PflegezeitWas bei der beruflichen Freistellung für die Pflege zu beachten ist
- Mögliche Formen der Freistellung zur Pflege
- Voraussetzungen und Dauer der Pflegezeit
- Was vor Beginn der Pflegezeit beachtet werden muss
- Was gilt in Kleinbetrieben in puncto Pflegezeit?
- Kurzzeitige Arbeitsverhinderung wegen Pflege
- Anspruch auf Familienpflegezeit
- Familienpflegezeit in kleinen Unternehmen
- Finanzielle Absicherung bei Pflegezeit und Familienpflegezeit
- 6 Vorlagen im Praxisteil
Mögliche Formen der Freistellung zur Pflege
Gemäß dem Pflegezeitgesetz haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit, wenn sie sich um die Pflege eines nahen Angehörigen kümmern müssen. Diese sogenannte Pflegezeit kann bis zu sechs Monate dauern.
Von der Pflegezeit zu unterscheiden sind zwei weitere Formen der Freistellung zur Angehörigenpflege:
- die kurzzeitige Freistellung in einer akuten Pflegesituation (kurzzeitige Arbeitsverhinderung)
- die sogenannte Familienpflegezeit, eine Reduzierung der Arbeitszeit zur Angehörigenpflege
Für diese drei Formen der Freistellung gelten jeweils unterschiedliche Voraussetzungen und Kriterien, die bei der Gewährung der Pflegezeit beachtet werden müssen.
Voraussetzungen und Dauer der Pflegezeit
Das Pflegezeitgesetz gibt Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich ganz oder teilweise unbezahlt von der Arbeit freistellen zu lassen, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen.
Zu beachten ist:
- Der Rechtsanspruch auf Pflegezeit besteht nur in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten.
- Diese Pflegezeit darf maximal 6 Monate betragen.
Als nahe Angehörige im Sinne des Pflegezeitgesetzes gelten:
- Eltern (auch Stiefeltern) und Großeltern
- Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft
- Kinder (auch Adoptiv- oder Pflegekinder)
- Geschwister sowie Schwägerinnen und Schwager
- Enkelkinder
- Schwiegereltern und Schwiegerkinder
- Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners
Was vor Beginn der Pflegezeit beachtet werden muss
Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin muss die Pflegebedürftigkeit (mindestens Pflegegrad 1) des nahen Angehörigen nachweisen – entweder durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse.
Wer Pflegezeit in Anspruch nehmen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor dem gewünschten Beginn schriftlich ankündigen. Gleichzeitig müssen Sie erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeit in Anspruch genommen werden soll.
Es besteht die Möglichkeit einer kompletten oder teilweisen Freistellung von der Arbeit.
Bei einer nur teilweisen Freistellung müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine schriftliche Vereinbarung über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit treffen. Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen – es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.
Da es sich bei der Pflegezeit um einen gesetzlichen Anspruch des Beschäftigten handelt, bedarf die Inanspruchnahme der Pflegezeit keiner Zustimmung des Arbeitgebers.
Während der Pflegezeit – von der Ankündigung, höchstens jedoch 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn, bis zum Ende der Pflegezeit – genießt der freigestellte Mitarbeiter Kündigungsschutz.
Wird jemand zur Vertretung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters in Pflegezeit eingestellt, so ist dies ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses.
Was gilt in Kleinbetrieben in puncto Pflegezeit?
In Kleinbetrieben mit 15 oder weniger Beschäftigten haben die Beschäftigten keinen Rechtsanspruch auf Pflegezeit.
Jedoch können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kleinbetrieben bei ihrem Arbeitgeber ebenfalls den Abschluss einer Pflegezeit-Vereinbarung beantragen. Der Arbeitgeber muss einen solchen Antrag innerhalb von vier Wochen nach Zugang beantworten und eine eventuelle Ablehnung begründen.
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung wegen Pflege
Bei einer erstmals oder akut aufgetretenen Pflegesituation eines nahen Angehörigen haben Beschäftigte einen Anspruch auf eine Freistellung von bis zu zehn Arbeitstagen. In dieser Zeit können sie die Pflege organisieren oder eine pflegerische Versorgung sicherstellen.
Dieser Anspruch gilt unabhängig von der Unternehmensgröße, also auch in Kleinbetrieben.
Die Beschäftigten sind dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre Arbeitsverhinderung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.
Der Arbeitgeber kann verlangen, dass ihm der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen und die Notwendigkeit der Pflegemaßnahmen vorlegt.
Das Pflegezeitgesetz sieht für die Fälle der kurzfristigen Arbeitsverhinderung keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung vor. Arbeitgeber sind bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nur dann zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, wenn sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung ergibt.
Bei der Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Arbeitstagen besteht jedoch ein Anspruch auf ein sogenanntes Pflegeunterstützungsgeld, das 90 Prozent des Nettogehalts entspricht. Es wird bei der Pflegekasse beantragt und von ihr ausgezahlt.
Anspruch auf Familienpflegezeit
Eine weitere Möglichkeit der unbezahlten Freistellung zur Pflege naher Angehöriger ist die sogenannte Familienpflegezeit. Rechtsgrundlage hierfür ist das Familienpflegezeitgesetz.
Dabei handelt es sich um einen Rechtsanspruch auf eine Reduzierung der Arbeitszeit für bis zu 2 Jahre bei einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden.
Zu beachten ist: Ein Anspruch auf Familienpflegezeit besteht nur in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten.
Außerdem gilt: Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Familienpflegezeit ist, dass der nahe Angehörige mindestens mit Pflegegrad 1 eingestuft wird. Dies muss durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse nachgewiesen werden.
Eine schwere Erkrankung reicht dagegen als Freistellungsgrund nicht aus.
Bei einem länger als 2 Jahre anhaltenden Pflegebedarf können mehrere Angehörige nacheinander die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Außerdem können Pflegezeit und Familienpflegezeit miteinander kombiniert werden.
Familienpflegezeit in kleinen Unternehmen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen mit 25 oder weniger Beschäftigten haben keinen Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit.
Sie können aber dennoch den Abschluss einer Familienpflegezeit-Vereinbarung bei ihrem Arbeitgeber beantragen. Dieser muss den Antrag dann innerhalb von 4 Wochen beantworten und eine eventuelle Ablehnung gegenüber dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin begründen.
Finanzielle Absicherung bei Pflegezeit und Familienpflegezeit
Bei längeren Freistellungen – Pflegezeit oder Familienpflegezeit – wird kein Pflegeunterstützungsgeld gezahlt. Hier müssen Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer selbst schauen, inwieweit man sich diese Auszeit überhaupt leisten kann.
Bei der Pflegezeit gibt es die Möglichkeit, sich nur teilweise freistellen zu lassen, also in Teilzeit weiterzuarbeiten. Dann sind die finanziellen Einbußen nicht so hoch.
Bei der Familienpflegezeit handelt es sich ohnehin nur um eine Arbeitszeitreduzierung. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob das Gehalt ausreicht, wenn nur (mindestens) 15 Stunden pro Woche gearbeitet wird.
Beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben kann für die Pflegezeit ein zinsloses Darlehen beantragt werden.
Eine weitere Möglichkeit der Finanzierung ist, dass man sich mit dem Arbeitgeber einigt, dass dieser das Gehalt während der Pflegezeit ganz oder teilweise weiterbezahlt. Eine solche individuelle Vereinbarung ist möglich, hängt allerdings davon ab, ob der Arbeitgeber mitmacht.
Mitarbeiter kündigt Pflegezeit beim Arbeitgeber an
Mit der folgenden Musterformulierung kündigen Sie die Pflegezeit oder Familienpflegezeit bei Ihrem Arbeitgeber an. Senden Sie die Ankündigung an Ihre Personalabteilung oder die Geschäftsleitung.


Arbeitnehmer müssen die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen nachweisen. Die Pflegebedürftigkeit kann entweder von der Pflegekasse oder vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse bescheinigt werden.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber treffen eine Vereinbarung zur Pflegezeit oder Familienpflegezeit
Kündigt ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin an, dass er oder sie Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen will, sollte eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen werden.
Dabei sind unterschiedliche Fälle zu beachten:
- Pflegezeit für maximal 6 Monate oder
- Familienpflegezeit für maximal 24 Monate mit teilweiser Freistellung
- vollständige Freistellung oder Teilfreistellung bei der Pflegezeit
Bei der Familienpflegezeit erfolgt immer eine Teilfreistellung, da der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dann mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten muss.
Eine entsprechende Vereinbarung über die Freistellung mit und ohne Reduzierung und bei einer individuellen Verteilung der Arbeitszeit kann – je nach Fall – mit den folgenden Vorlagen vereinbart werden.



Gegebenenfalls stellt der Arbeitgeber eine Vertretungskraft ein
Die Vertretung eines Mitarbeiters in Pflegezeit gilt als sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses.
Weitere Erläuterungen zu einem entsprechenden Arbeitsvertrag finden Sie unter Befristete Arbeitsverträge rechtssicher abschließen.
Um zu ermitteln, ob und in welchem Umfang Sie als Arbeitgeber einen Ersatz für die Beschäftigen in Pflege- oder Familienpflegezeit benötigen, nutzen Sie das folgende Berechnungs-Tool.



