IuK-TechnikKI-Agenten und KI-Klone für digitale Barrierefreiheit
Viele Unternehmen, Verbände und Vereine nutzen Bank-, E-Commerce- oder Telekommunikationsdienste, um mit Verbrauchern über das Internet zu kommunizieren oder Geschäfte abzuschließen. Das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet sie zur digitalen Barrierefreiheit.
Für die Umsetzung bestehender Kommunikation können KI-Technologien eingesetzt werden wie
- Screenreader
- Text-to-Speech
- Speech-to-Text
- Systeme zur KI-gestützten Text- und Bildgenerierung
Um barrierefreie Kommunikation darüber hinaus zukunftsfähig zu machen, können aber auch neue spannende Technologien wie KI-Agenten und KI-Klone zum Einsatz kommen.
Die gesetzlichen Anforderungen an barrierefreie Websites
Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen so gestaltet sein, dass alle Verbraucher sie wahrnehmen können, unabhängig davon, ob sie visuelle, auditive oder andere Einschränkungen haben. Dazu muss jedes enthaltene Format wie Text, Bild, PDF, Audio oder Video über mehr als nur einen Sinneskanal zugänglich gemacht werden.
Ist dies gegeben, spricht man von digitaler Barrierefreiheit. Dies beinhaltet zum Beispiel
- Alternativtexte für Bilder, die aussagen, was auf einem Bild zu sehen ist, und
- die Bereitstellung von Untertiteln für Audio und Video.
Bedienbarkeit: Die Website muss für alle Nutzerinnen und Nutzer bedienbar sein, unabhängig von ihren körperlichen Fähigkeiten. Dies bedeutet, dass alle Funktionen, einschließlich der Navigation, mit der Tastatur steuerbar sein müssen. Zudem muss ausreichend Zeit für Interaktionen sein.
Robustheit: Inhalte müssen so robust sein, dass sie mit einer Vielzahl assistiver Technologien – etwa mit Screenreadern – kompatibel sind und korrekt dargestellt werden.
Folgen für die Unternehmensangebote
Für betroffene Organisationen gilt: Sie können die vom Gesetz vorgeschriebenen Mindestanforderungen an digitale Barrierefreiheit umsetzen. Oder sie nutzen die Barrierefreiheitsanforderungen, um ihre Kommunikation neu zu überdenken und zukunftsfähig zu machen.
Mit den multimodalen, großen Sprachmodellen wie ChatGPT, Claude, Gemini oder Grok, kann man inzwischen nicht nur über Text-, sondern auch über Bild- und Spracheingabe kommunizieren. Damit bieten sie ganz neue Möglichkeiten zur Automatisierung und zum Einsatz neuer spannender Kommunikationskanäle und Kommunikationsstrategien.
Wer profitiert von digitaler Barrierefreiheit?
Jeder Mensch profitiert von mehr digitaler Barrierefreiheit. Situative Behinderungen sind vielfältig und passieren jedem. Das zeigen diese Beispiele:
- Motorisch behindert sind wir schon, wenn wir ein Kind auf dem Arm halten.
- Eine Sehbehinderung bemerkt jeder, wenn wir bei Sonneneinstrahlung nicht mehr alles auf dem Bildschirm erkennen können.
- Eine Hörbehinderung kann durch den Umgebungslärm in einem Großraumbüro entstehen.
- Kognitiv beeinträchtigt sind wir, wenn wir versuchen, Multitasking zu betreiben.
Es gibt auch temporäre Beeinträchtigungen, zum Beispiel einen eingegipsten Arm. Vielleicht ist ein Auge verletzt, oder wir haben gerade unsere Brille verlegt.
Auch eine Mittelohrentzündung, ein Hörsturz, Migräne oder Müdigkeit können uns bei der Nutzung von Onlineshops und Websites behindern.
Was leisten KI-Agenten?
In den letzten Jahren haben viele Unternehmen verschiedene generative KI-Modelle beobachtet, getestet und auch eingesetzt: zum Beispiel KI-Textgenerierung, KI-Bilderzeugung, KI-Videoerstellung.
Je nachdem, was eine künstliche Intelligenz generieren soll, wird ein bestimmter Algorithmus, maschinelles Lernen oder ein neuronales Netz eingesetzt. So kann eine KI die spezifische Aufgabe schneller erledigen als jeder Mensch.
Aber eben nur diese eine spezifische Aufgabe. Eine andere Aufgabe erfordert einen anderen spezifischen Algorithmus, maschinelles Lernen oder ein neuronales Netz.
KI-Agenten kombinieren nun verschiedene KI-Technologien. So können KI-Agenten eine ganze Reihe unterschiedlicher Aufgaben in der richtigen Abfolge erledigen.
KI-Agenten im Einsatz für die Automatisierung
Beispiel: Wenn auf einer Website oder einem Onlineshop nicht von Anfang an die Alternativtexte für Bilder (Alt-Tags) gepflegt wurden, kann das nachträgliche Einfügen für die Herstellung von digitaler Barrierefreiheit sehr aufwendig werden.
Das KI-Agentensystem ChatGPT Operator von OpenAI ist in der Lage, selbstständig einen Browser zu steuern und Aufgaben zu übernehmen wie
- Content-Optimierung,
- SEO-Anpassungen oder
- die Pflege von Webseiten.
Zudem kann der KI-Agent sich
- an der eigenen Website anmelden,
- eine Bilddatei öffnen,
- einen Alternativtext erstellen,
- den Alt-Tag einfügen,
- die Datei speichern und
- dann die nächste Bilddatei öffnen.
Der Prozess wird durch einen Prompt angestoßen und läuft im Hintergrund, sodass man bei Bedarf jederzeit eingreifen kann.
Was sind KI-Klone?
Ein KI-Klon ist quasi die digitale Version einer realen oder imaginären Person und kann ein neuer, innovativer Kommunikationskanal sein. Er ermöglicht die virtuelle Interaktion von Internet-Nutzern mit den Inhalten von Websites oder Onlineshops.
Der Klon wird individuell trainiert. Für das Training werden die eigenen, digitalen Inhalte genutzt – in Form von Text, Bild, Audio oder Video. Zum Training ist der Upload von Word- oder PDF-Dateien, MP3-/MP4-Dateien oder sogar ganzer Webseiten möglich. Das Training passiert mithilfe der großen Sprachmodelle ChatGPT, Claude oder Gemini.
Nutzer und Nutzerinnen können dem digitalen Klon ihre Fragen stellen – schriftlich oder mündlich, in ihrer Landessprache, ohne spezielle Sprachbefehle zu kennen. Sie erhalten die Antwort als Sprache oder Text.
Eine der wesentlichen Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes, alle Inhalte über zwei Sinneskanäle zugänglich zu machen, ist damit erfüllt. Doch es ergeben sich noch weitere Vorteile für Menschen mit und ohne Behinderungen.
KI-Klone im Einsatz für die barrierefreie Kommunikation
Menschen sind oft nicht so sehr an strukturiert dargelegten Inhalten interessiert – sie wollen einfach nur schnelle Antworten auf ihre Fragen. Was für Menschen ohne permanente Behinderungen gilt, gilt auch für Menschen mit Beeinträchtigungen. Für sie dauert ein Besuch einer Website oder ein Kauf im Internet immer deutlich länger und endet leider sehr häufig im Frust.
Vorteile für Menschen mit Seh- oder motorischen Beeinträchtigungen
Wenn ein Klon mit den Inhalten einer Website oder eines E-Books trainiert wird, können Nutzer und Nutzerinnen mit Seh- oder auch motorischen Beeinträchtigungen mit der Website interagieren, ohne sich für die gewünschten Informationen durch die gesamte Website navigieren zu müssen oder sich alle Inhalte vorlesen zu lassen.
Sie können einfach eine Frage mündlich stellen. Oder sie bekommen Vorschläge für typische Fragen, die sie stellen können, angezeigt oder vorgelesen. Das verringert den Zeitbedarf für die (potenziellen) Kunden enorm und bietet eine individuelle Customer-Journey.
Vorteile für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen
Für Hörbeeinträchtigte kann der digitale Klon mit den Video- und Audio-Inhalten einer Website oder mit Podcasts und Hörbüchern trainiert werden. Dann brauchen Nutzer und Nutzerinnen beispielsweise nicht ein komplettes Video mit Untertiteln anzusehen oder das Transkript einer Audiodatei zu lesen, um zu ihren gewünschten Informationen zu gelangen.
Die Ausgabe der Antwort kann entweder schriftlich oder sogar durch einen gebärdenden Avatar passieren.
Vorteile für Menschen mit kognitiven Einschränkungen
Wenn ein solches KI-Klon-System mit den Inhalten einer Website, eines E-Books, von Video- oder Audiodateien trainiert wird, können Nutzer und Nutzerinnen mit kognitiven Einschränkungen ihre individuellen Fragen schriftlich oder mündlich stellen. Dann erhalten Sie die Antwort – auf Wunsch – in einfacher Sprache.
Wie profitieren Unternehmen von digitaler Barrierefreiheit?
Dauerhaft höheres Marktvolumen: Digitale Barrierefreiheit führt insgesamt zu einem dauerhaft höheren Marktvolumen, weil mehr Menschen am Markt teilnehmen.
Verbesserte Customer Experience: Unternehmen stärken ihre Wettbewerbsfähigkeit durch eine Verbesserung der Kundenerfahrung und Kommunikation über alle Formate hinweg.
Attraktiver Arbeitgeber: Die affirmative Haltung einer Organisation zu Menschenrechten und Nachhaltigkeit macht sie als Arbeitgeber für Fach- und Führungskräfte deutlich attraktiver.
Umsetzung mit KI: Für die Umsetzung der bestehenden Kommunikation können viele Prozesse automatisiert – oder zumindest teilautomatisiert – mithilfe von künstlicher Intelligenz umgesetzt werden.
Fazit
Die Anforderungen an digitale Barrierefreiheit sind mithilfe von KI umsetzbar. Und durch den zusätzlichen Einsatz von KI-Agenten lassen sich zukünftig auch die entsprechenden Prozesse automatisieren.
Diese Automatisierung durch KI-Agenten wird enorm viele Ressourcen und Zeit sparen.
Der Einsatz von KI-Klonen hat darüber hinaus das Potenzial, die Nutzung von anderen Kommunikationskanälen zu verändern. Denn anders als bei einem simplen Chatbot sind die Antworten beim digitalen Klon nicht vorprogrammiert – er antwortet den Menschen ad hoc, schriftlich oder über Sprache.
Unternehmen, die die Anziehungskraft und die Faszination nutzen, die von einem digitalen Klon ausgehen, werden als besonders innovativ und kundenfreundlich wahrgenommen. Alle Besucher können einfach mit dem digitalen Klon interagieren, statt sich mühsam durch eine gesamte Website navigieren zu müssen, um die gewünschten Inhalte und Antworten zu finden.
Entscheidend ist nicht, ob eine Organisation rechtlich gesehen unter das BFSG fällt, sondern ob die relevante Zielgruppe der Menschen mit einer dauerhaften, temporären oder auch nur situationsbedingten Beeinträchtigung weiterhin ausgeschlossen werden soll.