TeamarbeitWie Teamrollen zur besseren Teamarbeit beitragen
Bei der Teamarbeit nehmen die Teammitglieder unterschiedliche Teamrollen ein. Wie bei einer Fußballmannschaft haben die Teammitglieder unterschiedliche Aufgaben, aber ein gemeinsames Ziel. Durch Kenntnis aller Rollen können Konflikte entschärft und Synergien zwischen Teamrollen im Hinblick auf das Ziel freigesetzt werden.
Was sind Teamrollen?
Teamrollen beschreiben Konstellationen von Verhaltensweisen: Wie gehen Teammitglieder an Aufgaben heran? Wie verhalten sie sich dabei gegenüber anderen Teammitgliedern? Welche Rolle eine Person einnimmt, hängt von den jeweiligen Aufgaben, den Anforderungen und vor allem von den Persönlichkeitsmerkmalen ab.
Die Konstellation von Teamrollen in einer Gruppe beeinflusst, wie die Zusammenarbeit funktioniert und welche Leistung das Team insgesamt erbringt.
Beispiele für Teamrollen
Ein Beispiel für eine Teamrolle nach Belbin könnte die Rolle eines „Machers" sein: aufgaben- und zielorientiert. Eine solche Person treibt die Gruppe zum Arbeiten an. Sie erträgt Phasen der Untätigkeit nur ungeduldig und mag es nicht, wenn das Team sich mit sich selbst beschäftigt.
Da solche Personen Gruppen gerne zur Aufgabenbearbeitung antreiben, ist ein Gegenpol hilfreich. „Teamplayer“ behalten die sozio-emotionalen Bedürfnisse anderer Mitglieder im Auge, wirken ausgleichend und deeskalierend.
Ähnliche Gegensätze bestehen zwischen „Neuerern/ Erfindern“ und „Beobachtern/ Kritikern“. Während erstere sich lieber mit neuen Lösungen und kreativen Wegen auseinandersetzen, analysieren und evaluieren letztere eher die Brauchbarkeit, Machbarkeit oder Finanzierbarkeit.
Teamrollen-Balance beschreibt die Komplementarität verschiedener Teamfunktionen. In allen Modellen zu Teamrollen sichert sie den Teamerfolg.
Warum braucht man unterschiedliche Teamrollen?
In einem Team sollten Personen mit unterschiedlichen Teamrollen zusammenarbeiten. Keine langfristig arbeitende Gruppe kann optimal funktionieren, wenn Aspekte der Aufgabenbearbeitung oder des Miteinanders einseitig betont werden. Hierdurch würden in bestimmten Phasen oder Situationen dem Team Ressourcen fehlen.
Man stelle sich eine Gruppe vor, die lediglich aus Teamplayern bestünde: Zum einen besteht dann die Gefahr, dass Zielsetzungen sekundär werden und die Arbeit kaum vorwärtskommt, weil keine Person dominiert und für alle die „Harmoniekultur“ entscheidend ist. Zum anderen könnten einseitig besetzten Teams rasch die Kreativität oder analytische Kontrolle fehlen. Ungünstige Entwicklungen würden wahrscheinlicher.
Vorteile von Teamrollen
Teamrollen richten den Blick auf die jeweiligen Stärken, die einzelne Mitglieder ins Team einbringen. Die Kenntnis der Teamrolle hilft anderen Teammitgliedern, Verständnis für Konflikte aufzubringen, denn jede Teamrolle bringt neben Stärken auch Schwächen mit sich.
Eine nach Teamrollen ausbalancierte Gruppe wird also mit größerer Wahrscheinlichkeit
- bei Bedarf notwendige Ressourcen (Teamfunktionen) via Teamrollen bereitstellen,
- eine ausgeglichene Informationsbasis finden, statt einseitig vorzugehen,
- den Prozess der Teamarbeit optimieren, statt Konflikte schwelen zu lassen,
- das Teamklima verbessern, weil die Gruppe zu einem Ganzen zusammenwächst.
Teamrollen-Systeme wollen Heterogenität in Teams via Diversity-Management produktiv nutzen: Leistungsgewinne (zum Beispiel durch Interdisziplinarität) sollen gesteigert und Leistungsverluste (zum Beispiel durch Statuskämpfe) minimiert werden.
Welche Teamrollenansätze gibt es?
In der Praxis haben sich vor allem zwei Teamrollenansätze etabliert, die zur individuellen und teambezogenen Reflexion und Selbstanalyse geeignet sind. Die Teamrollen nach Belbin und das Team Management Profil nach Margerison und McCann. Beide Ansätze weisen Ähnlichkeiten auf, aber auch Unterschiede.
Im Team braucht es nicht unbedingt für jede definierte Teamrolle eine Person, die sie besetzt. Ein Mitglied kann auch mehrere Rollen übernehmen.
Da unterschiedliche Personen die Rollen unterschiedlich gut ausfüllen, sollten sie nur solche Rollen übernehmen, die sie gut oder ausreichend erfüllen. Sie sollten keine Teamrollen übernehmen, die ihnen gar nicht liegen.
Belbins Teamrollen-System
Meredith Belbin unterscheidet neun Teamrollenpräferenzen. Die Rollen decken intellektuelle (I), personenbezogene sozioemotionale (P) und aktionsorientierte Kompetenzen (A) ab. In einem optimalen Team sind die Kompetenzen ausbalanciert.
- Koordinator (P): koordiniert vorhandene Ressourcen
- Macher (A): überwindet Hindernisse
- Teamarbeiter (P): schlichtet bei Reibereien und verbessert die Kommunikation
- Neuerer/ Erfinder/ Innovator (I): bringt neue Ideen ein
- Beobachter/ Kritiker (I): untersucht, ob Vorschläge machbar und nützlich sind
- Wegbereiter (P): stellt Kontakte her
- Umsetzer (A): setzt Konzepte und Pläne in die Praxis um
- Perfektionist (A): strebt optimale Ergebnisse an und vermeidet Fehler
- Spezialist (I): trägt Fachwissen und Informationen bei
Die Belbin-Forschung begann empirisch in Cambridge mit systematischen Experimenten mit Mitarbeitern aus dem Management. Über die Jahre wurde der Fragebogen zur Messung der Teamrollen nach Belbin als verbesserungsbedürftig erkannt.
Als eine Abhilfe wurde eine Software (Interplace®) zur Integration von Selbst- und Fremdeinschätzungen vorgeschlagen.
Team Management System
Das Team Management Profil nach Charles J. Margerison und Dick J. McCann betont die Gegensätzlichkeit (Komplementarität) von acht Teamrollen. Diese sind kreisförmig angeordnet. Den Organisationsrollen stehen eher beratende Rollen gegenüber.
Als Gegenpol entdeckender Rollen finden sich kontrollierende Rollen. Hierdurch zeigt sich, welche Rollen bei Mitgliedern eher in Kombination auftreten. Als Teamrollen werden unterschieden:
- Informierter Berater
- Kreativer Innovator
- Entdeckender Promoter
- Auswählender Entwickler
- Zielstrebiger Organisator
- Systematischer Umsetzer
- Kontrollierender Überwacher
- Unterstützender Stabilisator
Zur optimalen Integration müssen all diese Teamrollen und ihre Ergebnisse verbunden werden. Diese Linking-Funktion ist keine eigenständige Teamrolle, sondern ein Bündel an sozialen, persönlichen und methodischen Fähigkeiten, die jeweils von befähigten Teammitgliedern übernommen werden.
Bei Margerison und McCann wurden Teamrollen an die – heute nicht mehr verfolgte Typenlehre – von Carl Gustav Jung angebunden. Das Team Management Profil ist bis heute wissenschaftlich kaum unabhängig untersucht.
Was sagen Studien zu den Teamrollenansätzen?
Trotz weiter Verbreitung von Teamrollenansätzen im Consulting- und HR-Bereich ist die wissenschaftliche Datenlage ausbaufähig. Dennoch ist die wissenschaftliche Evidenz zur Wirkung von Teamrollen-Balance in den letzten Jahren gewachsen.
Einige Studien wurden im Labor und am Arbeitsplatz durchgeführt. Manche Studien zeigten eine bessere Performance der Teams, die nach Teamrollen ausbalanciert waren, andere Studien konnten keine Wirkung nachweisen.
Eine Meta-Analyse zeigte die Wirksamkeit der Teamrollen-Balance. Es gibt eine höhere Leistung bei balancierten Teams vor allem in realen Arbeitskontexten, nicht aber bei Studenten oder in künstlichen Settings.
Es gibt aber auch noch offene Fragen:
- Welche Teamrollen gibt es überhaupt?
- Sollten Teamrollen als Vorlieben oder als echte Verhaltensweisen gemessen werden?
- Was ist wichtiger: die Selbsteinschätzung einer Person oder Urteile der Kollegen?
- Welche Teamrollen sind entscheidend für das optimale Funktionieren eines Teams?
- Wie flexibel passen Teammitglieder ihre Teamrolle an Situationen an?
- Sind Teamrollen zeitlich stabil oder ändern sie sich stark in neuen Teams?
- Wie ist Teamrollen-Balance zu messen, um Studien vergleichbar zu machen?
Das sind keine einfachen Fragen. Doch hängt von ihnen die Bewertung der Teamrollenkonzepte ab und damit auch die Bewertung der Maßnahmen zur Teamentwicklung, die auf dem Teamrollenkonzept aufbauen. Offene Fragen werden mit dem neueren Heidelberger Teamrollen Inventar (HEI-TRI) erforscht.
Funktionieren Teamrollen-Konzepte wirklich?
Insgesamt führt der Teamrollenansatz in Arbeitsgruppen zu mehr Verständnis untereinander. Angesichts der Zunahme von Teamarbeit ist die Erforschung und empirische Bewährung dieser Ansätze dringend nötig. Teams könnten eventuell nach den bevorzugten Teamrollen ihrer Mitglieder zusammengestellt werden.
Auch bei bestehenden Teams kann in Maßnahmen zur Teamentwicklung (Teamreflexivität) investiert werden. Erste empirische Nachweise zur Brauchbarkeit der Belbin-Teamrollen-Balance liegen vor. Objektive Vergleiche mit Margerison & McCanns Team Management System sind weiter ausstehend.