FührungAls neue Führungskraft eine professionelle Distanz wahren

Viele neue Führungskräfte machen sich Gedanken über die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz zu den Mitarbeitenden. Wie gelingt es Ihnen, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und gleichzeitig gewisse Grenzen einzuhalten? Nutzen Sie die folgenden Tipps und ein ausführliches Beispiel als Orientierungshilfe.

Klare Rollen und Verantwortlichkeiten festlegen

Als Führungskraft sind Sie in einer anderen Position als Ihre Mitarbeitenden. Es ist wichtig, dass jeder seine Rolle und die Erwartungen an ihn genau kennt. Damit vermeiden Sie Missverständnisse und schaffen eine Basis für ein vertrauensvolles Miteinander im Unternehmen.

Machen Sie sich Ihre eigene Rolle selbst bewusst. Reflektieren Sie und notieren Sie: „Ich bin jetzt Führungskraft. Was erwarte ich von mir?“

Falls die Rollen in Ihrem Team bisher nicht klar verteilt sind, planen Sie Einzelgespräche mit Ihren Mitarbeitenden, um die jeweiligen Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten zu klären. Das vermittelt, dass Sie Führung übernehmen, ohne dass Sie dabei zu sehr „Kumpel“ werden. So bleibt die professionelle Distanz gewahrt.

Kommunikation auf Augenhöhe

Sprechen Sie während Teammeetings offen, konstruktiv und in lockerer Atmosphäre über Erfolge, Aufgaben, Probleme, Herausforderungen und Ziele. Bleiben Sie dabei sachlich und wertschätzend. Vermeiden Sie es, zu vertraut zu werden, zum Beispiel durch:

  • übermäßig informellen Sprachgebrauch oder
  • das Teilen privater Details.

Soziale Nähe steuern – nicht zu viel und nicht zu wenig

Als Führungskraft möchten Sie den Zusammenhalt im Team stärken, dürfen aber nicht zu nah an einzelne Mitarbeitende heranrücken, um Neutralität und Fairness allen gegenüber zu wahren.

Wenn Sie als Führungskraft ein neues Team leiten, haben Sie von Beginn an eine distanziertere Rolle. Hier kommt es darauf an, Vertrauen aufzubauen. Dazu gehört, bei passenden Gelegenheiten „als Mensch mit Privatleben“ rüberzukommen.

Waren Sie zuvor Kollegin oder Kollege in Ihrem Team und sind dort nun Führungskraft, dann müssen Sie nach und nach Distanz entwickeln. Das gelingt, wenn Sie betont sachlich bleiben, alle fair behandeln und Privates auf die „Zeit nach der Arbeit“ verschieben.

In gemeinsamen Pausen und bei sozialen Team-Events behalten Sie Ihre Rolle als Vorgesetzter oder Vorgesetzte im Blick. Es ist in Ordnung, an lockeren Gesprächen teilzunehmen, aber achten Sie darauf, dass Sie sich nicht in persönliche Freundschaften mit einzelnen Mitarbeitenden verwickeln lassen.

Ein guter Ansatz ist es, bei sozialen Events die Gespräche neutral zu halten und nicht zu tief in persönliche Themen einzutauchen. Sie können zu sich und Ihrem Privatleben etwas sagen, es sollten aber eher allgemeine Themen sein. Und Sie sollen sich an alle Teammitglieder gleichermaßen richten.

Die Empfehlung ist: Hören Sie bei sozialen Team-Events mehr zu und erzählen Sie weniger von sich.

Feedback klar und konstruktiv geben

Feedback ist ein zentrales Element der Führung. Hier entscheidet sich oft, wie gut Sie die Balance zwischen Nähe und Distanz wahren.

Wenn Sie Feedback geben, sprechen Sie klar und faktenbasiert über das Verhalten oder die Leistung und vermeiden Sie es, in eine persönliche oder emotionale Richtung abzuschweifen. Zum Beispiel:

„Ich habe bemerkt, dass das Projekt X nicht rechtzeitig abgeschlossen wurde. Was ist denn passiert?“

So zeigen Sie Interesse und bieten Unterstützung, ohne die professionelle Distanz zu verlieren.

Entscheidungen transparent und nachvollziehbar treffen

Ihre Entscheidungen beeinflussen das gesamte Team, und es ist wichtig, dass Ihre Mitarbeitenden wissen, dass Ihre Entscheidungen objektiv und auf Grundlage von Fakten getroffen werden.

Erklären Sie in Meetings oder Einzelgesprächen, warum Sie bestimmte Entscheidungen getroffen haben. So wird deutlich, dass Sie das Team im Blick haben, aber aus der Führungsposition heraus handeln. Es vermeidet den Eindruck von Bevorzugung oder persönlicher Präferenz.

Grenzen setzen und wahren

Es ist wichtig, dass Sie als Führungskraft klare Grenzen setzen, um Ihre Autorität zu wahren, ohne dabei unnahbar zu wirken.

Wenn Mitarbeitende Sie mit persönlichen Problemen ansprechen, zeigen Sie Verständnis, aber verweisen Sie sie bei Bedarf an professionelle Anlaufstellen (zum Beispiel: Personalabteilung oder Coaching-Angebote des Unternehmens). Das zeigt, dass Sie als Führungskraft zuhören, aber dennoch eine klare Grenze ziehen.

Vorbildfunktion ernst nehmen

Als Führungskraft sind Sie ein Vorbild für Ihre Mitarbeitenden. Ihr Verhalten beeinflusst, wie sich Ihr Team Ihnen gegenüber verhält.

Seien Sie pünktlich, gut vorbereitet und zeigen Sie den Einsatz, den Sie auch von Ihrem Team erwarten. So signalisieren Sie, dass Sie die professionelle Ebene ernst nehmen und sich an dieselben Standards halten wie Ihre Mitarbeitenden.

Praxisbeispiel: Distanz wahren als neue Führungskraft

Hintergrund

Sarah ist seit zwei Monaten Teamleiterin eines zehnköpfigen Marketingteams in einem mittelständischen Unternehmen. Als sie in die Position befördert wurde, war sie zuvor bereits drei Jahre lang eine Kollegin im selben Team. Sie ist motiviert, ihre Rolle als Führungskraft gut auszufüllen, hat jedoch festgestellt, dass die Herausforderung darin besteht, die richtige Balance zwischen Nähe und professioneller Distanz zu wahren.

Ist-Zustand

Sarah hat bemerkt, dass einige Teammitglieder, insbesondere jene, mit denen sie früher enger zusammenarbeitete, dazu neigen, sie weiterhin wie eine enge Kollegin zu behandeln. Sie möchte sicherstellen, dass die Rollen klar definiert sind und sie als Führungskraft respektiert wird, ohne die vertrauensvolle Atmosphäre zu gefährden.

Verhaltensweisen zur Wahrung der professionellen Distanz

Sarah plant Einzelgespräche mit allen Mitarbeitenden. Dabei erklärt sie ihre Erwartungen an die jeweiligen Aufgaben und Verantwortungsbereiche. In einem Gespräch mit Tom, einem langjährigen Kollegen, betont sie:

„Tom, ich schätze unser gutes Verhältnis sehr und kenne deine Stärken. Und in meiner neuen Rolle als Teamleiterin muss ich sicherstellen, dass die Verantwortung für Projekte klar zugeordnet ist. Deshalb sollst du das Social-Media-Projekt leiten. Du kannst eigenständig Entscheidungen treffen und beziehst mich nur bei großen Fragen ein.“

Während eines Teammeetings lobt Sarah die Erfolge des letzten Quartals und spricht über kommende Herausforderungen. Sie bleibt sachlich und vermeidet dabei übertrieben informelle Gespräche. Als Lisa, eine enge Kollegin, sie privat anspricht und über einen Urlaub plaudern möchte, lenkt Sarah das Gespräch freundlich zurück auf das Meeting-Thema:

„Lass uns das privat nach dem Meeting besprechen, Lisa. Jetzt – wo alle hier am Tisch sitzen – möchte ich mich auf unsere Ziele für das nächste Quartal konzentrieren.“

Sarah merkt, dass Lisa Schwierigkeiten hat, ihre Aufgaben rechtzeitig zu erfüllen. In einem Einzelgespräch gibt sie konstruktives Feedback:

„Lisa, ich habe bemerkt, dass du letzte Woche die Deadline für das Projekt verpasst hast. Gibt es einen bestimmten Grund dafür? Ich möchte sicherstellen, dass du die Unterstützung bekommst, die du brauchst.“ Sarah bleibt dabei sachlich und zeigt Interesse, ohne ins Persönliche abzurutschen.

Als ein Teammitglied Sarah mit einem persönlichen Problem anspricht, das nichts mit der Arbeit zu tun hat, zeigt sie Verständnis, verweist aber auf professionelle Hilfe:

„Ich verstehe, dass du dich in einer schwierigen Situation befindest, aber vielleicht ist es am besten, mit Frau Meier aus dem HR-Team darüber zu sprechen. Sie kennt sich aus und wird dir sicherlich weiterhelfen.“

So vermeidet Sarah, sich in ihrer neuen Rolle als Führungskraft zu sehr in private Angelegenheiten zu verstricken.

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