Ablehnung ist nicht persönlich – aber sie fühlt sich oft so an! Viele Vertriebsmitarbeiter interpretieren ein „Nein“ zum Angebot als „Nein“ zur eigenen Person.

Ein Denkfehler, der nicht nur Selbstzweifel auslöst, sondern auch dazu führt, dass sich Verkäuferinnen und Verkäufer emotional zurückziehen. Die Folge: weniger Kontaktaufnahme, sinkende Aktivität, schwindende Motivation.

In der Vertriebswelt kann sich das kein Unternehmen leisten. Der Schlüssel liegt in der Entwicklung von Frustrationstoleranz – der Fähigkeit, Rückschläge auszuhalten, ohne sich emotional zu entmutigen.

Das Fundament dafür ist ein stabiles Selbstwertgefühl, das durch bewusste Reflexion geschützt werden kann.

Emotionale Distanz durch sachliche Reflexion

Die erste Maßnahme: eine klare kognitive Trennung zwischen der eigenen Person und dem Kundenverhalten. Was hat der Kunde tatsächlich gesagt oder getan – und was wurde subjektiv hineininterpretiert?

Ein bewährtes Instrument ist eine schriftliche Gesprächsreflexion anhand gezielter Fragen:

  • War das Timing für den Kunden passend?
  • Stand der Kunde unter internen Zwängen (Budget, Umstrukturierung)?
  • Hatte der Ansprechpartner Entscheidungsbefugnis?
  • Wurde aktiv nach anderen relevanten Stakeholdern gefragt?
  • Könnte ein Mitbewerber aktuell besseren Zugang haben?
  • Gibt es externe Faktoren (wirtschaftlich, politisch, personell), die den Prozess beeinflussen?

Antworten auf diese Fragen helfen nach Absagen, emotionale Überreaktionen zu vermeiden und Muster im Kundenverhalten frühzeitig zu erkennen. Mit der Zeit entsteht so eine gesunde Distanz zur eigenen Arbeit – und eine deutlich robustere Haltung.

Was ist Ghosting: kein Zeichen von Desinteresse

Ghosting – also der abrupte Kontaktabbruch durch den Kunden – ist emotional belastend, aber meist kein Ausdruck von Desinteresse. In vielen Fällen stehen schlicht andere Prioritäten im Fokus.

Statt zu grübeln, ist es sinnvoll, alternative Erklärungen aktiv zu formulieren. Beispielhafte Narrative:

„Mein Ansprechpartner ist aktuell durch ein internes Projekt blockiert.“

„Die Entscheidung hängt an Gremien, die ich nicht einsehen kann.“

„Mein Kontakt hat keine Entscheidungsbefugnis und weiß nicht, wie er das kommunizieren soll.“

Notieren Sie nach jeder unerwarteten Funkstille mindestens drei plausible, nicht-persönliche Gründe. Diese einfache Übung schützt das Selbstwertgefühl und verhindert gedankliches Kreisen um eine vermeintliche persönliche Ablehnung.

Reframing statt Grübeln

Reframing bedeutet, einer belastenden Situation bewusst eine neue Bedeutung zu geben. Ein „Nein“ kann zu einem „Noch nicht“ werden. Oder zu einer wertvollen Erkenntnis über Timing, Zielgruppe oder Angebotsstruktur.

Auch der innere Monolog verdient Aufmerksamkeit: Statt sich nach Ghosting oder Absagen abzuwerten mit „Ich bin nicht gut genug“, hilft es, bewusst neue Formulierungen zu etablieren:

„Ich habe professionell gearbeitet. Die Reaktion des Kunden liegt außerhalb meines Einflussbereichs.“

Zudem hilft:

  • Aktives Nachfassen mit der Frage: „Was hat zur Entscheidung beigetragen?“
  • Nach einer Absage ein kurzes persönliches Ritual einführen (zum Beispiel Spaziergang, Musik hören, Atemübung).
  • Fokus auf das eigene Handeln statt auf externe Reaktionen: „Was ist meine nächste, sinnvolle Aktion?“

Affektlogik erkennen und entkoppeln

Nach einer Ablehnung übernehmen oft Emotionen das Ruder – Scham, Zweifel, Wut. Die sogenannte Affektlogik beschreibt diesen Mechanismus.

Der Ausweg: Emotionen anerkennen, aber nicht automatisch auf sie reagieren. Dies gelingt beispielsweise mit folgenden Übungen:

  • Achtsamkeits-Check-in: Nach Rückschlägen drei tiefe Atemzüge und das Gefühl innerlich benennen: „Ich bin enttäuscht, und das ist okay.“
  • Faktencheck: Was genau ist passiert? Und was ist Interpretation?
  • Ziel-Review: Kleinere Zwischenziele definieren und aktiv feiern – auch kleine Fortschritte trainieren die Resilienz.

Selbstwertgefühl unabhängig vom Vertriebserfolg stärken

Ein stabiler Selbstwert schützt vor Überidentifikation mit dem Job. Wer sich ausschließlich über den beruflichen Erfolg definiert, fällt bei Rückschlägen tiefer.

Darum hier einige Hilfen:

  • Erfolgstagebuch führen: Täglich drei persönliche Erfolge notieren – auch außerhalb des Berufs.
  • Soziale Anker pflegen: Freundschaften, Hobbys, Bewegung – das alles trägt zur inneren Stabilität bei.
  • Teamkultur fördern: In Vertriebsteams regelmäßig offen über Rückschläge sprechen. Beispielsweise durch eine wöchentliche „Fehler-Freitag“-Runde, in der jeder eine Ablehnung teilt und gemeinsam nach Lösungsansätzen gesucht wird.

Psychologische Robustheit ist trainierbar

Ablehnung und Ghosting sind keine Ausnahmephänomene, sondern Teil jedes Vertriebsprozesses. Entscheidend ist nicht, wie häufig eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter im Vertrieb und Verkauf auf Widerstand stößt, sondern wie professionell sie oder er darauf reagiert.

Wer emotionale Distanz kultiviert, Reframing-Techniken einsetzt und das eigene Selbstwertgefühl unabhängig vom kurzfristigen Vertriebserfolg stärkt, bleibt handlungsfähig – auch in schwierigen Phasen.

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