Nachfolge im Unternehmen planenModelle, Formen und Varianten der Unternehmensnachfolge

Ein Unternehmen kann an Mitglieder der Familie, aber auch an externe Personen weitergegeben werden. Beispiele zeigen, wie eine Unternehmensübergabe jeweils aussehen und ausgestaltet sein kann, wie der Prozess abläuft und welche Zeit dies braucht.

Welche Formen der Nachfolge gibt es

Welche Form der Unternehmensnachfolge gewählt wird, hängt von den individuellen Voraussetzungen der Unternehmerin und des Unternehmers sowie vom Unternehmen selbst ab. Möglich sind zum Beispiel:

  • familieninterne Übergabe, Family-Buy-out
  • Verkauf an Externe, Management-Buy-in (MBI)
  • Übergabe an Mitarbeitende, Management-Buy-out (MBO)
  • Überführung in eine Stiftung
  • Verantwortungseigentum

Nachfolge in der Familie

Jede Nachfolge ist individuell und hat ihre spezifischen eigenen Herausforderungen. Bei der Nachfolge innerhalb der Familie (Family-Buy-out) lassen sich drei Varianten unterscheiden:

  • vorweggenommene Erbfolge (Schenkung) zu Lebzeiten
  • Übertragung gegen Renten, Raten oder wiederkehrende Leistungen als Versorgungs- und Unterhaltsleistungen
  • Kauf des Unternehmens durch die übernehmende Generation

Verkauf an Familienfremde

Beim MBI kauft ein firmenexterner Übernehmer das Unternehmen. Der Kaufvertrag wird rechtlich und steuerlich abgestimmt. Beim MBO wird das Unternehmen an einen oder mehrere Mitarbeitende verkauft. Hier kann eine Staffelung erfolgen, zum Beispiel eine erste Rate bei Übernahme und weitere Zahlungen, die an den Umsatz oder Gewinn gekoppelt sein können.

Stiftung

Ein Familienunternehmer kann außerdem eine Stiftung gründen, in die das Unternehmen überführt wird. Dazu wird eine Satzung der Stiftung mit klaren Regeln erarbeitet, auf deren Grundlage das Unternehmen zu führen ist. Die Stiftung ist nicht nur für große Unternehmen und Familien wie Bosch, Aldi und Co. interessant, sondern auch für kleinere Mittelständler – unter bestimmten Voraussetzungen und immer mit bestimmten Stiftungszielen verbunden. Hier gibt es Experten, die auf das Thema spezialisiert sind und individuell auf Ihre Bedürfnisse eine entsprechende Stiftungssatzung erarbeiten.

Verantwortungseigentum

Eine weitere Option, die Nachfolge zu gestalten und langfristig vorzusorgen, ist das Verantwortungseigentum. Diese Art der Nachfolge und Übergabe ist recht neu. Dabei wollen die Unternehmerin und der Unternehmer treuhänderisch das Unternehmen führen (lassen). Gewinne und Vermögen des Unternehmens werden reinvestiert oder gespendet. Das Unternehmen wird nicht vererbt oder verkauft; es bleibt selbstständig und wird treuhänderisch von Menschen verwaltet, die dem Unternehmen verbunden sind und seine Werte langfristig mittragen. Verantwortungseigentum verankert dies rechtlich verbindlich.

Beispiele für die Formen der Übergabe eines Unternehmens

Familieninterne Übergabe

Das Unternehmen, das Werkzeuge herstellt und derzeit 30 Beschäftigte hat, wurde vom Vater des vor der Übergabe stehenden Unternehmers vor knapp 50 Jahren gegründet. Der Sohn des aktuellen Unternehmers arbeitet seit nunmehr 10 Jahren im Unternehmen und leitete vor der geplanten Übernahme als Geschäftsleiter die Produktion. Die Tochter, gelernte Betriebswirtin, derzeit in einem anderen Unternehmen tätig, zeigt während des Prozesses der Übergabe an ihren Bruder, ebenfalls Interesse an der Geschäftsführung.

Der Vater, klassischer Patron und Patriarch, ist nach einigen Gesprächen mit seinen Beratern davon überzeugt, dass der Erfolg des Unternehmens in Zukunft nicht nur durch solide technische Arbeit gesichert werden kann. Die Beziehung zwischen Schwester und Bruder ist seit Jugend stabil und intensiv, sodass die beiden gemeinsam die Geschäftsleitung übernehmen. Die Änderung der Führungskultur und der neue Führungsstil (Doppelspitze) konnte erfolgreich mit Unterstützung von externen Coaches vollzogen werden.

Der Senior-Unternehmer konnte sich nach intensiven und regelmäßigen Gesprächen mehr und mehr vom operativen Geschäft lösen. Heute unterstützt er die Firma bei der technischen Ausbildung der Azubis und ist für die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch ein zusätzlicher Ansprechpartner für persönliche Belange.

Management-Buy-in (MBI) – Verkauf an externes oder fremdes Management

Mit 60 Jahren war der Unternehmerin klar, dass der Sohn eine andere Karriere bevorzugt und die Nachfolge nicht antreten wird. Die Inhaberin der kleinen, spezialisierten Anwaltskanzlei mit neun Beschäftigten und sechs Freischaffenden hat deshalb einen neuen hochqualifizierten Mitarbeiter angestellt. Ihr Ziel dabei ist, ihm in zwei Jahren die Geschäftsleitung Schritt für Schritt zu übergeben, um mit 65 komplett aus der Kanzlei auszusteigen.

Die Übergabe war begleitet von einigen unerwarteten emotionalen Hürden, aber durch externen Beistand wurden alle Probleme und Themen rechtzeitig erkannt und aufgelöst. Ein internes Problem war die Zusammenarbeit des zukünftigen Geschäftsleiters mit dem Sekretariat. Die Chemie stimmte nicht, personelle Veränderungen waren nicht zu vermeiden.

Gute und langjährige Kundenbeziehungen der Inhaberin erwiesen sich zum Teil als erschwerend, denn trotz den Qualifikationen wollten einige wenige wichtige Mandanten weiterhin die bisherige Inhaberin als alleinige Ansprechpartnerin. Durch die Weiterarbeit als Freelancerin, zur Betreuung einzelner Mandanten konnte das Problem entschärft werden. Und nach einem starken Einbezug des Nachfolgers bei kritischen Kundenprojekten war das Problem nach zwei Jahren gelöst.

Die finanzielle Übernahme (Kauf) der Kanzlei durch den Nachfolger geschah stufenweise. Nach einer 50-prozentigen Kaufpreiszahlung bei Abgabe der Geschäftsleitung der Inhaberin, wurden für den restlichen Betrag eine Zahlung von drei Teilzahlungen am Ende eines jeden Geschäftsjahres vereinbart. So zeigte die Inhaberin ihr großes Interesse am weiteren Unternehmenserfolg.

Management-Buy-out (MBO) – Verkauf an das eigene Management

Eine familiengeführte Immobilienverwaltung mit über 3000 Wohn- und Geschäftseinheiten und eigenem Hausmeister- und Reinigungsservice hat zum Übergabezeitpunkt 15 Beschäftigte und wird in zweiter Generation betrieben. Die Inhaber sind sehr interessiert, dass das Unternehmen in der Familie weitergeführt wird. Der Unternehmer hat keine eigenen Kinder. Er hat lange gemeinsam mit seinem Bruder (aus persönlichen Gründen nicht Geschäftsführer) gehofft, dass seine beiden Neffen die Nachfolge antreten und darauf gebaut.

Aber die beiden Brüder, Kinder des Bruders, gehen eigene Wege und kommen als Nachfolger nicht in Betracht. Deswegen plant die Nichte, Tochter seines Bruders, den Einstieg. Sie will als Marketingspezialistin vieles umgestalten und verändern. Der Unternehmer, zuerst beeindruckt von seiner Nichte, hat nach sechs Monaten ein schlechtes Gefühl, und von der Nichte getroffene Entscheidungen führen im Unternehmen zu Konflikten. Der Wunsch zur Aufrechterhaltung des Familienbetriebs ist so stark, dass der Unternehmer trotz externer Berater nichts ändern will. Am Ende kommt es zum Eklat, die Nichte verlässt das Unternehmen und es kommt sogar zum Streit mit ihren Brüdern.

Ein langjähriger Mitarbeiter, die zweite Hand des Unternehmers, wird Geschäftsführer, Partner und Anteilseigner am Unternehmen. Die weiteren Anteile hält der Unternehmer und bleibt mit seinem Wissen und seiner Erfahrung als Beirat dem Unternehmen verbunden.

Praxis

Klären Sie, welche Nachfolgeoption Sie favorisieren und ob sich diese auch realisieren lässt. Hierzu ist es wichtig, sich mit vertrauensvollen, parteilosen Partnern auszutauschen, da die eigene Sichtweise teilweise eingeschränkt und verzerrt sein kann. Das Bild vom eigenen Sohn oder der eigenen Tochter ist subjektiv und kann dazu führen, dass Sie nicht alle Perspektiven und Optionen sehen können oder wollen.

Auch Ihre Mitarbeitenden haben Qualifikationen, die sie bislang nicht im Blick hatten. Den Blick öffnen für verschiedene Optionen kann den Druck herausnehmen und sichtbar machen, dass es nicht nur eine Möglichkeit für Sie gibt.

Besprechen Sie die Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen und haben Sie einen Plan B für den Fall, dass Plan A nicht durchzuführen ist.

Dazu im Management-Handbuch

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