BeschwerdemanagementKundenbeschwerden als Chance verstehen
Beschwerden von Kunden sind nützlich und wertvoll
Nur wenige Kunden beschweren sich. Die meisten gehen einfach weg, wenn sie unzufrieden sind. Gerade deshalb sind Beschwerden oder Reklamationen eine große Chance für Unternehmen, um ihre Leistungen und damit die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Der besondere Wert einer Beschwerde liegt darin begründet, dass sie dem Unternehmen in zweierlei Hinsicht nützlich ist:
Die Beziehung zum Kunden kann verbessert werden
Ein Kunde, der sich beschwert, ist grundsätzlich an einer Fortführung der Zusammenarbeit interessiert. Wenn ein Unternehmen die Beschwerde aufgreift, das Anliegen des Kunden ernst nimmt und eine Lösungsmöglichkeit aufzeigt oder umsetzt, wird die Zufriedenheit dieses Kunden erheblich verbessert. In vielen Fällen wird bei einem guten Beschwerdemanagement die Kundenbindung sogar verstärkt.
Fehlerquellen oder Leistungsdefizite werden aufgedeckt
Qualitätsmängel bei Produkten, fehlende Funktionen oder Leistungen sowie unfreundliches oder inkompetentes Verhalten der Mitarbeiter des Anbieters werden vom Kunden erkannt und an das Unternehmen zurückgemeldet. Das Unternehmen entdeckt so seine Fehlerquellen und Leistungsdefizite und kann diese beheben. Oft sind damit sogar Kosteneinsparungen verbunden.
Beschwerdemanagement
Beschwerdemanagement umfasst alle Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreift, um die Unzufriedenheit eines Kunden zu erfassen und seine Zufriedenheit wiederherzustellen. Ziel ist es, eine gefährdete Kundenbeziehung zu stabilisieren und ein Abwandern des Kunden zu vermeiden.
Mit dem Beschwerdemanagement können alle Arten der Rückmeldung eines Kunden bearbeitet werden, wie zum Beispiel Beschwerden, Reklamationen, Lob, Anfragen, Ideen oder Verbesserungsvorschläge.
Eine Reklamation bezieht sich auf den Mangel bei einem Produkt oder einer Dienstleistung des Unternehmens, auf dessen Beseitigung der Kunde einen Rechtsanspruch hat (Mängelhaftung oder Gewährleistung).
Grundsätzliche Fehler beim Beschwerdemanagement
Viele Unternehmen gehen mit Kundenbeschwerden falsch um. Denn für sie ist das zunächst etwas Unangenehmes, das es zu vermeiden gilt. Sichtbare Zeichen für ein fehlendes oder falsches Beschwerdemanagement sind:
- Kunde findet keine Kontaktdaten, wo er sich beschweren oder Fragen stellen kann.
- Die Beschwerde-Hotline ist meistens besetzt, und der Kunde hängt in der Warteschleife.
- Die Mitarbeiter der Beschwerde-Hotline sind unfreundlich, wiegeln ab oder können nicht helfen, weil ihnen die Kompetenz (Fachwissen und Befugnis) dafür fehlt.
- Hilfe, die versprochen wird, lässt lange auf sich warten.
Für den Kunden ist das gesamte Verfahren intransparent, kompliziert, zeitaufwendig, mühselig und unerfreulich. Er will sich vielleicht nur höflich beschweren und ist am Ende noch frustrierter. Sein Eindruck ist: Die Mitarbeiter des Anbieters „ducken“ sich, sind nicht erreichbar oder geben dem Kunden die Schuld. Andere Mitarbeiter und Ansprechpartner verbünden sich mit dem Kunden und laden die Schuld auf Kollegen aus anderen Abteilungen ab. Beide Handlungsweisen sind falsch.
Beschwerden von Kunden sind eine Chance
Wichtig ist, Beschwerden als Chance zu begreifen, den Kunden enger an sich zu binden und Verbesserungen im eigenen Unternehmen durchzuführen. Dazu muss das Beschwerdemanagement als eine wichtige Unternehmensfunktionen betrachtet werden. Doch viele behandeln sie noch sehr stiefmütterlich.
Um das Beschwerdemanagement im Unternehmen aufzubauen oder zu verbessern, gibt es einfache Sofortmaßnahmen, die Sie ergreifen können. Dazu sollten Sie die Ziele und Aufgaben des Beschwerdemanagements klären und erkennen, warum es gerade auf die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ankommt, um mit Beschwerden professionell und positiv umzugehen. Denn die Kunden bilden sich gerade dann ein Urteil über Ihre Leistungen und Ihr Unternehmen, wenn Sie eine Beschwerde vorbringen und dazu mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter sprechen – persönlich, am Telefon, per E-Mail, Chat oder Briefpost.
Die folgenden Regeln für den Umgang mit Kunden, die sich beschweren, sind entscheidend dafür, ob die Kunden zufrieden sind, ob sie bleiben oder von Ihrem Unternehmen abwandern und vielleicht sogar anderen von ihren schlechten Erfahrungen berichten.
Regeln und Tipps für den Umgang mit Kundenbeschwerden
1. Gelassen bleiben
Gehen Sie entspannt an Reklamationsgespräche heran: Auch wenn der Kunde seine Reklamation aggressiv vorbringt – machen Sie sich immer bewusst, dass er als Mensch in Ordnung ist. Er sieht im Augenblick nur noch keine andere Möglichkeit, mit einer solchen Stresssituation umzugehen. Trennen Sie den Sachverhalt von der emotionalen Ebene. Das hilft Ihnen dabei, sich nicht persönlich betroffen zu fühlen. Versetzen Sie sich in seine Situation und halten Sie sich vor Augen, wie Sie selbst in seiner Rolle reagieren würden.
2. Verständnis zeigen
Bringen Sie dem Kunden Verständnis entgegen: Geben Sie dem Kunden zunächst einmal Gelegenheit, Dampf abzulassen. Er muss seinem Ärger Luft machen dürfen. „Ich verstehe, dass Sie verärgert sind“ ist noch lange kein Schuldeingeständnis.
3. Aktiv zuhören
Hören Sie aktiv zu: Unterbrechen Sie den Kunden nicht, bestätigen Sie ihm dazwischen aber immer wieder durch „mhm“ oder „ja“ oder „Ja, ich kann Sie verstehen …“, dass Sie ihn hören und wahrnehmen.
4. Interesse bekunden
Zeigen Sie Interesse und Betroffenheit: Bitten Sie den Kunden um alle Informationen, auch wenn sie zunächst für Sie nicht angenehm sind und sich möglicherweise gegen das Unternehmen richten. Erst müssen Sie Ihren „Trichter“ füllen, bevor Sie die Informationen darin erfolgreich verarbeiten können.
5. Anerkennung zeigen
Zeigen Sie Anerkennung: Dies erreichen Sie beispielsweise mit Aussagen wie „Wir schätzen Sie als guten Kunden und werden das Problem so schnell wie möglich lösen …“
6. Geht nicht – Gibt`s nicht
Stellen Sie die Glaubwürdigkeit des Kunden nicht infrage: Eine tödliche Reaktion wäre zu sagen: „Das gibt es nicht“ oder „Das ist nicht möglich“ (wie es leider öfter passiert). Denn damit sagen Sie dem Kunden praktisch ins Gesicht, dass er lügt ... Weisen Sie den Kunden besser darauf hin, dass derartige Vorfälle in Ihrem Unternehmen nicht die Regel, sondern die ganz große Ausnahme sind.
7. Notizen machen
Schaffen Sie Vertrauen, indem Sie sich Notizen machen: Fragen Sie während des Gesprächs nach, ob Sie den Kunden richtig verstanden haben. Signalisieren Sie auch am Telefon, dass Sie sich Notizen machen. Der Kunde muss zu jeder Sekunde das Vertrauen haben, dass Sie ihn ernst nehmen. Durch die Eingrenzung der Fragen und durch die Bereitschaft, alles genau festzuhalten, zwingt sich auch der Kunde zu mehr Sachlichkeit.
8. Um Entschuldigung bitten
Schrecken Sie nicht vor dem Wort „Entschuldigung“ zurück: Wenn Sie einen Fehler Ihres Unternehmens entdecken, bitten Sie auf alle Fälle um Entschuldigung. Nichts wirkt versöhnlicher als das Wort „Entschuldigung“. Aber auch wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es wirklich Ihre Schuld ist, ist es hilfreich zu sagen: „Es tut mir Leid“ – damit geben Sie noch nichts zu.
9. Loyal bleiben
Bleiben Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen gegenüber loyal. Machen Sie gegenüber dem Kunden nicht andere in Ihrem Unternehmen dafür verantwortlich, wenn etwas schiefgegangen ist. Hier ist Teamwork gefragt; zum Beispiel zwischen Innen- und Außendienst. Es geht nicht an, dass der Innendienst bei Reklamationen über den Außendienst herzieht, frei nach dem Motto „… ach, die sind ja schlampig, die haben das einfach nicht richtig weitergeben“. Genauso schlimm ist es, wenn der Verkäufer dem Kunden gegenüber äußert, dass das Back Office so seine Probleme habe. Wenn ein Fehler passiert ist und wenn Kunden sich beschweren, sind alle im Unternehmen gleichermaßen dafür verantwortlich. Machen Sie dies für den Kunden deutlich.
10. Chancen sehen
Behandeln Sie Reklamationen lösungsorientiert. Anstelle des Problemdenkers, der zuerst einmal die Stirn in Falten zieht und überlegt, woher das alles kommen und wer schuld sein kann, ist der Chancendenker gefragt. Einer, der in Lösungen denkt und nicht in Schuldzuweisungen. Auch wenn der Kunde eine gewisse Mitschuld tragen sollte: Vorwürfe sind fehl am Platz. Versuchen Sie, mit dem Kunden herauszuarbeiten, wie es positiv und lösungsorientiert weitergehen kann. Machen Sie Ihren Mitarbeitern klar, dass das Ziel einer erfolgreichen Reklamationsbehandlung nicht ist festzustellen, wer recht hat und wer nicht, sondern dass es darauf ankommt, den Kunden nicht zu verlieren.
11. Lösung anbieten und einen guten Eindruck hinterlassen
Hinterlassen Sie einen positiven Eindruck: Jedes Reklamationsgespräch muss positiv enden. Sagen Sie dem Kunden, was Sie tun werden, um das Problem zu lösen. Wenn es nicht (gleich) zu lösen ist, dann bieten Sie ihm eine Kompensation an. Das Ziel einer jeden Reklamationsbearbeitung muss sein, dass die Partnerschaft mit dem Kunden auch einmal ein nicht lösbares Problem überdauert. Das setzt voraus, dass man ehrlich bleibt, wenn das Problem nicht oder nicht sofort gelöst werden kann. Manchmal lässt sich eine unangenehme Situation auch durch Entgegenkommen kompensieren.
Klären Sie für Ihr Beschwerdemanagement:
- Worüber beschweren sich Ihre Kunden?
- Wie gehen Kundenbeschwerden in Ihrem Unternehmen ein?
- Wie gehen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit um?
- Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ihren Kunden, wenn es darum geht, wie Sie in Ihrem Unternehmen mit deren Beschwerden, Reklamationen oder Anfragen umgehen?
- Worin erkennen Sie Schwächen im Prozess des Beschwerdemanagements?
Nutzen Sie die folgende Vorlage und prüfen Sie, wie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren, wenn Kunden sich beschweren. Notieren Sie sich die Aspekte, wo Sie Verbesserungspotenzial und dringenden Handlungsbedarf im Beschwerdemanagement erkennen.
Sie sollten nicht nur dafür sorgen, dass sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen direkten Kontakt zu Ihren Kunden haben, Kundenorientiert verhalten, wenn Kunden mit einer Beschwerde oder einer Reklamation kommen. Genauso wichtig ist, dass die Kundenbeschwerden angemessen gelöst werden. Inwieweit Ihr Unternehmen dies bereits leistet, sollten Sie mit einer Bestandsaufnahmen prüfen. Schwachstellen, die Sie dabei erkennen, müssen Sie sofort lösen. Wie Sie dabei vorgehen, erfahren Sie im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels.