Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Weiterbildung?

Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung existiert nicht.

Jedoch gibt es in den einzelnen Bundesländern (außer in Bayern und Sachsen) spezielle Regelungen zum „Bildungsurlaub“ oder zur „Bildungsfreistellung“. Dabei wird den Arbeitnehmern ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Weiterbildung gewährt.

Üblicherweise können sich Arbeitnehmer für einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen pro Kalenderjahr oder von bis zu 10 Tagen pro zwei Kalenderjahre weiterbilden.

Hintergrund

Bildungsurlaub nehmen

Der Bildungsurlaub (auch Bildungsfreistellung und Arbeitnehmerweiterbildung genannt) ist – in Abgrenzung zum Erholungsurlaub – als die vom Arbeitgeber bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers zur Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme zu verstehen.

  • In Deutschland können Arbeitnehmer in 14 Bundesländern Bildungsurlaub beantragen. Die genauen Regelungen ergeben sich aus den jeweiligen Landesgesetzen.
  • In Österreich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Bildungskarenz vereinbaren; jedoch besteht kein Anspruch auf Weiterzahlung des Gehalts.
  • In der Schweiz gibt es gesetzlich geregelt bezahlte Weiterbildung nur, wenn es sich um verpflichtende Seminare oder vom Arbeitgeber vorgeschriebene Seminare handelt. Zudem gibt es einzelne Branchenvereinbarungen mit Anspruch auf Bildungsurlaub.

Wer bezahlt die berufliche Weiterbildung?

Einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Kosten für eine Weiterbildungsmaßnahme übernimmt, haben Mitarbeitende nicht.

Wenn es eine vertragliche Vereinbarung gibt, dass das Unternehmen eine Weiterbildung bezahlt oder bezuschusst, kann der Arbeitnehmer daraus einen Anspruch ableiten.

Häufig übernehmen Arbeitgeber die Kosten für eine Weiterbildung ihrer Beschäftigten – anteilig oder ganz – auf freiwilliger Basis. Denn sie haben ein eigenes Interesse daran, dass sich die Mitarbeiter weiterqualifizieren, und letztlich kommt dies auch dem Unternehmen zugute.

Darf der Arbeitgeber die Mitarbeiter zur Weiterbildung verpflichten?

Eine „Pflicht zur Weiterbildung“ hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber seine Beschäftigten nicht zu einer Weiterbildungsmaßnahme zwingen.

Anderes gilt jedoch, wenn für einen Mitarbeiter eine neue Qualifikation unbedingt notwendig ist – zum Beispiel, weil sich die Anforderungen an dessen Tätigkeit geändert haben. Dann kann der Arbeitgeber verlangen, dass der Mitarbeiter an einer entsprechenden Schulung oder Weiterbildung teilnimmt.

Es gilt demnach: Immer, wenn der Arbeitgeber ein „sachliches Interesse“ an der Weiterbildung hat, kann er den Mitarbeiter dazu verpflichten.

Muss das Thema Weiterbildung im Arbeitsvertrag geregelt sein?

Viele Arbeitgeber nehmen in den Arbeitsvertrag eine Klausel zur Weiterbildung mit auf. Verpflichtend ist dies aber nicht.

Ist Weiterbildung als Arbeitszeit anzurechnen?

Weiterbildungs- und Fortbildungszeiten sind immer dann als Arbeitszeit anzurechnen, wenn der Arbeitgeber die Fortbildung anordnet, damit sich der Mitarbeiter in seinem bisherigen Job weiterbildet.

Bildet sich der Mitarbeiter dagegen freiwillig weiter, hat er grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm diese Zeit als Arbeitszeit angerechnet und vergütet wird. Möglicherweise besteht für den Arbeitnehmer jedoch ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zur Fort- oder Weiterbildung nach einer landesrechtlichen Regelung (siehe oben).

Sind Rückzahlungsklauseln im Zusammenhang mit einer Weiterbildung zulässig?

Arbeitgeber, welche die Kosten für die Weiterbildung eines Mitarbeiters übernehmen, sichern sich oft mithilfe einer Rückzahlungsvereinbarung ab; das ist die sogenannte Rückzahlungsklausel. Solche Rückzahlungsklauseln sind im Prinzip zulässig. Es müssen dabei aber bestimmte Regeln und Grenzen eingehalten werden.

Im Wesentlichen sind folgende Varianten von Rückzahlungsklauseln zu unterscheiden:

Unbedingte Rückzahlungsklausel

Eine Rückzahlungsklausel kann so gestaltet sein, dass der Mitarbeiter die vom Arbeitgeber zunächst übernommenen Weiterbildungskosten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzahlen muss, ohne dass dies von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht wird.

Rückzahlungsklausel mit Bindungsfrist

Manchmal wird aber auch eine Klausel vereinbart, welche die Rückzahlung der Weiterbildungskosten von der Betriebstreue des Arbeitnehmers abhängig macht. Dann muss der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber übernommenen Fortbildungskosten nur zurückzahlen, wenn er das Unternehmen innerhalb einer vertraglich festgelegten Frist nach Abschluss der Weiterbildung verlässt.

Eine solche Rückzahlungsklausel mit Bindungsfrist ist grundsätzlich erlaubt. Jedoch ist zu beachten, dass die vereinbarte Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Weiterbildung stehen muss.

Eine gesetzliche Regelung gibt es dazu zwar nicht, jedoch hat das Bundesarbeitsgericht Richtwerte entwickelt, an denen man sich orientieren kann. Demnach darf für eine Weiterbildung, die bis zu

  • einem Monat dauert, eine Bindungsfrist von bis zu 6 Monaten nach Ende der Weiterbildung vereinbart werden,
  • 2 Monate dauert, eine Bindungsfrist von bis zu einem Jahr vereinbart werden,
  • 4 Monate dauert, eine Bindungsfrist von bis zu 2 Jahren vereinbart werden,
  • einem Jahr dauert, eine Bindungsfrist von bis zu 3 Jahren vereinbart werden.

Bei Weiterbildungen, die länger als 2 Jahre dauern, erlaubt die Rechtsprechung sogar eine Bindungsfrist von bis zu 5 Jahren.

Hintergrund

Rückzahlungsvereinbarung bei Weiterbildung

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine möglichst detaillierte Vereinbarung über Rückzahlungen bei Weiterbildung treffen. Wenn der Arbeitnehmer nach der Ausbildung für drei Jahre an das Unternehmen gebunden sein soll, dann reicht eine jährliche Staffelung der Rückzahlungssumme nicht aus.

Vielmehr bedarf es in einem solchen Fall einer ausdifferenzierten, etwa monatlichen Staffelung der Rückzahlungsverpflichtung. Der Arbeitgeber muss mit seinem Mitarbeiter also vereinbaren, welchen Betrag der Mitarbeiter zurückbezahlen soll für jeden Monat, den er früher als vereinbart aus dem Unternehmen ausscheidet. [Urteil des LAG Mainz vom 03.03.2015 - 8 Sa 561/14]

Steuerfreiheit von Weiterbildungen gemäß § 3 Nr. 19 EStG

Gemäß § 3 Nr. 19 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen, steuerfrei. Das bedeutet: Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für eine externe Schulung oder bietet er inhouse eine für den Arbeitnehmer kostenfreie Schulung an, so muss der Arbeitgeber für diese Leistung keine Lohnsteuer entrichten.

Ebenfalls steuerfrei sind Weiterbildungsmaßnahmen gemäß § 82 Abs. 1 und 2 SGB III. Dabei handelt es sich um Weiterbildungen, die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über eine arbeitsplatzbezogene Fortbildung hinausgehen.

Praxis

Bildungsurlaub beantragen

Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf das Bundesland Baden-Württemberg. In anderen Bundesländern, in denen es ebenfalls einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub oder Bildungszeit gibt, gehen Sie genauso vor. Unterschiede gibt es meist in Bezug auf die Fristen zur Antragstellung und auf die Art der Weiterbildung. Außerdem beziehen Sie sich auf jeweils andere Paragrafen.

Das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) sieht für Vollzeitbeschäftigte einen Anspruch auf 5 Tage Bildungsurlaub pro Jahr vor. Für Teilzeitbeschäftigte, die an weniger als 5 Tagen pro Woche arbeiten, reduziert sich der Anspruch entsprechend. Voraussetzung für den Anspruch auf Bildungsurlaub ist eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 12 Monaten.

Der Antrag auf Bildungsurlaub muss spätestens 9 Wochen vor Beginn der Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme – schriftlich oder per E-Mail – beim Arbeitgeber eingereicht werden. Der Arbeitgeber muss innerhalb von 4 Wochen nach Eingang des Antrags über den Antrag entscheiden. In seinem Antrag sollte sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin auf die Möglichkeit der Freistellung gemäß § 7 BzG BW beziehen.

Der Antrag auf Bildungsurlaub oder Bildungszeit sollte mindestens folgende Angaben beinhalten:

  • Name und Anschrift des Beschäftigten
  • Name und Anschrift des Arbeitgebers
  • Titel der Weiterbildungsmaßnahme
  • Art der Weiterbildung: berufliche Weiterbildung, politische Weiterbildung, Qualifizierung zur Wahrnehmung bestimmter ehrenamtlicher Tätigkeiten
  • Inhalte und Lernziele
  • Name und Anschrift des Weiterbildungsveranstalters (es muss sich um einen anerkannten Veranstalter im Sinne des BzG BW handeln)
  • Beginn und Ende der Weiterbildungsmaßnahme
  • Die konkreten Tage oder Termine, für die der Bildungsurlaub beantragt wird

Wenn möglich, sollten dem Antrag Unterlagen oder Flyer mit Informationen zur gewünschten Weiterbildung beigefügt werden.

Dazu im Management-Handbuch

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