ArbeitnehmerüberlassungRechtlichen Rahmenbedingungen in der Zeitarbeit

Durch den Einsatz von Zeitarbeitskräften oder Leiharbeitnehmern haben Unternehmen die Möglichkeit, Auftragsspitzen oder einen saisonbedingt erhöhten Personalbedarf abzufangen. Bei der Arbeitnehmerüberlassung sind aber einige rechtliche Besonderheiten zu beachten.

Was regelt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern in Deutschland sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) festgelegt. Außerdem finden sich Regelungen und Bestimmungen zur Leiharbeit in der europäischen Leiharbeitsrichtlinie (2008/104/EG).

Hauptmerkmal der Arbeitnehmerüberlassung ist das Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher). Diese beiden schließen einen Arbeitsvertrag.
  • Der Verleiher überlässt den Leiharbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum einem Unternehmen (Entleiher) auf Basis eines Überlassungsvertrags. Für die Arbeitnehmerüberlassung benötigen Verleiher eine entsprechende Erlaubnis.
  • Der Leiharbeitnehmer ist während der Tätigkeit beim Entleiher in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert und unterliegt den Weisungen des Entleihers.
Dreiecksverhältnis bei Arbeitnehmerüberlassung und Leiharbeit

Kennzeichnungspflicht bei Leiharbeit beachten

Wichtig ist, dass Verleiher und Entleiher einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abschließen und diesen rechtssicher gestalten. Dabei ist insbesondere die sogenannte Kennzeichnungspflicht zu beachten. Das heißt:

Verleiher und Entleiher müssen vor Beginn der Arbeitnehmerüberlassung vertraglich festhalten, dass es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt – und diese als solche bezeichnen. Dabei müssen sie den oder die eingesetzten Leiharbeitnehmer konkret benennen.

Was passiert, wenn Leiharbeitnehmer nicht benannt werden?

Wird die Kennzeichnungspflicht nicht erfüllt, ist der Überlassungsvertrag als unwirksam zu bewerten. Die Rechtsfolge ist dann, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande kommt.

Jedoch kann der Leiharbeitnehmer dies verhindern, indem er innerhalb eines Monats ausdrücklich erklärt, dass er an dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Verleiher festhalten möchte.

Equal Pay bei Leiharbeit: Was bedeutet das?

In § 8 Absatz 1 AÜG ist ein wesentlicher Grundsatz für die Zeitarbeit verankert:

„Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren.“

Leiharbeitnehmer haben also bezüglich der wesentlichen Arbeitsbedingungen einen gesetzlichen Anspruch auf Gleichstellung mit vergleichbaren Stammbeschäftigten des Entleiher-Betriebs. Dazu gehört eben auch der Anspruch auf gleiche Bezahlung (Equal Pay).

Tarifvertragliche Abweichung vom Equal Pay möglich

Trotzdem werden Leiharbeitnehmer in den meisten Fällen schlechter bezahlt als vergleichbare festangestellte Kolleginnen und Kollegen beim Entleiher. Dies wird durch § 8 Absatz 2 AÜG ermöglicht, der eine Abweichung vom Equal Pay per Tarifvertrag erlaubt.

Das heißt: In Tarifverträgen der Zeitarbeitsbranche dürfen Entgelte festgelegt werden, die niedriger sind als die Löhne, die den festangestellten Mitarbeitenden bei den Entleihern gezahlt werden.

„Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren“, heißt es im Gesetz.

Von dieser Möglichkeit der tariflichen Abweichung vom Equal Pay wird in der Praxis auch Gebrauch gemacht, was es einem Großteil der Zeitarbeitsfirmen ermöglicht, den Leiharbeitnehmern Gehälter zu bezahlen, die niedriger sind als die Löhne der Festangestellten im Betrieb des Entleihers.

Unbedingt einzuhalten sind aber die gesetzlichen Mindeststandards, wie zum Beispiel der gesetzliche Mindestlohn für Zeitarbeitskräfte sowie der gesetzliche Mindesturlaub. Diese Mindeststandards dürfen durch die Tarifverträge nicht ausgehebelt werden.

Nach 9, spätestens 15 Monaten müssen Leiharbeitnehmer gleiches Gehalt bekommen

Wichtig ist in diesem Zusammenhang § 8 Absatz 4 AÜG: Demnach haben Leiharbeitnehmer nach neun Monaten ununterbrochener Einsatzzeit beim Entleiher einen Anspruch auf Equal Pay – auch wenn sie zuvor auf Basis eines Tarifvertrags schlechter bezahlt wurden.

Das heißt: Nach neunmonatiger Beschäftigung beim Entleiher müssen sie gleich vergütet werden wie vergleichbare festangestellte Arbeitnehmer. Eine Unterbrechung des Einsatzes von bis zu drei Monaten gilt dabei als „ununterbrochener Einsatz“.

Eine länger als neun Monate andauernde Abweichung bei der Vergütung ist erlaubt, wenn mittels Branchenzuschlägen – nach einer Einarbeitungszeit von höchstens sechs Wochen – eine stufenweise Heranführung an den Lohn der Stammbelegschaft erfolgt. Zudem muss spätestens nach 15 Monaten Überlassungsdauer eine gleichwertige Vergütung gewährt werden.

Gleiche Bezahlung bei Zuschlägen, Zulagen, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich der Equal-Pay-Anspruch übrigens nicht nur auf das monatliche Grundgehalt, sondern auch auf andere Vergütungsbestandteile. Dazu zählen beispielsweise Zuschläge für Überstunden und Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, Leistungszulagen oder Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Wie lange dürfen Arbeitnehmer ausgeliehen werden?

Nach der gesetzlichen Regelung dürfen Leiharbeitnehmer höchstens 18 aufeinander folgende Monate bei demselben Entleiher eingesetzt werden.

Wenn zwischen zwei Einsätzen eines Leiharbeitnehmers bei demselben Entleiher eine Pause von mehr als drei Monaten liegt, beginnt die Berechnung der Überlassungshöchstdauer von vorn.

Es ist aber zu beachten: Den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche ist es erlaubt, tariflich eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Überlassungshöchstdauer zu vereinbaren. Per Tarifvertrag kann also auch eine längere Überlassungshöchstdauer festgelegt werden.

Weisungsrecht gegenüber Leiharbeitnehmern

Während der Arbeitnehmerüberlassung arbeitet der Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers mit. Demzufolge unterliegt er in dieser Zeit auch dem Weisungsrecht des Entleihers.

Dieser darf also zum Beispiel Weisungen in Bezug auf den Inhalt der Tätigkeit oder im Hinblick auf die Arbeitszeit vornehmen.

Der Arbeitgeber (Entleiher) muss sich aber dabei im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und der Vereinbarungen im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag bewegen. Das bedeutet: Wenn der Arbeitgeber eine gesetzes- oder vertragswidrige Weisung erteilt, muss der Leiharbeitnehmer diese Anweisung nicht befolgen.

Bevor Sie einen Leiharbeitnehmer beispielsweise dazu auffordern, Überstunden zu machen, sollten Sie sicher gehen und gegebenenfalls prüfen, was zum Thema Überstunden im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbart wurde.

Wie können Arbeitgeber als Entleiher die Leihe beenden?

Wenn der Entleiher keinen Beschäftigungsbedarf für den Leiharbeitnehmer mehr hat, kann er ihn an die Zeitarbeitsfirma „zurückgeben“. Kündigen muss er ihm nicht, weil zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer kein Arbeitsverhältnis besteht.

Zu welchem Zeitpunkt die Leihe beendet werden kann, hängt von den Vereinbarungen im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ab. Dort sollten die Dauer der Überlassung sowie die Fristen für die Kündigung des Überlassungsvertrags geregelt sein.

Im AÜG ist zwar die gesetzliche Überlassungshöchstdauer festgelegt. Regelungen zu einer früheren oder vorzeitigen Beendigung der Arbeitnehmerüberlassung finden sich dort aber nicht.

Wann darf die Zeitarbeitsfirma als Verleiher dem Leiharbeitnehmer kündigen?

Für Zeitarbeitsfirmen ist zu beachten: Der fehlende Beschäftigungsbedarf bei einem Kunden (Entleiher) ist für sich genommen noch kein Grund für eine Kündigung des Leiharbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers mit der Zeitarbeitsfirma läuft grundsätzlich erst mal weiter.

Die Zeitarbeitsfirma muss versuchen, den Leiharbeitnehmer an einen anderen Kunden zu vermitteln. Erst wenn das Zeitarbeitsunternehmen selbst einen dauerhaften Auftragsrückgang zu verzeichnen hat, kommt eine betriebsbedingte Kündigung des Leiharbeitnehmers in Betracht.

In welchen Branchen Zeitarbeit verboten ist

Einschränkungen für die Beschäftigung von Zeitarbeitskräften gelten im Bauhauptgewerbe und in der Fleischindustrie.

Das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch, § 6a) und das Arbeitsschutzkontrollgesetz verbieten den Einsatz von Fremdpersonal in der Fleischindustrie. Somit ist im Kerngeschäft der Fleischindustrie – beim Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten von Fleisch – weder der Einsatz von Leiharbeitnehmern noch die Beschäftigung von Subunternehmern auf Werkvertragsbasis erlaubt.

Aus § 1b AÜG geht hervor, dass im Bauhauptgewerbe die klassische Arbeitnehmerüberlassung verboten ist. Das heißt: Zeitarbeitsfirmen dürfen keine Bauarbeiter an Betriebe des Bauhauptgewerbes verleihen.

Zum Bauhauptgewerbe gehören Unternehmen, die zentrale Arbeiten bei der Errichtung von Bauwerken oder baulichen Anlagen ausführen, wie zum Beispiel Hoch- und Tiefbau-Firmen, Straßenbaubetriebe, Dachdecker, Zimmerer, Maurer oder Gerüstbauer.

Tipp

Welche Betriebe zum Bauhauptgewerbe gehören, steht in § 1 Absatz 2 der Baubetriebe-Verordnung.

Ausnahmen vom Zeitarbeitsverbot

Eine Ausnahme vom Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Bauhauptgewerbe gilt für Mitarbeitende, die keine bautypischen Tätigkeiten ausführen, wie zum Beispiel Büropersonal.

Eine Ausnahme vom Verbot der Arbeitnehmerüberlassung gilt im Fleischerhandwerk. Damit sind Betriebe der Fleischwirtschaft gemeint, in denen weniger als 50 Mitarbeitende beschäftigt sind.

Was bedeutet Kollegenhilfe?

Die sogenannte Kollegenhilfe stellt eine Sonderform der Zeitarbeit dar und darf auch im Bauhauptgewerbe genutzt werden. Bei der Kollegenhilfe dürfen sich Unternehmen, die demselben Wirtschaftszweig angehören, gegenseitig Arbeitskräfte überlassen.

Dabei ist keine klassische Zeitarbeitsfirma involviert.

Kollegenhilfe zwischen Betrieben des Baugewerbes ist erlaubt, wenn

  • der verleihende Betrieb nachweislich seit mindestens drei Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeit erfasst wird und
  • der verleihende Betrieb eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt.
Praxis

Einsatz von Leiharbeitnehmern vorbereiten

Wenn Sie und Ihr Unternehmen den Einsatz von Leiharbeitnehmern planen, sollten Sie sicherstellen, dass die rechtlichen und organisatorischen Aspekte beachtet und geregelt sind.

Dazu sind in der folgenden Vorlage alle wichtigen Aspekte aufgeführt und erläutert. Halten Sie fest, was Sie bereits geprüft und sichergestellt haben und was noch offen ist.

VorlageArbeitnehmerüberlassung: Verträge, Rechte und Pflichten
Verträge und Vereinbarungen, die abzuschließen sind ▪ Bestimmungen zur Gleichbehandlung ▪ Dokumentation und Nachweise ▪ Organisatorische Einbindung der Leiharbeitnehmer
Einzeln nicht erhältlich.

Was Leiharbeitnehmer beachten sollten

Wenn Sie selbst Leiharbeitnehmer sind und bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt sind, können Sie vor Ihrem Einsatz beim entleihenden Unternehmen ebenfalls prüfen, ob alle für Sie wichtigen Voraussetzungen vorliegen.

Das betrifft insbesondere:

  • Haben Sie einen gültigen Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma?
  • Sind die Aufgaben beim Entleiher genau geklärt?
  • Haben Sie die erforderlichen Qualifikationen und (gegebenenfalls) Zertifikate, um diese Aufgaben zu übernehmen?
  • Werden Sie vom Entleiher über alle wichtigen Bestimmungen am Einsatzort informiert; Arbeitsschutz, Datenschutz?
  • Erfolgt eine entsprechend ausreichende Einweisung?
  • Werden Sie in Ihre Aufgaben eingearbeitet?

Klären Sie außerdem: Was ist im Überlassungsvertrag im Einzelnen geregelt im Hinblick auf

  • Dauer der Entleihung
  • Einsatzort
  • Vergütung
  • Zulagen
  • Zuwendungen
  • Sonderleistungen
  • Arbeitszeit
  • Urlaub
  • Nutzung von betrieblichen Einrichtungen
  • Möglichkeiten der Weiterbildung

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