Führungskompetenz entwickelnAngemessenes Führungsverhalten und guter Führungsstil

In Hinblick auf das Führungsverhalten gibt es kein eindeutiges „Richtig“ oder „Falsch“. Es gibt aber Prinzipien und Verhaltensweisen, die im Führungsalltag hilfreich sind. Nützlich ist vor allem, die eigene Führungskompetenz durch regelmäßige Selbstreflexion zu verbessern. Was zeichnet angemessenes Führungsverhalten und guten Führungsstil außerdem aus?

Tugenden für gute Führungskräfte

Auch wenn es für den Führungsstil und das Führungsverhalten keine allgemeingültigen und feststehenden Regeln gibt, können die folgenden Tugenden, Kompetenzen und vorgelebte Werte nützliche Begleiter für den Führungsalltag sein.

Der Management-Vordenker Peter F. Drucker fasst gute Führung als das Verhalten der idealen Führungskraft in zwei Regeln zusammen:

  • Gute Führungskräfte denken oder sagen nicht „ich“, sondern „wir“.
  • Gute Führungskräfte sind die Ersten, die zuhören, und die letzten, die reden.

Als weitere wichtige Tugenden für Führungskräfte erachtet Peter F. Drucker:

  • Führungskräfte fragen sich: Was ist zu tun?
  • Führungskräfte fragen sich: Was ist gut für das Unternehmen?
  • Führungskräfte entwickeln einen Aktionsplan.
  • Führungskräfte übernehmen Verantwortung und treffen Entscheidungen.
  • Führungskräfte sorgen für effektive Kommunikationsstrukturen.
  • Führungskräfte konzentrieren sich auf die Chancen.
  • Führungskräfte gestalten Besprechungen produktiv.

Wie gutes Führungsverhalten und Neuroleadership zusammenhängen

Seit einigen Jahren nutzen Führungskräfte Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften für ihre Führungsaufgaben und ihr Führungsverhalten. Dazu wurden zahlreiche Modelle entwickelt, die zeigen sollen, was Führungskräfte tun und was sie unterlassen sollten, wenn sie das „natürliche Verhalten“ von Menschen ins Kalkül ziehen. Diese Herangehensweise wird auch als Neuroleadership bezeichnet.

Ein solches Modell ist das SCARF-Modell. Die Vertreter dieses Modells sagen, damit könne begründet und erklärt werden, warum und wie Mitarbeitende auf bestimmte Aussagen, Entscheidungen oder Handlungen von Führungskräften reagieren. So lassen sich auch mögliche Reaktionen auf Führungsentscheidungen besser einschätzen.

In dieser Erläuterung und Beschreibung zum SCARF-Modell erfahren Sie, wie Sie diese Erkenntnisse für Ihr Führungsverhalten nutzen.

Weitere Tipps zum Führungsverhalten bekommen Sie im Beitrag: Was Führungskräfte von der Neurobiologie lernen können.

Soft Skills für Führungskräfte

Daniel Goleman befasst sich seit vielen Jahren mit dem Phänomen, dass es neben den kognitiven Kompetenzen eines Menschen auch andere gibt. Er entwickelte mit anderen Wissenschaftlern das Modell der emotionalen oder „weichen“ Kompetenzen; die sogenannten Soft Skills. Diese Kompetenzen sind gewissermaßen die Grundausstattung der guten Führungskraft. Zu ihnen zählen:

Selbstbewusstheit

Fähigkeit eines Menschen, seine Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse zu akzeptieren und zu verstehen, und die Fähigkeit, deren Wirkung auf andere einzuschätzen.

Selbstmotivation

Begeisterungsfähigkeit für die Arbeit, sich selbst unabhängig von finanziellen Anreizen oder Status anfeuern zu können.

Selbststeuerung

Planvolles Handeln in Bezug auf Zeit und Ressourcen.

Soziale Kompetenz

Fähigkeit, Kontakte zu knüpfen und tragfähige Beziehungen aufzubauen, gutes Beziehungsmanagement und Netzwerkpflege.

Empathie

Fähigkeit, emotionale Befindlichkeiten anderer Menschen zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.

Führungskräfte haben Vorbildfunktion

Bruce Tulgan weist darauf hin, dass „weiche Kompetenzen“ nichts mit nachlässiger Führung zu tun haben. Er rät allen Führungskräften: „Machen Sie es sich zur Gewohnheit, jeden Tag zu managen.“ Das bedeutet, machen Sie sich jeden Tag klar, dass Sie der Chef oder die Chefin sind und stellen Sie sich die Frage: „Was für ein Chef (oder Chefin) will ich sein?“ Sie müssen ihre eigenen Werte, Einstellungen, Haltungen und Verhaltensweisen als Führungskraft haben und gegebenenfalls so entwickeln, wie Sie diese für richtig halten.

Alexander Groth setzt an die erste Stelle: Führungskräfte sollten integer handeln, also so, wie es ihren Überzeugungen entspricht. Sie sollten sagen, wofür sie stehen, und zu dem stehen, was Sie sagen. Das drückt sich in den eigenen Werten aus. Wenn eine Führungskraft will, dass ihre Mitarbeitenden sich so verhalten, wie sie es von ihnen erwartet, muss sie drei Dinge tun: 1. Es vorleben. 2. Es vorleben. 3. Es vorleben.

Werte für Führungskräfte

Für die Führungskraft stellt Alexander Groth folgende Werte als besonders wichtig – und hilfreich für die eigene Führungskompetenz – heraus:

  • Übernehmen Sie Verantwortung, geben Sie die Schuld nicht anderen, wenn etwas schiefläuft oder wenn Ziele nicht erreicht werden.
  • Erledigen Sie Unangenehmes selbst. Delegieren Sie unangenehme Aufgaben nicht an Ihre Mitarbeitenden.
  • Halten Sie Ihre Versprechen. Und versprechen Sie nur das, was Sie auch sicher einhalten werden.
  • Behalten Sie Vertrauliches für sich. So zeigen Sie, dass man Ihnen vertrauen kann. (Wenn Sie erkennen, dass dem Unternehmen oder Personen Schaden droht oder wenn Sie in einen persönlichen Konflikt durch dieses Wissen geraten, dann sagen Sie das offen gegenüber der Person, die Ihnen etwas anvertraut hat. Sagen Sie, dass Sie das nicht für sich behalten können.)
  • Sprechen Sie Mangel an Leistung oder Fehlverhalten offen an. Geben Sie Ihren Mitarbeitenden unmittelbar eine Rückmeldung, wenn Sie mit ihrer Arbeit nicht zufrieden sind, und sagen Sie, wie es verbessert werden kann.
  • Sprechen Sie über Abwesende nicht negativ. Und machen Sie Ihren Mitarbeitenden gegenüber deutlich, dass diese es auch nicht tun sollten.

Behauptungen zu guter Führung kritisch hinterfragen

Die Quellen mit Tipps und Hinweisen zu „Good Leadership“ sind unerschöpflich. Sie beschreiben und erläutern alle, was eine gute Führungskraft auszeichnet, welche Werte sie mitbringen sollte, welche Verhaltensweisen sie zeigen sollte, wie sie handeln sollte und was sie tun und was sie lassen sollte.

Der Wissenschaftler Oswald Neuberger formuliert es in seinem Buch „Führen und führen lassen: Ansätze, Ergebnisse und Kritik der Führungsforschung“ so: „Es gibt mehr Bücher als Wissen über Führung.“

Gehen Sie mit allen Büchern und Ratgebern kritisch um. Lassen Sie sich anregen, aber überprüfen Sie immer, was davon zu Ihrer Person und Ihrer Situation passt. Führungskompetenzen und Leadership-Qualitäten sind Puzzleteile, die zueinander passen müssen und die nach und nach ein stimmiges Bild ergeben sollten.

Führungskompetenz durch Selbstreflexion verbessern

Arbeiten Sie immer an Ihrem Führungsverhalten und Ihrem Führungsstil. Diese Arbeit ist nie wirklich abgeschlossen. Sie können sich durch folgende Formen der Selbstreflexion immer verbessern:

  • Überprüfen Sie immer wieder Ihr Verhalten und Ihr Auftreten als Führungskraft. Wie handeln Sie in konkreten Situationen? Wie handeln Sie, wenn es schwierig wird? Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?
  • Machen Sie sich Ihre Grenzen bewusst. Sie sollten Ihre Stärken kennen, aber auch Ihre Defizite. Überprüfen Sie, ob Sie diese Defizite beheben müssen oder ob Sie diese anders kompensieren können.
  • Nehmen Sie wahr, wie Sie auf Ihre Mitarbeitenden, auf Ihre Führungskollegen und auf Ihre Vorgesetzten wirken. Was stellen Sie fest? Wie begegnen Ihnen diese Personen? Und ebenfalls wichtig: Wie reagieren Sie selbst auf das Verhalten der anderen Personen? Versuchen Sie in die Beobachterposition zu sich selbst zu schlüpfen.
Praxis

Werte als nützliche Begleiter für den Führungsalltag

Als Führungskraft haben Sie eine besondere Verantwortung Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch anderen Personengruppen gegenüber. Daher sollten Sie wissen, was Ihnen persönlich wichtig ist – privat und im Berufsleben.

Versuchen Sie, Ihre Werte zu benennen und zu beschreiben. Zur Unterstützung können Sie die folgende Vorlage nutzen, um Ihre Werte zu erörtern.

Führungsverhalten reflektieren

Beobachten Sie Ihr eigenes Führungsverhalten im Berufsalltag und machen Sie sich Notizen:

  • Wie reagieren Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Ihr Führungsverhalten?
  • Wie verhalten sich Ihre Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Abteilungen?
  • Welche Verhaltensweisen schätzen Sie an anderen Führungskräften? Welche nicht?

Führung als dienende Haltung

In modernen Führungskonzepten wird die Führungskraft nicht mehr als die Person betrachtet, die für Ihr Team Vorgaben macht, Anweisungen und Aufgaben verteilt, Leistungen überwacht und Ergebnisse prüft. Sie ist vielmehr Unterstützer, Moderator oder Mentor für das Team. Ein solches Führungsmodell wird auch als Servant Leadership, dienende Führung, bezeichnet.

Die Merkmale und Eigenschaften der Servant Leadership sind in der folgenden Checkliste zusammengefasst. Sie reflektieren und prüfen damit Ihr Führungsverhalten vor dem Hintergrund dieses Führungsmodells und des damit verbundenen Führungsstils.

Dazu im Management-Handbuch

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