Arbeits- und OrganisationspsychologieKonflikte in Organisationen und ihre Bedeutung

Wo Menschen zusammen sind, kann es immer zu Konflikten kommen. Gerade bei der Arbeit, wenn die einen Mitarbeiter von anderen abhängig sind, besteht ein großes Konfliktpotenzial. Mit den Methoden und Werkzeugen der Organisationspsychologie können Konflikte erkannt, bearbeitet und gelöst werden.

Was ist ein Konflikt?

Konflikte sind Spannungssituationen zwischen zwei oder mehr Personen oder Gruppen. Die Konfliktparteien sind dabei voneinander abhängig, sie können dem Konflikt nicht so einfach aus dem Weg gehen.

Jede Partei will mit Nachdruck Handlungen ausführen, die scheinbar oder tatsächlich mit den Interessen, Zielen und Handlungen der anderen Partei unvereinbar sind. Die Konfliktparteien sind sich ihrer Gegnerschaft bewusst. Konflikte sind meist mit starken Emotionen bei den direkt oder indirekt Betroffenen verknüpft.

Welche Folgen Konflikte im Unternehmen haben

Wo Menschen zusammenarbeiten, kann es immer zu Konflikten kommen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unterschiedlicher Meinung, einzelne wollen sich auf Kosten anderer profilieren, man streitet um Budgets oder sieht im Kollegen den Konkurrenten für die frei werdende Stelle der Teamleitung. Psychologen betonen die negativen Folgen von Konflikten, denn sie belasten die beteiligten und betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den meisten Fällen.

Aus organisatorischer Sicht können Konflikte auch positive Folgen haben: Wenn sich zwei Mitarbeitende um die Teamleitung streiten, strengen sie sich im persönlichen Wettbewerb meist besonders an – zum Wohle des Unternehmens. Konflikte verhindern Stagnation, sind Quelle für Neugierde, Interesse und Veränderung. Sie zeigen Probleme auf und erzwingen Lösungen. Sie führen bei einzelnen Personen auch zur Selbsterkenntnis.

Welche Konfliktarten unterschieden werden

Es lassen sich zwei Arten von Konflikten unterscheiden:

  • Konflikte innerhalb einer Person: unvereinbare Handlungstendenzen, psychische Spannungen, Interessens- oder Wertkonflikte; die sogenannte kognitive Dissonanz
  • Konflikte zwischen Gruppen (mit jeweils mindestens einer Person).

Beide Konfliktarten können zusammenhängen: Wenn ein Mensch in sich einen Konflikt trägt, kann er diesen auf seine Umwelt und andere Menschen übertragen, um sich selbst zu entlasten. Aus Sicht der Organisationspsychologie geht es vor allem um Konflikte zwischen Gruppen.

Wie sich Konflikte in Unternehmen zeigen

Konflikte werden meist erst dann sichtbar, wenn sie bereits ausgebrochen sind. Manche von ihnen brodeln aber vielleicht schon lange; sie sind latent vorhanden. Wenn sie (noch) nicht ausgebrochen sind, dann liegt es daran, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gegnerschaft (noch) nicht bewusst sind oder dass sie sich (noch) nicht trauen, den Konflikt offen auszutragen.

Nicht immer ist die Konfliktursache auch der Konfliktgegenstand. Zwei Abteilungsleiter buhlen um Macht und Karrierechancen; dies ist die Ursache ihres Konflikts. Sie tragen diesen Konflikt dadurch aus, dass sie sich immer um Budgets und um Mitarbeiter für Projekte streiten; das ist der Konfliktgegenstand.

Welche Konfliktfelder unterschieden werden

Folgende Konfliktfelder lassen sich unterscheiden:

Bewertungskonflikte           

Personen messen bestimmten Sachverhalten im Unternehmen ein unterschiedliches Gewicht bei. Dem einen ist die Mitarbeiterzufriedenheit wichtiger, der andere will das neue EDV-System einführen.

Beurteilungskonflikte

Personen streiten sich darüber, mit welchen Mitteln ein gemeinsames Ziel besser erreicht wird. Der eine glaubt, mehr Anzeigen in Zeitungen brächten mehr Kunden, der andere hält Direktmailings für wirkungsvoller.

Verteilungskonflikte

Personen konkurrieren um ein knappes Gut, zum Beispiel um die frei werdende Stelle der Teamleitung; nur eine oder einer kann es werden.

Beziehungskonflikte

Menschen wünschen sich Akzeptanz und Anerkennung von anderen. Wenn diese versagt wird, kann es zu einem Konflikt kommen. Ein Kollege kritisiert häufig die Arbeit eines anderen. Dieser fühlt sich verletzt und zurückgesetzt. Eine besondere und folgenschwere Variante des Beziehungskonflikts zeigt sich im Mobbing.

Mobbing als besondere Form des Konflikts

Beim Mobbing wird eine Person von einer oder mehreren Personen über einen längeren Zeitraum systematisch direkt oder indirekt angegriffen. Ziel der mobbenden Personen ist, der anderen Person Schaden zuzufügen oder sie aus dem Team oder dem Unternehmen hinauszuekeln. Mobbing ist demnach eine besondere oder extreme Form eines Konflikts.

Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Behauptungen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit.

Wie Sie Konflikte erkennen

Idealerweise lassen sich (drohende) Konflikte schon früh erkennen. Es gibt Bedingungen in Unternehmen, die Konflikte wahrscheinlicher machen. Dazu gehören: Koordinationszwang (alles muss mit anderen abgestimmt werden), unklare Machtverhältnisse, ungleiches Belohnungssystem oder starker Wettbewerb zwischen Gruppen. Wenn dabei folgende Verhaltensweisen bemerkt werden, drohen Konflikte:

  • Die eigenen Ziele werden überbetont.
  • Gegenüber anderen Parteien wird gemauert.
  • Es wird mit Drohungen und Bluff gearbeitet.
  • Strategisch wichtige Positionen werden mit sachlichen und unsachlichen Argumenten verteidigt.
  • Der Zusammenhalt in der eigenen Gruppe wächst.
  • Die Kommunikation mit den anderen wird schlechter.
  • Entscheidungen werden auf der Grundlage mangelhafter Informationen getroffen.
  • Die Kommunikation wird förmlicher.
  • Es gibt Sticheleien.
  • Bei Problemen werden Schuldige gesucht und nicht Lösungen.

Wie Sie die Bedingungen für Konflikte entschärfen

Nicht immer sind Konflikte negativ. Sie können auch Ausgangspunkt für Veränderungen sein. Oder es kann ihnen eine produktive Energie innewohnen, die zum Nutzen des Unternehmens ist. Dennoch sollten Konflikte zumindest „kontrollierbar“ bleiben. Deswegen ist es hilfreich, wenn die Bedingungen für das Entstehen von Konflikten entschärft werden. Also beispielsweise:

  • Koordinationszwang lockern,
  • Freiräume für Handlungen schaffen,
  • Kompetenzen klar verteilen,
  • klare Regeln für die Verteilung von Ressourcen haben,
  • Betroffene in Entscheidungsprozesse einbinden.

Wenn Konflikte da sind, können diese nach geraumer Zeit auch wieder verebben, weil der Konfliktgegenstand nicht mehr vorhanden ist. Konflikte werden unterdrückt, wenn eine Gruppe als „Sieger“ aus dem Konflikt hervorgeht. Schließlich können Konflikte auch gelöst werden, indem eine Lösung gefunden wird, welche die betroffenen Gruppen zufriedenstellt.

Praxis

Konflikte erkennen, beschreiben und bewältigen

Prüfen Sie, ob und in welchem Maße die Konfliktsituationen in Ihrem Unternehmen und in Ihrem Team auftreten:

  • Beschreiben Sie die konkreten Konfliktsituationen und das Konfliktpotenzial.
  • Überlegen Sie: Was können Sie zur Konfliktbewältigung tun?

Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage mit einer Reihe von Fragen zu Konfliktbedingungen.

Dazu im Management-Handbuch

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