Was ist Corporate Behaviour?

Während sich die meisten Unternehmen wie selbstverständlich mit dem Corporate Design auseinandersetzen, vernachlässigen sie meist die bewusste Auseinandersetzung mit der Corporate Behaviour. Corporate Behaviour umfasst – einfach ausgedrückt – das Verhalten und das Auftreten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Unternehmens.

Viele Unternehmen scheuen sich davor, Ihren Beschäftigten Verhaltensregeln mitzugeben, da es sich dabei ja um erwachsene und kompetente Menschen handelt, die schon wissen werden, wie man sich richtig und korrekt zu verhalten hat.

Das stimmt bis zu einem gewissen Grad. Doch zu den Aufgaben eines Mitarbeiters gehört es auch, die Markenwerte des Unternehmens nach außen zu tragen, um damit wiederum zu einem stimmigen und überzeugenden Unternehmensimage beizutragen.

Das Auftreten jedes Mitarbeiters (nicht nur im Marketing und Vertrieb) prägt also entscheidend das Image und das Erscheinungsbild eines Unternehmens. Warum? Ganz einfach: Jeder Mensch erinnert sich am besten an direkte Kontakte. Das bedeutet, dass sich jeder (potenzielle) Kunde am besten an den direkten Kontakt mit Ihren Mitarbeitern erinnert. Und selbst wenn Sie ein Unternehmen sind, das nur wenig (direkten) Kundenkontakt hat, so haben Sie doch Kontakt zu Dienstleistern, Lieferanten, externem Personal oder sonstigen Geschäftspartnern.

Warum ist die Definition der Corporate Behaviour wichtig?

Manchen Unternehmen ist dieser Punkt sogar so wichtig, dass er in der Zielvereinbarung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgenommen wurde. Und das wiederum setzt voraus, dass alle Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen die Imagewerte und Imagedimensionen des Unternehmens kennen, verstehen und leben. Besonders der Aspekt „Verstehen“ ist so wichtig, da Werte unterschiedlich interpretiert werden können.

Spätestens, wenn der Kunde (oder Dienstleister oder ein sonstiger Geschäftspartner) eine Reklamation oder Beschwerde hat, entscheidet das Verhalten Ihrer Mitarbeiter darüber, ob er Kunde (oder Dienstleister oder Partner) bleibt oder beim nächsten Mal doch lieber auf ein anderes Unternehmen zugreift.

Und genau das ist der Grund, warum auch dieser Aspekt – die Corporate Behaviour – definiert und Verhaltensregeln formuliert und vereinbart werden müssen.

Beispiel: Regeln für Corporate Behaviour exakt festlegen

Sie haben den Wert „Offenheit“ für Ihr Unternehmen als wichtigen Wert definiert.

Was bedeutet für Sie Offenheit? Dass der Kunde alles erfahren darf, was gerade in Ihrem Unternehmen los ist? Oder dass Sie als Unternehmen allen neuen Trends gegenüber offen sind? Oder dass Sie als Unternehmen gegenüber allen Ländern und Sitten offen sind und deshalb Ihre Angebote entsprechend modular aufgebaut sind?

Sie sehen: es gibt viele Möglichkeiten „Offenheit“ zu interpretieren.  

Was umfasst das Corporate Behaviour?

Das Corporate Behaviour umfasst nicht nur das Verhalten der Mitarbeiter, sondern das Verhalten des kompletten Unternehmens. Das kann sich auch äußern im:

  • Preisverhalten: Wo haben Sie die Preise für Ihre Angebote angesetzt? Im Hochpreis- oder Niedrigpreissektor?
  • Vertriebsverhalten: Über welche Vertriebskanäle bedienen Sie den Markt, wo präsentieren Sie Ihre Angebote?
  • Sozialverhalten: Was tut Ihr Unternehmen außerhalb des originären Geschäfts? Sind Sie (als Unternehmen) in sozialen Projekten involviert? Welchen Beitrag zur Gesellschaft leistet Ihr Unternehmen? Und wie sozial verhält sich Ihr Unternehmen gegenüber Ihren Mitarbeitern? Gibt es beispielsweise Kinderbetreuung in Ihrem Unternehmen? Oder einen Reinigungsservice? Oder regelmäßig frische Obstkörbe? Oder die Möglichkeit von Homeoffice?

Noch eine Idee, um das Corporate Behaviour weiter in den Köpfen der Mitarbeiter zu verankern: Denken Sie darüber nach, was Ihre Mitarbeiter täglich sehen oder nutzen. Besteht dort die Möglichkeit, die wichtigsten Grundsätze der Corporate Behaviour abzubilden?

Zum Beispiel als Startbildschirm auf dem Computer? Oder gedruckt auf der Rückseite der Mitarbeiter-Zugangskarte? Lassen Sie keine Gelegenheit aus, die Markenpositionierung, die Markenwerte, das Leitbild etc. allen Beteiligten immer wieder vor Augen zu führen. Denn eine Marke wirkt immer von innen nach außen. Vom Mitarbeiter zum Kunden.

Unterschied zwischen interner und externer Corporate Behaviour

Beim Corporate Behaviour geht es um das Verhalten zu den Kundinnen und Kunden, zu den Geschäftspartnern, zu den Dienstleistern aber auch um das Verhalten untereinander. Deshalb unterscheidet man zwischen dem internen und dem externen Corporate Behaviour.

Beim internen Corporate Behaviour geht es um das Verhalten gegenüber Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten, um die Hierarchien und das Betriebsklima. Ist zum Beispiel Duzen üblich oder gar Pflicht innerhalb des Unternehmens? Gibt es ein 360-Grad-Feedback über alle Hierarchien? Wie sind die Umgangsformen zwischen den Mitarbeitern und zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten?

Beim externen Corporate Behaviour geht es primär um die Ansprache der Kunden, um die Art der Beziehung zu den Kunden und um Marketingmaßnahmen. Duzt man den Kunden, wie es beispielsweise IKEA macht? Betrachtet man den Kunden als Gast oder als Freund? Werden auch Lieferanten mit Respekt behandelt oder sind sie nur Zulieferer?

Die Art, wie die Mitarbeiter einem Kunden oder Geschäftspartner gegenübertreten und wie sie untereinander und miteinander agieren, prägt das Image nach außen. Und jedes Unternehmen hat es in der Hand (besser gesagt: hat die Aufgabe), dieses Auftreten so zu steuern, dass das gewünschte Image entsteht.

Warum Mitarbeitende auch Markenbotschafter sind

Das Unternehmensimage wird stark durch die externe, gesteuerte Kommunikation geprägt; seien es Werbekampagnen, Pressetexte oder Social Media Aktionen. Doch der stärkste Botschafter und Repräsentant eines Unternehmens sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Sie vertreten das Unternehmen beim Kunden, beim Geschäftspartner und sogar im privaten Umfeld. Sprechen sie gut über das Unternehmen und dessen Angebot, dann zählt das weitaus mehr als jede noch so kreative Werbeaktion. Mitarbeiter sind einfach die stärksten Multiplikatoren und Influencer für Ihr Unternehmen.

Übrigens: Untersuchungen zeigen, dass Mitarbeiter mit einer hohen Bindung an das Unternehmen oder die Marke sogar einen signifikant größeren Umsatz erzielen als Mitarbeiter mit einer geringen Bindung. Das verstärkt die Aussage, dass zufriedene und loyale Mitarbeiter das wertvollste Kapital eines Unternehmens sind.

Je höher die Identifikation der Beschäftigten mit dem Unternehmen, der Marke und den Produkten, desto höher ist ihr Engagement für die Marke und das Unternehmen. Identifikation ist also ein wichtiger Erfolgstreiber.

Mitarbeitende mit der Corporate Behaviour vertraut machen

Für eine Identifikation mit dem Unternehmen, der Marke und den Produkten ist eine entsprechende Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig, damit sie alle Facetten der Marke und des Unternehmensimages kennenlernen. Nur eine Identifikation macht das Verhalten authentisch, glaubwürdig und überzeugend.

Für die Schulungen muss das gewünschte Corporate Behaviour definiert werden. Die Basis für diese Definition ist das angestrebte Unternehmensimage, die definierte Markenpositionierung und die dort verankerten Markenwerte.

Beispiel: Einen Wert im Corporate Behaviour verankern

Wenn Sie zum Beispiel „Aktivität“ als Markenwert haben, so wird das auch im Corporate Behaviour erkennbar sein müssen. Ein passiver Mitarbeiter wird einen Kunden nicht davon überzeugen können, dass sie ein „aktives“ Unternehmen sind. Auch können Sie keine trendigen Produkte verkaufen, wenn das Arbeitsklima einem mittelalterlichen Patriarchat gleicht. Das passt nicht zusammen und jeder (potenzielle) Kunde wird dies spüren.

Anleitung: Corporate Behaviour aufbauen

Um Ihre Corporate Behaviour in Ihrem Unternehmen zum Leben zu erwecken, sollten Sie folgendermaßen vorgehen:

  1. Lassen Sie das Corporate Behaviour nicht von einem externen Dienstleister definieren. Oder nutzen Sie diese zumindest nur als Berater, nicht als komplette „Entwickler“.
  2. Involvieren Sie alle Führungskräfte und Bereiche aus dem Unternehmen und lassen Sie diese definieren, was die Markenpositionierung für deren Bereich bedeutet und wie sie mit ihrem Verhalten (intern und extern) dieses Image unterstützen und (direkt oder indirekt) kommunizieren können.
  3. Definieren Sie dann Regeln und Normen für alle Bereiche für das interne Verhalten und für alle Points of Experiences, also Momente, wo Externe das Unternehmen und damit die Marke erleben.
  4. Formulieren Sie die Regeln so genau wie möglich. Benutzen Sie keine Allgemeinfloskeln wie „Seien Sie freundlich“, sondern erläutern Sie genau, was das in jedem Fall bedeutet. Am Telefon, im persönlichen Gespräch, auf der Messe, beim Betreten eines Ladens etc.
  5. Schulen Sie Mitarbeiter (vor allem neue Mitarbeiter) regelmäßig (am besten jährlich) mit dem Fokus auf den Umgang und ihre Wirkung auf den Kunden oder andere Externe.
  6. Keine Regeln ohne Überprüfung. Ermitteln Sie daher regelmäßig, ob und inwieweit die Regeln eingehalten werden. Und vor allem, warum sie eventuell nicht eingehalten werden (können).
  7. Belohnen Sie Markenbotschafter und schaffen Sie Anreize, damit ein einheitlicher Außenauftritt gewährleistet wird. Zum Beispiel in Form von Zielvereinbarungen, Boni etc.
  8. Gute Kommunikation erhöht die Akzeptanz. Übergeben Sie daher nicht einfach die Regeln und Normen, sondern erläutern Sie die Notwendigkeit, damit alle gemeinsam einen konsequenten und starken Außenauftritt leisten und damit ein gutes, nachhaltiges Unternehmensimage aufbauen.
  9. Machen Sie Ihre Mitarbeiter zu Mitwissern. Im Einzelnen kann das bedeuten: Je früher Sie die verantwortlichen Führungskräfte und Bereiche involvieren und diesen die Markenpositionierung ausführlich und begeisternd vorstellen, je eigenverantwortlicher Sie diesen die Übersetzung der Markenpositionierung für ihren Bereich überlassen, desto höher wird die Akzeptanz Ihres Führungskreises. Der wiederum ist unerlässlich, um die Akzeptanz aller Mitarbeiter zu erlangen.
  10. Das A und O einer überzeugenden, mitreißenden und begeisternden Kommunikation ist Ihre eigene Begeisterung und Überzeugung. Sind Sie davon begeistert und überzeugt, dann ist es leicht, andere davon zu überzeugen. Es gibt das schöne Zitat, das Aurelius Augustinus zugeschrieben wird: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“
  11. Erläutern Sie ausführlich das Wofür, also den Sinn, der hinter diesen Regeln steht. Nur wer weiß, warum und wofür er etwas tun soll, kann das mit Überzeugung tun.

Denken Sie immer daran: Da sich die Produkte (oder Dienstleistungen) immer weiter annähern und sich kaum mehr voneinander unterscheiden, muss der Kunde beim Kauf, bei der Reklamation und bei jedem Kontakt mit einem Mitarbeiter Ihres Unternehmens einen positiven Eindruck bekommen. Das schaffen Sie mit einem guten Corporate Behaviour. Denn zufriedene Kunden und Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg Ihrer Marke.

Praxis

Prüfen Sie in Bezug auf die Corporate Behaviour: Wie ist das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des Unternehmens? Betrachten Sie dazu die folgenden Aspekte:

Basis

  • Kennen und verstehen alle Mitarbeiter und Führungskräfte die aktuelle und die angestrebte Markenpositionierung?
  • Kennen alle Mitarbeiter die Markenwerte?
  • Haben alle Bereiche diese Werte in ihre tägliche Arbeit übersetzt?
  • Sind sich alle Mitarbeiter bewusst, dass ihr Verhalten das Unternehmensimage prägen?
  • Finden dazu regelmäßig Schulungen statt?

Kontaktpunkte

  • Sind alle Kontaktpunkte, also Moment, wo das Unternehmen und die Marke erlebbar sind, identifiziert?
  • Wissen alle Mitarbeiter, wie sich ihr Verhalten bei jedem Kontaktpunkt auf das Image des Unternehmens ausprägt? Auch im Detail?
  • Fungieren Führungskräfte auch bei diesen Kontaktpunkten als Vorbilder, Motivatoren und als Wächter?
  • In welcher Form erhalten echte „Botschafter des Images“ einen Ansporn und materielle oder finanzielle Anreize?
Tipp

Beobachten und analysieren Sie die Customer Journey

Um alle Kontaktpunkte zu identifizieren und dort das Verhalten der Mitarbeiter zu analysieren, sollten Sie die Customer Journey betrachten. Damit werden alle Kontaktpunkte oder Customer Touchpoints als Prozess beobachtet und analysiert. Wie dies im Einzelnen funktioniert, erfahren Sie im Handbuch-Kapitel zur Customer Journey.

Internes Corporate Behaviour

  • Gibt es Regeln und Normen für das interne Verhalten von Mitarbeitern?
  • Sind diese allen Mitarbeitern bekannt?
  • Sind auch hier alle Führungskräfte Vorbilder, Motivatoren und Wächter?
  • Was passiert bei Nichteinhaltung?
  • Wie wird vorbildliches Verhalten belohnt?

Externes Corporate Behaviour

  • Gibt es Regeln und Normen für das Verhalten zu Externen (Kunden und Geschäftspartner)?
  • Haben alle Mitarbeiter die richtige Haltung zu externen Kontakten?
  • Agieren auch hier alle Führungskräfte als Vorbild, Motivator und Wächter?
  • Welche Konsequenzen haben richtiges und falsches Verhalten?

Corporate Behaviour des Unternehmens

  • Preisverhalten: Wo haben Sie im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern das Preisniveau Ihrer Angebote angesetzt? Mit welcher Begründung?
  • Vertriebsverhalten: Über welche Kanäle bedienen Sie den Markt? Wo präsentieren Sie Ihr Angebot? Was ist die Begründung dafür?
  • Sozialverhalten: Wie lautet Ihr Corporate Purpose? Was tut Ihr Unternehmen außerhalb des originären Geschäfts? Welchen Beitrag zur Gesellschaft leistet Ihre Unternehmen? Wie sozial agiert Ihr Unternehmen gegenüber den Mitarbeitern?

Corporate Behaviour ist nicht nur eine Ansammlung von Regeln und Werten. Es ist der spürbare Ausdruck der Haltung eines Unternehmens. Beschreiben Sie entsprechend die Haltung und die Corporate Behaviour Ihres Unternehmens in der folgenden Vorlage. Markieren Sie Schwachstellen.

Das dritte Element der Corporate Identity ist die Corporate Communication, die Sprache und die Worte, mit denen Sie zu Ihren Kunden und Partnern sprechen. Welche Möglichkeiten es dafür gibt und worauf Sie achten sollten bei Kommunikation, Dialog und allen Formen der Werbung, erfahren Sie im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels.

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