserungen
  • aktives Eingreifen durch Führungskräfte bei Problemfällen (Steuerung)

Damit das Dashboard übersichtlich bleibt, werden Kennzahlen zu Themen und Gruppen zusammengefasst. Für das Gesundheitsmanagement könnten folgende Themen relevant sein:

  • Krankenquote und Unfälle
  • Verhalten der Beschäftigten
  • Angebote an BGM-Maßnahmen und ihre Nutzung
  • Investitionen und Kosten für BGM

In jedem Themenblock werden ein bis vier Kennzahlen dargestellt, die aus Sicht des Unternehmens und der BGM-Verantwortlichen wichtig sind. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel, wie ein Kennzahlen-Dashboard aufgebaut sein kann.

Kennzahlen-Dashboard für das betriebliche Gesundheitsmanagement (Beispiel)

Gesundheitsbericht erstellen

Um die Bedeutung und die Erfolge mit Ihrem Gesundheitsmanagement zu vermitteln, können Sie einmal pro Jahr einen Gesundheitsbericht erstellen. Dieser richtet sich an die Geschäftsleitung, aber auch an die Vertretung der Beschäftigten (Betriebsrat oder Personalrat) sowie an die Bereichsleitung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst.

Inhalte des Gesundheitsberichts können sein:

  • Ziele, die Sie mit dem Gesundheitsmanagement erreichen wollen
  • Maßnahmen und Aktivitäten, die Sie im vergangenen Jahr durchgeführt haben
  • Zielgruppen im Unternehmen, die Sie damit erreichen wollen und erreicht haben
  • Kennzahlen zur Gesundheit bei den Beschäftigten, wie Sie oben benannt sind (die wichtigen)
  • Schwerpunkte für die Aktivitäten im Gesundheitsmanagement für die kommenden Monate

Die Kennzahlen sollten Sie so aufbereiten, dass deutlich wird, was im Laufe der Zeit verbessert wurde und wo es (noch immer) Defizite gibt. Sie vergleichen dazu die Werte aus dem vergangenen Jahr mit den Jahren davor und zeigen Veränderungen oder Trends.

Praxis

Kennzahlen zum BGM zusammenstellen

Klären Sie, mit welchen Kennzahlen Sie die Effekte der geplanten Maßnahmen prüfen können.

Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel, wie Sie eine BGM-Kennzahl festlegen, im Zeitverlauf messen und in einem Diagramm darstellen können. Dabei sind Zielwerte ergänzt, die zeigen, welcher Wert aus Sicht des Unternehmens erreicht werden soll (grüne Linie) und bei welchem Wert Handlungsbedarf besteht (rote Linie).

BGM-Kennzahl Anteil der Mitarbeiter, die an Kursen zur Gesundheitsförderung teilnehmen

Nutzen Sie die folgenden Excel-Vorlagen und passen Sie diese an Ihre Kennzahlen an. Sie haben damit eine einfache Übersicht über den Verlauf der jeweiligen Kennzahl und damit über den Erfolg mit Ihrem Gesundheitsmanagement.

Kennzahlen zur Arbeitssituation:

Kennzahlen zu Krankheitsfällen:

Kennzahlen zum Arbeitsschutz:

Kennzahlen zu den Beschäftigten und gesundheitsrelevantem Verhalten:

Kennzahlen zur Attraktivität von BGM-Maßnahmen:

Kennzahlen zu Investition und Kosten durch Gesundheitsmanagement:

Wirtschaftlichkeit von BGM-Maßnahmen prüfen

Wenn Sie Investitionen und Kosten für das betriebliche Gesundheitsmanagement erfassen und auswerten, sollten Sie klären, was die für Sie wichtigen Fragestellungen sind. Beispiele sind:

  • Wird das Budget eingehalten?
  • Wird im Branchenvergleich mehr oder weniger investiert in BGM?
  • Gibt es Möglichkeiten, Kosten zu sparen, ohne dass die Leistungen zum BGM davon betroffen sind?

Mögliche Aspekte für Kosteneinsparungen sind:

  • Reduzierung der durch Arbeitsunfälle verursachten Gesamtkosten
  • Reduzierung der Ausfallzeiten und der durch Betriebsunterbrechungen verursachten Kosten
  • Reduzierung der Kosten für Versicherungsprämien
  • Reduzierung der Abwesenheitszeiten und der Mitarbeiterfluktuationsrate

Außerdem sollten Sie bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit von BGM-Maßnahmen die langfristigen Effekte beachten. Dazu zählen beispielsweise die Steigerung des Ansehens bei Kunden sowie die Attraktivität als Arbeitgeber auf dem Jobmarkt.

BGM-Kennzahlen in einem Dashboard aufbereiten

Die vielen möglichen Kennzahlen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement sind hilfreich und notwendig, um einzelne Maßnahmen zu prüfen und zu bewerten und um einzelne Aktivitäten zu steuern und zu verbessern. Gleichzeitig brauchen Sie aber auch einen Gesamtüberblick.

Entwickeln Sie dazu ein Dashboard für die wichtigsten BGM-Kennzahlen für Ihr Unternehmen oder Ihren Verantwortungsbereich. Welche Kennzahlen Sie für das Dashboard auswählen, hängt von den Zielen ab, die für Sie besonders wichtig sind. Deshalb sollten Sie:

  • die wichtigen Ziele zum BGM benennen,
  • klären: „Woran erkennen wir, ob das jeweilige Ziel erreicht ist?“,
  • dazu eine geeignete Kennzahl definieren: Messwert, Messintervall, Istwert, Sollwert,
  • eine hilfreiche Visualisierung für die Kennzahl festlegen,
  • das BGM-Kennzahlen-Dashboard zusammenstellen,
  • die Werte regelmäßig pflegen, aktualisieren,
  • Ergebnisse analysieren und im Team besprechen und
  • Maßnahmen ableiten und umsetzen.

Das Modell der Balanced Scorecard (BSC) kann beim Controlling zum Gesundheitsmanagement helfen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Stellen Sie mit dem BSC-Modell und der folgenden Vorlage alle wichtigen Ziele zusammen und klären Sie, mit welchen Kennzahlen Sie die Zielerreichung erkennen können.

Nutzen Sie die folgende Vorlage als ein Muster für Ihr Kennzahlen-Dashboard zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Dazu im Management-Handbuch

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