ProjektmanagementVon der Linienorganisation zur Projektorganisation

Stellen Unternehmen von der Linienorganisation auf die Projektorganisation um, bedeutet das einen tiefgreifenden organisatorischen sowie kulturellen Wandel. Wie gelingt die Umstellung innerhalb des Projektmanagements?

Der Wechsel von einer Linienorganisation in eine Projektorganisation betrifft das ganze Unternehmen: Arbeitsweisen, Hierarchiestufen und Karrierewege ändern sich. Neben den fachlichen Arbeitsinhalten unterliegt auch disziplinarische Verantwortung einem Wandel. Reportingwege werden verlagert und führen zu neuen und oft zu mehr Ansprechpartnern als früher.

Führungskräfte müssen Orientierung für den Übergang geben

Damit Befugnisse und Zuständigkeiten für jeden Mitarbeiter nachvollziehbar sind, muss das Management vorab genau definieren, was mit den einzelnen Jobpositionen nach der Umstrukturierung geschehen soll. Die Crux: Verantwortliche müssen festlegen, wie bestehende Karrierestufen in das neue System übertragen werden und welche Strukturen weiterhin bestehen.

Eine Möglichkeit: Völlig neue Jobpositionen definieren, sie entsprechend vergüten und fest in die Personalentwicklung eingliedern.

Problem: neue Zuständigkeiten in der Projektorganisation

Es gibt eine reine Linienorganisation, die reine Projektorganisation findet man hingegen selten. Projektorientiert arbeitende Betriebe sind meistens Mischformen oder Matrixorganisationen. Bereiche wie die IT, die Buchhaltung oder HR sind normalerweise linear ausgerichtet, daneben existiert die Projektsparte mit ihrer eigenen Struktur.

Die Gefahr: Sind die Übergänge und Schnittstellen nicht klar definiert und damit verbundene neue Positionen und Reportingwege nicht schlüssig gelöst, kommt unter den Beteiligten Verwirrung auf. Anstelle der erhofften Produktivitätssteigerung entsteht ein Effizienzverlust.

Vielen Mitarbeitern fällt es anfangs schwer, sich auf die neue Situation einzustellen, und die alten Strukturen sind nicht so schnell aus den Köpfen zu bekommen. Arbeitspakete werden mit Projekt- und Tagesgeschäft vermischt, es hapert bei den Kommunikationswegen und Informationen landen nicht bei dem in der Projektstruktur vorgesehenen Empfänger.

Lösung: Vorbereitung, Geduld und Kommunikation

Auch wenn es anfangs ungewohnt ist, müssen neue Hierarchien und Verantwortlichkeiten gewissenhaft beachtet werden. Das erfordert von den Beteiligten viel Disziplin und vom Management Geduld, wenn nicht alles gleich wie erwartet funktioniert. Hartnäckigkeit ist notwendig, um neue Regeln durchzusetzen.

Projektthemen werden in Projektmeetings besprochen, Linienthemen in Abteilungsmeetings. Wird ein Teammitglied von seinem Vorgesetzten nach dem Projektstand gefragt, verweist es an den Projektleiter. Weichen die Teilnehmer von diesem Prinzip ab, muss der Projektleiter oder Moderator eingreifen und den Gesprächsverlauf zu den festgelegten Themenpunkten zurückführen.

Um das leisten zu können, muss er die jeweiligen Arbeitspakete – also die anfangs definierten Aufgabenstellungen und Zeitpläne – sehr gut verinnerlicht haben. Die neuen Rollen, Befugnisse, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten werden deshalb zu Beginn der Umstellung klar beschrieben und festgelegt, damit alle Beteiligten ihre Zuständigkeiten und Verantwortungen kennen. In der sauberen Vorbereitung begründet sich also ein großer Teil des späteren Erfolgs – wie so oft im Projektmanagement

Problem: unklare Projektkompetenzen und Karrierewege

Damit die Projektkarriere Erfolg haben kann, muss das Bild des Projektmanagers mit all seinen Aufgaben und Perspektiven in den Fokus rücken und geschärft werden. Diese Aufgaben werden im Rahmen der Personalentwicklung gelöst.

Für die Unternehmensleitung und HR-Abteilung ergeben sich daraus neue Fragen, die geklärt werden müssen:

  • Welche Erfolgsstufen müssen wir bei einer Projektkarriere festlegen?
  • Wie nehmen wir Leistungsbewertungen und Potenzialeinschätzung vor?
  • Und wie sieht das entsprechende Entlohnungsmodell aus?

Lösung: individuelles Potenzial erkennen

Eine praktikable Grundlage hierfür bieten vorausgehende Schulungen, die von den Mitarbeitern absolviert werden. In diesen Trainings können die Potenziale der Mitarbeiter eingeschätzt und zugeordnet werden, beispielsweise indem unterschiedliche Schwierigkeitsstufen angesetzt und geprüft werden (internationale Zertifizierungen).

Auch die Möglichkeiten zur Bewertung der Leistungen werden an dieser Stelle überdacht. Üblich ist eine Leistungsbewertung, die sich nach Art und Rang der durchgeführten Projekte richtet. Nach Abschluss erhält der Projektmanager eine Leistungsbeurteilung und dann folgt ein neues Projekt. Für einen Projektmanager bedeutet das, dass Größe und Wichtigkeit seines Projektes entscheidend für den Karriereweg innerhalb der Firma sind.

Genießt ein Projekt beispielsweise ein großes öffentliches Interesse, besitzt es auch im Unternehmen hohe Priorität und viel Aufmerksamkeit. Stimmt die Performance, steigt der Projektmanager rasch auf und kann größere Aufgaben übernehmen. Dank der zeitlichen Befristung der Projekte lässt sich sein individuelles Potenzial dabei erkennen.

Problem: keine eindeutige Priorisierung von Projekten

Beim Übergang von der Linienorganisation in eine Projektorganisation muss die gesamte Projektsteuerung analysiert werden: Nach welchen Kriterien werden Projekte ausgewählt, priorisiert, durchgeführt und abschließend bewertet?

Innerhalb eines Unternehmens können verschiedenartige Projekte existieren, die um Aufmerksamkeit und Mittel konkurrieren. Es gilt, die zur Verfügung stehenden Ressourcen (Personal, Budget, Zeit) systematisch zu kalkulieren und Erfolge zu messen. Ganz im Sinne des modernen Projektmanagements wird das projektorientierte Arbeiten dadurch effizienter und nachhaltiger. Wenn Mitarbeiter individuell in Projekten eingesetzt werden sollen, muss es eine Möglichkeit zur Klassifizierung der Projekte und zur Potenzialerfassung der Mitarbeiter geben.

Lösung: Projektportfoliomanagement etablieren

Ein ausgereiftes Projektportfoliomanagement (PPM) ist unerlässlich. Mit dem Projektportfoliomanagement werden die laufenden und zukünftigen Projekte professionell eingeordnet und koordiniert. Über die Klassifizierung der Projekte erfolgt auch die Leistungsbeurteilung der Projektmitarbeiter.

Problem: Kritik, Widerstand und Angst

Für die Mitarbeiter im Unternehmen ist es wichtig, klare Vorteile durch die Einführung der Projektorganisation zu erkennen und die Attraktivität für die eigene Karriereentwicklung einschätzen zu können. Die neuen Karrieremodelle und Entwicklungsmöglichkeiten – beispielsweise die Projektkarriere – müssen daher im Unternehmen aktiv vorgestellt und unterstützt werden.

Schnellere Aufstiegschancen und neue Karrierewege sind für viele attraktiv. Sie nehmen diese Herausforderungen an. Aber nicht jeder mag die Neuerungen; es kann auch Verlierer bei dem Wandel geben. Wer den Change-Prozess steuert, muss darauf eingestellt sein, dass sich Widerstand formieren kann.

Lösung: Kritik annehmen, Ängste ernst nehmen

Skeptiker und Kritiker gilt es abzuholen und einzubeziehen, bevor sie frustriert ihren Unmut auf andere übertragen. Ihre Haltung, ihre Ängste und Einwände sollte man ernst nehmen. Kritik kann schließlich auch berechtigt und konstruktiv sein. Für komplexe Strukturveränderungen sind kritische Stimmen also durchaus nützlich, um Fehler in der Planung aufzudecken.

Ängste ansprechen, ernst nehmen und klare Hilfestellungen geben sind sinnvolle erste Schritte, um die Belegschaft auf das große Projekt vorzubereiten.

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